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» Jungkook «
Mein Herz schlug so unglaublich schnell und laut gegen meine und seine Brust, dass sich in mir eine furchtbare Panik auslöste, er könnte es spüren. Die Hitze in meinen Wangen und entlang meines Rückens, als würden heiße Schauer wie ein Lauffeuer über meine Haut gleiten, war kaum zu ertragen. Mein ganzer Körper war wie erstarrt, doch gleichzeitig verspürte ich einen Andrang an Adrenalin.
Unfähig mich zu bewegen, obwohl ich mich so sehr bewegen wollte.
Ich kam mir vor wie ein Verräter.
Gegenüber Taehyung und vor allem gegenüber mir selbst.
Felsenfest hatte ich mir vorgenommen, meine Gefühle gegenüber ihn zu verarbeiten und zu vergessen, damit unserer Freundschaft nie wieder etwas im Wege stehen würde.
Es hatte bis jetzt doch so gut funktioniert.
Aber nun war ich kaum in der Lage mich zu beherrschen. Wie könnte ich so eine Reaktion noch erklären, außer, dass ich definitiv noch hoffnungslos in Kim Taehyung verliebt war?
Schuldgefühle kamen in mir hoch.
„T-Taehyung, lass...lass mich bitte los", presste ich aufgelöst hervor und versuchte mich von ihm zu lösen, doch sein Griff war zu fest.
Dieser bewegte sich nicht von der Stelle und machte auch sonst keinelei Anstalten, mich loszulassen. Er guckte lediglich in mein Gesicht hoch.
Den Blick, mit dem er mich anschaute, konnte ich nicht deuten. Die Emotionen, die sich in seinen Augen widerspiegelten, schienen selbst völlig durcheinander zu sein, dass ich als Außenstehender keine Chance hatte, sie auch nur ansatzweise zu begreifen.
Nach einer Weile, in der ich mich windete, gelang es mir irgendwie, mich zumindest aufzusetzen. Dadurch war die Position, die ich über Taehyung eingenommen hatte, ein wenig peinlich und beschämend, aber in dem Moment wollte ich einfach nur weg von ihm. Wer wusste schon, zu was ich in der Lage sein würde, wenn ich noch länger so nah an ihm war.
Ich saß auf seinen ausgestreckten Beinen, meine eigenen zu seinen Seiten. Mein rechtes Handgelenk lag noch in seiner Hand, während ich meine freie Hand nutzte, um seine Finger zu lösen. Doch jedes Mal, wenn ich es schaffte, einen zu lösen, klappte dieser wieder zurück, wenn ich mich an dem nächsten zu schaffen machen wollte.
Etwas frustriert und noch viel mehr verzweifelt setzte ich an: „Taehyung, lass mich lo-"
„Ich liebe dich."
Ich erstarrte.
Als würden jegliche Funktionen meines Körpers mit einem Mal herunterfahren, hielt ich schlagartig inne. Meine Hände hingen hilflos in der Luft, die ganze Kraft, die ich bis gerade eben noch angewandt hatte, hatte sich einfach so aufgelöst, als hätte ich mich nie körperlich angestrengt.
„Was?"
Nach und nach aktivierten sich sämtliche Muskeln und Nervenzellen in mir, die meinem Herzen die Taubheit abnahmen. Wie ein Tsunami, der plötzlich ohne Vorwarnung am Ozean aufgetaucht war, schien mir die gesamte Welt auf den Kopf zu fallen.
Taehyung stieß sich mit seiner anderen Hand ab und setzte sich auf, sodass wir uns gegenübersaßen, ich noch immer auf seinen Beinen.
Anders als zuvor, wo er noch selbst unruhig und aufgelöst gewirkt hatte, als hätte es etwas gegeben, wofür er noch keine Antwort gefunden hatte, war seine Miene todernst und gefasst.
„Ich habe mich in dich verliebt."
Was?
Seine Worte warfen mich dermaßen in einen tiefen Abgrund, in dem die Wände zu allen Seiten steil und glatt waren, keine Möglichkeit wieder hinauszuklettern, dass ich nicht einmal mehr wusste, ob ich das Was überhaupt ausgesprochen hatte oder ob es lediglich in meinem Kopf geblieben war.
Scheinbar hatte ich das Fragewort tatsächlich erneut ausgesprochen, denn der Schwarzhaarige daraufhin: „Ich habe gesagt, dass ich mich in dich verlieb habe."
Ich schüttelte ungläubig den Kopf. Meine Augenbrauen waren zusammen nach unten gezogen, Falten bildeten sich auf meiner Stirn, die die Anstrengung zeigten, die ich dabei empfand, mir einzureden, dass das nicht wahr war. Dass das nicht wahr sein konnte.
„N-Nein...", immer und immer wieder bewegte ich meinen Kopf, mittlerweile leicht panisch, hin und her. „N-Nein... H-Hör auf...! Hör auf! Taehyung, du bist betrunken. Hör auf solche Sachen zu sagen, die du nicht so meinst...!"
Andernfalls falle ich in diese Falle, die mir mein Bewusstsein und mein Herz selbst stellt.
„Ich bin nicht betrunken. Ich liebe dich, Jungkook!", erwiderte er mit Nachdruck, sein Gesichtsausdruck verzog sich vor Schmerz, als ich ihm nicht glaubte.
Ich schlug seine Hand weg, die sich um mein Gelenk gelockert hatte, und stieg endlich von ihm herunter. Nun saß ich am Bettrand und drehte ihm den Rücken zu.
Meine Schultern bebten durch mein schweres Atmen.
„Bitte tu mir das nicht an, T-Taehyung... Ich flehe...Ich flehe dich an...", hauchte ich gebrochen.
Die Matratze regte sich unter dem sich wiederverlagernden Gewicht, als sich Taehyung von hinten an mich näherte, bis ich seine Präsenz ganz deutlich an meinem Rücken spürte. Daraufhin legte sich seine Hand auf meine Schulter, jedoch ganz vorsichtig und mit minimalem Druck, als hätte er Angst, mich zu verschrecken.
„Jungkook..."
„Du bist betrunken, Taehyung. D-Du weißt nicht, was du da sagst...! Bitte...", ich schüttelte den Kopf. „Bitte spiel nicht mit meinen Gefühlen. I-Ich möchte nicht verletzt werden."
Ich stockte, da der Kloß in meinem Hals, den ich so sehr unterdrückt hatte, durch das Reden wieder hochkam. Meine Augen wurden widerwillig feucht, rote Äderchen wurden sichtbar.
Meine Hände, die ich auf meinen Oberschenkeln gelegt hatte, ballten sich zu Fäusten. Den Kopf ließ ich hängen.
„I-Ich...Ich wollte dich doch vergessen...! Ich...habe mir die letzten Tage so viel Mühe gegeben. A-Also...Also wieso...wieso...?" Meine Augen wurden vor Entsetzen groß, als etwas Nasses auf meine Handrücken tropfte.
Als ich realisierte, dass es sich dabei um meine eigenen Tränen handelten, die mir vereinzelt aus meinen Augen gekullert waren, kniff ich die Augen fest zusammen. Daraufhin wurde meine Sicht nur noch verschwommener und immer mehr Tränen fielen auf meinen Schoß, ohne dass ich dabei einen Ton von mir gab.
„Jungkook, bitte guck mich an." Seine Stimme hallte klar in meine Ohren. „Dreh dich zu mir. Bitte."
Da ich mich nicht selbst bewegte, spürte ich sogleich, wie er mich an beiden Seiten meines Körpers packte und mich behutsam zu sich drehte.
Und ich widersetzte mich nicht, sodass wir uns nun beide im Schneidersitz auf dem Bett gegenübersaßen.
Ich blinzelte ihn durch den Schleier meiner Tränen hindurch an. Ein paar blieben an meinen Wimpern hängen, bevor sie endlich irgendwann herunterfielen.
Taehyungs Blick war verzerrt. Er schien bekümmert und voller Sorge zu sein. „Ich liebe dich wirklich, Jungkook."
Ich starrte ihn entgeistert an, und wollte wieder panisch ausrufen, dass er nur betrunken war. Dass er nicht wusste, was er da sagte.
Alles in mir sträubte sich.
Ich wollte doch nur nicht verletzt werden.
Aber er kam mir zuvor: „Das ist nicht der Alkohol. Ich bin nicht betrunken. Ich bin nicht einmal angetrunken."
Ich schüttelte den Kopf und verzog mein Gesicht zu einer quälenden, leidenden Miene. „Du kannst mich nicht lieben. Du bist nicht... D-Du magst keine Männer. Du magst...mich nicht."
„Wer sagt das? Habe ich mich jemals als irgendetwas geoutet? Habe ich jemals behauptet, dass ich Frauen oder Männer oder beide oder irgendjemand oder irgendetwas bevorzuge?" Taehyung schenkte mir einen emotionalen Blick, in dem so viel mehr steckte als ich begriff. „Ich habe dir schon erklärt, dass ich damals nur überfordert war, dass du es warst, der mir seine Gefühle gestanden hat. Du warst mein bester Freund und bis zu dem Zeitpunkt hatte ich dich noch nie in einem anderen Licht gesehen. Wir haben uns nähergestanden und uns gegenseitig besser verstanden als alle anderen Leute in ihren Freundschaften auch nur ansatzweise behaupten könnten, aber mehr als das...? Ich habe die Möglichkeit nicht einmal in Erwägung gezogen. Unsere Nähe war wie selbstverständlich."
Ich senkte den Kopf und biss mir auf die Lippen.
Ich verstand ihn. Normalerweise sollte man auch keine Hintergedanken hegen. Es war nur natürlich, dass er nicht einmal einen Gedanken daran verschwendet hatte. Sich betrogen zu fühlen, nachdem man herausfand, dass der andere einen all die Jahre mit anderen Augen angesehen hatte...war jedoch genauso natürlich.
„Nachdem wir auseinander getriftet sind, habe ich mehr darüber nachgedacht, was ich fühle. Ich habe keine Antwort gefunden, aber dich zu sehen, wie du gelitten hast, jedes Mal, wenn wir uns über den Weg gelaufen waren, war unerträglich. Und nach unserem Abschluss..." Er seufzte bedrückt. „Dich gar nicht mehr zu sehen, hat mir zugesetzt. Ich habe dich vermisst. Wie oft habe ich darüber nachgedacht, einfach zu dir nach Hause zu rennen, um dich zu sehen. Aber jedes Mal habe ich mich gestoppt. Ich hatte immer noch nicht gewusst, was ich wirklich empfand, und vor dir aufzutauchen, ohne eine Antwort zu haben... Wie egoistisch wäre das von mir gewesen?"
Ich schloss meine Augen, die Tränen liefen still meine Wangen herunter.
Wäre er damals gekommen, hätte ich das vermutlich wirklich nicht verkraften können.
„Und als ich dich jetzt wiedergesehen, deine Stimme gehört und dein Lächeln gesehen habe, wurde mir bewusst, dass da mehr war. Ich wollte dich wieder in meinem Leben haben, aber nur Freunde zu sein, fühlte sich nicht richtig an. Die Distanz, die eine Freundschaft mit sich brachte, kam mir plötzlich so unheimlich spürbar vor. Die schmale Grenze, die ich nie registriert hatte, fühlte sich an wie eine Schlucht, ein Warnsignal. Da habe ich realisiert, dass ich vermutlich schon immer unbewusst in dich verliebt gewesen bin. Nur war all das vorher so selbstverständlich und wurde als eine gewöhnliche Freundschaft abgetan, dass ich es erst begriffen habe, als du mir gesagt hast, dass du mich immer noch lieben würdest, damit aber aufhören möchtest."
Taehyung atmete tief ein und aus und berührte zaghaft meine Hände. „Ich war überrascht, dass du überhaupt noch in mich verliebt warst. Aber es fühlte sich nicht unangenehm an. Da war eine gewisse Leichtigkeit in meiner Brust. Aber als du gesagt hast, dass du deine Gefühle für unsere Freundschaft vergessen willst... Ich habe den Gedanken gehasst."
Ein Schluchzen entwich mir, als ich meine Augen wieder öffnete und sie auf seine trafen, die bemitleidenswert aussahen. Der Ausdruck in seinem Gesicht war aufrichtig, als würde er versuchen, mir mit jedem Gesichtsmuskel deutlich zu machen, dass er es ernst meinte.
„Ich...Ich möchte nicht verletzt werden. Wenn du jetzt sowas sagst..., wenn ich dir jetzt glaube, dann...dann gibt es kein Zurück mehr. Wenn ich das hier zulasse, dann befürchte ich, dass ich nie wieder freikomme. Wenn du morgen aufwachst und der Alkohol vollständig aus deiner Blutlaufbahn ist... Ich könnte es wirklich nicht ertragen, wenn du mir sagen würdest, dass du zu betrunken warst, um klar zu denken." Ich sah ihn flehend an.
Taehyungs Blick war entschlossen. „Ob jetzt, morgen oder an irgendeinem anderen Tag in der Zukunft, es wird sich nichts an meinen Gefühlen ändern. Ich verstehe jetzt, was ich fühle. Und meine Gefühle sagen mir, dass mein Herz für dich schlägt. Ich bin eifersüchtig, wenn Jimin versucht mit dir zu flirten. Ich bin eifersüchtig, wenn meine Tante versucht dich mit meiner Cousine zu verkuppeln. Ich bin eifersüchtig, wenn ich daran denke, dass du mit jemand anderen zusammenkommen könntest. Ich möchte nicht, dass du mich missverstehst, wenn du mich anderen Frauen oder Männern siehst. Es macht mich traurig, wenn du traurig bist. Und es macht mich glücklich, wenn du glücklich bist. Jungkook, wenn das noch keine Liebe ist, dann will ich mit dir zusammen lernen, was Liebe ist. Jungkook, ich liebe dich. Bitte, akzeptier mich."
Obwohl meine Augen sich bereits völlig nass und geschwollen anfühlten, brach ein weiterer Damm ein und noch mehr Tränen kamen heraus. Doch dieses Mal konnte ich meine Stimme nicht mehr zurückhalten. Ich schluchzte ununterbrochen und bekam einen dummen Schluckauf.
„T-Taehyung...!" Ich kam mir albern vor, da ich mich wie ein Kleinkind anhörte, doch er sagte nichts, sondern nahm mich stattdessen wortlos in seine Arme.
Die Nähe und Wärme brachten mich noch mehr zum Weinen. Frust, Verzweiflung, Schmerz all der vergangenen Jahre und Erleichterung und Hoffnung überwältigten mich, dass ich mich fest an ihm klammerte, als würde ich den Halt brauchen, um nicht zu fallen.
Seine Hand legte sich an meinen Hinterkopf, seine Finger strichen mir sanft durch meine braunen Haare. Seine Arme zogen mich fest an sich, dass unsere Herzen durch unsere Brust gegeneinanderschlugen, bis keiner von uns mehr auseinanderhalten konnte, welcher Herzschlag zu wem gehörte.
„Ich liebe dich, Jungkook", hauchte er mir in mein Ohr.
Bei jedem einzelnen Wort schien er mich immer ein Stück fester an sich zu drücken. Beinahe so, als hätte er Angst, dass ich andernfalls wegrennen könnte.
„I-Ich...Ich liebe d-dich auch, Taehyung...!" Meine Stimme war brüchig, meine Nase durch das Weinen verstopft und immer wieder unterbrach mich ein Schluckauf zwischendrin. Damals sowie heute.
Als Taehyung bemerkte, dass ich mich nach einer kurzen Weile einigermaßen gefangen hatte, drückte er mich eine knappe Armbreite von sich weg, um mir ins Gesicht zu schauen.
Ich hob schnell meine Hände und wischte mir die Tränen und den Schlotter beschämt aus dem Gesicht, den Augenkontakt vermeidend.
Taehyung stieß ein leises, sanftes Lachen aus, umschloss mit seinen beiden Händen mein Gesicht und wischte die restlichen Tränen jeweils mit seinen Daumen. Nun war ich doch gezwungen, ihn anzusehen und wurde rot.
Er lächelte mich herzlich an, bis sein Blick sich senkte.
Taehyung schaute auf meine Lippen!
Seine Augen waren ganz klar auf meinen Mund fokussiert.
„Jungkook? Kann ich?", hauchte er gegen meine Lippen.
Bevor ich antwortete, spürte, ich bereits, wie nah er mit seinen eigenen gekommen war, sodass, als ich langsam nickte, kaum merklich gegen seine streifte.
Mit meiner Erlaubnis legte sich sein Lippenpaar endgültig auf meins, mein Gesicht immer noch in seinen Händen.
Taehyung küsste mich äußerst vorsichtig und zögerlich, und ich erwiderte ihn mit gleicher Stärke.
Nach und nach, nachdem sich unsere Lippen einander und dem weichen, angenehmen Gefühl gewöhnt hatten, bauten wir mehr Druck aus, bis wir alles um uns herum vergaßen.
Die Zeit schien stehenzubleiben.
Ich wusste nicht einmal, wann wir zurück aufs Bett gekippt waren, denn ehe ich mich versah, lag ich über ihm.
Seine Arme an meinem Rücken gepresst.
Unsere Beine ineinander verschlungen.
Die Lippen niemals voneinander getrennt.
Und die Herzen so nah wie es nur möglich war.
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Endlich ist dieses Kapitel da. Ich habe so lange darauf gewartet, es euch endlich geben zu können. Taekook ist von dem "Freundschafts-Schiff " weg T_T
Die nächsten zwei Kapitel sind Yoonmin Kapitel, also seid gespannt, was in dieser Geschichte zwischen den beiden ist ^^
Morgen ist endlich das Comeback! Seid ihr alle bereit??
Mei~
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