
☆Moritz☆ ☆17☆
Heute ist endlich mein vor zwei Tagen angekündigter Badetag.
Alex hatte gestern Schicht und somit haben wir uns erst für heute verabredet.
Mir war es dann doch wohler meinen Kumpel und Arzt an meiner Seite zu haben, da ich nicht weiß, wie Oskars Reaktionen im Wasser ausfallen.
Herr Bold hat den Ausflug mit den Worten "Wie sie meinen" abgesegnet und war zum Zeitpunkt der Abholung wieder nicht anwesend.
Oskar scheint heute nicht sehr gut aufgelegt zu sein, denn er reagiert kaum auf Ansprache.
In mir tobt der Verdacht, dass zuhause wieder etwas vorgefallen sein muss, denn im Normalfall ist er bei unseren Treffen nicht so in sich gekehrt, sondern lässt mich spüren, dass er sich über unsere gemeinsame Zeit freut.
Ich hoffe nur, dass an seinem Körper nicht wieder offensichtliche Hinweise zu finden sind.
Als wir am See ankommen und auf die große Menschenmasse treffen, bleibt Oskar abrupt stehen.
"Hey, alles okay?"
Der Kleine atmet schwer auf, sieht mich verunsichert an.
Ich begebe mich in die Hocke und lenke seine Aufmerksamkeit auf mich.
"Alex und ich sind bei dir. Du brauchst keine Angst zu haben! Bleib einfach ganz nah bei uns."
Am liebsten würde ich ihn an der Hand nehmen oder auf meinen Schultern platzieren, doch das würde ihm nur zusätzlich zu schaffen machen, das weiß ich mittlerweile.
Alex widmet sich jetzt dem Jungen und erhascht dessen Aufmerksamkeit:
"Weißt du was? Moritz trägt doch seine Sporttasche über der Schulter und du könntest dich an dem Gurt festhalten, wenn du möchtest!"
Oskar dreht seinen Kopf zu mir und nimmt den Gurt eine Zeit lang unter die Lupe.
Nach ein paar Sekunden sieht er mir in die Augen und nickt mir zu.
Obwohl er immer noch mit Unsicherheit zu kämpfen hat, läuft er dicht an meiner Seite, bis wir einen geeigneten Platz gefunden haben.
Solange Alex und ich unseren Platz vorbereiten, beobachtet Oskar die anderen Menschen.
Das haben wir zwei gemeinsam, ich beobachte auch gerne.
"Hast du deine Badehose schon an?"
Oskar nickt und startet damit, sein Oberteil auszuziehen.
Alex und ich tun es ihm gleich, werden dabei von dem Jungen streng beobachtet.
Nachdem ich meine Hose, ohne sie zu öffnen, hinunter gezogen habe, versucht Oskar es auf dieselbe Weise.
Ich muss leicht schmunzeln, da der Kleine keine Chance hat.
"Du musst deinen Knopf und den Reißverschluss öffnen! Meine Hose ist ein bisschen zu groß, darum geht es bei mir auf diese Weise!"
"Auf geht's, ins Wasser!"
Voller Tatendrang will ich auf den See zu laufen, doch Alex stoppt mich sofort:
"Herr Breuer? Haben Sie eigentlich an eine Schwimmhilfe gedacht?"
Augenrollend, zwecks meiner eigenen Dummheit, wende ich mich dem Notarzt zu.
Er sieht mir schon an meinem Blick an, dass ich diesen Punkt nicht bedacht habe.
"Hast du ein Glück, dass meine Nichte ihre Schwimmflügel bei mir vergessen hat. Oskar? Kommst du mal zu mir?"
In den nächsten paar Minuten beginnt ein regelrechter Kampf.
Oskar ist nicht gewillt, diese Fremdkörper an seinen Armen zu tragen, obwohl Alex und ich ihm in Dauerschleife erklären, dass das notwendig ist.
Seinen Missmut äußert er durch Schläge gegen seinen Kopf.
Da ich mir das nicht länger mit anschauen kann und mittlerweile weiß, dass Kälte ihm beim beruhigen hilft, lade ich ihn auf meine Arme auf und laufe schnell auf das Wasser zu.
Kaum habe ich ihn ins kühle Nass gesetzt, gibt er seinen Widerstand auf.
"Besser?"
Oskar nickt und taucht seinen Körper komplett in das eisige Wasser ein.
Zum Glück muss man hier erst ein Stück weit laufen, bis es tief wird und somit beschließen wir, mit Oskar am Rand zu bleiben.
Ihn zu zwingen, diese Schwimmhilfen zu tragen, macht absolut keinen Sinn.
Der kleine Mann genießt das Wasser in vollen Zügen.
Alex und ich wechseln uns mit dem Aufpassen ab und schwimmen ab und zu ein paar Bahnen, da wir ohne Bewegung womöglich erfrieren würden.
Oskar hingegen ist bis in die letzte Faser seines Körpers entspannt und wirft nur ab und zu einen Blick zu uns, um sich zu vergewissern, dass wir noch da sind.
Da das Wasser uns ordentlich ausgekühlt hat, legen wir uns auf die Handtücher und lassen die Sonne unsere Körper aufwärmen.
Oskar sitzt dicht neben mir, beobachtet mich nonstop.
Ich beobachte ihn ebenfalls, doch er kann es nicht sehen, meine Augen werden von einer Sonnenbrille verdeckt.
Er scheint unschlüssig zu sein.
Was er vor hat, weiß ich nicht.
Erst nach ein paar Minuten erhebt er seine Hand und führt sie vorsichtig zu meinem Bauch.
Kurz bevor er mich berührt, wirft er einen Blick in mein Gesicht, dann wieder zurück auf meinen Körper.
Obwohl ich darauf gefasst bin, dass er mich berührt, habe ich nicht damit gerechnet, dass er mir seinen Zeigefinger fast durch meine Bauchdecke bohrt.
Durch mein Zusammenzucken weicht er erschrocken zurück.
"Keine Sorge, Oskar. Ich habe mich nur erschrocken."
Oskar sieht mich unsicher an.
Da es ihm vielleicht hilft, zu sehen, dass ich nicht verärgert bin oder Schmerzen habe, nehme ich die Sonnenbrille ab.
"Du kannst da hinfassen, es tut mir nicht weh."
Der Junge mustert mein Gesicht und zögert.
Mit einem Lächeln meinerseits versuche ich Oskar die Angst zu nehmen.
Es kommt mir vor, als hätte er noch niemals jemanden angefasst.
Vorsichtig legt er einen Finger, etwas sanfter als zuvor, auf meinen Bauch.
Anschließend legt er einen weiteren Finger auf meiner Haut ab, während sein prüfender Blick immer wieder auf mich trifft.
Ob er erwartet, dass es mir weh tut?
So, wie es ihn schmerzt, wenn er angefasst wird?
Da ich immer noch ein Lächeln auf den Lippen trage, legt der Junge seine komplette Handfläche auf meinem Bauch ab.
Nach ein paar Sekunden scheint er zufrieden zu sein, nimmt seine Hand zurück, legt sich ebenfalls hin und rollt sich zu einer Kugel zusammen.
Sein Körper liegt nah an meinem, nur ein minimaler Abstand trennt uns voneinander.
Alex stützt sich auf seinem Ellenbogen ab und mustert uns beide mit einem breiten Lächeln.
"Ich glaube, du hast sein Herz erobert!"
Nachdem ich den Jungen zu Hause abgeliefert habe und in meinem Auto sitze, fühle ich mich wirklich miserabel.
Die Abschiede fallen mir jedes Mal schwerer.
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