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Song: Savior Complex - Phooebe Bridgers
"Lass mich dir helfen", sagt er nach einer Ewigkeit des erdrückenden Schweigens.
"Aber wie?"
Was will er machen? Sich meinem Vater gegenüberstellen?
"Ich weiß es nicht, noch nicht. Aber uns wird etwas einfallen. Ich könnte meinen Vater fragen-"
"Nein!" Ich springe von seinem Bett auf. "Nein, Trace, echt nicht. Ich habe dir diese Sache anvertraut, dir. Keiner sonst darf davon erfahren."
Verzweifelt hebe ich die Hände, als würde ich versuchen, einen bissigen Hund zu beruhigen.
"Aber warum? Genau darin liegt doch euer Fehler! In eurem Schweigen! Wenn ihr euch jemandem anvertraut hättet, wenn es Zeugen gebe-"
"Haben wir ja", versuche ich, doch treffe auf kein Gehör.
"Ein alter Grundschullehrer und eure Tante zählen nicht und auch nicht deine beste Freundin. Ich meine, erwachsene Menschen, die euch in Schutz nehmen können und es dann auch tun, wenn es darauf ankommt, die bezeugen können, was für ein Arschloch er ist."
Ich atme zitternd durch.
"Und wie willst du das anstellen? Mein Vater schlägt nicht vor Publikum zu, er sagt noch nicht mal etwas Herablassendes, wenn sich in der Nähe Menschen aufhalten, er..."
Er versteht es nicht. Er kann es nicht verstehen. Er weiß nicht, was für ein Mensch mein Vater ist und er kann auch nicht begreifen, wie schrecklich ohnmächtig man sich fühlt, wenn alle Bemühungen, ihm zu entkommen, in einer Sackgasse enden.
Buchstäblich. Denn ich glaube, hier wird es enden.
Zurück zum Anfang.
"Connor."
Er greift erneut nach meinen Händen, zieht mich zu sich. Wenn ich nicht so aufgebracht wäre, würde ich mich aus seinem innigen Griff lösen.
"Ich verspreche dir, wir werden eine Lösung finden. Ich weiß noch nicht wie, aber wir werden nicht aufgeben, bis ihr eure Ruhe habt."
Sein Daumen streicht über meinen rechten Handrücken.
"Wir?", frage ich, meine Stimme bricht.
"Oh, Connor."
Und dann steht er vor mir und drückt mein Gesicht erneut an seine Brust.
Wir.
Nein, das kann ich nicht glauben. Nicht, nachdem er mich so oft im Stich gelassen hat.
Und doch. Ich will es glauben.
Irgendwann setzt er sich wieder auf das Bett, ich bleibe vor ihm stehen und spüre seine Lippen an meinen Händen.
Ich schaue nicht hin. Ich kann ihn nicht ansehen, während er meine Hände küsst.
Der einzige Gedanke, den ich in meinem Kopf dabei formulieren kann, ist eine Frage: Warum macht er das?
Ich schaue aus dem Fenster, zu den unglaublich maskulinen Männern an den Wänden und zu seinen hellblau und grauen Kissenbezügen. Ordentlich, sauber, neu, geradlinig.
Aufrichtige Augen schauen zu mir auf, so lange bis ich ihrer stummen Anfrage nachgeben muss und ihnen begegne.
"Wenn du willst, dass ich dir helfe, musst du dein Schweigen brechen. Connor, du musst einfach, dein Vater darf nicht gewinnen."
Er drückt meine Finger zwischen seinen, rüttelt an meinen Armen, die ohne einen Widerstand zu schlenkern beginnen.
Ich habe keine Kraft.
"Ich soll mein Schweigen brechen? Du verlangst von mir etwas zu tun, zu dem du noch nie selbst bereit warst?"
Ich bereue die harschen Worte, als sie meinen Mund verlassen haben.
"Das wollte ich nicht sagen, Trace", flüstere ich erschrocken.
Der Junge lässt meine Hände nicht los. Er presst nur seine Lippen zusammen und schaut an mir vorbei.
"Es tut mir leid. Auch, dass ich den einen Nachmittag so hart zu dir war, du weißt schon... Als du..."
"Du musst mich nicht daran erinnern." In diesem Moment könnte seine Stimme einen Eisblock zerschneiden. "Ich habe es ja nicht anders verdient und du hast Stück weit recht, aber hier geht es jetzt nicht um mich oder uns. Es geht darum, dass du und deine Familie nicht zurück in die Fänge eines Gewalttäters geraten dürft. Und ich kann dir versprechen, dass ich es jemandem sage, mit deiner Zustimmung oder ohne sie."
Genauso wenig wie er meine Hände loslassen kann, kann ich ihm meine Hände entziehen.
Was ist das?
Warum bin ich hier? Warum hat er mich reingelassen? Warum will er mir helfen?
Warum rede ich noch mit ihm, warum bin ich hier hergekommen?
Was ist das?
Dieses Etwas, dass ich nicht greifen, nicht begreifen kann.
Ich schließe die Augen, nur um sie gleich wieder zu öffnen.
Dieses Mal begegne ich Traces Blick mit mehr Entschlossenheit. Ich bringe kein Wort über die Lippen, aber er weiß, was ich ihm sagen will.
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Ach ja... Die Entschlossenheit in unentschlossenen Momenten. Seufz.
Wie geht es euch meine Lieben? Ich akzeptiere nur ehrliche Antworten!
Ich finde, wir fragen uns das irgendwie viel zu selten, bzw. wir sind so darauf trainiert eine "alles und nichts bedeutende - aber für den anderen zufriedenstellende" Antwort zu geben, dass die Frage eigentlich gar keinen Sinn mehr hat. Hat sie natürlich noch, aber nicht... im Small Talk... mit Leuten, die es eh nicht ernst meinen.
Jetzt bin ich aber weit vom Thema abgekommen xD
Ich gehe jetzt Abendbrot essen, verhungere schon halb. Immerhin habe ich heute erneut richtig hart gearbeitet, ehrlich; mein Kopf ist knallrot vom ganzen Nachdenken xD
Bis morgen &
All my Love,
Lisa xoxo
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