Kapitel 12
Traurig ließ er den Kopf hängen, stand auf, wandte sich von mir ab. Obwohl er mich nicht ansah, wusste ich wie er sich fühlte. Diese Trauer konnte ich nicht ertragen. Sag Mal, wie doof war ich eigentlich? Natürlich wollte ich meinen Nevis, den ich inständig liebte, heiraten. Es sollte ein Spaß werden, dass er so enttäuscht darüber wäre, hatte ich jedoch nicht geahnt. Es fing an zu schneien und ich fror, doch es war mir egal. Ich stellte mich vor Nevis, suchte in seinen Augen nach etwas. Um ehrlich zu sein wusste ich nicht mal, wonach ich in seinen schokoladigen Rehaugen suchte. Ich stellte mich auf die Zehenspitzen und korrigierte meine letzte Antwort. "Ja, Nevis. Ja, ich will dich heiraten."
"Aber... Aber eben sagtest du doch, du willst nicht. Ich... Tut mir leid. Ich wollte unsere Beziehung nicht zerstören."
"Nevis", unterbrach ich ihn.
"Was denn noch?"
"Ich sagte: Ja, ich will. Das eben sollte ein Scherz werden. Die Antwort ist Ja, ich will. Verdammt nochmal! Du hast unsere Beziehung nicht ruiniert. Ich sage Ja! Ja, ja, ja und nochmals ja!!! Ich sage es so oft, wie du willst!!!"
"Wirklich?"
"Ja?"
"Wirklich, wirklich?"
Bevor ich erneut antworten konnte, meldete sich der Spiegel: "Reiß dich zusammen, Nev! Sie hat ja gesagt! Was ist mit deiner einstudierten Rede passiert?"
Verlegenes Nacken-Kratz-Dings. "Also die... Mirrory hat Recht. Ich hatte eine Rede vorbereitet, aber ich war so aufgeregt, dass ich sie verkackt habe. Es tut mir leid, Bellina."
Mit einem alles sagenden Kuss brachte ich ihn zum Schweigen. In mir kribbelte, brodelte es unaufhaltsam. Er hatte mich gefragt, ich hatte ja gesagt. Die Schmetterlinge waren keine Schmetterlinge mehr. Bildlich hatte ich vor Augen, wie sie zerplatzen. Die Gefühle in diesem Kuss waren zu viel. Die Gefühle, die ich für diesen Mann empfand, waren zu viel, zu groß, zu unbeschreiblich.
"Worum ging es in der Rede?", hauchte ich. Mir war es unmöglich zu sprechen.
"Darum, wie wunderschön du bist. Wie sehr ich dich liebe. Erinnerst du dich noch daran, dass du mich fragtest, ob ich befleckt sei? Ich war besommersprosst und das nicht von Blanchette, sondern von dir, mein Engel. Ich liebe dich. Ich liebe deine Stimme. Dein Talent, mich zum lachen zu bringen, mich zu küssen, mich aus der Bahn zu werfen. Ich liebe deinen Körper. Ich liebe uns zusammen. Ich bewundere, wie du mich aus diesem Alptraum geholt hast, wie du mir wieder Leben eingehaucht hast. Ich hatte den Apfel zwar nicht gegessen, aber irgendwie war es so als hätte ich ihn ebenso verspeist. Du warst, bist und bleibst meine wahre Liebe. Du hast mich mit deinen Küssen da herausgeholt. Du hast mich zurück ins Leben geliebt. Du bist die, die mich vollkommen verrückt macht. Für mich bist du nicht nur die Schönste im ganzen Land... Für mich bist du die Schönste überhaupt und das klingt wie Schleimen, doch es ist mein voller Ernst. Du hast mir wahre Liebe vor Augen geführt. Du... Du gibst die besten Antworten."
"Inwiefern?"
"In dem du statt einer normalen Antwort eine Gegenfrage stellst, die die Antwort bringt."
"Wenn das so ist... Die Antwort auf deine heutige Frage lautet: Liebte Belles Tochter ihren Prinzen alias Schneewittchens Sohn?"
"Ja?"
"Ja!!! Natürlich liebte Bellina ihren Nevis, das solltest du wissen."
"Was ich sagen wollte, ist, ich liebe dich. Ich liebe alles an dir, egal ob deinen Gesang, deine langen Beine, deine roten - ich weiß, ich weiß, du meinst, es sind braunrote - Haare, deine Lippen zum Küssen, deinen lieblichen Charakter... Alles an dir. Ich würde ewig brauchen, um dir das alles zu erklären, aber dir soll klar sein, dass ich mit dir alt werden möchte. Ich möchte später mit dir, in ungefähr hundert Jahren, hier vor dem Eiffelturm stehen, unsere dreißig Kinder mit unseren zig Enkelkindern neben uns. Wir essen Schokolade und schauen uns tief in die Augen. Du bist die wunderschönste alte Frau, die je jemand gesehen hat. Meine kleine Schwester wird entfernt von uns mit ihren Neffen plaudern - ohne Cédric."
"Du hegst echt einen Groll gegen ihn, oder?"
"Definitiv. Ich werde meine Schwester vor ihm beschützen."
"Du kannst sie nicht immer beschützen", meinte ich.
"Doch, kann ich."
"Du musst an unsere Kinder denken."
"Kann ich. Ich bin multitaskingfähig. Eigene Kinder und mein Schwesterherz werde ich unter einen Hut bekommen", behauptete er leichthin. Zweifelnd hob ich meine Augenbrauen. "Irgendwann wird Blanche dir noch an den Kragen gehen."
"Darauf will ich hinaus, solange sie sich von diesem Idioten fernhält."
In seinem Rucksack hüstelte jemand, nicht jemand, der Spiegel. "Sie hat ja gesagt... Hast du nicht was vergessen, liebster Prinz?"
"Oh stimmt", sachte nahm er meine Hand und streckte mir einen Ring an den Finger. Im Schein der Laternen, in denen der runterfallende Schnee sich zu sehen gab, begutachtete ich den Ring. In der Mitte befand sich ein strahlender, fast blendender Rubin in der Form eines Apfels. "Das ist der Verlobungsring meiner Mutter."
"Den kann ich nicht annehmen."
"Doch, kannst du. Hast du ja schon, in dem du ja sagtest."
"Das war so nicht abgesprochen", beharrte ich.
"Stand kleingeschrieben auf dem Verlobungsvertrag. Jedenfalls befindet sich im Ring noch eine rote Rose extra für dich eingraviert. Du kannst rot nämlich tragen. Du kannst alles tragen, was du willst."
Ich bekam gar nicht die Chance, nachzusehen, denn vorher lagen seine Lippen auf meinen. Der Schnee rieselte auf uns herab, doch unsere Lippen wärmten mich von innen heraus auf. Die Schmetterlinge waren verflogen, stattdessen summten schnellere Tierchen durch meinen Körper. Ich konnte kaum atmen und das lag nicht daran, dass zwischen uns keine Luft mehr passte, sondern daran, dass ich vor chaotisch romantischen Gefühlen drohte umzukippen. Gut, dass Nevis mich fest umschlungen hielt, meinem Körper gar nicht die Chance gab, umzufallen. Zum Glück. Meinen Fuß hob ich an, berauscht von den Gefühlen.
"Wollen wir den Eiffelturm besteigen?"
"Ja, das wollen wir. Nevis, du hast dir die beste Zeit für den Antrag ausgesucht", ich deutete gen Himmel, wo der Schnee weiterhin auf uns herab fiel. Ich versuchte eine Schneeflocke mit der Zunge zu fangen, während mein Verlobter - das hörte sich noch besser an als bloß mein Freund - seinen Kopf unter mein Kinn auf Höhe meiner Brust bettete. Am liebsten würde ich diesen Moment ewig anhalten...
✿ Was sagt ihr bisher zu der Geschichte? Freut ihr euch auch so über den Antrag? Was denkt ihr wird passieren? ✿
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro