
Chapter Twelve - Courage
Sam
„Mir gefällt das immer noch nicht.", beklagte sich mein Vater, als wir auf Annabeths Ersuchen hin den Thronsaal zu dritt verließen. „Denkst du mir?", fragte Mom zurück und warf ihm einen stechenden Blick zu. „Ich hätte nicht zugelassen, dass er in einen Halbgott verwandelt wird und auf eine tödliche Mission geht."
„Was sollte ich denn machen?!", Dad warf verärgert die Arme auseinander. „Sam hat Recht mit dem, was er gesagt hat."
„Na und?", Ihre Stimme wurde lauter. „Wenn er dich anflehen würde, ihn von einer Brücke springen zu lassen, lässt du das dann auch zu?" Dad verdrehte die Augen, „Ja, weil er von mir abstammt und Wasser ihm nichts anhaben kann. Da ist es egal aus welcher Höhe er springt."
„Du weißt genau, was ich meine!"
Müde fuhr sich mein Vater durch die Haare und sank auf den Boden, „Er ist wie ich, Annabeth. Sam hätte so oder so eine Möglichkeit gefunden, abzuhauen und den Halbbluten zu helfen. Da macht es keinen Unterschied, ob ich ja sage oder nicht."
„Aber...-"
„Jetzt hört doch mal auf zu streiten.", rief ich genervt. „Es ist meine Entscheidung zu gehen und ich bin Dad dankbar, dass er mich lässt." Ich sah Mom in die Augen, „Kannst du mich nicht wenigstens ein bisschen verstehen? Ich komme mir so verdammt nutzlos vor. Das ist die einzige Gelegenheit, die ich bekommen werde, um mich selbst zu beweisen. Ich kann kämpfen."
Mom strich sich stöhnend eine Haarsträhne aus dem Gesicht und schloss kurz die Augen, als sie sich sammelte. „Ja, verdammt nochmal, du hast recht.", zischte sie plötzlich und setzte sich neben meinen Vater auf den Boden.
Ich spürte die angespannte Stimmung zwischen uns und versuchte die aufkeimenden Schuldgefühle herunterzuschlucken. Es war schließlich meine Schuld, dass diese Spannung da war. Wegen mir stritten sich meine Eltern und doch konnte ich nicht anders, als mich innerlich zu freuen, dass ich sie überredet hatte, mich gehen zu lassen.
Seufzend ließ ich mich vor meinen Eltern im Schneidersitz auf den Boden fallen und legte die Hände in meinen Schoß. „Es tut mir leid.", flüsterte ich und sah meinen Eltern in die Augen.
„Dir muss nichts leid tun, Sam.", Die beiden sahen sich in die Augen und schienen eine Art stille Kommunikation zu betreiben. Schließlich redete Dad weiter: „Ich habe dich vor nicht einmal zwei Wochen kennengelernt. Ich finde, es ist zu früh für dich zu gehen, aber ich kann dich nicht zwingen, hierzubleiben. Vor allem, weil du mir in allen Dingen ziemlich ähnlich bist und ich weiß, dass du dich nicht an unser Verbot halten würdest. Also versprich uns einfach, dass du auf dich aufpassen wirst und versuchst, nicht zu sterben, okay?"
Ich schluckte schwer, hielt aber den Blicken meiner Eltern stand. „Ich habe nicht vor, mich umbringen zu lassen."
Mom legte eine Hand an meine Wange und lächelte traurig, „Das einzige, was ich mir vom unsterblich sein erhofft hatte, war ewig mit deinem Vater zusammen zu sein und dich aus der Gefahr rauszuhalten, aber natürlich klappt wieder mal nichts so, wie ich es wollte. Piper hat mir gesagt, dass ich nicht jeden einzelnen Schritt, jeden Zufall, planen kann. Und ich habe zunehmend das Gefühl die Kontrolle über alles zu verlieren."
„Dann versuche, nicht immer alles kontrollieren zu wollen.", flüsterte ich. „Und lass es auf dich zukommen." Mom nickte und legte ihren Kopf auf der Schulter meines Vaters ab, der tief einatmete. Ich sah ihm seine Erschöpfung an und wie sehr er versuchte, sie zu unterdrücken.
Als sich Schweigen zwischen uns ausbreitete, wanderten meine Gedanken zu Selene und ich seufzte schwer. Würde ich sie überhaupt wiedersehen, wenn ich gleich aufbrach? Na ja, wenn ich umkam, wäre ja Sol da, um sie zu trösten, dachte ich bitter und verzog das Gesicht.
Dad fing meinen Blick auf und schien meine Gedanken zu lesen, denn er sagte: „Du solltest mit ihr reden, Sam. Bevor du aufbrichst, meine ich." Mom ließ die Augen geschlossen und ließ sich in die Arme meines Vaters ziehen.
„Ich weiß nicht, was ich zu ihr sagen sollte.", gestand ich zögerlich. „Um Himmels Willen.", murmelte Mom und öffnete schmunzelnd ein graues Auge. „Du bist der Gott der Logik. Nicht nur der geistigen Logik, sondern auch der physischen. Du kannst Menschen wie ein Buch lesen. Das ist eine deiner Fähigkeiten."
„Aber die funktioniert nicht bei Selene!", protestierte ich und wurde langsam wütend. „Es ist als würde ich gegen eine Wand laufen, wenn es um ihre Gefühle für mich und Sol geht. Ich weiß sogar wie schwachsinnig der Streit zwischen Dad und Poseidon ist, aber bei ihr geht es einfach nicht."
Dad schluckte schwer und richtete den Blick auf den Boden, während Mom mit den Augen rollte, „Du musst lernen, andere nicht nur durch deine Fähigkeiten wahrzunehmen, Sam. Sieh dir ihre Körperhaltung und ihre Mimik in deiner Gegenwart an. Selene ist in dich verliebt, aber du siehst es nicht und hast Angst etwas falsch zu machen, wenn du den nächsten Schritt machst, das verstehe ich. Doch Selene wird nicht ewig warten."
Noch immer brannte in mir die Wut, aber diesmal wegen Sol. Mom hatte Recht und der Sonnengott nutzte mein Zögern schamlos aus, um sich das Mädchen zu schnappen. Er wollte einen Kampf? Ich wollte ihn nicht. Und trotzdem würde ich jetzt endlich auch mal einen Schachzug machen und ihn mattsetzen.
Abrupt stand ich auf und lief entschlossen zurück zum Thronsaal. Die zufriedenen Blicke meiner Eltern sah ich gar nicht mehr. Mehrere Nymphen, Dryaden und Götter sahen verblüfft von ihren Tätigkeiten auf, als ich an ihnen vorbeistürmte.
Vor den Toren zum Saal standen ein paar meiner Freunde und unterhielten sich leise miteinander. Ich presste die Lippen aufeinander, als ich sah, dass Sol Selene gerade an der Hand nahm und sie anlächelte. Tief durchatmend kam ich vor den Göttern zum Stehen und funkelte Sol wütend an, was er nur mit einem gelassenen Blick erwiderte.
Er sah keine wirkliche Konkurrenz in mir, das hatte er mir schon ein paar mal ins Gesicht gesagt. Ich war der Jüngste in dieser Gruppe und hatte eben nicht die Erfahrung, die er hatte.
Es schnürte mir die Kehle zu, als plötzlich das Horn ertönte, das ankündigte, dass sich wieder alle bei Zeus einfinden sollten, weil es weiterging mit dem Götterrat. Ich hatte nur noch ein paar Sekunden Zeit, bevor wir wieder rein mussten.
Selene musterte mich stirnrunzelnd, „Sam, was ist...-"
Weiter kam sie nicht, denn ich verschloss ihre Lippen mit meinen und brachte sie somit zum verstummen. Mein ganzer Körper fühlte sich an, wie von Zeus' Herrscherblitz getroffen. Obwohl es sich viel zu schön anfühlte, um einfach aufzuhören, löste ich mich von Selene, bevor sie überhaupt daran denken konnte, den Kuss zu erwidern.
Aus großen, glitzernden Augen starrte sie mich verblüfft an. „Ich habe mich in dich verliebt, Selene.", brachte ich atemlos hervor. „Und es tut mir leid, dass ich nicht schon eher den Mut hatte, es zu tun, aber ich wollte, dass du es weißt, bevor ich gehe. Wenn du wirklich mit Sol zusammen sein möchtest, werde ich euch nicht im Weg stehen. Ich hätte mir nur selbst ewig Vorwürfe gemacht, dass ich es nicht einmal versucht habe. Ich wünsche euch alles Gute."
Schwer schluckend drehte ich mich daraufhin weg und ging zurück in den Thronsaal ohne einen Blick zurückzuwerfen.
Mein Körper fing an zu kribbeln, als Hekate und Kratos zusammen in altgriechisch irgendwelche Worte murmelten, die ich nicht verstand. Es fühlte sich wie ein Sog an, als meine göttliche Stärke aus mir herausströmte und mich so schwach wie nie hinterließ. So fühlte es sich also an, ein Halbgott zu sein.
Was für ein Unsinn... Wenn man als Gott aufgewachsen war wie ich, kam man sich jetzt plötzlich furchtbar verwundbar vor. Ich erinnerte mich an eine Geschichte meines Vaters, als er noch ein Halbgott war: Wie er im Fluss Styx Unverwundbarkeit erlangt hatte und sie ein Jahr später wieder verloren hatte. Ob er sich dabei genauso geschwächt gefühlt hatte? Wahrscheinlich nicht. Unsterblichkeit war nochmal eine Stufe extremer.
Ich schloss angestrengt meine Augen und im nächsten Moment, in dem ich sie wieder öffnete, lag ich auf dem Boden. Meine Eltern knieten neben mir und musterten mich mit besorgten Blicken.
„Wie fühlst du dich?", fragte mich Mom sanft und half mir, mich aufzusetzen. Die anderen Götter sahen mich ebenfalls erwartungsvoll an und ich versuchte vorsichtig aufzustehen, bevor ich antwortete: „Es geht schon. Ein bisschen .... schwach.", brachte ich außer Atem hervor.
„Sie sollten aufbrechen.", meinte Zeus mit wachsamen Augen, weshalb mein Vater ihn wütend anfunkelte: „Jetzt gebt ihm doch erst mal Zeit, sich zu erholen! Er war noch nie sterblich."
„Ich schaffe es schon.", beruhigte ich ihn und bemerkte da die drei Halbgötter links von mir: Alice, Lewis und William. Sie wirkten etwas nervös. Ob wegen mir oder dem bevorstehenden Auftrag, wusste ich nicht.
Ich schloss die Arme um meine Eltern und sie drückten mich an sich, bis mir scheinbar die Luft ausging. „Pass auf dich auf, Sam. Bitte.", Mom nahm mein Gesicht in ihre Hände. „Mach ich.", versprach ich und lächelte Dad noch einmal zu, der mir ein „Du schaffst das." zuraunte, bevor ich zu meinen Reisegefährten ging. Aus dem Augenwinkel konnte ich Selene und meine Freunde erkennen, aber ich konzentrierte mich voll und ganz auf die Halbblute, um nicht an sie denken oder in ihre Gesichter blicken zu müssen.
„Wartet!"
Leo quetschte sich durch die Nebengötter nach vorne und blieb atemlos vor uns stehen; die Hände auf die Knie gestemmt, um tief Luft zu holen, „Ich habe noch was für euch."
Er streckte die Hand aus und zeigte uns eine kleine bronzene Kugel, die gerade so in eine Hand passen würde. „Ihr werdet wissen, wann ihr sie braucht und wie sie funktioniert.", Danke, Leo.", meinte Alice und steckte die Kugel vorsichtig in ihren Rucksack.
Dann machten wir uns auf den Weg nach New York.
Ich warf einen letzten Blick auf meinen Vater, der so geschwächt wie nie aussah und fasste in diesem Moment einen Entschluss: Ich würde ihn nicht weiter so leiden lassen. Mit jedem Schritt, den wir in Richtung Aufzug gingen, kam ein Puzzleteil zu meinem Plan hinzu...
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