Kapitel 7 - Nevis
Ich fühlte mich anders und irgendwie auch wieder nicht. Bellina und ich hatten gestern Abend Sex, unser erstes Mal und es war der Wahnsinn. Man kann nichts anderes sagen. Es war unbeschreiblich toll. Bei dem Gedanken an gestern Abend bekam ich gefühlt einen noch größeren Ständer, obwohl ich ohnehin gerade meine alltägliche Morgenlatte hatte. Bellinas Arm lag um meine Hüfte, ihr eines Bein schlang sich, wahrscheinlich unbewusst, um meine Mitte. Dadurch verstärkte sich mein Ständer. Ihre Füße waren trotz den Schäfchen-Socken kalt, trotzdem wärmten sie mich irgendwie. Das war verrückt. Am liebsten würde ich gestern Abend wiederholen oder anhalten, immer wieder von vorne anfangen und ständig das Ende sowie die Mitte neu erleben. Dafür hatten wir ja zum Glück noch genug Zeit. Wenn sie erst meine Frau wurde...
Ich löste ihren Arm, ihr Bein, im Allgemeinen ihren gesamten Körper von mir und stand auf. Auf Zehenspitzen mit eingezogenen Kopf, damit ich mich nicht an dem Dach stoßen würde, schlich ich durchs Zimmer. Aus meinem Rucksack fischte ich mein Handy. Eine Nachricht erleuchtete den Display:
Hatte das beliebteste Pärchen in Märchenwald endlich Geschlechtsverkehr?
Ich verdrehte die Augen und öffnete den Chat mit Lennox Pan. Mein Kumpel hatte mir gestern nach dem abrupten Abschluss unseres Telefongesprächs an die hundert Nachrichten geschickt. In allen ging es darum, ob wir Sex hatten. Nicht ein Fünkchen Reue, geschweige eine einzige Entschuldigung erwarteten mich. Trotzdessen schrieb ich ihm zurück:
Ja, ich hatte mein erstes Mal. Zufrieden? Und es war nicht wegen dir, glaub mir. Weißt du noch, wie ich sagte, wir warten noch auf den richtigen Moment? Ganz ehrlich, ich glaube den hätte es nie gegeben. Es gibt keinen richtigen Moment für das erste Mal.
Unter dem Namen von Nox stand, er schrieb gerade. Kurz darauf erhielt ich die WhatsApp.
Ich hoffe, du hattest dein erstes Mal mit Bellina. Wie war es?
Darauf antwortete ich:
Klar hatte ich mit Bellina Sex. Was denkst du denn? Es war unglaublich. Ich kann es nicht beschreiben, so schön war es.
Ich hätte es nicht anders erwartet, Königssohn. Glatt beneide ich dich. Weißt du wie heiß deine Braut ist? Bellina gilt als die Schönste aus Villeneuve, jetzt, wo Gaspard weg ist.
Da musste ich ihn korrigieren:
Falsch. Bellina ist die Schönste im ganzen Land nach Spiegel und nach mir ist sie die Schönste überhaupt.
Auf einmal erschien hinter meiner Nachricht eine weitere, die ich nicht geschrieben hatte:
Das stimmt, das habe ich gesagt. Nimmt es so hin, denn es stimmt. Win, win für Nevis. Die Schönste in Menschenwald, nicht in Märchenwald, ist jedoch Beyoncé.
Definitiv war das der idiotische Spiegel. Gerade wollte ich mein Handy ausschalten, als mein Blick auf die schlafende Schönheit, um die sich das Gespräch über WhatsApp eben noch drehte, fiel. Ich schoss ein Foto von meiner Freundin. Bellina sah bezaubernd aus, wie sie da auf dem Bett unter den Decken eingekuschelt lag. Das Bild machte ich sofort zu meinem neuen Hintergrund auf dem Handy. Den Sperrbildschirm hatte ich bereits zu einem Foto, auf dem wir uns auf dem Märchenabschlussball küssten, abgeändert.
Ich bemerkte, wie sich in der winzigen Räumlichkeit die schöne Prinzessin bewegte und sich kurz darauf aufsetzte. "Bonjour, mon amour. Was machen wir heute?", nuschelte sie.
Nachdem ich mich über sie beugte, küsste ich ihre Stirn. "Guten Morgen, Liebling. Entweder bleiben wir hier liegen, wobei das nicht mehr lange möglich wäre. Der Strandkorb muss um zwölf Uhr spätestens leer sein, damit die Putzfrau es für die nächsten Leute sauber machen kann."
"Wohl eher steril.", grummelte Bellina augenrollend.
"Oder wir gehen in Karls Erdbeerhof. Dort können wir frühstücken, Erdbeermarmelade probieren, sowas. Hättest du Lust?"
"Ich will nicht aufstehen.", nölte meine Freundin.
"Soweit ich weiß gibt es dort ebenfalls einen genialen Schokoladenaufstrich."
"Mein Freund glaubt also zu wissen, wie er mich rumbekommt... Na gut. Überredet.", trotz der Schläfrigkeit in ihrer Stimme strahlte sie mich wie ein zufriedenes Honigkuchenpferd an.
Sie stand auf und ich bekam einen Schreck. Auf dem Bettlaken fand ich einen fetten Blutfleck vor. Sollte ich Bellina darauf entsprechen? Oder war ihr ihre Periode peinlich? Meine Schwester redete nicht gerne darüber, war während ihrer Periode ziemlich bissig. "Äh, Bellina, hast du deine Tage?"
"Was? Nein. Das...", ich deutete auf den Fleck. "Oh... Ich habe gehört, dass das beim ersten Mal passieren kann. Das Jungfernhäutchen..."
"Okay, ähm, alles gut soweit bei dir oder sollen wir abbrechen?"
"Nevis, mir geht es mehr als gut. Ich habe überraschenderweise keine Schmerzen. Ich bin glücklich."
"Puh, das ist gut. Ich nämlich auch.", lächelnd schlang ich meine Arme um ihre Taille. "Wollen wir baden gehen?"
"Wenn wir danach zu diesem Karls Dingsbums gehen, einverstanden."
Als wäre nichts gewesen und als wären wir nicht vollkommen nackt, öffnete ich das Dach. Über uns war ein wolkenfreier blauer Himmel. Vor uns das weite Meer. Es roch nach Möwenschiss sowie dem Meer. "Euh, Nevis, qu'est ce que tu faire?"
"Nacktbaden.", lautete meine kurze Antwort.
"Das sehe ich. Darf man das hier?"
"Wen juckt's? Wir nehmen das Bettlaken mit, damit wir den Fleck rauswaschen können und uns verdecken, falls jemand kommt."
Kichernd nahm sie meine Hand, mit der anderen griff sie nach dem Laken.
Wir liefen ins kalte Blau. Brrr, Scheiße, das war ja echt verdammt kalt. Bellina war da härter im Nehmen, sie stürzte sich fröhlich in die kühlen Fluten. Als sie wieder auftauchte, war sie von oben bis unten nass, was normal war, wenn man baden ging. Um mich nicht komplett vor meiner Freundin zu blamieren, tauchte auch ich ab. Sobald ich wieder auftauchte, schüttelte ich mich wie ein Hund, der gerade aus dem Wasser kam. Währenddessen wusch Bellina das Spannbetttuch im Wasser aus. Die Putzfrau würde es einfacher haben, den Blutfleck nicht auch noch zu reinigen. Sobald sie mit dem Auswaschen zufrieden war, küsste ich gierig ihre Lippen. Das ermutigte meine Freundin dazu, die Beine um meine Mitte zu schlingen. Damit der Kuss leidenschaftlicher wurde, presste ich meine Mitte noch enger an ihre, ließ unsere Zungen miteinander tanzen. Die Explosion war mehr als irgendeine dämliche Explosion aus Nox' Filmen.
"He, hier ist kein FKK Strand! Nacktbaden verboten!!!", brüllte ein Mann unmittelbar in unserer Nähe.
Sofort riss ich meine Augen, die ich vor kurzem erst schloss, auf. Gleichzeitig schauten wir in die Richtung, aus der die Stimme des Mannes erklungen war. Der Mann war an die siebzig Jahre alt. Womöglich könnte man ihn um Pinocchios Nase herumführen. "Wir sind überhaupt nicht nackt.", redete ich dem älteren Herrn ein.
"Das sehe ich, Kinder, das sehe ich. Kommt besser raus, macht es nie wieder und ich werde von einer Strafe absehen. Husch, husch, raus mit euch."
Ich setzte an, Bellina und mich aus dem Wasser zu hieven, doch er verneinte. "Nein, nein, wartet bitte, bis ich um die Ecke bin."
Der Mann entfernte sich panisch von den scheinst gefährlichen Teenagern. Ich grinste meine Freundin, welche mir heftig auf die Brust schlug, an.
Mit Bellina in meinen Armen - sicherheitshalber spannte ich das Laken um uns herum, sodass keiner unsere nackten Körper bewundern könnte - stieg ich aus dem Wasser. "Nevis, Nevis, Nev-"
"Mirrory, was ist?", brummte ich entnervt ins Telefon.
"Bellina, bist du da? Dein Onkel David möchte dich sehen. Du bist gerade an der Ostsee und ich hoffe, ich habe Nevis ach so tolle Überraschung nicht verraten. Derzeit sollte er in eurer Nähe wehen, nähen, mähen. Grüße deine Füße von deiner Mutter, Schönste im ganzen Land."
"Du belauschst uns andauernd, du weißt genau, was ich meiner Freundin erzähle.", zischte ich.
"Wie wahr, wie wahr."
"Na egal. Wir werden Bellinas Onkel anrufen.", meinte ich.
"Die Überraschungen sind Nevis mit Bravour gelungen.", daraufhin legte sie grimmig auf.
Überrascht starrte ich sie an. "Starrst du mir gerade auf den Hintern?"
"Nein, ich schaue in dein Gesicht. Willst du deinen Onkel anrufen?"
"Mir bleibt wohl nichts anderes übrig.", seufzte Bellina, deswegen reichte ich ihr mein Telefon.
"Magst du deinen Onkel?"
Es kam mir nämlich vor, sie würde ihren Onkel nicht mögen.
"Doch, schon. Onkel David geht. Die anderen Geschwister sind..."
"...doof.", schlug ich ihr das fehlende Wort vor.
"So in etwa. Meine Tanten haben Maman damals schikaniert und eine Feier geschmissen, weil sie sie bei dem Biest als tot erklärten. Onkel David fühlte sich schlecht. Er war mit Großpapa der einzige, der sich sorgte, der sie letzten Endes sogar retten wollte."
"Was? Was hast du denn für Tanten?! Kaum zu glauben, dass dein Großvater und deine Mutter so liebe Menschen sind. Wieviele Geschwister hat deine Mutter denn?", löcherte ich meine Prinzessin mit Fragen.
"Fünf Schwestern und sechs Brüder. Maman ist die jüngste.", beantwortete sie.
"Kennst du alle?"
"Bevor du noch nach ihren Namen fragst: Ich kenne Adelaide, Garance, Sandrine, Quitterie, Nadège, Léonce, Raphaël, Valère, Octave, Théophile und selbstverständlich David. Jeder bis auf David und Sandrine hat eigene Kinder. Sandrine würde gerne, doch sie kann nicht. David ist ein Abenteurer durch und durch, keine Frau für ein Jahr, keine Kinder. Unsere Märchenwelt kotzte ihn irgendwann an. Ich glaube, er wollte Ruhe vor seinen Geschwistern. Meist flieht er förmlich vor den anderen Familienmitgliedern in eine neue Wohnung, in ein neues Leben."
"Du sprichst nicht gerne über deine Familie?", vermutete ich.
"Nicht, wenn es sich um meine Tanten und Onkel handelt. Quitterie ist besonders schlimm. Ihre Kinder sind kein Deut besser. Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm, sag ich nur. Können wir bitte, bitte das Thema wechseln?"
"Wie wäre es du rufst diesen David erstmal an? Wir könnten mit ihm zusammen zu Karls fahren, sofern er möchte."
Bellina tippte etwas in mein Handy - mir war es egal; ich vertraute ihr - und einen Moment später hielt sie es sich ans Ohr. Es dutete, der Anruf wurde durchgestellt.
"Hallo, heißer Typ am Apparat, wer ist am anderen Ende der Leitung?", sprach eine männliche Stimme lasziv in den Hörer. Angewidert verzog ich das Gesicht. Igitt, sicher, dass das ihr Onkel war, nicht eher ein perverses Schwein?
"Onkel David, ich bin's Bellina."
"Oh, Schätzchen, hallo. Ähem, tut mir leid. Ich dachte... Ich dachte, da wäre..."
"Eine heiße Frau?", riet Bellina. Vollkommen richtig. Genau das hatte er mit höchster Wahrscheinlichkeit gehofft. Natürlich stimmten die Begriffe in Bellinas Gegenwart ebenso, doch ich ging davon aus, dass der Onkel seine Nichte nicht als heiß abstempeln würde.
"Was gibt es, Schätzchen?"
"Spieglein ließ von Maman ausrichten, du würdest momentan an der Ostsee hausen. Derzeit bin ich ebenso hier und ich dachte, wir könnten uns treffen."
"Gerne. Wann passt es dir?", fragend sah meine Freundin mich an.
"Jetzt?", die Frage war an mich gerichtet gewesen, aber der Onkel hatte es gehört. "Jetzt sollte passen. Schick mir deine Adresse und ich hole dich ab. Was wollen wir machen? Hast du ein neues Handy?"
"Das ist das Smartphone meines Freundes. Er würde gerne mitkommen, sofern das okay für dich ist. Seine Idee war es, wohin zu gehen?"
Da sie es nicht wusste, nahm ich ihr das Handy ab. "Salut, Monsieur. Hier spricht Nevis. Ich wollte gerne noch mit Bellina zu Karls Erdbeerhof. Kennen Sie das?"
"Vielleicht. Vielleicht auch nicht."
"David!", mahnte sie.
"Vielleicht kenne ich es, wenn dein Freund mich duzt. Moin, Nevis. Nenn mich David. Bist du aus dem Märchenwald?", bellte der Onkel in den Hörer.
"Meine Mutter ist Schneewittchen, mein Vater König Felix, ja. Kennst du den Erdbeerhof?"
"Den kenne ich. Ich hole euch gleich ab. Wir frühstücken bei McDoof."
"Was ist McDoof?", erfragte ich unwissend.
"McDonald's. Hat good Fastfood meiner Meinung nach. Oder habt ihr bereits gefrühstückt? Ich möchte nicht, dass meine kleine Nichte vor Hunger umkippt.", erwähnte er unnötigerweise.
"David, ich kippe schon nicht um.", warf Bellina ein.
"Wir haben noch nichts gefrühstückt. Ich hätte sonst vorgeschlagen, bei Karls zu frühstücken."
"Gut, dann fahren wir zu Karls fürs Frühstück. McDoof solltet ihr in eurer Zeit in Frankreich unbedingt ausprobieren. Am besten zum Mittagessen oder zum Abend hin. Eine letzte Frage an dich, Freundchen: Was sind deine Absichten?"
"Ernsthaft? Nicht das, Onkel David. Das musste Nevis wegen Papa bereits miterleben. Lass das bitte. Nevis ist toll."
"Ich liebe ihre Nichte.", warf diesmal ich wenig hilfreich ein.
"Ja, ja, okay, okay. Schickt mir eure Adresse. Bis gleich... Was? Nein, das ist keine andere Frau. Hast du gerade meine süße Nichte beleidigt? Oh Merde, das Telefon ist noch an. Bis gleich, Schätzchen.", das Gespräch wurde seinerseits beendet. Im Hintergrund war vermutlich eine Frau in seinem Türrahmen erschien und hatte ihn angebrüllt, mit wem er da sprach. Ich schätzte Mal, die Frau reichte die Trennung ein. So wie es schien, kaufte sie ihm das mit der Nichte nicht ab.
Achselzuckend starrte Bellina auf das Gerät. "Abenteurer halt. Findest du, ich bin zu dick?"
"Was? Nein. Nein, finde ich nicht. Das habe ich dir schon tausendmal gesagt. Du bist wunderschön so wie du bist. Nahezu perfekt. Ich würde dich ja perfekt bezeichnen, aber meine Mutter brachte mir Mal bei, dass es keine perfekten Menschen gibt.
Leider glaube ich, das Problem ist, dass du dich selbst nicht vollständig liebst, dich für zu dick hälst. Ich möchte dich bitten, keine Diät zu machen. Wenn du unbedingt abnehmen willst, dann geh in Paris mit mir laufen. Zusammen macht es eh viel mehr Spaß."
Meine Freundin stellte sich auf die Zehenspitzen. Ich beugte mich vor, in der Hoffnung, einen Kuss zu bekommen. Den bekam ich auch. Ihre Hände legten sich in meinen Nacken. Ihre Lippen senkten sich auf meine nieder. Es kribbelte in meiner Magengegend. "Danke, Nevis. Ich würde gerne mit dir laufen gehen. Ich kann aber nicht versprechen, dass ich gut bin und dich nicht nicht aufhalten werde.
Ich glaube, dahinten sucht wieder der Typ nach unseren nackten Körpern... Wir sollten uns dringend umziehen.", sagte sie.
"Wir kriegen das hin.
Du hast Recht, das ist dieser Kerl. Ich will nicht, dass er meine hübsche Freundin erneut nackt zu Gesicht bekommt und dich wieder angafft."
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