25. Kapitel
Ich war unten eingeschlafen und um knapp 2 Uhr morgens weckte mich Geschrei vom Fernseher auf. Ach ja, die geliebten Horrorfilme, welche nur nachts ausgestrahlt wurden. Seitlich auf dem Sofa eingekuschelt, fischte ich mit halb geschlossenen Augen vor mir am Boden nach der Fernbedienung, aber ich fand bloß Haare, was mich inert Sekunden aufschrecken und aufatmen ließ. Verdammte Scheiße, was war das denn?
Nach weiteren Sekunden hatten sich meine Augen an die halbe Dunkelheit hier im Wohnzimmer gewöhnt und da sah ich ihn; Dario. Er schlief am Boden, am Sofa angelehnt und rümpfte einmal die Nase, weil er es wohl nicht gerade bequem fand. Was machte er hier? Ich dachte, er schlief oben in meinem Zimmer.
«Dario?» Meine Finger tauchten in seinen Locken unter und ich kraulte ihm sanft die Kopfhaut, als er leise grummelte und aufstöhnte. «Hey?» «Mhm...» Er regte sich etwas und ich sah im Licht, das der Fernseher warf, wie er die Augen schwach öffnete und wieder schloss. «Was machst du hier? Wieso liegst du auf dem Boden?»
«Wollte bei dir sein...», murmelte er und jetzt setzte ich mich vorsichtig auf, um zu versuchen, Dario mühevoll an seinen Armen hoch aufs Sofa zu ziehen. «Aber doch nicht auf dem Boden. Du hättest mich wecken können.» «Wollte dich nicht stören. Du hast schon gepennt.»
Ich schaffte es nicht, den Italiener vom Boden anzuheben und entschied mich niedergeschlagen dafür, mich zu ihm auf den Boden zu setzen, damit ich meine Arme um ihn schlingen konnte. «Und ich war mir nicht sicher, ob du mich nach eben überhaupt noch sehen möchtest. Ich hab' dich grundlos angeschrien.» «Ist schon okay. Wir können morgen darüber reden.»
«Tut mir leid», kam es schläfrig von ihm und ich schaffte es endlich, den Jungen auf die Beine zu ziehen, damit ich ihn auf dem Sofa auf mich drauf, zwischen meine Beine ziehen konnte, wo er sich wieder nur murmelnd in meinen Bauch einkuschelte und seine Arme um ihn schlang.
Ich kraulte ihm durch die Haare und konnte es echt nicht vermeiden. Es zauberte mir ein kleines Lächeln auf die Lippen, dass er zurückgekommen war und bei mir gelegen hatte. Aber es war mal wieder typisch Dario, dass er auf dem Boden geschlafen und sich nach seiner Aussage nicht mehr zu mir aufs Sofa getraut hatte.
«Ich hab' dir auch dein erstes Mal versaut...» «Hast du nicht.» «Doch, ich hätte dich zum Schreien bringen sollen, aber stattdessen habe ich dich angeschrien.» «Man, Dario», kicherte ich leise und langte nach seinen Wangen, um seine dösende Miene anzuheben, damit er zu mir auf blinzeln musste. «Es ist alles gut. Du hast überhaupt nichts falsch gemacht. Jetzt lass noch etwas schlafen. Wir können das morgen in Ruhe klären und uns aussprechen.» Er nickte nur und schlummerte weiter vor sich hin.
Es musste ihn wachgehalten haben, wie er mich gestern nach dem Telefonat mit seiner Schwester angeschrien hatte. Er schien extrem müde, weshalb ich froh war, dass er den Rest der Nacht durchschlief und sich kaum mehr regte. Das allein war schon ein super Indiz dafür, dass es, was sein PTSD anging, viel besser lief.
Am nächsten Morgen machte ich mir, noch immer in Darios Shirt, einen Kaffee und überlegte, was ich uns beiden zum Frühstück servieren konnte. Doch weit kam ich mit meinem Nachdenken nicht, weil mein Hirn ausfiel, als sich zwei warme, starke Arme von hinten um mich schlangen und ein mir allzu bekanntes Kinn auf meiner Schulter auftauchte.
«Morgen», grummelte Dario schwach lächelnd. Es ging ihm also wieder besser. «Morgen.» Ich drehte mich zu ihm um und legte meine Hände auf seine nackte Brust. «Willst du auch einen Kaffee?» Er nickte, doch hatte nur meinen Mund anvisiert.
Ich legte meine Arme um seinen Hals und streckte mich auf meinen Zehenspitzen zu ihm hoch, um ihn zu küssen. Darios Hände fuhren meine Seiten hoch und runter und schoben mein Shirt dabei mit hoch und wieder runter, bis er sie über meinem Po ruhen ließ und dann zum offenen Kühlschrank schielte. «Was möchtest du frühstücken?» Wieder eine Frage, die ich von unserem Herrn hier nur selten zu hören bekam.
«Ich habe an Bacon und Avocado-Toast gedacht. Was meinst du?» Er nickte nur und ließ mich dann widerwillig los, als ich unsere Kaffees holte. Dario trank seinen ungesüßt, mit ein bisschen Hafermilch und ich packte bei meinem mindestens einen halben Liter Kuhmilch rein und dann noch Honig. Ja, ich trank meinen Kaffee sau gerne mit Honig.
«Danke», nippte er an seiner Tasse und ich blieb an seinem Seitenprofil hängen, während er aus dem Küchenfenster hinausschaute und wahrscheinlich rüber zu unseren Nachbarn blicken konnte. Die waren aber in den Ferien, also war deren Hütte sowieso leer.
«Du hast deine Tabletten dabei, oder?» Dario wandte sich wieder an mich und nahm einen etwas größeren Schluck von seinem Kaffee. «Ja, hab' sie eben genommen.» Gut. Bei Dario hatte ich manchmal Angst davor, dass er einfach mit ihnen aufhören oder sie vergessen würde.
Er tendierte sehr stark dazu, was eigentlich ironisch war, denn er hatte doch immer eine Vorliebe fürs Pillenschlucken gehabt. Doch, wenn es um seine wichtigen Medikamente ging, welche er dringend brauchte, war das nicht so.
Es war einfach verdammt gefährlich, wenn man bei solchen starken Medikamenten cold-turkey ging. Da konnte sehr viel schiefgehen. Wirklich verdammt viel. Ich wusste, dass Lex mit ihm seine Dosierungen auffüllen war und diesbezüglich auch, dass Rio wieder genug an Vorrat bei sich hatte.
Ich traute mich erst zu fragen, als wir beide am Tisch saßen und ich den ersten Bissen von meinem Toast herunterschluckte. «Was war gestern mit Gio?» Dario stockte, sah von seinem Teller auf und seufzte dann etwas genervt auf. «Wir haben uns gestritten, weil sie mich getriggert hat und ich diesbezüglich wie ein Arschloch reagiert habe.»
«Getriggert?» «Ja, mit der Sache gestern wegen Mom und Giacomo.» Er zuckte mit den Schultern und biss eher unvertraut in den Toast. Er verzog das Gesicht, doch kaute sich tapfer durch. «Ich hab' ihr davon erzählt und sie fand das halt süß und toll und meinte, dass unsere Mutter und Giacomo sich eventuell wieder näherkommen könnten oder so.»
Ich versuchte den Trigger zu finden, doch es war schwerer als auch schon. Was genau hatte ihn da getriggert? «Wenn das passiert, wäre meine Chance auf eine Familie ganz weg», winkte er dann nur ab und rieb sich danach müde die Augen. Den Toast hatte er zurück in den Teller gelegt. «Weil du-,» «Hab' mich halt bloß gefragt, wieso Gio eine Chance auf eine perfekte Familie kriegt und ich mit meinem scheiß Vater nicht. Mom und Santiago verstehen sich ja echt gar nicht.» Hmm...
Ich konnte Dario schon verstehen. Ehrlich gesagt, sehr gut sogar. «Und wahrscheinlich hab' ich bei Giorgia auch einen Trigger ausgelöst und dann ging's halt los.» Sein Kaffee war alle. «War ein dummer Zeitpunkt», schaute er dann wieder auf. «Sorry, deswegen.»
Ich winkte ab und biss von meinem Bacon ab. «Passt schon, ich hab's schnell gerafft und das Kondom wieder versteckt.» Dario verzog den Mund und sah mich schuldig und reuevoll an. «Scheiße, nein. Ich hab' richtig schlechtes Gewissen. Ich hab's uns so krass vermasselt.» «Passt schon. Es werden sicherlich noch viele andere Abende auf uns zukommen, wo wir es versuchen können.» Er wusste, dass ich recht hatte, doch es störte ihn schon enorm.
«Warst du dir denn echt sicher?» Er nickte und rieb sich die Stirn. «Ja, aber... Ich weiß jetzt, was Vicky mit Leistungsdruck und so meinte. Ich war so krass nervös.» Ich musste sanft lächeln. Hatte er überhaupt realisiert, dass ich mindestens, wenn nicht sogar noch nervöser gewesen war? «Du hättest mich oben in meinem Zimmer sehen müssen. Ich war auch verdammt nervös.»
Dario grinste nur sanft auf und schüttelte dann den Kopf. Sein Blick fiel zurück auf sein Frühstück und das Grinsen schwand langsam wieder von seinen Lippen. Ich ging bewusst nicht darauf ein und redete weiter, «Was machen wir heute?» «Keine Ahnung. Ich hab' um 11 Uhr Therapie und ja...»
«Wir könnten ins Kino.» Rio war nicht beeindruckt und zeigte dies auch mehr als deutlich. Okay, kein Kino. «Also, ich muss die Wäsche noch machen. Möchte der Herr helfen?» «Nicht wirklich, nein. Aber eine andere Wahl habe ich basierend auf deinem Blick nicht, was?» Er kannte mich so gut.
Ich lehnte mich zu ihm rüber, als ich aufstand, um das Geschirr ins Waschbecken zu legen und küsste seine Wange. «Du bist so ein schlaues Bürschchen.» Er ignorierte meine Wortwahl und biss von seinem Toast ab. Er kaute sehr langsam.
«Wenn du willst, können wir später im Heim in den Hobbyraum runter. Du meintest doch, dass ich dir mal was am Klavier vorspielen soll.» Ich nickte schneller, als Dario registrieren konnte, wie ich mich zu ihm umdrehte. Er zuckte sogar zurück. Verdammter Mist, endlich. Ich wollte ihn schon immer mal Klavierspielen sehen. «Das finde ich eine super Idee.»
Er aß zu Ende und folgte mir hoch ins Zimmer, wo ich anfing meine Wäsche zu sammeln. Aber anstatt mir zu helfen, warf er sich ins Bett und verschränkte seine Arme hinter seinem Kopf. Die Wäsche musste echt gemacht werden, doch der Anblick, der sich mir bot, war verdammt fies. Dario, in Boxershorts, in meinem Bett... ohne mich.
Ich zog die Decke unter ihm hervor und warf sie über ihn drüber. Ich hörte ihn nur leise lachen, als ich meine Klamotten in den Wäschesack stopfte. Not today, Satan. Ich sehe, was du tust und das war nicht okay. Am Schluss würde jeder noch denken, ich sei hier die Notgeile...
Ich konnte der Versuchung, die es sich in der Matratze bequem gemacht hatte, sehr gut widerstehen. «Kann ich eigentlich eine Jogginghose von deinem Dad haben?» «Nein.» «Wieso?» «Tommy Hilfiger steht dir sehr gut, Dario.» Ich musste selbst etwas lachen, weil – keine Ahnung – es war amüsant. Und eigentlich ja auch etwas Gutes und Schönes, dass wir uns voreinander mittlerweile so wohlfühlten.
Und ich zeigte Dario gerne, was er für einen Effekt er auf mich hatte. Er war in meinen Augen einfach das Schönste auf der Welt. Mit oder ohne Boxer... «Meine Mom hat mich letztens zurechtgestutzt, weil sie mein Tattoo unter meinem Ohr gesehen hat», fing Lio dann plötzlich an und ich stockte. Er war bei seiner Mutter gewesen? Hatte ich das gewusst und wieder vergessen oder hatte er es mir gar nicht erzählt?
«Aber nicht wegen der Bedeutung, oder?» «No, die kennt sie gar nicht. Sie will einfach nicht, dass ich mir mehr Tattoos stechen lasse.» Ich schulterte meinen Wäschesack und deutete dem Tommy Hilfiger-Model, mir zu folgen. Ab in den Keller mit uns. «Das lässt mich denken, dass sie nichts von den anderen weiß.»
Dario machte einen Stopp in dem Schlafzimmer meiner Eltern und bediente sich am Schrank meines Vaters. Dass die beiden sich die Hosen teilen konnten, fand ich etwas irritierend, aber ja... Die Hosen waren etwas zu weit, aber Dario band sie sich oben einfach eng zusammen. Die Länge passte jedoch perfekt. «Jetzt schon. Plus, hab' herausgefunden, dass sie auch zwei hat.» «Du hast dich also mit ihr getroffen?»
Dario war unten dann sogar so lieb und machte mir die Waschmaschine auf. «Ja... Ich habe mich dafür entschieden, ihr eine richtige Chance zu geben. Es war zwar schon eigenartig. Sie hat mich richtig doll umarmt und geweint.» Ich trennte Farbe mit Schwarz-Weiß und schielte neugierig zu Dario rüber, der den Wandschrank aufgemacht hatte. Ich hatte ihn zwischenzeitlich darum gebeten, das Waschmittel zu holen.
«War es eine einseitige Umarmung?» Er stoppte und sah mich unsicher an. Was war jetzt? Er wollte etwas sagen, doch zögerte... und wenige Sekunden später schüttelte er nur den Kopf. «Nein, ich habe sie an mich heran gehoben und gehalten.» Allein nur schon dieses Bild im Kopf ließ mein Herz erwärmen und aufspringen. Er hatte sich getraut. Ich konnte nicht anders und lächelte stolz vor mich hin.
«Wann seht ihr euch das nächste Mal?» Er zuckte mit den Schultern. «Weiß nicht.» Er fand, was ich suchte, und hielt mir das Waschmittel hin. Wohl fühlte er sich gerade nicht so. Seine Augen verrieten ihn und dann realisierte ich auch, wieso. Waschmittel. Ich hielt Tide in der Hand. «Alles okay?» Er nickte nur und rieb sich seine Nase. «Denke schon... Ich muss es jetzt gerade einfach nicht wirklich riechen.»
Unsere Lösung war dann, dass Dario kurz hochging und unsere Handys holte, während ich das Waschmittel einfüllte und den Rest machte. Schlussendlich, eine Stunde später, war ich dann dazu gezwungen, Dario sein Shirt zurückzugeben, denn wir machten uns auf den Weg zurück ins Wohnheim. Die Wäsche konnte ich auch noch später ausräumen und so.
Es war 9 Uhr und für Darios Geschmack echt zu früh. Es grenzte allein an einem Wunder, dass er heute um 7 Uhr aufgestanden und bei mir geblieben war. Er hatte gesagt, dass er um 11 Uhr bei Kelly sein musste, weshalb wir bei ihm frische Klamotten für ihn holen gingen und dann noch etwas in den Hobbyraum runtergehen wollten.
Doch schon beim Betreten des Wohnheims realisierten wir, dass hier heute ein Ausnahmezustand war. Uns kamen zwei Kleinkinder entgegen, die mit Roxy spielten. Dario war abrupt stehen geblieben. Sein Blick unbezahlbar.
Er sagte nicht einmal hallo, nein, seine ersten Worte waren, «Was machen diese Kinder hier?» Lex' Kopf kam durch den Türrahmen der Küche hineingeschossen. Er grinste, «Meine Nichte und mein Neffe sind heute bei mir.» «Aha», murmelte Dario alles andere als überzeugt.
Er packte Roxy an ihrem Geschirr und beäugte das Mädchen, das Roxy hinterhergerannt war, skeptisch. Also, falls es noch nicht ganz klar für alle war; Dario mochte Kinder nicht. Also wirklich überhaupt nicht.
Aber bekanntlich wurden die Leute, die Kinder nicht mochten, am meisten von ihnen geliebt. Und meine Theorie bestätigte sich, als dieses Mädchen mit rosigen Backen vor Lio zu ihm aufblickte und schüchtern zu kichern begann. «Hawo», kam es ganz, ganz leise von ihr. Sie biss an ihrem Fingernagel rum und wippte etwas hin und her.
Mein Herz schmolz, doch Darios Knie blieben standhaft. Ihn kriegte sie so leider nicht rum. «Hi», grummelte er nur und schickte Roxy hoch in sein Zimmer. Ich kniete mich zur Kleinen runter und hielt ihr meine Hand hin. «Ich bin Noè. Wie heißt du denn?» Ihr großen blauen Augen folgten Dario, der zu Lex in die Küche ging. «Millie.»
«Hi, Millie», grinste ich dann und hinter ihr tauchte ein etwas größerer Junge auf. «Dwas is mein Bwuder Jimmy.» «Hi, Jimmy.» Er winkte ganz schüchtern und ich richtete mich wieder auf, als ich Dario mit Lex diskutieren hörte. «Es sind nur zwei Kinder.» «Ja, zwei Kinder zu viel», konterte Dario, doch Lex ließ sich nicht aufregen und winkte ab. «Nur für heute, Dario. Reiß dich zusammen. Die haben dir ganz und gar nichts zu leide getan. Plus, sie sind ganz brav und lieb.» Stille.
Rio kam dann aber zurück in den Flur und deutete mir, «Ich geh' mich umzieh-» Millie zupfte an seinem Shirt und er stockte, hielt inne und sah dann auf sie hinab. Sie hing wieder an ihrem Fingernagel, aber war schon etwas mutiger als eben. «Wie weißt dwu?» Kurzes Schweigen. «Dario.» «Dwario?» «Du hast mich schon verstanden.»
Er sah mich wieder an, «Ich zieh' mich oben um und dann können wir in den Hobbyraum.» Ich nickte und versuchte das Grinsen zu verstecken, denn Millies Augen drohten aus ihrem Kopf zu fallen, so fasziniert war sie von Dario. Jimmy hatte jedoch Respekt vor ihm.
«Ich bwin Millie und dwas ist Jimmy», murmelte Millie Dario hinterher und er hielt vor der Treppe nochmals an und sah sie an. «Schön...» Jetzt musste ich meinen Senf dazugeben. «Dario, sei lieb.» «Ich bin lieb.»
Er ging hoch und Millie wollte ihm leise hinterher, doch Jimmy hielt sie fest. «Lex hat gesagt, wir dürfen da nicht hoch, Millie.» Sie schmollte. Lex war noch immer in der Küche und ich entschied mich dazu, ihm hallo sagen zu gehen. Millie folgte mir zuerst, aber entschied sich dann um und blieb bei ihrem Bruder.
«Oh. Hi, Noè.» «Hi.» Ich hatte mein Lächeln noch immer nicht loswerden können. Lex las meinen Ausdruck und musste dann lachen. «Lass mich raten. Millie hängt bereits an Dario.» Ich nickte schmunzelnd, «Mehr oder weniger, ja. Wie alt sind die beiden?» «Millie ist drei und Jimmy fünf.» So klein, meine Güte. In dem Alter hatten Dario und ich uns zum ersten Mal gesehen. Er war drei gewesen und ich vier. Meine Fresse, wie lange das schon her war.
Ich hörte die Treppe wieder knarren und Dario lehnte sich dann im Türrahmen an. «Kommst du?» Sekunden später jagten kleine Schritte über den Flurboden. Millie. Sie kam mit Jimmy im Schlepptau zu uns in die Küche.
Während Jimmy sich an Lex wandte, blieb die kleine Millie brav neben Dario stehen. Sein Blick lag auf ihr. Er musterte sie schweigend und seufzte dann. Lex konnte sich kaum zusammenreißen. Er platzte beinahe vor Lachen.
«Wieso hwast du so viewe Awmbänder?» Sie zupfte an einem der Enden und blinzelte unschuldig zu Dario auf. «Weil ich in deinem Alter nicht geliebt wurde», haute er dann nur raus und lief in Richtung Hobbyraum.
Mir hatte es die Sprache genauso verschlagen, wie Lex, der sich aber fangen musste, um dem Italiener die Leviten zu lesen. «Dario, ich schätze deine Ehrlichkeit, aber schraub' sie heute etwas zurück, ja?» «Ja ja...»
«Wir sind unten, Lex», meinte ich dann nur. «Passt.» «Wo untwen?» Millie tapste mir hastig hinterher. «Im Hobbyraum.» «Dwürfen wir mitkwommen?» «Das müsst ihr Lex fragen.» Er hatte uns gehört und nickte mir zu. «Allein, weil Dario unten ist, erlaube ich es heute.»
Jimmy war aber gar nicht so interessiert am Raum. Millie auch nicht, aber sie wollte wieder zur Dario, der mich tadelnd ansah, als er sah, wie ich der Kleinen die letzten Stufen der Treppe herunterhalf. Sie war etwas zu steil für Millie.
«Noè...», nörgelte mein Freund und deutete dann auf Millie. «Dein Ernst?» «Sie wollte mit und ich konnte nicht nein sagen.» Er verdrehte dann nur die Augen und schaute der Kleinen zu, wie sie sich ihm vorsichtig näherte. «Plus, ich denke, sie mag dich. Weis' sie doch nicht so kalt ab.» «Ich mag Kinder nicht...»
«Komm schon», versuchte ich ihn zu ermutigen und Millie lehnte sich dann einfach an seinem Bein an und nippte an ihrem Daumen rum. Dario schüttelte den Kopf und verlor dann nur wieder ein Seufzen. Aber! Aber er ließ Millie machen und blieb ruhig.
«Und was jetzt? Soll ich so lange hier stehen blieben, bis sie wieder geht, oder was? Ich will eigentlich ans Klavier sitzen.» «Nimm sie mit.» Er dachte nach und biss sich auf die Unterlippe. Er ging dann schon zum Klavier, doch ohne Millie.
Ich nahm sie hoch und mit, weil sie mir etwas leid tat. Dario war mir für meinen Geschmack etwas zu gemein zu ihr. «Dir ist schon klar, dass du so geworden bist, wie du bist, weil die Leute mit dir so umgegangen sind, wie du jetzt mit Millie umgehst, oder?» Zugegeben, das war fies von mir, doch er benahm sich echt daneben. Die Kleine konnte doch nichts dafür.
Darios Blick zeigte mir, dass ich aufzupassen hatte, doch ich wusste, dass er jetzt wenigstens darüber nachdachte. «Spwielst du Klawier?» Sie zeigte auf das Klavier, vor dem Dario saß, doch seine Augen blieben einige Sekunden an mir hängen, bis er sich dann Millie widmete. «Mhm», gab er von sich und ich machte es mir neben ihm bequem.
«Kwann ich auwch?» Sie streckte die Arme nach meinem Freund aus und er rieb sich genervt die Stirn. Er dachte einige Sekunden weiter nach und verlor anschließend ein besiegtes Seufzen. «Natürlich.» Er hob sie hoch und setzte sie zwischen uns auf der Sitzbank ab.
Sie trug ein großes Lächeln und drückte ein paar Tasten. Ich sah Dario an, dass er immer noch über Millie und meine Worte nachdachte und musste einfach nachfragen. Er ließ sie schließlich nicht mehr aus den Augen.
«Worüber denkst du nach?» «Bin gerade einfach froh darüber, dass wir Kondome gekauft haben...»
Millie erinnert mich an einen anderen Buchcharakter von mir...
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