18 ۵
» Jungkook «
„Sieh sie dir an... Sind sie nicht süß? Genauso wie, als sie noch jünger waren."
„Als wären sie nie erwachsen geworden. Schnell, mach ein Bild und vergiss nicht, es mir zu schicken...!"
Das Geflüster drang in meine Ohren und rüttelte mich aus meinen Träumen.
Ich runzelte in meinem Schlaf die Stirn und kniff die Augen fester zusammen, bevor ich sie schließlich aufschlug und direkt in die Linse der Kamera eines Handys schaute, das ein paar Zentimeter über mir gehalten wurde.
„Eomma...?" Noch ganz verschlafen stützte ich mich mit meinen Armen auf, sodass ich einigermaßen saß, gegen das Kopfteil des Bettes gelehnt, und blickte zu ihr und Taehyungs Mutter auf, die nebeneinander neben dem Bett standen und über beide Ohren strahlten.
Meine Mutter hielt sich die Hand vor ihrem Mund und kicherte dahinter. „Dir auch einen guten Morgen."
Ich zog fragend die Brauen zusammen und gähnte. Noch während mein Mund sich öffnete, realisierte ich, dass ich mich immer noch in Taehyungs Zimmer befand, was erklärte, warum seine Mutter hier war. Schlagartig, als mir noch etwas anderes einfiel, schaute ich auf meine rechte Seite herunter, wo Taehyung noch ganz friedlich neben mir lag und schlief.
„Weck Taehyung schon mal langsam und kommt dann zum Frühstück", sagte Taehyungs Mutter lächelnd.
Bevor ich etwas sagen konnte, hatten sie das Zimmer bereits verlassen und die Tür hinter sich zugemacht.
Das Geräusch, das durch das Schließen der Tür verursacht wurde, sorgte dafür, dass Taehyung sich in seinem Tiefschlaf regte. Kurz zuckte er auf und drehte sich dann zu mir. Er hob seinen Arm und schlang ihn um meine Taille, während sein eines Bein sich quer über meine beiden Beinen legte. Sein Gesicht schmiegte er gegen meine Seite, seine Augen blieben verschlossen.
Geistesabwesend hob ich meine Hand und tippte mit meinem Fingern meine Lippen an.
Wie auf Knopfdruck wurden Bilder der gestrigen Nacht vor meinem inneren Auge eingeblendet.
Taehyungs Geständnis und der zärtliche Kuss, den wir miteinander geteilt hatten und der so lange angehalten hatte, bis uns beiden die Luft wegblieb. Wie wir uns die ganze Nacht über aneinander gekuschelt und einander Wärme gespendet hatten.
Ich errötete augenblicklich und führte meine beiden Hände zu meinem heißen Gesicht, das ich tief in diesen vergrub, als könnte ich mein Schamgefühl verbergen. Die Scham, mich dermaßen glücklich zu fühlen, dass ich das Gefühl hatte, dass mein Herz vor Euphorie jetzt und hier platzen könnte.
Mein Blick legte sich auf Taehyung. Von seinen Lidern, seinen langen Wimpern, seine hohe Nase bis hin zu seinen Lippen. Unbewusst biss ich mir auf meine eigene Lippe und konnte ein Grinsen nicht vermeiden.
Dieses erstarb jedoch wenig später, als Zweifel in mir hochkamen.
Was, wenn Taehyung aufwachte und sich an nichts erinnern konnte? Was, wenn er doch zu betrunken gewesen war?
„Tut mir leid, ich habe zu viel getrunken. Das war ein Fehler. Vergiss bitte alles, was zwischen uns passiert ist."
Ich schüttelte den Kopf, ein Kloß bildete sich in meinem Hals, meine Brust fühlte sich entsetzlich schwer an.
Diese Worte könnte ich nicht ertragen...!
Ich begann bei der Vorstellung zu zittern, die mit jeder verstreichenden Sekunde immer realistischer wurde.
Taehyung bewegte sich neben mir und öffnete verwirrt erst nur ein Auge, um nachzusehen, was die Quelle des Bebens war. Als er mein mit Schrecken erfülltes Gesicht erblickte, öffnete er beide Augen und setzte sich sofort auf.
„Jungkook, was ist denn los?", fragte er völlig aufgelöst, seine Arme um meinen Oberkörper geschlungen.
Da lag so viel Sorge und Liebe in seiner Stimme, dass ich vor Erleichterung begann, ein paar Tränen zu vergießen, was den Schwarzhaarigen nur noch mehr Angst bereitete.
Er hielt mich eine Armbreite von sich entfernt vor sich und beugte sich mit seinem Kopf ein wenig nach unten, um mir in mein feuchtes Gesicht sehen zu können. „Wieso weinst du, Jungkook? Hattest du einen Albtraum? Hast du irgendwo Schmerzen? Habe ich dir wehgetan? Hast du dich gestoßen?" Während seine Fragen wie Regen auf mich herabprasselten, wischte er mir die Tränen hastig aus dem Gesicht.
„I-Ich habe nur plötzlich Angst bekommen, dass du alles von gestern zurücknehmen wollen würdest...", murmelte ich kleinlaut.
Als Taehyung meine Erklärung hörte, wurden seine Augen für den ersten Moment groß, ehe seine Mundwinkel sich hoben und er mir ein warmes, liebevolles Lächeln schenkte. „Warum sollte ich irgendetwas davon zurücknehmen wollen?"
„W-Weil... Ich...Ich..." Während ich so vor mich hin stotterte und keinen gescheiten Satz zustande bekam, kam ich auf einmal etwas albern vor. „Du hast...so viel getrunken und ich-"
Bevor ich meine wirren Worte ausgesprochen hatte, lehnte sich Taehyung zu mir und brachte mich mit einem sanften Kuss zum Schweigen.
Ich hatte die zarte, aber dennoch intime Berührung kaum registriert, da lehnte er sich bereits zurück und lächelte mich an. „Habe ich gestern so gewirkt, als wäre ich betrunken? Das Thema hatten wir doch schon."
Meine Wangen wurden erneut rot und wendete schnell meinen Blick von ihm ab, um mir noch mehr Peinlichkeit zu ersparen, doch eine Frage ging mir nicht mehr aus dem Kopf. „Heißt das... Heißt das, dass wir jetzt...zusammen sind?"
Taehyung lachte leise. „Du würdest mir wahrscheinlich das Herz brechen, wenn du das Gegenteil behaupten würdest."
Ich starrte ihn bestürzt an und schlug ihm gegen die Schulter. „Du...! Dafür, dass du erst vor Kurzem realisiert hast, dass du mich magst, bist du ganz schön geschickt mit deinen Worten!"
Er grinste, lehnte sich zu mir und küsste mich wieder.
Ich blinzelte mit großen Augen, öffnete bereits den Mund, um irgendetwas zu kommentieren, doch da platzierte er erneut einen kurzen Kuss auf meine Lippen.
„Tae-"
Mit einem Schmunzeln, das ich förmlich spüren konnte, küsste er mich ein weiteres Mal, als ich sprechen wollte.
Die Küsse waren kaum richtige Küsse. Obwohl sie eher einer kurzen Berührung unserer Lippen gleichkam, setzte mein Herz jedes Mal für einen Schlag aus. Und jedes Mal breitete sich ein angenehmes Kribbeln von meinem Herzen bis hin in alle Ecken meines Körpers.
„Taehyung! Jungkook! Seid ihr endlich aufgestanden? Das Essen ist fertig", rief seine Mutter uns.
Instinktiv schaute ich zur geschlossenen Tür und wollte mich bei dem Ruf schon aus dem Bett bewegen, da zog Taehyung mich ruckartig an sich und vergrub sein Gesicht in meiner Halsbeuge. Seine Arme legten sich an meinem Rücken und verschränkten sich dort ineinander, sodass es unmöglich für mich war, mich aus seiner Umarmung zu befreien.
„T-Taehyung...!"
Sein Atem kitzelte an meinem Hals, seine Nasenspitze und Lippen strichen neckend über meine Haut, die bei jeder Berührung eine neue Welle an heißen Schauern mit sich trug.
Mit hochrotem Kopf versuchte ich ihn sachte von mir weg zu schieben, aber meine Versuche beinhalteten nicht besonders viel Willenskraft, weshalb ich in seinen Armen blieb.
„Tae-"
„Ich liebe dich, Jungkook." Lächelnd ließ er von meinem Hals ab und guckte mich an. „Ich liebe es, dich zu küssen, dich zu berühren, und dich bei mir zu haben."
Wenn es überhaupt noch möglich war, verfärbten sich meine Wangen in einem noch dunkleren Rotton.
„Wenn ich damals nicht so dämlich gewesen wäre, hätten wir schon fast drei Jahre zusammen sein können", murmelte Taehyung bedrückt, er hatte mich immer noch nicht ganz losgelassen, als hätte er Angst, mich zu verlieren. „Es tut mir leid, Jungkook. Ich kann mir nicht einmal ansatzweise vorstellen, wie sehr...ich dir wehgetan haben muss. Ich mache es wieder gut, versprochen."
Am liebsten wollte ich gleich wieder anfangen zu weinen. Nie hätte ich gedacht, dass ich dermaßen glücklich sein sollte. Ich wusste nicht einmal, wie ich dieses Glück, das ich in diesem Moment empfand, in Worte fassen sollte.
Eine zerbrochene Freundschaft war nach Jahren ohne jeglichen Kontakt wiederhergestellt.
Und meine unerwiderte Liebe wurde erwidert.
Ich strahlte ihn unter leicht feuchten Augen an. „Danke."
_____
„Hast du alles?", fragte meine Mutter, als ich mit meinem Rucksack bei der Haustür stand und meine Schuhe anzog.
Ich nickte. „Ja Eomma. Ich hatte sowieso nicht so viel dabei."
Sie und mein Vater standen mit mir in unserem Flur und lächelten mich an. „Du bist so erwachsen geworden. Jedes Mal, wenn wir dich wiedersehen, scheinst du ein bisschen reifer geworden zu sein. Deinen Uniabschluss hast du auch bald."
„Wann kommst du uns wieder besuchen?", fragte mein Vater.
„Wahrscheinlich nicht mehr in diesem Semester. In drei Wochen müssen wir die Hausarbeit abgeben, an der ich zusammen mit Taehyung arbeite, und danach muss ich mit der Bachelorarbeit anfangen."
„Überarbeite dich aber nicht. Vergiss nicht, ab und zu auch mal Pausen einzulegen", erinnerte mich meine Mutter daran.
„Mach ich", versicherte ich ihr.
Daraufhin klingelte es an der Tür, und als ich diese öffnete, stand Taehyung vor unserer Türschwelle, seinen Rucksack auf seinem Rücken.
„Es ist so schön euch beide wieder zusammen zu sehen. Achtet ein wenig aufeinander, ja?"
Taehyung lächelte zuversichtlich und legte seinen Arm um meine Schultern. „Ich werde gut auf Jungkook aufpassen. Danke für Ihren Segen, Frau und Herr Jeon."
Erschrocken drehte ich mich mit geweiteten Augen zu ihm. Doch weder er noch meine Eltern bekamen etwas von meinem Schock mit. Meine Eltern hatten Taehyungs Worte, die sich angehört hatten, als hätte er sie absichtlich gesagt, um mich aufzuziehen, lediglich freundschaftlich aufgenommen. Sie lachten darüber und wechselten noch ein paar Worte miteinander aus.
Ich wurde also unnötig rot, und mir wurde bewusst, dass Taehyung und ich nun wirklich ein Paar waren.
„Ihr solltet euch lieber auf den Weg machen, bevor ihr noch eure Bahn verpasst", erinnerte uns mein Vater.
Und so verabschiedeten wir uns von ihnen und verließen das Haus meiner Eltern, die uns noch so lange nachwinkten, bis wir um die Ecke gebogen waren.
Soweit wir uns aus ihrem Blickwinkel befanden, hakte sich Taehyung bei mir ein und steckte seine Hände in seine Jackentasche. Er sah mich nicht an, hatte seinen Blick stets auf den Weg vor uns gerichtet, während ein breites Grinsen auf seinen Lippen lag.
Meine anfängliche Überraschung wurde schon bald von einem glückseligen Lächeln ersetzt.
So liefen wir also nicht ganz händchenhaltend, aber nicht weniger schön, zusammen zur Bahnstation. Dadurch, dass er so lässig die Hände in der Jackentasche vergraben hatte, und ich meinen Arm, der von seinem eingeschlossen war, einfach hingen ließ, sah es von vorne nicht einmal so deutlich aus, als wären wir ineinander verschränkt.
Als wir am Bahnsteig auf unseren Zug warteten, blickte ich um uns und fragte dann nachdenklich: „Machen...Machen wir unsere Beziehung öffentlich...?"
Taehyung legte seinen Kopf schief und lächelte mich warmherzig an. „Wie es dir passt. Ich habe keine Probleme damit, solange du dich wohlfühlst."
Ich nickte zögerlich und dachte darüber nach.
Ich war schon zu lange in ihn verliebt und hatte schon so lange auf diesen Moment gewartet, als dass ich diese Beziehung, die ich für unmöglich gehalten hatte, verheimlichen könnte. Dennoch durfte ich nicht vergessen, dass weder ich mich noch er sich geoutet hatte. Offiziell wollte ich das auch nicht.
Wofür sollten wir uns outen? Warum durften andere Paare, die aus einer Frau und einem Mann bestanden, einfach sorglos verkünden, dass sie zusammen waren, aber wenn es zwei Frauen oder zwei Männer waren, mussten diese erst mal ihre Sexualität rechtfertigen?
Nichtsdestotrotz war ich noch nicht bereit, meine Familie einzuweihen. Zumindest nicht heute, wo wir erst gestern Nacht zusammengekommen waren. Irgendwann würden wir uns zusammensetzen, aber fürs Erste durften sie in dem Glauben bleiben, dass wir nach der ganzen Zeit wieder Freunde waren.
„Ich will auf der Straße nicht verstecken, dass wir mehr sind als nur beste Freunde. Aber mit unseren Eltern sollten wir fürs Erste warten. Und Yoongi Hyung und Jimin... Ich glaube, da sollten wir auch erst mal warten. Wäre vielleicht ein bisschen seltsam, wenn wir plötzlich zusammen sind. Aber bei allen anderen Außenstehenden ist es mir...eigentlich ziemlich egal."
„Dann machen wir das so. Wir werden wahrscheinlich sowieso eine Weile nicht nach Hause kommen. Bis wir unsere Eltern wiedersehen, behalten wir das für uns. Und was Jimin und Yoongi Hyung angeht, können wir uns auch Zeit lassen. Ich habe sowieso keine Lust, dass Jimin mich aufzieht." Taehyungs Gesicht verfinsterte sich etwas bei dem letzten Gedanken.
Ich lachte. „Inwiefern sollte er dich aufziehen?"
Er seufzte und erklärte: „Informatik ist ein Studium, wo der Großteil Jungs sind. Die Mädchen, die es in unserem Studium gibt, sind automatisch sehr begehrt. Aber ich hatte nie Interesse. Jimin hat eines Tages vorgeschlagen, dass ich es doch mal mit Jungs probieren solle. Wenn er jetzt erfährt, dass ich mit dir zusammen bin... Ich kann sein dümmliches Grinsen schon vor mir sehen."
„Du scheinst beliebt zu sein", kommentierte ich.
Taehyung runzelte die Stirn. „Nein, nur gefühlt der einzige Typ, der sich nicht für den weiblichen Teil des Fachbereichs interessiert."
„Vielleicht genau deswegen. Was man nicht bekommt, begehrt man noch viel mehr." Ich sprach aus Erfahrung.
Als er meinen ernsten Tonfall heraushörte, wandte er sich mit seinem Körper komplett zu mir. Er schmollte ein wenig.
„Heißt das, du magst mich jetzt nicht mehr, jetzt wo du mich schon hast? Jungkook, du darfst mich jetzt nicht verlassen", quengelte er und klimperte dabei albern mit seinen Wimpern.
Bei seinem Anblick brach ich in Gelächter aus und schlug ihm leicht gegen die Brust. „Wer verlässt dich?"
Er grinste zufrieden. „Du hast gesagt, dass dir alle anderen egal sind, nicht wahr? Dann hast du auch nichts dagegen, wenn ich das mache?"
Bevor ich dazu kam, zu fragen, was er damit fragte, umfasste er mit beiden Händen mein Gesicht und drückte meine Wangen ein wenig zusammen, sodass meine Lippen sich aufspitzten. Ich machte große Augen, Verwirrung und Erstaunen zugleich in ihnen.
Taehyung grinste vergnügt, seine Augen formten sich zu glänzenden Sichelmonden, ehe er mein Gesicht an sich zog und seine Lippen auf meinen platzierte.
Ich behielt meine Augen zunächst überfordert offen, doch dann vergaß ich alles um mich herum und ließ mich auf den Kuss ein, der mich an die wunderschönsten Orte brachte, die selbst in meinen wildesten Vorstellungen unvorstellbar waren.
Anders als die Küsse am Morgen war dieser leidenschaftlicher, fordernder, ohne schlampig zu sein. Unsere Lippen schienen füreinander gemacht worden zu sein.
Wie zwei Puzzleteile, die kein anderes Gegenstück zuließen als sich allein.
Wie Schlüssel und Schloss, die ohne den anderen nicht funktionierten.
Wie der Mensch nur eine einzigartige DNA besaß, gab es nur uns, die zueinander gehörten.
____________________
Taekook sind endlich zusammen *^*
Nochmal sorry, dass das Kapitel erst heute kommt statt gestern, hoffentlich hat es euch gefallen :)
Jetzt kann der ganze Fluff endlich richtig losgehen xd
Mei~
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro