20
Ich drehte mich um die eigene Achse und legte den Kopf in den Nacken. Obwohl wir hunderte Meter unter der Erde waren, so fühlte es sich jedenfalls an, war die Decke so hoch, dass ich kaum die Streben der gewölbten Decke ausmachen konnte. Ich versuchte mir dabei alles einzuprägen, jedes kleine Detail, doch ich war von der Situation so überwältigt, dass es mir beim besten Willen nicht gelingen wollte.
"Das ist...", stammelte ich und schluckte schwer, als meine Stimme brach.
"Umwerfend?", bot Tom mir an. "Das Beste und Bedeutendste, das dir je in deinem Leben passiert ist?" Er hörte sich dabei nicht an, als würde er scherzen. Tom Riddle meinte jedes Wort todernst.
"Beängstigend", erwiderte ich und Tom zog seine schmalen Augenbrauen zusammen. Im Licht der Fakeln sah er ungesund blass aus. Durch das Spiel von Licht und Schatten wirkten seine grünen Augen noch intensiver als sonst.
"Beängstigend? Lex! Das ist der helle Wahnsinn. Hast du jemals so eine Macht gespürt?", begeisterte er sich und ich schluckte schwer.
"Das Einzige, was ich spüre, ist der eisige Luftzug hier drin", erwiderte ich trocken und wandte mich ab. Meine Schritte hallten gespenstisch wider und ich konnte plötzlich gar nicht mehr schnell genug aus der Kammer kommen. Ich hörte Riddle zu mir laufen und musste stehen bleiben, als er vor mir auftauchte. Eine Sorgenfalte zierte sein feines Gesicht.
"Was ist nur los mit dir? Warum kannst du meine Begeisterung nicht teilen?", fragte er mich leise und ich seufzte. Weil ich um mein Leben fürchte.
"Ich verstehe das alles nicht. Lass uns in den Gemeinschaftsraum gehen und du erklärst mir alles", meinte ich und zog an seinem Ärmel. Doch Riddle weigerte sich. Er klatschte in die Hände und weitere Fackeln erhellten die Räumlichkeiten. Mir wurde warm, unfassbar warm. Und das, obwohl mein Blut in meinem Inneren zu gefrieren schien.
"Ist dir noch immer kalt?", fragte er und ich schüttelte meinen Kopf. Nein, kalt war mir nicht mehr. "Wir sind Slytherins, Lex! Das ist bedeutsam für uns. Du musst mir versprechen, mein Geheimnis für dich zu behalten, in Ordnung?" Ich nickte. Klar, was sonst? Sollte ich ihm sagen, dass ich sofort zu Dumbeldore rennen würde? Ha.
"Ich bin der Erbe Slytherins. Und dadurch habe ich große Macht. Ich zeige sie dir. Hab keine Angst."
"Komm her", sagte er auf Parsel. Und ich hörte ein Kriechen, ein Wispern. Und plötzlich, ganz plötzlich kam eine riesige Schlange auf uns zu. Ein Basilisk. Sie hatte die Augen geschlossen.
"Du meine Güte", flüsterte ich und wollte einen Schritt zurück machen, doch prallte gegen Riddle.
"Fürchte dich nicht, Lex. Ich bitte dich", raunte er in mein Ohr, doch ich war auf die riesige Monstrosiät vor mir fixiert. Die grünen Schuppen schillerten und ich fürchtete ihren Blick. Ein Blickkontakt und ich wäre tot.
"Was... warum hältst du einen Basilisken? Ein Blick und wir sterben", meinte ich zittrig, dich Riddle lachte bloß.
"Du weißt mehr, als ich geglaubt hätte. Doch du musst dich nicht fürchten. Sie hört auf mich, bedingungslos. Und wenn du dich dazu entscheidest, an meiner Seite zu stehen, dann hört sie auch auf dich." Ich drehte mich zu ihm um und musterte überrascht sein Gesicht. Er sah ernst aus. Entschlossen.
"Tom, was hast du mit der Schlange vor?", fragte ich ihn durchdringend und er zuckte mit den Schultern. Alleine diese Geste der Gleichgültigkeit raubte mir den Atem.
"Ein paar Schlammblüter töten, vielleicht? Das würde Slytherin wollen." Ich legte meine Hände um sein Gesicht und zog ihn zu mir herunter.
"Tom, wenn du das tust, dann gibt es kein zurück mehr. Verstehst du mich? Du musst für immer mit dem Gedanken leben, einen Menschen getötet zu haben. Jemand wird nicht mehr nach Hause kommen", platzte es aus mir heraus und Riddle schaute mich irritiert an.
"Was soll das bedeuten? Ziehst du diese Schlammblüter mir vor?" Wut und Verwirrung prägten seine Stimme. Und ich seufzte.
"Nein, Tom. Ich will nicht, dass du zu einem Monster wirst." Er starrte mich an und riss sich dann von mir los. Ich hatte es verbockt.
Er wanderte vor mir auf und ab, die Hände ballte er dabei unkontrolliert zu Fäusten. Plötzlich drehte er sich um und kam zu mir zurück.
"Liebst du mich denn gar nicht?", fragte er und ich sog überrascht den Atem ein. Liebte ich ihn? Ich glaubte nicht daran. Ich fühlte eine ganze Menge. Furcht. Wut. Verzweiflung. Und vielleicht sogar Hoffnung. Konnte ich einem jungen Mann Taten anlasten, die er nich gar nicht begangen hatte? Die Antwort auf diese Frage wusste ich nicht, doch in mir sträubte sich etwas, wenn ich Riddle betrachtete und von Liebe sprach. Zu groß war dann doch der Schrecken, den Riddle über uns bringen würde. Auch wenn eine kleine Chance bestand, dass ich daran noch etwas ändern konnte. Ja, es war gegen Dumbledores Anweisungen. Es war töricht und verzweifelt, doch ich wählte diesen Weg. Ich konnte nicht abstreiten, dass tief in mir doch ein kleiner Funken Liebe glühte. Er glimmte und glimmte und eines Tages, sollte Riddle sich nicht dem Bösen verschreiben, dann könnte durchaus aus diesem Funken, Feuer entflammen. Aber nicht jetzt und nicht heute. Ich musste mich damit abfinden, dass Verlangen und Liebe etwas unterschiedliches waren. Verlangen als Ausdruck des Körperlichen und Liebe als Ausdruck des Geistigen. Und ja, Devlin geisterte noch immer in meinem Herzen herum. Mir wurde klar, dass ich an ihn dachte, wenn ich mein Inneres nach Liebe absuchte und ich wollte eine bessere Welt für uns. Und selbst für seinen Vater. Ich liebte Dev so sehr, dass ich es riskierte, nie auf ihn zu treffen, indem ich die Vergangenheit änderte.
"Und ob ich dich liebe. Deshalb will ich dich ja zur Vernunft bringen", erwiderte ich und Riddle nahm mein Gesicht in seine Hände. "Versprich mir, nichts dummes zu tun. Rede zunächst mit mir." Lüge. Das war eine Lüge, eine dreckige Lüge. Ich wusste es und ich schämte mich. Aber wer war ich? Hätte ich das Wohlergehen so vieler für die Wahrheit aufs Spiel setzen sollen?
"Versprochen", erwiderte er und schaute mich hoffnungsvoll an. Ich hielt seinen Blick und Tom senkte seine Lippen sanft auf die meinen. Er küsste mich mit einer steigenden Intensität, die mich beinahe umkippen ließ. Ich krallte mich in seinen Umhang und verlor beinahe den Halt, als er sich von mir löste. Wow. Küssen konnte er trotzdem. Das musste man ihm lassen. "Darf meine Schlange jetzt Mami zu dir sagen?" Ich schaute auf. Die Schlange hatte ich völlig vergessen.
"Aber nur wenn sie auf mich hört", lachte ich gezwungen und Tom legte einen Arm um mich.
"Das kriegen wir hin."
Danach folgte ich ihm aus der Kammer und musste mit mir hadern. Eigentlich hatte ich was ich wollte. Ich sollte zurückkehren und Dumbeldore Bericht erstatten, doch etwas hielt mich zurück. Vielleicht konnte ich mit meiner Anwesenheit die Geschehnisse ändern. Und ja, mir war klar, dass ich das eigentlich nicht durfte, aber es war mir egal. Vielleicht konnte ich es verhindern, dass aus Riddle Voldemort wurde. Er hatte mir schließlich versprochen, mit mir über seine nächsten Schritte zu sprechen.
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