Der Plan
Es war ein wirklich angenehmer Morgen. Man konnte förmlich spüren, dass der Frühling nun endlich begonnen hatte.
Die Zugvögel waren aus dem Süden zurück gekehrt und saßen nun in den frisch begrünten Ästen der Bäume, um ihre Nester zu bauen.
Die beiden Freunde Clint Barton und Natasha Romanoff besuchten eine Hochschule, welche glücklicherweise ein sehr großes, grünes Schulareal besaß.
Da die beiden die Natur liebten, hatten sie sich auf eine von Sträuchern umgebene Bank gesetzt, von wo aus sie den perfekten Blick auf die Vögel in den Bäumen hatten. Für dieses Naturschauspiel hatten sie sogar das Frühstück in der Cafeteria sausen gelassen.
Die Idylle, die durch das Leben um sie herum und die angenehm warmen Sonnenstrahlen in ihnen ausgelöst wurden, wurde durch das laute Geräusch von Stöckelschuhen unterbrochen. Deren Trägerin kam auf ihre Bank zu.
Sie mussten nicht lange warten, bis eine grelle Mädchenstimme die Luft durchschnitt.
"Hey Clint~ Was machst du heute noch so?~"
Natasha verdrehte leicht genervt die Augen. Vor den Freunden hatte sich eine gewisse Laura 'vorteilhaft' in Szene gesetzt.
Der kurze Minirock, die Overknee-schuhe und das knappe Top erschien Natasha dann doch etwas kühl für die entsprechenden Temperaturen zu sein.
Dennoch ließen ihre Anziehsachen perfekt auf das Ziel des Mädchens schließen. Sie versuchte nämlich schon seit Ewigkeiten, an Clint heran zu kommen, egal mit welchen Mitteln.
Laura war eine der angesagtesten Mädchen der Schule. Sie war wirklich hübsch und wusste immer, was gerade "in" war. Jeder Junge lag ihr zu Füßen und wäre ohne zu zögern auf ihre Flirts eingegangen.
Jedoch war Clint einer der wenigen Ausnahmen des Campus, die auf der Suche nach Liebe lediglich auf den Charakter eines Menschen schauten.
Bisher hatte er der Brünette immer die kalte Schulter gezeigt, so geschah es auch heute.
Er musterte sie nur kurz und lächelte Laura anschließend an.
Natasha studierte nun seit fast drei Jahren Psychologie. Zudem kannte sie ihren Kumpel mittlerweile schon sehr lange und konnte ihn gut einschätzen.
Diese beiden Dinge halfen ihr, sein Lächeln als unecht und eher aufgesetzt einstufen zu können.- Es erreichte seine Augen nicht.
"Ich werde auf mein Zimmer gehen, ein bisschen entspannen und dann schlafen. Sorry, ich habe nicht sonderlich Lust, jemanden zu treffen."
Der Blonde lächelte Laura höflich an und zog Natasha dann am Ärmel mit sich auf die Andere Seite des Schulareals.
Auf halben Wege hakte sich der Rotschopf bei ihm unter und zog provozierend eine Augenbraue hoch.
"Ich wusste gar nicht, dass ich nicht erwähnenswert bin?"
Als Antwort erhielt sie ein breites Zahnpastagrinsen von ihrem Kumpel. Dieses war nicht gespielt; das Lächeln breitete sich auch auf seine Augen aus und er strahlte sie fast schon an.
"Du bist schon längst eingeplant und ein fester Bestandteil meines Tages Nat."
Sein Lachen steckte die junge Schülerin an und sie tätschelte belustigt seinen Kopf.
"Wie süß du doch bist.~"
Kurz darauf nahm sie Clints Wangen zwischen ihre Daumen und Zeigefinger und kniff leicht hinein.
Erwartungsgemäß wand er sich aus ihrem Griff heraus und verdrehte die Augen.
"Ich bin kein Kind, Nat. Hör auf mich so zu behandeln."
Mit diesem Satz ging er einfach weiter, aber sie wusste, dass er in Wirklichkeit nicht böse auf sie war.
Schmunzelnd folgte sie ihm und setzte sich dann neben ihn auf den Rasen neben dem Plattenweg.
"Dann solltest du aber aufhören, dich wie ein kleiner Junge zu verhalten. Findest du nicht?~"
Ihr Sitznachbar brummte nur zustimmend.
"Wie du meinst Nat."
Clint schloss die Augen und legte seinen Kopf in den Nacken.
"Wieso kann Laura nicht einfach aufgeben? Oder die anderen?"
Mit seiner Linken wischte er sich über das Gesicht und seufzte leise.
"Langsam nervt es, jeden Tag Liebesbriefe in meinem Spind zu finden oder von fremden Mädchen auf Dates eingeladen zu werden."
Auch wenn sie mit dieser Klage nicht adressiert worden war, brachte Natasha seine Aussage zum nachdenken.
Gedankenverloren starrte die Studentin auf das hellgrüne Gras, das sich seinen Weg durch die Risse der Steinplatten des Weges erkämpft hatte.
Clint hatte Recht.
Er war sozusagen das männliche Pendant zu Laura;-
Jedes Mädchen hätte sich bei einem noch so kleinen Annäherungsversuch seinerseits an ihn geschmissen und ihn nie wieder gehen gelassen.
Zu der großen Enttäuschung der vielen Schwärmenden hatte er kein Interesse an einer Beziehung.
Natasha hatte ihn zwar noch nicht ein einziges Mal darauf angesprochen, aber verstand ihn.
Er wollte sich für jemand ganz besonderen Aufheben und sein erstes Mal auch nur mit dieser erlesenen Person haben.
Und ebend weil sie das wusste- oder vielmehr erahnte- verblüffte sie seine erschöpft klingende Frage.
Der süße Schüler drehte sich in ihre Richtung und schaute ihr mit seinen strahlend blauen Augen direkt in ihre Seele.
Er hatte das Ausbleiben einer Antwort ihrerseits mitbekommen und lächelte leicht.
Er schien kurz zu zögern, fasste sich dann aber ein Herz.
"Tasha, wir haben uns zwar noch nie so richtig darüber unterhalten, aber du weißt, wie ich zu Beziehungen stehe, richtig?"
Erwartungsvoll sah er sie an. Nachdem sie sich gefragt hatte, ob er vielleicht ihre Gedanken lesen konnte, begann sie leicht zu lächeln und nickte bestimmt.
"Du willst dich aufsparen für deine erste Liebe. Das ist echt süß, aber wenn ich dir etwas raten soll: du solltest vorher irgendwie diese Meute an interessierten Mädchen los werden. Sonst brichst du ihnen das Herz und sie dir alle Knochen."
Natasha schmunzelte, aber er war sich im Klaren darüber, dass seine Freundin nicht im Unrecht lag.
Nachdenklich wiegte er seinen Kopf hin und her.
"Du hast Recht Nat, aber... wie soll ich sie von mir abbringen?"
Neckend stubste sie ihren Mitschüler an der Schulter an und grinste breit.
Sie hatte da schon eine Idee, die sie sich ziemlich amüsant vorstellte. Dennoch ließ die Rothaarige es sich nicht nehmen, diesen blauäugigen Engel neben sich zuvor etwas zu ärgern.
"Komm schon, Clint. Du hast doch in deinem Schädel bestimmt noch ein kleines Bisschen Grips übrig. Was würdest du tun?"
Der Angesprochene schloss die Augen und wartete vergeblich auf eine Lösung des Problems.
Nach einer Weile vernahm er neben sich ein Räuspern und schüttelte resigniert den Kopf.
"Mir fällt nichts ein... Was ist mit dir?"
Mit hoffnungsvollem Blick wandte er sich der Studentin zu.
Ihre Mine offenbarte ein triumphierendes Lächeln, was sie augenscheinlich krampfhaft zurückhalten wollte.
Ihm war augenblicklich klar, dass sie sehr wohl eine Idee hatte.
Er setzte sich aufrecht hin und sah sie mit einem bettelnden Hundeblick an.
"Schieß los."
Um das kommende spannender zu gestalten- aber vor allem auch, um ihren kleinen Triumph auszukosten-, legte sie ihre Hand auf seine Schulter und schaute ihn ernst an.
"Du, mein kleiner Schatz, brauchst eine Fakebeziehung."
Ab diesem Moment konnte sie ihr Grinsen nicht mehr unterdrücken und sie entfernte ihre Hand wieder von ihm.
Anfangs zuckte Clint bei ihren Worten zusammen. Dieser Vorschlag hatte ihn sehr überrascht. Er zog eine Augenbraue nach oben und musterte sie abschätzend.
"Ist das dein Ernst? Ich soll mir eine Freundin anlachen?" "Jupp.~", säuselte sie und stand auf. Sie reichte ihm die Hand, um ihn hoch zu ziehen. Er nahm diese dankend an.
"Ich habe jetzt gleich eine Vorlesung und ich denke, du solltest dich beeilen, um noch rechtzeitig bei deiner Pädagogikvorlesung zu erscheinen." Der Rotschopf lief schon einmal los. Weil sie wusste, dass Clint in einen anderen Hörsaal gehen musste und drehte sich noch einmal zu ihm um.
"Überleg' dir doch schon einmal, wer in Frage kommen würde.", lächelte sie und machte dann wieder auf dem Absatz kehrt. Natasha winkte noch einmal und verabschiedete sich mit einem "Bis nachher" von ihm.
Während seiner Vorlesungen an diesem Tag war der Blonde mehr als nur unkonzentriert.
Er hatte probiert, sich stark zusammenzureißen, um den behandelten Stoff im Groben mitzubekommen.
Am Ende der Vorlesung hatte er jedoch nur ein halbes Blatt beschrieben. Es hatte ihn einfach zu sehr beschäftigt, was Nat zuvor gesagt hatte.
Brauchte er wirklich eine Freundin, damit die Anderen aufhörten, ihn nach Dates oder einer Beziehung zu fragen?
War eine Fakebeziehung da wirklich so eine tolle Idee?
Die Wahrheit war: er konnte es nicht sagen; er hatte noch keine einzelne Erfahrung im Thema Beziehungen gesammelt.
Seine nächste Vorlesung würde erst wieder am nächsten Tag stattfinden. In den folgenden Stunden hatte er also frei.
Leider hatte Natasha- soweit er sich erinnern konnte- heute gleich drei am Stück.
Für ihn bedeutete das, dass er noch ewig herumgammeln und warten würde, bis es Nachmittag wurde. Sie hatten sich um 6 Uhr in seinem Zimmer verabredet, um dort ein wenig Videospiele zu spielen und sich gemeinsam zu entspannen.
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