f o u r t y - s e v e n
,,All I ever wanted was to reach your expectations"
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,,Was macht ihr hier?", war das Zweite was Jimin zu Stande brachte, als er sich aus seiner Schockstarre lösen konnte, gleich nachdem er sich in den Türrahmen stellte, um Naeun vor Blicken zu bewahren, falls sie doch in die Küche kommen sollte. Er verstand nicht, wieso sie jetzt auf einmal hier waren, wollte es auch gar nicht. Es warf ihn aus der Bahn, brachte seine Gedanken durcheinander, dass er nicht mehr wusste, was er eigentlich sagen oder machen wollte.
,,Jimin, ich hab sie angerufen, ich hab sie gebeten her zu kommen", räusperte sich Jihyun kleinlaut und Jimin starrte seinen jüngeren Bruder kühl an, hatte noch weniger Verständnis für ihn als für die Situation.
,,Ist das dein ernst? Wieso hast du das getan? Wies-"
,,Die Frage ist eher, wann du uns von deiner Tochter erzählen wolltest", kam es dann von Jimin Vater, der seinen Sohn vor den Vorwürfen des Älteren schützen wollte.
Jimins Augen weiteten sich, er starrte von seinem Vater zu seinem Bruder, wusste nicht ob er jetzt weinen sollte: ,,Du hast ihm auch von ihr erzählt?"
,,Ja natürlich hat er das!", antwortete der Mann, der zuvor am Tisch saß und sich nun erhob, um sich genau vor Jimin zu stellen und ihm einen verachtenden Blick zu schenken. An diese war Jimin bereits gewöhnt, kannte es gar nicht anders.
,,Was hätte er sonst tun sollen? Er ist wenigstens ein Sohn, er redet mit seinem Vater, hat sowas wie Respekt", spuckte ihm sein Vater entgegen und Jimin trat ruckartig nach hinten, hatte genug.
,,Du hast es gerade selbst gesagt. Ich bin nicht dein Sohn, nicht in deinen Augen. Also wieso sollte ich mich dann noch bemühen? Wieso sollte ich mich bemühen dir gerecht zu werden, obwohl du mich noch nie als vollwertigen Jungen anerkannt hast!"
,,Schatz, ich denke-", versuchte die Mutter von Jimin und Jihyun ihren Ehemann vorsichtig zu besänftigen, da sie die heftigen Auseinandersetzungen ihrer Familie nicht ertragen konnte. Ihren Mann störte dies jedoch nicht, er schob sie einfach beiseite, starrte Jimin entschlossen an: ,,Nein, ich will es hören. Hören, was er zu sagen hat."
,,Was ich zu sagen habe?", fragte Jimin und seine Stimme wäre beinahe eine Oktave nach oben gerutscht: ,,Ich habe es dir bereits gesagt: Ich bin fertig mit dir."
Jimin drehte sich gerade um, als sein Vater erneut das Wort ergriff.
,,Du hast dich nicht geändert, du bist noch immer derselbe unreife, verlorene Junge, der seinen Träumen nachjagt, statt sich ein vernünftiges Leben aufzubauen. Ich-"
,,WAS?", rief Jimin und fuhr wieder wütend herum, kam auf seinen Vater zu und packte diesen am Kragen. Er würde es nicht wagen ihn zu schlagen, aber er musste ihm anscheinend deutlich machen, wie ernst es ihm war, wie sehr er es hasste, wenn über sein Leben geurteilt wurde.
,,DU hast dich nicht verändert. Mach die Augen auf, verdammt nochmal. Ich verdiene sehr viel mehr als Jihyun, ich habe Freunde, einen festen Wohnsitz, habe Manieren und bin ein anständiger Mann - alles Werte, die dir doch so wichtig waren. Die ich DEINETWEGEN perfektioniert habe und trotzdem deiner Meinung nach darin versagt habe. Ich hatte nie deine Unterstützung, NIE, mein Bruder IMMER. Aber wir sind BEIDE deine SÖHNE. Du solltest dich fragen was dein Problem ist-"; Jimin ließ von seinem Vater ab, und schüttelte den Kopf: ,,Denn ganz ehrlich, ich habe es aufgegeben. Denk von mir, was du willst, es ist mir egal. Du hast dich nie für mich interessiert, obwohl ich Tag für Tag um deine Gunst kämpfte. Und besonders jetzt habe ich erst Recht keine Zeit mehr, das fortzuführen. Ich habe Besseres zu tun. Ich bin nämlich vor kurzem Papa geworden."
Jimin verwendete das Wort sehr bewusst und drehte sich um, sah Naeun zaghaft um die Ecke schauen und seine verspannten Muskeln entspannten sich augenblicklich. Seufzend kniete er sich zu ihr und nahm sie auf seine Arme, sie schlang ihre Arme um seinen Hals und sagte nichts, als sie die knisternde Spannung in der Luft wahrnahm.
,,Ich würde es gutheißen, wenn du mich endlich nicht mehr kontaktierst, nicht mehr anrufst. Du hast mich doch bereits bei meiner Geburt aus deinem Leben gestrichen, da sollte dir das nun nicht mehr so schwer fallen-"
,,JIMIN!", unterbrach Jihyun seinen Bruder und wurde etwas lauter, konnte sich das auch nicht mehr anhören. Er hatte seine Eltern angerufen in der Hoffnung, endlich das Familienproblem aus der Welt schaffen zu können.
,,Wage es nicht, in Anwesenheit meiner Tochter laut zu werden", meinte Jimin ruhig in Richtung Jihyuns, hatte sich noch immer nicht zurück gedreht. Seine Augen waren geschlossen.
,,Schatz, sag doch etwas..!"; wimmerte seine Mutter, doch Jimn schüttelte den Kopf.
,,Es ist in Ordnung, Mutter. Ich wollte es ja so. Ich nehme mit Naeun den nächsten Flug zurück nach Korea. Danke für deine Hilfe Jihyun, aber es wäre das Beste, wenn wir so schnell wie möglich zurück kommen."
Dann verließ Jimin die kleine Küche und trug seine Tochter ins Gästezimmer, wo er sie auf das Bett setzte und dann wortlos ihre Kleidung zusammen sammelte und anfing in die Reisetasche zurück zu packen.
,,Wohin gehen wir, Papa?"
,,Nach Hause, mein Schatz."
Naeun nickte und wippte mit ihren Füßen.
,,Und ähm.. waren das gerade mein Opa und meine Oma..?"
Jimin hielt kurz inne, packte danach etwas schneller und schüttelte den Kopf.
,,Nein, Spätzchen."
,,Aber du hast den Mann doch Vater genannt.. war das nicht dein Papa dann?"
Jimin zog den Reißverschluss zu und drehte sich zu seiner Tochter, nahm ihr Gesicht in seine Hände und lächelte sie liebevoll an: ,,Der Mann ist mein biologischer Vater, das stimmt. Aber er ist nicht und war nie mein Papa, verstehst du? Und deshalb kann er auch nicht wirklich dein Opa sein.. er ist viel zu stumpf für so ein liebes Mädchen, wie du es bist."
Naeun nickte nur langsam und biss sich auf die Zunge. Sie hätte gerne ihren Opa und ihre Oma kennengelernt. Aber wenn Jimin es nicht wollte, hörte sie natürlich auf ihn.
Kurz darauf parkte auch schon das Taxi vor dem Haus, welches sie so spät am Abend noch zum Flughafen bringen sollte. Jimin zog sich an und kontrollierte seine Tochter danach ebenfalls, schulterte die Tasche und öffnete die Haustür.
Jihyun stand neben ihm und winkte seiner Nichte mit einem traurigen Lächeln, hatte sich wie seine Mutter mit Umarmungen von den Beiden verabschiedet. Nur Jimins Vater saß noch ihn der Küche auf einem der Stühle und sagte kein Wort.
Jimin sollte es Recht sein. Er würde jetzt endlich damit abhaken und nach Hause fahren. Er schloss gerade die Autotür hinter Naeun und wollte ums Auto joggen, als sein Vater nach ihm rief.
,,Jimin, warte kurz."
Sein Körper fror ein und seine Hand ruhte schon auf der Türklinke, als Jimin den Blick hob und in die Augen seines Vaters sah. Was ihn überraschte war, das er keinerlei Verachtung erkennen konnte. Nichts sah er, er kannte den Ausdruck bei diesem Mann noch nicht.
,,Ich bin dir nie ein Vater gewesen, schon gar nicht ein Papa.. ich habe dich nicht verachtet sondern versucht immer das Beste aus dir raus zu holen. Du.. erinnerst mich viel zu sehr an mich und so habe ich nicht realisiert..", der alte Mann stotterte und versuchte sich verzweifelt mit Worten auszudrücken, schluckte feste und sah hoch.
,,Aber heute habe ich es gesehen, ich habe endlich gesehen.. angefangen zu sehen, dass du jemand ganz Anderes bist. Du bist ohne Hilfe erwachsen geworden.. aber stehst heute trotzdem dort wo du bist. Ich.. ich bin stolz auf dich."
,,Danke", meinte Jimin leise und sie nickten sich gegenseitig zu, dann stieg Jimin ein und gab dem Fahrer das Zeichen zum Losfahren.
Jimin wusste, dass sein Vater sich nie wirklich entschuldigen könnte, doch die Worte eben haben ihn nicht nur unheimlich viel Überwindung kosten müssen, sondern auch irgendwie die Gefühle ausdrücken sollen, die Jimin noch nie bei seinem Vater gesehen hatte.
Er wusste auch, dass sie sich nie wirklich gut verstehen würden, nie auf einer Wellenlänge sein könnten.. aber vielleicht würden sie sich irgendwann normal unterhalten können. Vielleicht würden sie sich anfreunden können, wie Zwei Fremde, und einfach reden.
Aber nur vielleicht. Irgendwann.
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