| Epilog |
»15 Jahre später«
Die goldenen Engelslocken fielen ihr bis zu den Schultern hinab. Ihre Lippen hatte sie zusammengepresst, ihre eigentlich sturmgrauen Augen kniff sie nun fest und die dampfende Tasse Tee vor ihr roch nach süßem Apfel. Seine Nichte und er saßen sich in einem kleinen Stübchen Namens Basta gegenüber und als Dekoration hatte man in kleinen weißen Vasen weiße Hortensien gesteckt gehabt. Er saß mit dem Gesicht in Richtung Fensterscheibe und genoss, wie die Sonne endlich sein Gesicht küsste. Ein Versprechen hatte er sich selbst abgelegt gehabt, als er das Gefängnis endlich nach 18 Jahren verlassen durfte, und zwar würde er nie wieder mit dem Rücken immer zu einem Fenster sitzen. All die Jahre wurde ihm das Verwehrt. Seine nun hochgewachsene Nichte, die 21 Jahre alt war und seit nun her das Konzern leitet, hatte sich an dem heißen Tee die Zunge verbrannt und er musste wegen ihrer Tollpatschigkeit kurz Lachen. ,,Onkel Ethan, dass ist ganz und gar nich lustig." Ihre schmollenden Lippen, aber ihre funkenden Augen sahen ihn an, sofort hob er spielerisch entschuldigend die Hände. Beide alberten noch etwas. herum, genossen ihre Zweisamkeit, sie hatten sich nämlich viel zu erzählen. ,,Vanessa?" Fragend sah sie zu ihm auf und er schwor sich, dass er jeden Typen verprügeln würde, wen er sich an Vanessa heranwagen würde. ,,Was machen wir eigentlich hier?" Ein Lächeln stach sich auf ihre Lippen, sie sah kurz auf ihre Uhr und schaute zur Tür. ,,Schau hin, es müsste jeden Moment so weit sein." Gespannt sah er mit ihr zur Tür und als jedoch nichts passierte, blickte er wieder hinab zu seinem Kaffe. Auf einmal konnte er die helle Glocke über der Eingangstür hören und sah Vanessa freudig aufhüpfen. Auch sein Blick huschte jetzt zur Tür und was er sah, verschlug ihm den Atem. Vanessa umarmte die Frau voller Freude, so als ob sie sich schon viel öfters treffen würden und schließlich setzten sich beide an den Tisch, nur diesmal war es diese... diese wunderschöne Frau, die ihm gegenübersaß und seine Nichte setzte sich mit einem Stuhl neben ihn. ,,Charlotte", hauchte er ihren Namen und sah sie an. Sie hatte sich nicht sehr verändert, aber ihre wunderschönen Wellen an Haare hatte sie nun bis zu ihren Schultern kurz geschnitten. Ihr Gesicht war immer noch so rein wie damals, doch die Lachfalten um ihren Mund waren tiefer. Sie muss ein glückliches Leben führen, dachte er sich gleichzeitig dabei. Sie trug ein schwarzes Shirt und drüber hatte sie, er konnte es selber kaum glauben, diese Jeansjacke von damals noch an, doch dieses Mal waren die Ärmel etwas hochgekrempelt. Ein sanftes Lächeln bildete sich auf beider Gesichter und er bemerkte wieder diese Augen, die so aussahen wie das Meer an der Küste Spaniens, wie klares, türkisfarbenes Wasser. ,,Wie geht es dir?" Ihre Stimme klang sanft, sie war wie Balsam für seine geschundene Seele. ,,Gerade? Ich glaube es ging mir noch nie besser." Er konnte seinen Blick nicht mehr von ihr nehmen, sie war so wunderschön. Er erinnerte sich noch an ihr erstes treffen, wo er sie sah, vollkommen nervös war sie und er hatte dieses unbestimmte Gefühl im Bauch, als müsse er sie in die Armen nehmen. Auch sie ließ den Blick nicht von ihm ab. Als seine Augen sie wieder auf und ab sah, bemerkte er den silbernen Ring an ihrem Ringfinger und plötzlich fühlte er sich so, als hätte man ihm in seine Magengrube geboxt. Sie war verheiratet. Er hatte es wissen müssen, sie war damals noch jung, erst 25 und hatte ihr Leben vor sich. Natürlich würde sie jemanden finden, mit dem sie ihr Leben verbringen will. Bestimmt hatte sie Kinder, dachte er und sein Herz krümmte sich zusammen. ,,Du bist verheiratet?" Er fragte sie, in der Hoffnung sie würde den Kopf schütteln, doch sie nickte und er hatte das Gefühl, dass wieder diese fetten Psychopathen vom Gefängnis sich auf seine Brust gesetzt hatten. ,,Muss wohl ein glücklicher Mann sein." Sie nickte wieder, doch ihr Blick verfiel in Trauer, seine Nichte stupste ihn heimlich unter dem Tisch an und als er zu ihr sah, schüttelte sie vorsichtig mit dem Kopf. ,,Er ist vor zwei einhalb Jahren verstorben. Gehirntumor. Sein Name war Markus." Er riss seine Augen auf und blickte in ihre endlos traurig wirkenden Augen. Doch innerlich spürte er kein bedauern um ihn und er wusste nicht, ob dieses Gefühl gut oder schlecht war. ,,Mein herzliches Beileid." Sie nickte wieder. Ihre Augen trafen seine und er wünschte sich, sie würde niemals damit aufhören. ,,Ich habe zwei Kinder. Noah und Lily." Vorsichtig sah sie ihn an, so als würde sie sich Sorgen, er könne jeden Moment wie eine Porzelanfigur zerbrechen. Er nickte wieder, wusste nicht was er ihr erwidern sollte. ,,Wie alt sind sie?" Sie lächelte wieder und schien erleichtert zu sein. ,,Lily ist zehn und Noah ist sieben. Beide sind unglaublich ruhige und liebenswerte Kinder." Ihre Augen trafen wieder aufeinander und konnte es selber nicht glauben, dass er nach all den Jahren immer noch in dieser Frau verliebt war. Kurz schloss er seine Augen, sein Herz tat ihm weh. ,,Ich dachte das mit Mark und mir wäre Liebe, aber es war es nicht. Wir langweilten uns und irgendwann kam Noah zur Welt und wir blieben den Kindern zu liebe zusammen." Kummer war in ihr zu sehen, sie bereute es, diesen Mark geheiratet zu haben. ,,Wir kamen nur noch gut miteinander aus. Und irgendwann, da kam seine Krankheit und ich kümmerte mich um ihn, weil er der Vater meiner Kinder war." Vanessa neben ihm hatte den Kopf gesenkt gehabt, es war bestimmt nicht das erste Mal, dass sie diese Geschichte hörte. In Charlottes Augen wütete ein Meer und die Wellen schlugen darin, eine Träne fiel ihr hinab. ,,Ich wünschte so sehr, du wärst nicht im Gefängnis. Ich - Ich wünschte so sehr, wir hätten zusammen sein können." Sie versuchte ihre Tränen zurückzuhalten, presste ihre Lippen aufeinander und ihm fiel erst jetzt auf, dass sie keine Brille trug. Sein Herz war verkrampft, seine Lungen platt gedrückt und sein Magen fühlte sich nicht wohl. Er wünschte es sich ich auch, er wünschte es sich doch auch, dass er sie in den Armen nehmen würde, durch ihre Haare fahren könnte und ihre sanft geschwungene Lippen küssen könnte. Er wollte es so sehr, wollte so sehr sein Leben mit ihr verbringen. Eine eigene Familie nur mit ihr aufbauen. Aber es ging nicht. Er war 43 und sie 39. Sie hatte schon ein eigenes Leben und er würde ihres nur durcheinander bringen. Er hatte 18 Jahre seines Lebens abgeschottet gelebt, er konnte ihr und ihren Kindern nichts bieten, keine Arbeitsstelle nahm ihn an. Er könnte zwar in seinem ehemaligem Unternehmen arbeiten und Vanessa hatte ihm versichert gehabt, dass er eine gute Stelle bekommen würde, doch die Mitarbeiter sahen ihn abwertend an. Alle verachteten ihn und das wollte er Charlotte und ihren Kindern. nicht antun. Manche fürchteten sich sogar vor ihm und andere respektierten ihn nicht. Er wollte sowas nicht, also kellnerte er ab und an bei einem Mexikaner, der Nachts ein paar Dealer in sein Restaurant ließ. Ein Schniefen ließ ihn aufhorchen und er legte vorsichtig eine Hand über ihre sich miteinander verknoteten Finger auf dem Tisch. Blitze durchzuckten ihn und er spürte das ihre Hände etwas rau waren. ,,Charlotte", er wollte das sie ihm in die Augen sah, wollte das sie seine Worte genau hörte und als sie wieder aufblickte und Tränen ihre Wangen benässten, sprach er weiter: ,,In einem anderen Leben, da stehen wir Seite an Seite und lachen darüber, dass wir in einem anderen Leben getrennt sind." Seine eigenen Worte und ihr schmerzverzerrter Anblick trieben ihm die Tränen in die Augen, doch er hielt sie krampfhaft zurück. Ihre Unterlippe zitterte, ihre Augen schlossen sich und sie weinte, es kam zwar kein Ton aus ihr hervor, aber sie weinte und er konnte neben sich Vanessa schniefen hören. ,,Du wirst immer meine Hoffnung bleiben. Vergiss nicht, ich bin die Box und du bist Pandora. Du bist es Charlotte, die die Hoffnung in mir behält." Und sie nickte stumm weinend, während er verbittert an ein anderes Leben dachte, in dem er genau in diesem Moment sie sanft geküsst und in die Arme genommen hätte und seine Hoffnung schwoll in seiner Brust an, während der Schmetterling die Rippen durchbrach.
Ende
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