» Jungkook «
Da mein Magen sich bereits selbstständig gemacht hatte und sich als ein Verräter herausstellte, brachte es nichts mich weiter gegen den Vorschlag, gemeinsam essen zu gehen, zu wehren.
Letztendlich fand ich mich mit dem Gedanken ab und spielte meine problematischen Gefühle herunter, um mich selbst zu fühlen.
Ich ging essen, nicht ich wurde gegessen.
Der Weg zu dem von Jimin erwähnten Restaurant war nicht besonders lang, da der Universitätscampus in unmittelbarer Nähe zur Innenstadt lag und es lediglich drei kurze Stationen mit der U-Bahn benötigte. Jedoch war die Bahn zu dieser Stunde an einem warmen Frühlingstag besonders mit Studenten, aber auch Arbeitern, die sich einen frühen Feierabend gönnten, überfüllt.
Taehyung, Yoongi, Jimin und ich standen in dem Stehbereich neben dem einen Ausgang. Da jeder von den Passagieren einen Rucksack oder eine Tasche trug, schien der Platz noch spärlicher zu sein.
Ich stand mit dem Rücken in einer Ecke des Ausgangs. Taehyung, wer auch sonst, landete zufälligerweise vor mir und hielt sich an der Stange neben mir fest. In der anderen Ecke derselben Tür befand sich Jimin, nur dass er hinausschaute, auch wenn wir im Untergrund fuhren und außerhalb der Bahn nur Dunkelheit zu sehen war, statt mit dem Rücken gegen die Tür zu lehnen, wie es bei mir der Fall war. Yoongi hatte sich hinter ihm gestellt und sah über den Kopf des Silberhaarigen hinweg.
Vor wenigen Gedankengängen hatte ich erwähnt, dass die drei Stationen kurz waren, doch jetzt, wo Taehyung genau vor mir stand, uns trennten nicht nur gefühlt wenige Zentimeter, es handelte sich tatsächlich um wenige Zentimeter.
Ich biss mir auf die Lippen und konzentrierte mich darauf, auf den Boden zu starren, was zum einen aufgrund der Nähe gar nicht so einfach war, zum anderen wegen der Größe.
Nach zweieinhalb Jahren, in denen ich weitergewachsen war, wenn auch nicht viel, musste ich feststellen, dass mein ehemaliger bester Freund ebenfalls gewachsen war, sodass unser nicht signifikanter Größenunterschied beibehalten wurde. Da wir also quasi gleich groß waren und uns auch noch so nah gegenüberstanden, fühlte es sich so an, als wären unsere Gesichter schrecklich nah.
Taehyung konnte natürlich auch nichts tun, da hinter ihm Leute standen, also blickte er mich etwas verunsichert an, da mein Unwohlsein mir wohl deutlich ins Gesicht geschrieben war. Unterbewusst machte ich mich also klein und zog die Schultern zusammen, bis mir dies bewusst wurde.
Warum mache ich mich klein? Ich kann mich auch groß machen!
Mein Blick wanderte kurz nach oben zu dem Ende von Taehyungs Kopf. Sofort verwarf ich den Gedanken und senkte mein Augenmerk wieder auf die Höhe von Taehyungs Oberkörper, denn weiter als das kam ich nicht.
Insignifikanter Größenunterschied oder nicht. Fakt war, dass es einen gab. Wenn ich mich also lediglich ein wenig aufbauen würde, wären wir wahrscheinlich gleich groß oder ich ein kleines bisschen größer, was das Problem verschlimmern würde. Wenn ich mich allerdings auf Zehenspitzen stellen würde, was etwas albern wäre, wenn er das bemerken würde, und das würde er definitiv, würde es dennoch nichts an der Situation ändern. Und um ehrlich zu sein, brachte es auch herzlich wenig, dass ich mich klein machte.
Da meine Gedanken begannen, wirr zu werden, und die nächste Station, die über die mechanische Stimme angekündigt wurde, unsere war, stellte ich mich wieder aufrecht hin und versuchte lieber mit mir einig zu werden, ob Taehyung und ich vor den anderen beiden weiterhin so miteinander agieren sollten, als würden wir uns nicht kennen.
Bisher war das irgendwie einfach zustande gekommen und sie waren von selbst davon ausgegangen, dass wir uns nicht kannten, da wir nicht das Gegenteil behauptet hatten.
War das eine Sache, die ich mit Taehyung klären musste?
Aber wäre es jetzt nicht seltsam, wenn wir plötzlich verkünden würden, dass wir uns im Prinzip eigentlich kannten?
Ich drehte mich herum, als die Bahn zum Stehen kam und die Türen aufgingen. Mein Seufzen, das Resultat aus einer gescheiterten Antwortsuche, tauchte unter dem Zischen der sich öffnenden Türen ab, die uns von der Enge der Bahn befreiten.
Alle gleich erleichtert, liefen wir in Richtung der Rolltreppe, auf die Jimin hinwies. Der Silberhaarige hatte es wieder geschafft, Yoongi in ein Gespräch zu wickeln, das mehr wie ein Monolog war. Doch keiner von beiden schien sich an der Form der Unterhaltung zu stören.
Während ich auf der Rolltreppe neben Taehyung stand, die beiden vor uns zwei Stufen weiter oben, fragte ich mich, ob Jimin sich viel dabei dachte, dass er zu Yoongi sprach, ohne jemals mehr als eine kurze Antwort zu erwarten. Aber Yoongi war ein guter Zuhörer. Auch wenn er nicht viel sagte, konnte man sich sicher sein, dass er einem aufmerksam Gehör schenkte.
„Das Restaurant ist direkt auf der anderen Straßenseite. Könnt ihr es sehen?" Jimin zeigte strahlend auf ein Gebäude, das sich zwischen den vielen Wolkenkratzern und modernen Glasfassaden mit seiner Holzfassade und den hängenden Topfpflanzen abhob.
Es handelte sich um einen kleinen Laden an der Ecke einer Straße, gelbliches Licht strömte von Innen hinaus. Das Restaurant strahlte eine heimische und liebevolle Atmosphäre aus.
Trotz der instagramreifen Konkurrenz schien es ziemlich gut besucht zu sein. Sowohl an der frischen Luft in dem Außenbereich als auch innerhalb fand man viele Gäste vor.
„Ein Familienbetrieb, der schon über drei Generationen geht. Das Essen ist wunderbar. Die Großmutter hier ist super lieb", erzählte Jimin uns, während wir das Innere betraten.
Daraufhin zeigte man uns einen freien Tisch. Die Sitzordnung ergab sich spontan, doch es wirkte überhaupt nicht so, denn wir saßen wie zuvor in der Bibliothek. Yoongi rechts neben mir, Taehyung vor mir und Jimin links von ihm, was wiederum gegenüber von Yoongi war.
Kaum berührten wir den Stuhl mit unseren Pobacken, schnappte sich der Silberhaarige auf der Stelle die Speisekart und schlug uns die möglichsten Gerichte vor.
Schließlich hatten wir drei verschiedene Gerichte bestellt, bestehend aus frittierten Hähnchenflügeln, mit Gemüse angebratenem Rindfleisch und Meeresfrüchte Curry.
Der junge Kellner, vermutlich in unserem Alter oder vielleicht sogar etwas jünger, der uns bediente, war stets freundlich, als er unsere Bestellung aufnahm, aber mir fiel auf, dass er besonders Jimin ganz viel Aufmerksamkeit schenkte.
Als er uns unser Essen brachte, kamen zusätzlich noch vier große Reisschüsseln.
„Die haben wir nicht bestellt", sagte Taehyung zu keinem direkt.
Der Kellner erwiderte ein wenig schüchtern, ein rosaroter Schleifer über seine Wangen: „Geht aufs Haus, weil ich...Jimin Hyung kenne. Lasst es euch schmecken."
Damit presste er das runde Tablett an seine Brust und eilte davon.
Jimin grinste, schien jedoch keine Anstalten zu machen, zu erklären, ob der Kellner ein Freund von ihm war, sondern griff stattdessen mit leuchteten Augen nach den Stäbchen, um anzufangen zu essen.
Nachdem wir alle jeweils einen Bissen von allen drei Gerichten gemacht hatten, nickte Yoongi voller Zustimmung. „Gut."
Jimin strahlte. „Ja, nicht wahr? Das Essen hier ist richtig gut! Hier Sunbae, iss mehr von dem Fleisch. Und das hier. Das solltest du auch probieren. Esst so viel ihr könnt, es ist mehr als genug da."
Das Essen schmeckte wirklich gut. Vielleicht war es gar nicht so schlecht, dass ich mitgekommen war. Ich verbrachte meine Zeit sowieso zu oft allein in meinem kleinen Apartment.
„Sunbae, du-"
„Ihr könnt die Formalitäten sein lassen. Ihr müsst mich nicht Sunbae nennen", unterbrach Yoongi Jimin in seinem Redefluss.
Jimin lächelte. „Danke, dann nennen Taehyung und ich dich ab sofort Hyung."
Nichts ahnend löffelte ich das Curry in meine Reisschüssel und fischte dabei etwas von dem Gemüse hinein. Da es scheinbar nur wenige Garnelen gab, nahm ich mir nur einen, um den anderen auch welche übrig zu lassen.
Glücklich mit dem, was ich ergattert hatte, schaufelte ich mir das scharfe Kokosmilchcurry mit meinem Reis in meinen Mund. Die geschälte Garnele folgte. Unbewusst schlich sich ein euphorisches Lächeln auf meine Lippen, als ich herunterschluckte.
Doch plötzlich, ich hatte die Schüssel kaum wieder auf den Tisch abgesetzt, um mir etwas von dem Fleisch zu nehmen, landete eine weitere Garnele in ihr. Verwundert schaute ich mit großen Augen auf und sah Taehyung an, der sie mir hineingelegt hatte.
Ich blinzelte perplex. Auch Taehyung war wie erfroren, als hätte er selbst nicht ganz begriffen, was er getan hatte. Jimin und Yoongi merkten, wie wir beide mit einem Mal innehielten und weder aßen noch etwas sagten.
Der silberhaarige Informatikstudent blickte zwischen seinem Freund und mir hin und her, bevor er irritiert fragte: „Was ist das?"
Taehyung schien dadurch zurückgerissen zu werden und stopfte sich zügig Essen in den Mund. „Eine Garnele", antwortete er, nachdem er heruntergeschluckt hatte.
„Ja, das sehe ich. Aber warum hast du sie ihm geben?" Jimin schmollte. „Du weißt, dass ich Garnelen mag."
„Er mag sie."
Ich wurde rot und senkte den Blick.
Jimin kniff noch verwirrter als zuvor die Augen zusammen. In seinem Kopf ratterte es nur so, Rauch schien sogar aus seinem kleinen Schädel zu kommen. „Woher weißt du das?"
Nun spürte ich auch Yoongis Blick auf mir. „Jungkook?"
Das Leben konnte man wirklich nicht vorplanen, oder?
Vorhin hatte ich mir noch darüber Gedanken gemacht, und nun sah es so aus, als würde mir die Entscheidung genommen. Wegen einer Garnele. Oder dank einer Garnele?
Ich schaute langsam auf und traf auf Taehyungs Augen. Der Gesichtsausdruck des Schwarzhaarigen war ein wenig bedrückt und schulbewusst. Er hatte das nicht absichtlich gemacht, um unsere Tarnung auffliegen zu lassen.
Taehyung kannte mich gut. Sehr gut.
Und im Gegensatz zu seiner Motivation zum Lernen hatte sich meine Vorliebe zu Garnelen in Essen nicht geändert.
Damals, als wir noch wie Kaugummi aneinandergeklebt waren, hatte er mir immer mehr von dem Essen gegeben, was mir besonders schmeckte. Auch wenn er es selbst liebte, verzichtete er darauf und gab mir einen Großteil davon.
Ich atmete tief ein und aus, setzte meine Schüssel und die Stäbchen auf dem Tisch ab und wandte mich an Jimin und Yoongi, die uns abwartend anschauten, als hätten wir eine Beichte zu machen.
„Taehyung und ich kennen uns schon aus der Schule."
„Ach so- Warte was?" Jimin hielt plötzlich inne und weitete seine Augen. „Ihr meint, ihr kanntet euch schon vorher? Warum habt ihr denn nichts gesagt??"
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Jetzt ist es also doch raus. Aber mal ehrlich, das macht es doch alles einfacher, wozu die Geheimniskrämerei? xd
Ich freue mich übrigens total, dass Our Love bei so vielen so gut ankommt. Ich hatte anfangs sogar die Befürchtung, dass die Idee langweilig sein könnte, weil ich nicht wirklich viel Drama geplant habe. Daher danke fürs Lesen T_T
Hat jemand schon das Debut von Le Sserafim (Hybes/Source Musics neue Girl Group) gehört? Also bis jetzt mag ich die Gruppe voll ^-^
Mei~
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