
Kapitel 41
"Ich bin schon so aufgeregt. Das wird unser letzter Schulball, wir müssen diesen Tag zum Schönsten unserer Schulzeit machen." Ivy hat mittlerweile schon ganz rosige Wangen. Sie redet bereits die gesamte Mittagspause vom Schulball. Sie ist Mitglied im Ballkomitee und hat die Location in der Sporthalle mitgestaltet. Sie kümmert sich zudem um die Musik, weshalb sie sich heute Nachmittag mit dem engagierten DJ trifft, um letzte Details zu besprechen. Kurz gesagt: Sie ist Feuer und Flamme.
"Du musst zwischendurch auch mal Luft holen, Ivy", kommentiert Lesley, sie genüsslich ihre letzen Reste aus dem Milchshakebecher zu schlürfen versucht. Ihr schiefes Grinsen entgeht mir nicht.
Mein Erdbeermilchshake ist leider schon leer, es ist die beste und definitiv leckerste Abkühlung bei diesen Temperaturen. Das Kantinenessen an unsere Schule ist erstaunlich gut und man findet von Milchshakes über Snacks und Eis bis hin zu Hauptmahlzeiten echt alles.
"Ich bin einfach so aufgeregt." Sie guckt mich fragend an. "Du hast uns noch garnicht gesagt, wer deine Begleitung ist."
"Ich gehe mit Rowan, er hat mich vor einigen Wochen gefragt und ich habe zugestimmt." Ehrlich gesagt tut er mir ein kleines bisschen Leid, denn ich kann mir vorstellen, dass er ebenfalls kein ernsthaftes Interesse an mir hat, aber aufgrund seiner Eltern, indirekt dazu gezwungen wird. Er ist nett, aber mehr auch nicht. Automatisch wandert mein Blick zum Tisch am Ende des Raums. Dort sitzt Logan mit seinen Freunden und lacht gerade über einen Witz, den wahrscheinlich jemand von den Jungs gerissen hat. Sofort beschleunigt sich mein Herzschlag. Ernsthaft, ich brauche ihn nur anzuschauen und sofort steht mein gesamter Körper unter Strom.
Heute ist Freitag, was bedeutet, dass ich und Spencer morgen bei den Campbells übernachten werden. Egal wie unnötig und kindisch mein Verhalten ist, ich bin total aufgeregt und denke, während Ivy den ganzen Tag über den Schulball nachdenkt, ununterbrochen an den morgigen Tag.
"Also ich dachte du würdest mit Logan gehen." Sofort ist meine Aufmerksamkeit geweckt und ich starre zu meiner besten Freundin.
"Wieso sollte ich?"
Sie schnaubt. "Weil ihr euch andauernd mit euren Blicken auszieht und das nervt mich langsam. Tut das bitte wenn im realen Leben. Klärt die Sache und werdet glücklich, so schwer ist das nicht. Hat bei Mitchell und mir auch geklappt."
Mit Augen so groß wie Untertassen und offenem Mund schaue ich zu den restlichen versammelten am Tisch. Jeder meiner Freunde versucht sich ein Schmunzeln zu verkneifen. Diese Verräter. "So ist das nicht."
Sobald ich die Worte ausgesprochen habe, bricht lautes Gelächter aus. Ich spüre wie sich unzählige Augenpaare auf uns richten, eingeschlossen Logans. Etwas verwirrt versuche ich die unangenehme Situation zu überspielen. "Ihr seid Idioten!"
Ivy's Gelächter verklingt nach und nach. "Jaja, red dir das nur weiter ein."
Im selben Moment klingelt mein Handy.
Logan: Was ist so witzig? Ich will mitlachen.
Ein Lächeln breitet sich auf meinen Lippen aus und ich gucke automatisch zu Logan, der seine rechte Augenbraue fragend nach oben zieht.
Ich: Hast nichts verpasst. Ivy hat ihre Fünf Minuten :)
Logan: Und warum sehe ich deine roten Wangen dann bis ans Ende der Cafeteria? Du bist verlegen, Scarlett Evans!
Aus reinem Reflex fasse ich mir mit meiner Hand an die heiße Wange. Shit, er hat recht.
Logan: Also doch
Ich: Was also doch?
Logan: Nichts, alles gut. Hast nichts verpasst, habe nur meine Fünf Minuten ;)
Mein Lächeln wird breiter, egal wie sehr ich versuche böse zu schauen.
Ich: Sag!
Die Schulglocke klingelt. Natürlich genau jetzt, wie auch sonst. Logan winkt mir provozierend zu und verschwindet durch die Doppeltür in die Richtung der Kursräume.
Am Tisch sitzen Vier Personen, die mich fragend mustern.
Ivy findet als erste wieder zur Sprache. "Was war das denn?"
Ich seufze. "Wenn ich das nur wüsste."
Am Samstag stehen ich und Spencer pünktlich um Vier Uhr nachmittags vor der Wohnungstür des Mehfamilienkomplexes. Mein Herz überschlägt sich zu oft, als dass es gesund für einen menschlichen Körper sein kann.
Mom und Dad haben uns die Lüge sofort geglaubt. Ich lüge nur ungern, aber in diesem Fall habe ich es mit Freude getan. Hier in der Sommerhitze vor dem renovierungsbedürftigen Gebäude zu stehen fühlt sich wie ein Triumph an. Ein Triumph gegenüber meinen Eltern. Ich wünschte, sie wüssten was für eine liebeswürdige Familie die Campbells sind. Angefangen bei Logan, über Hannah, bis hin zur Mutter.
"Bereit?", frage ich meine Schweser, die vor Freude beinahe platzt. Die Frage richtet sich eigentlich auch eher an mich. Bin ich bereit? Eigentlich nicht, aber ein Rückzieher kommt nicht in Frage.
"Bereit, wenn du es bist."
"Na dann los"
Im Treppenhaus ist es angenehm kühl und es richt erstaunlich gut nach Lufterfrischer. Während wir mit den prall gefüllten Rucksäcken und Ernie, Spencers Riesenkuschelbär, der nicht fehlen durfte, die Treppe hinauf steigen, hallen unsere Schritte zwischen den Wänden wieder. Oh man, ich muss unbedingt wieder mehr Sport machen. In den letzten Wochen ist dieser viel zu kurz gekommen, weshalb meine Atmung erbärmlich kurzlebig ist.
Im vierten Stock angekommen drückt Spencer auf die Klingel. Leise Schritte sind auf der anderen Seite der Tür zu hören und Hannah öffnet schwungvoll die Tür.
"Spencer, Scarlett! Schön dass ihr da seid. Kommt rein."
Die beiden Mädchen verschwinden kichernd in Hannahs Zimmer, während ich etwas fehl am Platz im Flur stehen bleibe. Erst jetzt fällt mir der himmlische Geruch von Pizza auf. Als wäre mein Bauch im selben Moment auf die gleiche Erkenntnis gekommen, gibt er ein Grummeln von sich. Das ist ein Zeichen.
Ich gehe in die Küche und sehe Logan am Herd stehen. Er ist beim kochen so konzentriert, dass er meine Anwesenheit garnicht wahrnimmt und ich die Chance nutze, ihn zu betrachten. Mein Mund wird trocken.
Mit seiner schwarzen Jogginghose sieht er wie immer gut aus. Jedoch hat er obenrum nichts an und gibt seinen wunderschönen Körper frei. Er hat keine dieser massigen Muskeln, die mich nicht im geringsten anturnen. Sein Körper ist zwar trainiert aber so, dass es ästhetisch und nicht protzig aussieht. Mein Verlangen nach... ihm wird größer. Was ist bloß los mit mir?
"Na, lange genug gestarrt?"
Ertappt zucke ich zusammen. "Ich habe nicht gestarrt, ich wollte dich einfach nicht stören." Um glaubwürdig zu klingen, spreche ich viel zu schnell und verlegen. Der Abend geht ja gut los. "Bist du immer so selbstverliebt?"
"Mit selbstverliebt hat das nichts zu tun, Kleines." Er leget das Pizzamesser beiseite und kommt gefährlich nahe auf mich zu. Ich habe keine Angst vor ihm, sondern von mir. In seiner Gegenwart tue ich Sachen, die ich sonst niemals tun würde.
Mittlerweile steht er nur noch wenige Zentimeter von mir entfernt. Ich spüre seine Körperwärme, welche Logan in die gesamte Umgebung ausstrahlt. „Er ist heiß" beschreibt die Situation gerade am Besten.
Meine Atmung wird noch schneller. Holy shit.
Mit einem schiefen Grinsen im Gesicht greift er hinter meinen Rücken und langt nach einem weißen Shirt, das über der Stuhllehne hängt. Ich würde gerne mal einen Blick in seinen Kleiderschrank werfen. Wahrscheinlich finde ich dort nur weiße, graue oder schwarze Oberteile.
Als könnte er meine Gedanken lesen, bringt er etwas Distanz zwischen uns, zieht das Shirt mit einer eleganten Bewegung über, und geht zurück zum Backofen.
Bewegen, Atmen und Denken sind gerade Eigenschaften der Unmöglichkeit. Mein Kopf ist komplett leer.
„Alles gut?", fragt Logan. Ob alles gut ist? Natürlich!
„Was sollte sein?" Sein Blick durchbohrt mich regelrecht. Also löse ich mich aus der Körperstarre und greife nach den Tellern, die auf dem Tresen stehen. „Wo essen wir?"
Doch anstatt mir zu antworten, schaut er mich einfach weiter an. „Du bist unglaublich, ist dir das überhaupt bewusst?" Es ist keine Spur von Spott oder Belustigung zu hören, einzig pure Ehrlichkeit. Dabei lächelt er mir schüchtern zu. Wo ist der arrogante Logan geblieben und was hat er mit ihm gemacht?
„Danke?!" Ich ziehe das Wort in die Länge weil ich gerade nicht weiß, was ich antworten oder wie ich reagieren soll. „Gleichfalls", sage ich etwas zu spät und hastig um gelassen zu wirken.
„In meinem Zimmer."
„Hm?" Worüber haben wir nochmal gesprochen? Was soll ich in seinem Zimmer? Ohne es zu wollen, spielt sich die Szene vor meinen Augen ab, wie wir in sein Zimmer gehen, uns aufs Bett fallen lassen...
Logan lacht. „Du kannst die Teller in mein Zimmer bringen. Ich sage den Mädchen gleich Bescheid und wir schauen alle zusammen einen Film. Die Wahrscheinlichkeit, dass wir Die Schöne und das Biest schauen liegt bei 98%. Es ist Hannahs Lieblingsfilm."
„Oh ähm, ja klar, mache ich." Mit roten Wangen verschwinde ich aus der Küche, bleibe im Türrahmen stehen und drehe mich zum Mann, der mein Herz schneller schlagen lässt. „Ich liebe diesen Film"
„Ich auch", flüstert Logan. Dabei sieht er aber nicht so aus, als würde er den Film meinen.
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