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"Bist du sicher, dass du das machen möchtest?" fragte Harry ernsthaft, während er ebenfalls aufstand und seinen Zauberstab in seine Tasche schob. Henry gab er derweil den Brief zurück.
"Ganz sicher. Mal abgesehen davon, dass ich vom Ministerium bin und du weniger Schwierigkeiten bekommst. Außerdem wäre es mir neu, dass du weißt, wie man Portschlüssel herstellt. Also, wo ist das Heim?" fragte Hermine erneut und sah fragend zu den beiden Schülern. Draco war in der Zwischenzeit auch näher zu ihnen getreten und beobachtete die Szene etwas eingeschüchtert. Harry konnte es ihm nicht verdenken, Hermine war in ihrem Element eine beeindruckende Persönlichkeit.
"Gabrielle ist bei den anderen?" fragte Harry woraufhin Draco nickte. "Ja. Ich habe auch meiner Mutter Bescheid gegeben, sie sollte auch gleich kommen und sie unterstützen. Aber wenn Granger mitgeht, kann ich auch bleiben" erklärte Draco ihm leise und warf Hermine einen vorsichtigen Blick zu.
"Komm gerne mit, wer weiß, was dem Jungen passiert ist. Und Henry und Morgan werden kaum hierbleiben, also sollten wir sie auch im Blick behalten" erklärte Harry, während er zu Hermine sah, die irgendwelche komplizierten Zauberstabbewegungen durchführte und dabei so entschlossen aussah wie eh und je. Alleine das gab ihm die Gewissheit, dass sie sicher nicht ohne den Jungen gehen würden.
"So, jetzt haltet die Zuckerdose fest, gleich verschwindet der Portschlüssel" erklärte Hermine und hielt die kleine Keramikdose etwas von sich weg. Harry ergriff diese zügig, genauso wie Henry und Morgan. Auch Draco legte etwas zögerlich seine Hand auf diese, ehe das bekannte Gefühl einsetzte, wie von einem Fischerhaken in seinen Fingern nach vorne gezerrt zu werden. Henry und Morgan gaben je ein erschrockenes Geräusch von sich, schienen sich allerdings recht schnell an das Gefühl zu gewöhnen.
Nur wenig später kamen sie taumelnd zum Halt, die Zuckerdose fiel zu Boden und zersprang während Harry sich neugierig umsah. Sie waren in einer etwas heruntergekommenen Gegend, die Straße war breit und die kleinen Bäume links und rechts davon verdorrt und blätterlos. Es war kaum etwas los, doch aus einem umzäunten Hof gegenüber drangen immer wieder laute Rufe spielender Kinder.
Das Heim an sich sah unspektakulär aus. Ein großes Bauwerk aus Beton und klaren Linien, perfekte Symmetrie, die das Gebäude kalt und unpersönlich aussehen ließen. Auch um das Grundstück, auf welchem das fünfstöckige Haus stand, war von einem Blickdichten Zaun umrandet und ließ keinen Blick auf die Kinder zu. Unterbrochen war die Mauer nur von einem hohen Tor, aus dunklem Metall. Ein leichter Schauer überkam Harry, während er am liebsten wieder zurück zum Grimauldplatz apperiert wäre. Die Luft hier war schon viel zu trocken und heiß, was ein staubiges Gefühl auf seiner Zunge hinterließ.
Auch Henry und Morgan schienen sich unwohl zu fühlen, beide betrachteten das Gebäude mit Ablehnung während Hermine die Schultern straffte und Draco seinen Kiefer anspannte. "Lasst uns gehen" sprach schließlich Hermine als erste und steckte ihren Stab wieder in ihren Ärmel, sodass er niemandem auffallen könnte, allerdings dennoch nutzbar wäre.
Auch Harry kontrollierte nochmal, wo sein Stab war, ehe er bereits vorwärtsgehen wollte.
"Ihr könnt da nicht einfach reinmarschieren, wartet mal!" hielt Draco sie allerdings auf, ehe sie den Bürgersteig verlassen hatten. "Warum nicht?" fragte Hermine energisch zurück, schien Draco das erste Mal richtig zu bemerken und musterte ihn missbilligend.
"Was willst du den Leuten da sagen? Hi, wir sind hier, weil wir eins von den Kindern, für das ihr zuständig seid entführen wollen, weil es zufälligerweise ein Zauberer ist? Ich dachte, du bist die Besonnene" erklärte Draco und fiel dabei, zum ersten Mal, seitdem Harry ihn erneut getroffen hatte, zurück in alte Gewohnheiten.
Hermine sah Draco einen Moment still an, ehe sie widerwillig nickte, dabei schien sie allerdings auch gegen ihren Willen beeindruckt. "Reicht es, wenn wir ihnen erstmal sagen, dass seine Freunde ihn besuchen wollen?" fragte Hermine und sah dabei zu Henry und Morgan welche unruhig zwischen ihnen und dem Waisenhaus auf der anderen Seite der Straße hin und her schauten.
"Die neue Leitung kennen wir nicht wirklich, die wird uns nicht erkennen" erklärte Henry während Harry leise aufseufzte. "Selbst wenn sie ihn uns sehen lassen, wenn wir mit ihm verschwinden, würden sie die Polizei alarmieren und uns suchen. Irgendwann bekommt das dann auch das Ministerium mit..." überlegte Harry, dem das Ganze nicht wirklich gefiel.
"Und wenn ihr so tut, als wölltet ihr ihn adoptieren?" schlug Morgan dann vor. "Dann könnt ihr alleine mit einem Betreuer und Max sein und den Betreuer so verzaubern, dass er die Polizei nicht ruft und Max Akte zerstört. Das würde bestimmt nicht auffallen" erklärte der junge Ravenclaw woraufhin Hermine langsam nickte. "Das könnte funktionieren" erklärte sie schließlich mit einem triumphierenden Lächeln, ehe sie nickte.
"Einen Versuch ist es wert" erklärte Harry, ehe er entschuldigend zu Draco, Henry und Morgan sah. Auch wenn ihm die Möglichkeit, die eine solche Verzauberung bot, absolut nicht gefiel. "Dann müsstet ihr erstmal hier warten, wir holen Max und verschwinden dann" erklärte Harry woraufhin Henry schnell den Kopf schüttelte. "Nein, wenn wir nicht dabei sind, dann wird Max euch nicht vertrauen und nicht mitgehen" erklärte der Dreizehnjährige, ehe er schwach grinste. "Außerdem werde ich auf keinen Fall einfach hier warten, während ihr da drin seid" erklärte er entschlossen woraufhin Harry leise aufseufzte.
"Okay, dann kommst du mit und wir geben dich als auch schon adoptiertes Kind aus. Ist es für euch beide dann in Ordnung, hier zu warten?" fragte Harry dann an Draco und Morgan gerichtet, obwohl er Hermines ungeduldige Blicke hin zum Kinderheim bemerkte und sich selbst ruhelos und nervös fühlte. Er wollte endlich anfangen und dieses Kind dort rausholen.
"Ist in Ordnung, geht schon" bestätigte Draco schnell und nickte ihnen kurz ermutigend zu. Harry nickte ebenfalls, bevor er Hermine und Henry schnell folgte, als diese über die Straße eilten. Glücklicherweise schien die Gegend zumindest tagsüber wirklich menschenleer.
Kurz vor dem Tor hielten sie allerdings nochmal an, Henry klingelte bereits während Harry Hermine seinen Arm anbot, welchen sie schließlich nach einem schwachen Lächeln ergriff. Sobald allerdings das Tor geöffnet wurde, breitete sich ein überzeugendes Lächeln auf Hermines Lippen aus.
"Guten Tag, wir sind hier, weil wir eines der Kinder, die hier leben adoptieren möchten. Unser Henry war auch einige Jahre hier und hat einen sehr guten Freund, den er uns vorstellen möchte" erklärte Hermine sogleich während auch Harry sich zum Lächeln durchrang.
"Ruhig, Schatz. Du überforderst die arme Dame nur. Wir sollten erstmal reingehen und das Kind kennenlernen" erklärte er und hielt der wirklich ziemlich überfahren aussehenden Dame, eine Frau Ende dreißig mit tiefen Augenringen und von Grau durchzogenen Haaren die Hand hin.
"Hallo, freut mich. Miller mein Name, dürften wir bitte reinkommen?" fragte er und versuchte, durch das Tor bereits so viel wie möglich vom Gelände erkennen zu können. Das große Gebäude nahm allerdings den Großteil des Platzes ein, davor war lediglich ein betonierter Platz und an den Rändern, direkt an der Mauer befand sich ein Streifen, trockener und festgetretener Erde, auf der vereinzelt Zigarettenstummeln und Müll herumlagen.
"Ja, natürlich. Ich bringe Sie direkt zum Leiter des Heims" erklärte die Dame und öffnete die Türe weit genug, dass sie eintreten konnten. Nach kurzem Zögern machte Henry den Anfang, wobei er einen vorsichtigen Blick auf die Jugendlichen warf, die mit einem Ball auf der Betonfläche spielten und nun gespannt beobachteten, wie sie ins Haus gebracht wurden.
Harry beschleunigte unterbewusst die Schritte erneut, als der kurze Brief, den Max geschrieben hatte ihm wieder durch den Kopf ging. Bitte, kommt mich besuchen oder so. Ich halte das hier nicht aus. Zusammen mit den blutigen Flecken am unteren Rand des Briefs war das mehr als besorgniserregend.
"Welches Kind möchten Sie denn gerne treffen, Mr, Miller?" fragte die Dame sie schließlich als sie im Flur stehenblieb. Henry, welcher glücklicherweise schnell mitdachte da Harry keine Ahnung hatte, wie der Junge mit Nachnamen hieß, drängte sich etwas nach vorne und bemühte sich wohl um ein sorgloses Lächeln, welches ihm sehr gut gelang.
"Maximilian Walker, ich kenne ihn schon seitdem er hierherkam!" erklärte Henry aufgeregt, für die Betreuerin würde es wohl freudig wirken.
"Oh je, das ist jetzt aber schade. Der Arme ist die Treppe heruntergefallen und hat sich übel verletzt, er liegt noch im Krankenzimmer" erklärte die Dame, während Harry einen alarmierten Blick zu Hermine warf. Sie wussten beide, dass ein magisches Kind sich sicher nicht bei einem Treppensturz schlimm verletzt haben konnte.
"Wir können ihn doch aber sicher dennoch besuchen, er wird sich sehr darüber freuen, Henry widerzusehen" schaltete sich Hermine ein, nachdem Henrys Mine sichtlich eingefallen war und der Jugendliche auf seiner Unterlippe kaute. Harry hoffte sehr, dass der Dreizehnjährige sich keine Vorwürfe machte, schließlich war es definitiv nicht seine Schuld.
"Nein, ich fürchte das ist nicht möglich. Maximilian muss sich in Ruhe erholen. Aber Sie können mit Sicherheit einen Termin verabreden, das Büro des Leiters ist direkt hier" erklärte die Dame, ehe ihr Blick mit einem Mal leer wurde und sie stehenblieb.
Schnell sah Harry zu Hermine, welche Ihren Zauberstab wieder in der Hand hielt. "Mine, du kannst doch nicht -" wollte Harry sie ermahnen, traf allerdings nur auf den entschlossenen Blick seiner langjährigen Freundin.
"Wir wissen alle, dass der Junge nicht die Treppe heruntergefallen ist. Und es ist nicht das erste Mal, dass wir einen Unverzeihlichen benutzen", verteidigte sich Hermine und konzentrierte sich wohl wieder auf die Betreuerin während Harry klar wurde, dass diese Diskussion zu nichts führen würde.
"Bitte kommen Sie doch mit, um Max zu besuchen" erklang dann die leere, emotionslose Stimme der Betreuerin, ehe sie am Büro des Leiters vorbeiging und sie eine Treppe nach oben führte. Hermine hatte ihren Zauberstab wieder so in ihren Ärmel gesteckt, dass er nicht gleich auffiel. Henry folgte ihnen still und Harry hoffte sehr, dass dieser Hermines Zauber nicht dem Imperius-Fluch zuordnen konnte. Wenn es nach Harry ging, sollte niemand mehr diese Flüche benutzen.
"Hier ist es" erklärte die Frau, ehe sie sich abwandte, sich allerdings noch immer viel zu entschlossen bewegte, als das Hermine den Zauber bereits aufgelöst hatte. Auch Harrys fragenden Blick erklärte sie nur kurz, dass die Dame alle Aufzeichnungen zu Max löschen würde und diese vergaß bevor der Fluch nachlassen würde.
"Jetzt lasst uns aber gehen, das Ministerium hat inzwischen ein Tabu auf die Unverzeihlichen gelegt. Nicht, dass sie noch hier auftauchen", erklärte Hermine und öffnete dann die Türe zum sogenannten Krankenzimmer.
Es schien ein normaler Schlafraum zu sein, das Bett sah unfassbar unbequem aus und es gab einen Verbandskasten sowie einen abgeschlossenen Schrank in welchem wohl die Medikamente aufbewahrt wurden.
In dem Bett lag ein kleiner Junge, für seine acht Jahre wirkte er wirklich winzig, mit Armen, die wohl ebenso dick waren, wie die Küchentuchrollen aus Pappe, von denen es bei Tante Petunia immer massig welche gegeben hatte. Max hatte ein Pflaster oberhalb seines Auges und an seiner Lippe klebte etwas Blut. Eine seiner Hände war bandagiert und er meinte, durch den Ausschnitt seines zu großen Schlafanzugs einen weiteren Verband zu erkennen.
"Max, was ist passiert?" fragte Henry aufgebracht und stürzte einige Schritte auf den kleineren Jungen zu, Hermine schloss derweil die Türe hinter ihnen. "Das müssen wir besprechen, wenn wir zurück sind. Max, ich bin Harry und leite das Sommercamp in dem Henry und Morgan sind. Morgan wartet draußen mit meinem Kollegen. Wir würden dich gerne mitnehmen, ist das okay?" fragte Harry, während er sehr hoffte, dass das Ministerium wie gewohnt zu langsam arbeitete.
Nachdem Henry ihm auch aufmunternd zugenickt hatte und Max Blick kurz den Zauberstab in Hermines Ärmel gestreift hatte, nickte er endlich und schlug die Decke zur Seite. Schnell schlüpfte er in seine Hausschuhe und griff nach Henrys Hand. "Ist okay" erkläre der Junge leise, Harry war überzeugt davon, dass es nicht allzu lange her war, seitdem Max geweint haben musste.
"In welchem Schrank hier waren deine Sachen aufbewahrt?" fragte Hermine dann und lauschte der leisen Beschreibung des Jungen genau. Dann führte sie erneut einige komplizierte Bewegungen mit ihrem Zauberstab aus.
"Deine Sachen müssten jetzt bei uns sein, darf ich dich noch kurz unsichtbar zaubern damit dich die anderen Kinder nicht sehen?" fragte sie wieder und legte dann, nach dessen Zustimmung, einen Desillusionszauber auf den Jungen. Harry wünschte, er hätte seinen Umhang mitgebracht.
Doch so funktionierte es auch gut genug, niemand hielt sie auf oder sah sie seltsam an, als sie das Haus verließen, obwohl Henry seine Hand etwas seltsam abstehend hielt. Dennoch hatte er sicher nicht vor, Max zum Loslassen aufzufordern.
Als sie schließlich zurück bei Morgan und Draco waren, apperierten sie, jeder ein Kind eingehagt, zurück vor den Grimmauldplatz welchen sei gleich betraten.
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