Sieben
Changbins POV
Was war mit Felix? Wieso ist er auf einmal so ausgerastet? Ich sehe wie er mit Frau Lee redet. Sie nickte. Die Pausenglocke klingelte. Unsere Lehrerin sagte, dass wir gehen durften und sofort verließen meine Mitschüler den Chemieraum. Nur Felix nicht. Er war noch damit beschäftigt, die Scherben aufzuheben. Am liebsten würde ich ihm helfen, aber dann würde er sicher eine Beleidigung mir an den Kopf werfen. Hat er schon mal, als ich ihm helfen wollte. Also lies ich ihn alleine und ging. Die Lehrerin lief ebenfalls aus dem Zimmer. Aber Felix ist noch drinnen und Schüler dürfen nicht ohne Lehrer sich im Chemieraum aufhalten. Sie musste Felix sehr vertrauen. Jeder wusste, dass sie Felix am meisten mochte. Er schreibt auch die besten Noten. Das ist noch eine Eigenschaft vom alten Felix. Ich weiß, wie sehr er sich bemühte immer gute Noten zu schreiben.
Gerade als ich zu meinen Freunden in die Cafeteria gehen wollte, fällt mir ein, dass ich mein Mäppchen im Chemieraum vergessen hab. Die ganze Zeit hatte ich ein Gefühl, etwas vergessen zu haben. Jetzt weiß ich es. Bedeutet also, dass ich zurück laufen muss, um mein Mäppchen zu holen. Hoffentlich ist Felix noch drinnen. Sonst müsste ich extra ins Lehrerzimmer und Frau Lee dort suchen. Darauf hätte ich null Lust. Ich drückte die Klinke nach unten. Die Tür ging auf. Erleichtert atmete ich auf. Felix war noch da. Ich lief in den Raum und sah mein schwarzes Mäppchen auf meinen Platz liegen. Im Hintergrund hörte ich ein stetes Wasserrauschen. Felix musste am Waschbecken sein. Dann sah ich ihn. Er wusch sich nur die Hände. Ich lief zu meinem Platz und da das Waschbecken neben meinen Platz war, sah ich, dass Felix die Verbände an seinen Händen abgemacht hatte. Sorgfältig lagen sie neben ihm am Waschbecken.
Das aber fällt mir erst später auf, denn als Felix Hände zogen meine ganze Aufmerksamkeit zu sich. Felix Hände waren total verätzt. Die Haut sah schmerzhaft rot aus bildete Blasen, die sich auf Felix gesamten Handrücken verteilten. An den Handknöchel traten unzählige kleine Schnitte raus. Dort trat gerade Blut raus, was Felix versuchte abzuwaschen. Geschockt starrte ich auf das Blut, konnte nicht glauben, dass Felix die ganze Zeit so rumläuft. Seine Hände sehen aus, als würden sie nur Schmerz kennen. Vorsichtig trat ich näher zu meinen alten Freund. Erst jetzt bemerkte ich die kleine blaue Flasche Desinfektionsmittel neben ihm. Hatte er sich ernsthaft die Hände mit dem Zeugs gewaschen, obwohl seine Hände so verletzt waren? Verdammt, er musste damit zum Arzt! Er musste große Schmerzen haben! „Felix?", fragte ich ihn vorsichtig und er hielt inne. Ruckartig drehte er den Kopf zu mir. „Changbin....was machst du hier?" Sofort drehte er den Wasserhahn zu und versteckte seine Hände hinter seinen Rücken, sodass ich sie nicht mehr sehen konnte. Hätte er nicht machen müssen, denn ich hab schon genug gesehen. Genug um zu wissen, dass Felix sich mit seinen ständigen Händewaschen mit Desinfektionsmittel sich die Hände verätzte. Dachte er wirklich, ich würde nicht merken, wie oft er aufs Klo, um sich dort die Hände zu waschen? Jede Pause war er im Klo. Bestimmt, weil Felix immer noch mit der Sache von damals kämpfte.
„Ich hab mein Mäppchen vergessen", sagte ich langsam und trat immer näher zu ihm. Felix machte einen Schritt zurück. „Zeig mir deine Hände, Felix." Ich versuchte beruhigen auf ihn einzureden, denn er hatte Angst. Ich spürte es.„Nein, geh weg, Changbin."
„Felix....Lix", sagte ich weiterhin sanft zu ihm. Er sagte dieses Mal nichts. Schaute mich nur weiterhin ängstlich an. „Bitte sag es niemand, okay?" In dem Moment sah ich den alten Felix vor mir. Den Felix in den ich mich verliebte. Wie ich es vermisst hatte. Wie ich ihn vermisst hatte. Sanft zog ich seinen Arm zu mir, damit ich seine Hand genauer betrachten konnte. Sofort riss er den Arm weg. Wut brannte in seine Augen. „Fass mich nicht an!" So viel mit alter Felix. Er würde mich niemals so anschreien, so böse und hasserfüllt, wie er es im Moment tat. Es war wieder eine Situation, in der ich den fremden Felix gegenüber stehe und frage, wieso er so geworden ist. So kalt und ignorant. Wir haben nichts getan. Niemand hat ihn je was angetan, um ihn so zu verändern. Er hat sich selber verändert. Nur wegen dieser einen dummen Nacht. Ich hab es bereits fast vergessen. Sicher, ich war fast gestorben, aber das bedeutet nicht, dass ich mir deswegen mein Leben kaputt machen lasse. Jetzt bin ich sogar noch mehr froh, am Leben zu sein. Felix anscheinend nicht. Er kann diese Nacht nicht mehr vergessen.
„Es tut mir Leid", sagte ich zu ihm und musste mit ansehen, wie er wieder zum Desinfektionsmittel griff. Nein, das wird er nicht machen! Er wird sich nicht weiterhin seine Haut damit kaputt machen! Ich riss ihm die Flasche aus der Hand. „Hör auf damit", sagte ich zu ihm. Felix war ganz panisch und hysterisch gestimmt, als ich seine Flasche ihm entrissen hab. „Bitte, gib mir die Flasche wieder, Changbin. Ich bitte dich! Gib sie mir wieder!. Seine Lippen bebte. „Nein, schau auf deine Hände und sag mir was du da siehst." Felix machte es aber nicht, er starrte mich frustriert an. „Bitte, Changbin. Ich brauch es!" Man könnte ihn glatt mit einem Drogensüchtigen vergleichen, den man seinen Droge weggenommen hatte. Sie mussten genau so aussehen wie Felix im Moment. Dieser irrer Blick, das Zucken der Pupillen. Was war nur mit Felix passiert? Hatte ihn diese Nacht so zugenommen? Und wieso hat er nie erwähnt, dass es ihm so dreckig ging? Wir waren doch Freunde.
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