Erschöpft rieb sich Harry das Nasenbein, gerade als er vor einigen Stunden gedacht hatte, dass sie mit den Einzelheiten Ihres Rechtssystems durch waren, hatte Draco darauf bestanden auch über die ganzen Leute im Zauberergamot zu sprechen. Zwar war einiges dabei, von dem Draco sehr deutlich gemacht hatte, wie man die Interessen der verschiedenen Personen für sich nutzen konnte, doch Harry bezweifelte, dass er dafür je geschickt genug war. Würde es nach ihm gehen, dann würde er seine ganzen Sitze einfach abgeben, aber inzwischen war ihm klar, dass zu viel Verantwortung daran hing. 

"Gehts dir gut? Oder war das zu viel? Ich glaube ich bin etwas abgeschweift" fragte Draco, nachdem er ihm einen Moment gegeben hatte. Harry sah schnell wieder auf, war kurz davon überrascht das Dracos ruhiger Blick auf ihm lag. Er wusste wirklich nicht, wann Draco so erwachsen geworden war und wo er diese Geduld hernahm. Doch spätestens jetzt war er sich sicher, dass der andere ein guter Lehrer war.

"Alles gut. Das sind ja schon Dinge, die ich wissen sollte. Es ist einfach nur viel auf einmal" erklärte Harry und lächelte den anderen leicht an. "Aber du kannst gut erklären, egal wie oft Ron es versucht hat, richtig verstanden hab ich den ganzen Kram nie" meinte er woraufhin Draco nur mit den Schultern sah. Harry entging der kurze, geschmeichelte Seitenblick des Blondschopfes allerdings nichts. Für irgendwas musste das Jahr an Aurorentraining ja gut sein, auch wenn es seine Albträume damals deutlich schlimmer gemacht hatte. 

"Danke. Wenn du möchtest, und überhaupt vor hast tiefer in die Politik einzusteigen, können wir mal überlegen wie du deine Anliegen und Themen am besten durchs Zauberergamot bringst und welche Argumente bei welchen Mitgliedern am besten ankommen. Das ist für heute aber etwas zu viel" meinte Draco woraufhin Harry überfordert nickte. 

"Wenn es nach mir ginge, würde ich mich aus der Politik komplett heraushalten. Dann verbringe ich meine Zeit lieber hier, mit den Schülern, so erschöpfend es auch teilweise ist. Es erfüllt mich aber irgendwie. So wie damals die DA... das hat mir bei den Auroren wirklich gefehlt" erzählte Harry, fast schon etwas unkonzentriert. Nach allem, was er gerade gelernt hatte, konnte er sich nicht länger auf ein Thema fixieren. Das er ab und an trotz allem abgeschweift war, um Draco auf die Lippen zu starren, gestand er sich selbst nur widerwillig ein. 

"Aber wenn Kingsley die Schiene gerade weiterfährt, dann werde ich zurück in die Politik müssen. Ich kann nicht zulassen, dass er alles ruiniert, dass wir aufgebaut haben" erklärte Harry ernsthaft während Draco kurz nickte und nach seinem Wasserglas griff, Kreacher hatte ihnen zwischendrin etwas zu trinken gebracht. 

"Du hast die Chance etwas zu ändern, eine wirklich große. Der letzte Zauberer, der so viel verändert hat, war Dumbledore nach seinem Sieg über Grindelwald. Aber wenn du das nicht an Kingsley verlieren willst, musst du wohl gegen ihn arbeiten, bis er wieder zur Vernunft kommt" erklärte Draco woraufhin Harry leise seufzend nickte, allerdings nicht gleich etwas erwiderte als Draco ihn anlächelte und dabei einfach irgendwie... verdammt gut aussah. 

"Trotzdem darfst du nebenher nicht dich selbst vergessen. Wenn dich die Arbeit hier erfüllt, dann überleg dir wie du sie weiter ausbauen kannst. Widme nicht dein ganzes Leben etwas, dass dich unglücklich macht. Ich habe es versucht, es ist einfach... nicht richtig" erklärte Draco, während ein Schatten über sein Gesicht huschte. Harry war sich unsicher, ob damit nur Dracos Zeit bei den Todessern gemeint war oder noch mehr dahintersteckte. 

"Danke, dass du mir dabei hilfst. Ich möchte nur niemals so werden wie Dumbledore... er war mein Mentor und irgendwie wichtig für mich, ich war nach seinem Tod am Boden zerstört, aber er war nie fair. Weder zu den ganzen Schülern an sich noch zu Sirius noch zu mir. Er war ein Lügner und hat alle um sich herum für seine Ziele genutzt. So möchte ich nicht sein" erklärte Harry entschlossen, während er sich mit verschränkten Armen in seinem Sessel zurücklehnte und nicht umhinkam sich zu fragen, ob er aussah wie ein bockiges Kind. 

Im Gegensatz zu ihm selbst, legte Draco seine Hände auf die Armlehnen seines dunkelgrünen Sessels und lehnte sich mit elegant gebogenem Hals zurück. Manchmal fragte sich Harry, ob er auch so eine Haltung hätte, wäre er von Reinblütern aufgezogen worden. Diese Eleganz schien ihnen einfach wie magisch anzuheften. 

"Das ist etwas auf das nur du Einfluss hast" erklärte Draco leicht zögernd, ehe er Harry kurz angrinste und dabei fast schon verschlagen wirkte. "Aber wem wollen wir etwas vormachen, ich bin froh um jeden der nicht wie Dumbledore ist. Klar, ein großer Zauberer und so weiter und so weiter, aber irgendwie trotzdem... einfach ein Arschloch" meinte Draco und lachte leise. Harry konnte nicht anders, als in den melodischen Klang einzufallen. 

"Stimmt" meinte er glucksend, während er glücklich aufseufzte. Wer hätte gedacht, dass er sich ausgerechnet mit Draco so gut verstehen würde? Es war anders als mit Ron und Hermine, so gern er sie hatte waren sie doch irgendwie in einen Alltag verfallen oder sprachen über die Vergangenheit, doch mit Draco fühlte es sich einfach noch viel neuer und frischer an. Das tat gut, mal wirklich über seine Zukunft nachzudenken. Etwas das er bisher tunlichst vermieden hatte, drei Jahre lang hatte es für ihn nur den nächsten Pinselstrich, den nächsten Vorhang, das nächste Möbelstück gegeben. Und so sehr er es genossen hatte, war es nichts das ihn auf lange Zeit glücklich machen würde. 

Das hier gerade fühlte sich viel mehr nach Glück an... nicht unbedingt das mit Draco, eher die Jugendlichen und mit ihnen Zeit zu verbringen und irgendwie gehörte Draco doch dazu. Doch das war für den Moment ja auch voll in Ordnung. 

"Aber wir haben für heute bei Weitem genug über mich gesprochen. Wie geht es dir? Und deiner Mutter, du könntest sie mal hierher einladen, wenn du möchtest" meinte Harry lächelnd, wollte endlich auch mehr über den Malfoy erfahren, welcher sich bisher meistens mit seinem Gerede zufriedengegeben hatte und nur von sich erzählte, wenn er nachfragte. Lag es daran das Harry sein Chef war? Oder sprach er ungerne über sich selbst? Drang er vielleicht sogar zu tief in Dracos Privatsphäre ein? Er hoffte es wirklich nicht. 

Glücklicherweise lächelte Draco erfreut auf Harrys Vorschlag hin, ehe er nickte. "Wenn das in Ordnung ist, wäre das toll. Sie würde sich bestimmt gerne persönlich für die Blumen bedanken. Und etwas rauszukommen, schadet ihr auch nicht. Ich schaue natürlich, dass sie den Schülern nicht in die Queere kommt" erklärte Draco woraufhin Harry schnell den Kopf schüttelte. Er hatte die Einladung nicht ausgesprochen, damit Narzissa und Draco nur in dessen Wohnzimmer saßen. 

"Nein, wenn sie es möchte, kann sie gerne mal mit uns allen Essen. Wenn sie schon eingeladen ist, dann richtig. Wenn ihr die Sechs erstmal zu viel sind ist das natürlich in Ordnung, aber wenn sie sich gerne zu uns gesellen möchte, dann ist sie immer willkommen" erklärte Harry und ignorierte, wie sein Herz höherschlug als er für einen Moment einen freudig-überraschten Ausdruck auf Dracos Gesicht erkannte, welcher den Blonden etwas wie einen Engel aussehen ließ. 

"Das - Danke. Ich schreibe ihr später. Es würde ihr bestimmt gefallen ein paar jüngere Leute um sich herum zu haben" meinte Draco, ehe er fast etwas nostalgisch aussah. "Sie war wirklich gerne Mutter, es hat sie erfüllt. Ich weiß echt nicht, warum ich keine Geschwister habe, aber meine Mutter ist in der Rolle wirklich aufgegangen" erzählte Draco mit einem leichten Lächeln, den Blick fast etwas beschämt auf seine Knie gerichtet. Dabei war es sicher nicht, für das sich Draco schämen sollte. Er wünschte, er hätte selbst Eltern, über die er mit so viel Zuneigung in der Stimme sprechen könnte. 

"Das klingt wirklich schön" meinte Harry lächelnd woraufhin Draco nickte, ehe sich sein Ausdruck mit einem Mal vollkommen änderte und er Harry fast schon schlechten Gewissens ansah. 

"Tut mir leid, ich sollte nicht so über meine Eltern reden, wenn du - naja, keine mehr hast" erklärte sich Draco leise, fast etwas eingeschüchtert während Harry leise aufseufzte. 

"Doch solltest du. Ja, meine Eltern sind tot und ja, ich wäre gerne mit ihnen aufgewachsen und hätte sie gerne noch. Aber das heißt noch lange nicht das jeder um mich herum der Eltern hat sich schlecht dafür fühlen sollte - das ist das Allerletzte, das ich will. Ich finde es viel mehr schön, wie du über deine Mutter sprichst" erklärte Harry woraufhin Draco schließlich erleichtert nickte. 

"Okay, gut zu wissen" meinte dieser, ehe er sich unterbrach, um hinter vorgehaltener Hand zu gähnen - was Harry direkt ansteckte. 

"Ich denke wir sollten für heute Schluss machen, oder? Morgen ist ein neuer Tag" meinte Harry leise seufzend. Er hatte ihr Gespräch zwar genossen, wusste allerdings auch wie anstrengend die nächste Zeit werden würde und dass er dringend Schlaf brauchte. 

"Du hast Recht, lass uns besser ins Bett gehen" stimmte auch Draco zu woraufhin sie sich erhoben. Nicht sicher wie Harry sich verabschieden sollte, blieb er einige Momente stehen, ehe er Draco etwas steiff zunickte und sich im gleichen Moment für sein peinliches Verhalten schämte. 

"Gute Nacht dir" wünschte er also schnell, ehe er schnellen Schrittes aus der unangenehmen Situation floh.