Kapitel 2
"Danke für deine Hilfe.", sagte ich und umarmte Luca fest. Dieser schloss die Arme fest um mich und drückte mir einen Kuss auf den Kopf. Wir hatten schon immer eine innige Freundschaft, weswegen er auch die einzige Person war, mit dem ich hier aus Deutschland noch Kontakt halten würde. Er war der Einzige, der meine Probleme und meine Entscheidung ernst genommen hatte. Dieser schlaksige Kerl half mir wo er nur konnte und war die ganze Nacht aufgeblieben, obwohl er in ein paar Stunden auf die Arbeit musste, nur um mich zum Flughafen zu fahren und sich von mir zu verabschieden. Ihn nicht mehr jeden Tag zu sehen würde schwer für mich werden und da wir auch nicht mehr in der selben Zeitzone lebten und die Gebühren ins Ausland zu telefonieren wirklich teuer waren, würde unser Kontakt auf ein paar Nachrichten alle paar Stunden minimiert werden. Dennoch würde ich ihn jeden Tag schreiben und verlangen, dass es mir von seinen Tag erzählt.
"Du weißt, du kannst mich jederzeit besuchen kommen. Mein Dad würde dich auch gerne mal kennenlernen und sich bei dir bedanken.", lächelnd sah ich zu ihm hoch, nachdem ich mich von ihm gelöst hatte. Auch er schenkte mir breites lächeln und wuschelte mir durch die Haare. "Sollte ich jemals das Geld haben in den Urlaub zu fliegen, wird mein erster Flug zu dir sein, versprochen!" Um sein Versprechen zu bestärken hielt er mir seinen kleinen Finger hin, in den ich sofort mit meinem einhakte. "Indianerehrenwort." Diese Geste machten wir nicht häufig, da dies mehr Bedeutung für uns hatte als ein einfaches Versprechen. Wir benutzten es nur, wenn es um wirklich wichtige Dinge ging, Dinge die uns mehr als alles andere bedeuteten. Sowie unser Wiedersehen in ferner Zukunft. Wir waren beide erst im Abschlussjahr der Realschule und Luca jobbte nebenbei noch bei Rewe um sich sein Taschengeld aufzufrischen. Da es aber noch ein paar Jahre dauern würde bis wir beide einen festen Job und gutes Einkommen hatten, mussten wir uns mit Social Media begnügen.
"Du musst jetzt gehen, ansonsten verpasst du noch deinen Flug.", meinte der blonde Kerl mit einem traurigen Lächeln. Wir umarmten uns noch einmal bevor ich zum Gate ging, wo er nicht mehr mit rein durfte. Ich würde ihn vermissen und dennoch freute ich mich auf einen Neuanfang. In Gedanken und in meinem Herzen würde er dabei sein und ich werde dafür sorgen, dass wir uns niemals vergessen werden.
Ich zeigte dem Personal meinen Reisepass vor und mein Flugticket und konnte dann an durch die Kontrolle ins Flugzeug. Es war größer als gedacht, aber kleiner als erhofft. Ich versuchte einfach auf meine Atmung zu achten und mich auf die Nummern der Sitzplätze zu konzentrieren, damit mein Kopf sich gar nicht einbilden konnte, dass die Wände näher kamen. Ich musste mich einfach ablenken. Vielleicht konnte ich ja ein wenig schlafen, dann würde der Flug noch schneller vorbei gehen.
Endlich fand ich meinen Platz. Er war rechts in der dreier Reihe, ganz an der Wand, so dass ich erst meinen Rucksack auf die Gepäckablage legte, nachdem ich mein Buch und meine Kopfhörer herausgeholt hatte und zwängte mich dann zu meinem Sitz.
Mein Vater war so lieb mir einen am Fenster zu buchen, so konnte ich mich an die Wand anlehnen, wenn ich die Augen zu machen wollte. Außerdem würde ich einen unglaublich tollen Ausblick haben.
Zum Glück sah ich kein Baby oder kleines Kind im Flugzeug, ansonsten wären die Stunden nicht mehr so schnell vergangen. Viele verstanden nicht, dass ich mit Kindern nichts anfangen konnte und ich niemals von mir aus schwanger werden wollte. Es gab einfach Dinge im Leben, die musste ich nicht erleben und dazu gehörte eine Schwangerschaft, die Geburt und später einmal Mutter werden.
"Ach schau mal Helmut, wir sitzen neben dem hübschen Mädchen.", hörte ich eine alte Frauenstimme sagen bevor sich eine zierliche Frau neben mich setzte. Freundlich lächelte diese mich an: "Es war wirklich rührend wie Sie sich von ihrem Freund verabschiedet haben." Überrascht zog ich die Augenbrauen nach oben, woraufhin sie das kichern anfing und ihr Mann nur den Kopf schüttelte. "Entschuldigen Sie bitte meine Frau. Wir hatten nur gesehen wie Sie sich verabschiedet haben als wir an Ihnen vorbei gelaufen waren und seitdem kann Wilma nicht mehr aufhören davon zu schwärmen.", erklärte mir der alte Mann die Situation und wirkte dabei ein wenig beschämt. Meine Verwirrung wich mit dem Gedanken, wie süß die alte Frau doch war. Dabei war ich es immer, die davon schwärmte, wenn alte Menschen noch Händchen hielten oder sich küssten. Sowas sah man nicht häufig und wenn ich es dann doch mal sah, konnte mir ein entzücktes "Aww" nicht mehr verkneifen. Wer wollte nicht mit einer Person sein restliches Leben verbringen und die Liebe noch nach all den Jahren spüren? Also für mich wäre es ein Traum und sollte dieser jemals in Erfüllung gehen, wäre ich die glücklichste Frau der Welt und nichts könnte etwas daran ändern.
"Dafür müssen Sie sich nicht entschuldigen. Ich bin da genauso wie ihre Frau, wenn ich etwas Rührendes sehen." sagte ich freundlich mit einem breiten Lächeln auf den Lippen. Sofort drehte sich Wilma zu ihren Mann und streckte diesem die Zunge hinaus, wie ein kleines Kind. "Siehst du, Helmut, du musst dich nicht immer gleich für mich schämen. Nicht jeder ist so gefühlskalt wie du!" Ich konnte mir ein leises Glucksen nicht verkneifen und hielt mit den Hand vor den Mund, damit sie nicht mein breites Grinsen sehen konnten. Ich wollte nicht respektlos oder unhöflich wirken, weil ich wegen einer kleinen Diskussion von dem Ehepaar lachte. Wobei es nicht einmal wegen der Auseinandersetzung war, sondern der kindischen Art der alten Dame. Wann bekam man sowas schon mal zu sehen? Es war eine willkommene Abwechslung zu den Drachen in meiner ehemaligen Nachbarschaft. Wehe man war als Kind etwas zu laut, wenn Mittagsruhe war. Auf einem Baum klettern war verboten, da es ja Stadteigentum war und der Baum auch Gefühle hatte. Von Kindergeburtstagen, die länger als sechs Uhr Abends gingen, wollte ich gar nicht erst anfangen. Das waren die Deutschen über die sich jeder lustig machte, die so streng und engstirnig waren. Ein wahrer Kinderschreck eben.
"Manchmal frag ich mich, wie ich mich in dich verlieben konnte mit deiner emotionslosen Art." fügte Wilma scherzend hinzu und küsste dann sanft seinen Handrücken. Helmut fing sofort an sanft zu lächeln und ein Strahlen trat in seine Augen, so dass diese gleich viel jünger und fitter wirkten. "Weil ich dir die Sterne von Himmel geholt hätte, wenn du mich darum gebeten hättest. Du wusstest, dass ich dich besser behandeln würde als Gerd." War das ein verschmitztes, jugendhaftes Grinsen das sich auf sein Gesicht schlich? Mir würde niemand glauben, wenn ich erzählen würde was ich gerade miterlebte. Ein altes Ehepaar, das flirtete als wären sie noch fünfzig Jahre jünger.
"Danke, dass Sie mir gezeigt haben, dass es wahre Liebe nicht nur in Büchern gibt." rutschte es mir heraus. Zum Glück rollte mir keine Freudenträne über die Wange, das wäre ansonsten sehr peinlich gewesen. So sahen mich die beiden nur glücklich lächelnd an und verschränkten ihre Finger ineinander. "Pass auf, Liebes. Die wahre Liebe gibt es nur einmal in Leben und wenn du sie gefunden hast, dann halt sie mit allem was du hast fest. Kämpfe darum, auch in schweren Zeiten, denn eine Beziehung und Ehe verläuft nicht immer nur gut. Es gibt immer Höhen und Tiefen, das wichtige ist nur, dass man sie gemeinsam übersteht." meinte die alte Dame mit dem weißen Locken mit sanfter Stimme und sah dann hoch zu ihrem Helmut, der sie ganz verliebt ansah. Sachte hauchte er ihr einen Kuss auf die Stirn, woraufhin sie zufrieden seufzte und wieder zu mir sah. "Wie habt Ihr Euch kennengelernt?" fragte ich neugierig und bekam gar nicht mit wie das Flugzeug anfing zu rollen und kurz darauf abhob. Auch die Wände wirkten nicht mehr als würden sie näher kommen und mich zerquetschen wollen.
"Das, mein Kind, ist keine spannende Geschichte. Ich war auf einer Mädchenschule und Helmut auf der Jungenschule gegenüber. Damals musste man gewisse Mutproben bestehen. Ich hatte damals ein Auge auf Gerd geworfen und sollte ein Papierflieger über die kleine Straße fliegen lassen. Nun ja, ich war so feige, dass ich direkt nach dem werfen ins Schulgebäude gerannt bin. Ich hab also nie gesehen ob Gerd wirklich den Brief bekommen hatte.", fing Wilma an zu erzählen und hatte dabei ein breites Lächeln auf ihren faltigen Lippen. "Der Papierflieger hatte mich am Kopf getroffen und nicht Gerd. Ich war ein Einzelgänger, wie sagt ihr Kinder heutzutage? Ein Nerd? Mir ist auf jeden Fall Wilma schon früher aufgefallen, hab mich nur nie getraut sie auf ein Eis einzuladen. Als ich dann den Brief von ihr in der Hand hielt, konnte ich es nicht glauben. Sie wollte sich mit mir in einem Café treffen. Als sie aber sah, dass ich anstatt Gerd kam, war sie alles andere als glücklich." fuhr Helmut fort und lächelte tatsächlich. "Aber weil ich zu nett bin und seine Gefühle nicht verletzen wollte, bin ich geblieben. Es hat sich herausgestellt, dass wir viel gemeinsam haben und er gar nicht der komische Junge war, für den ihn alle hielten. Also haben wir uns immer öfter getroffen und irgendwann hat er mir, auf seine rationale, emotionslose Art, versucht zu sagen, dass er sich in mich verliebt hatte."
Es war wahrscheinlich die schönste Liebesgeschichte die ich je gehört hatte. Sie klang so normal und nicht wirklich besonders, aber es war als ob es ein Schicksal und eine Vorbestimmung wirklich gab. Als wenn man seinen richtigen Partner wirklich finden würde, wenn man sich nur darauf ein ließ. Manchmal findet man eine ganz andere Person in jemanden, wenn man ihm zeigt gibt sich zu entfalten. Wilma hat nicht auf den Stand oder auf das Aussehen von Helmut geachtet, sondern auf seinen Charakter.
"Es war nicht leicht, dir das zu sagen, wenn alle anderen einen auslachen und sagen, dass das Mädchen zu gut für einen ist." gestand Helmut Schultern zuckend und runzelte nachdenklich die Stirn. "Du bist gut genug für mich. Das warst du schon immer und wirst es immer sein." Liebevoll legte die alte Dame ihren Mann die Hand an die Wange und streichelte mit dem Daumen darüber. Helmut schloss seine Augen und genoss den kleinen intimen Augenblick. Ich drehte mich aus Respekt weg, um ihnen diese Zweisamkeit zu lassen. Ich würde auch nicht wollen, dass man mich dabei beobachtet.
Der restliche Flug über verlief ohne große Ereignisse. Hin und wieder unterhielt ich mich mit Wilma und Helmut und schaffte es sogar ein Selfie mit ihnen zu machen. Irgendwann war Wilma jedoch an Helmut gekuschelt eingeschlafen und auch ihm sind die Augen dann zugefallen. Ich hab mir meine Kopfhörer in die Ohren gepackt und mir Criminal Minds angemacht. Shemar Moore würde mich schon gut von den engen Wänden ablenken und mir einen feuchtfröhlichen Tagtraum verschaffen.
In Amsterdam machten wir einen Zwischenstopp von drei Stunden, so dass ich mir schnell ein Sandwich und eine neue Flasche Wasser kaufen konnte bevor ich wieder an Bord musste. Helmut half mir meine Handtasche nach oben zu stellen, woraus ich vorher alles wichtige geholt hatte. Danach setzten wir uns alle wieder und warteten das es weiter ging.
Wilma drehte sich nach ein paar Minuten zu mir: "Wohin fliegst du eigentlich?" Wieder mal ermahnte Helmut seine Frau nicht so neugierig zu sein, doch ich wank nur lächelnd ab und meinte: "Ich ziehe zu meinem Vater nach Stowe. Das ist ein kleiner Vorort von Burlington in Vermont." Freude spiegelte sich in dem Gesicht der alten Frau ab und begeistert klatschte sie in die Hände. Ich war mir sicher, wenn sie wüsste aus welchen Grund ich zu meinem Dad flog, würde sie nicht mehr so strahlen. Doch nicht jeder musste meine Leidensgeschichte wissen, weswegen ich auch nichts dazu sagte.
"Ich bin ja ein großer Fan von kleinen Vororten. Dort ist es immer so ruhig und nach einem anstrengenden Arbeitstag kann man sich dort so schön erholen. Du wirst sehen, Liebes, es wird dein Leben verändern und du wirst nie wieder weg wollen!" Dieses Mal nickte auch Helmut und stimmte seiner Frau zu. Wenn sogar der stille Brummbär einer Meinung war mit seiner aufgedrehten Frau, dann musste das schon was heißen. "Und was verschlägt euch nach Amerika?" fragte ich neugierig während ich meine Wasserflasche aufdrehte. Ich war fast am verdursten und das sollte schon was heißen, da ich grundsätzlich zu wenig trank, da ich kein wirkliches Durstgefühl hatte. Die Folgen waren regelmäßige Kopfschmerzen und Schwindel, aber mit der Zeit gewöhnte man sich daran.
"Wir besuchen unseren Sohn in Detroit. Er hat sich in eine Soldatin verliebt und ist ihr dorthin gefolgt. Mittlerweile haben sie ihr zweites Kind und wir können es kaum erwarten die Kleine kennenzulernen. Zum Glück wachsen sie Zweisprachig auf, sonst hätten Helmut und ich ein kleines Problem." lachte Wilma glücklich und holte sofort ihr Handy heraus. Wow, was für eine coole Oma. Sie besaß ein Smartphone und wusste wie man damit umging. Gut, sie hielt es so wie jede ältere Person und wischte ganz komisch über den Bildschirm, aber sie war auch nicht mit der Technologie aufgewachsen wie die jüngere Generation.
Ganz stolz hielt sie mir ihr Handy unter die Nase und zeigte mir die Bilder ihres Enkels und ihres Sohnes. Zu jedem Bild hatte sie eine Geschichte parat, eine lustiger als die andere. Selbst Helmut musste ab und zu lachen, was Wilma noch ein viel größeres Lächeln ins Gesicht zauberte.
Irgendwann fing die alte Dame an zu gähnen und ihr Mann überredete sie dazu, das Handy wegzulegen und ein wenig zu schlafen. Lächelnd versicherte ich ihr, dass sie mir weitere Geschichten erzählen konnte, wenn sie wieder aufwachte. Das brachte Wilma dann wirklich dazu die Augen zu schließen und sich an ihren Helmut zu lehnen. Dieser legte seinen Kopf auf ihren und schlief selber nach ein paar Minuten ein.
Schnell stöpselte ich mir die Kopfhörer in die Ohren und machte Musik an. Ich musste mich nun auf die Songs und mein Buch konzentrieren, wenn ich nicht verrückt werden wollte. Komischerweise hatte ich keine solchen Ängste, wenn ich im Auto saß oder im Zug. Vielleicht weil ich wusste, dass ich immer schnell aussteigen konnte, aber in einem Flugzeug war das etwas schwer. Ein Glück das ich Greyson und Ellie hatte, die mich ablenkten. Ihre Liebesgeschichte war so berührend und traurig, dass ich es nicht verhindern konnte, dass mir die ein oder andere Träne über die Wange rollte.
Die Stunden vergingen schneller als gedacht, da auch mir irgendwann die Augen zu fielen. Ich wurde von Wilma geweckt, die mir sagte, dass wir angekommen waren. Da ich umsteigen musste, packte ich meine Sachen zusammen und verließ zusammen mit dem Ehepaar den Flieger. Auch im Shuttlebus saßen wir zusammen und ich wünschte ihnen viel Spaß bei ihrem Sohn. Wilma nahm mich fest in den Arm und strich mir liebevoll über Wange. "Ich weiß nicht warum du zu deinem Vater ans andere Ende der Welt ziehst, aber ich verspreche dir, das Leben wird wieder schöner!" Damit gingen die beiden und ließen mich verdattert bei der Gepäckausgabe stehen. War das ein sogenannter Mutterinstinkt? Der konnte einen ja richtig Angst einjagen.
Eilig schnappte ich mir meinen Koffer und rannte durch den gesamten Flughafen um meinen Koffer wieder abzugeben und mein Gate zu finden. Ich hatte nicht viel Zeit und der nächste Flug würde erst am Abend gehen also musste ich herausfinden wie gut meine Ausdauer war. Ich musste ernüchternd feststellen, dass sie echt scheiße war. Was aber auch kein Wunder war, da ich kein Sport trieb und ich nach dem Motto "Sport ist Mord" lebte.
Ein Wunder also, dass ich es noch pünktlich geschafft hatte und ganz knapp ins Flugzeug gelassen wurde. Außer Atem suchte ich nach meinem Platz, wobei ich nervös feststellen musste, dass dieses Flugzeug um einiges kleiner war. Der Flug würde zwar nur zwei Stunden dauern, aber auch das war schon zu viel für mich.
Schwer schluckte ich und versuchte tief durch zu atmen als ich mich auf meinen Platz am Fenster sinken ließ. Mein Sitznachbar war anscheinend wieder aufgestanden, denn es lag eine Jeansjacke auf seinen Platz und ein Laptop war aufklappt darauf. Den Anschein nach würde ich also nicht wieder neben einer netten Omi sitzen.
Ich sollte recht haben, denn kurz darauf setzte sich ein Junge in meinem Alter neben mich. Er hatte perfekt gestylte, braune Haare und helle blaue Augen. Wobei diese mich neugierig musterten, was mich wieder rum nervös machte. Ich hatte in den Moment ein anderes Problem, denn das Gefühl keine Luft mehr zu bekommen wurde immer schlimmer. Ich konnte genau spüren wie das Flugzeug losrollte und das war anscheinend mein Zeichen, dass sich mein Gehirn einbildete, dass die Wände näher kamen. Ich hatte keine Zeit mehr die Kopfhörer in die Ohren zu tun und ein Buch auszukramen. Verzweifelt presste ich die Augen zusammen und krallte mich in die Armlehne. Das der Kerl neben mir denken musste, dass ich nicht ganz sauber war, war mir in dem Moment egal. Ich würde ihn ja sowieso nie wieder sehen.
Ein zögerliches Räuspern und sanftes antippen am Oberarm sorgten dafür, dass ich ein Auge öffnete und neben mich schielte. Der Junge lächelte mich vorsichtig an. "Flugangst?" fragte er mich auf englisch. Da wurde es mir erst richtig bewusst, dass ich nun nur noch auf englisch reden musste. Durch meine Besuche bei Dad hatte ich es schnell gelernt und hatte auch immer Einser in der Schule, aber nach sechs Jahren war es doch wieder eine Umstellung.
"Nein, nicht direkt." antwortete ich gepresst und merkte erst da, dass ich die Luft angehalten hatte. Zitternd atmete ich aus und wieder ein und meine Lunge bedankte sich schmerzhaft dafür.
"Willst du einen Keks?" fragte er mich aus dem Nichts und hielt mir einen Schokokeks hin. Verwirrt öffnete ich dieses Mal beide Augen und sah ihn fragend an. Warum um alles in der Welt sollte ich in diesen Moment einen Keks wollen? Ich war bestimmt total blass und alleine bei dem Gedanken etwas zu essen wurde mir übel.
Um seine Frage zu verdeutlichen schaute er kurz zu dem Cookie in seiner Hand und wieder zurück in meine Augen. "Na klar, willst du dann Kotze auf deinen Schoß?" fragte ich sarkastisch und hob beide Augenbrauen. Leider schaffte ich es nie nur eine anzuheben, das wäre so viel cooler gewesen.
"Darauf würde ich heute gerne verzichten." grinste er nun frech und biss selber in den Keks. Dabei landeten einige Krümel auf seinem Oberteil und blieben an seinem Mundwinkel hängen. Anscheinend war sie nicht die einzige Person, die zu unfähig war Kekse zu essen ohne Dreck zu machen.
Nun schlich sich auch ein kleines Lächeln auf meine Lippen. Es war nicht wegen dem Witz, sondern sein fröhlicher, frecher Ausdruck auf seinem Gesicht. Es wirkte so unbeschwert und ehrlich. Ich war mir sicher, dass er immer im Mittelpunkt stand, wenn er wohin ging. Wahrscheinlich nicht einmal gewollt, aber solche Menschen wie er zogen Aufmerksamkeit nur an und konnte eine ganze Gruppe unterhalten.
"Ich bin Nathan." Immer noch grinsend hielt er mir seine Hand hin. Verkrampft versuchte ich meine Hand von der Lehne zu lösen und schüttelte seine. "Mana." "Nett die kennenzulernen, Mana. Hast du Lust einen Film zu schauen? Es sieht so aus als bräuchtest du etwas Ablenkung und ich kenne da den perfekten Film!"
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