04. Weihnachtspoker
L O U I S
Endlich stand der vierte Advent vor der Tür und somit unsere weihnachtliche Pokerrunde.
Wie alle Teilnehmer glaubte ich mich dafür gut gerüstet und lief pfeifend die Straße entlang, die zum Jugendclub führte. Offiziell blieb dieser heute geschlossen, nur unsere kleine Runde traf sich dort.
Vier Jungs und vier Mädels, das war nahezu perfekt.
An der nächsten Straßenecke begegnete ich Niall, der mir auf dem weiteren Weg Gesellschaft leistete. Unter seiner Winterjacke konnte ich nicht ausmachen, was er alles am Leib trug und ich hoffte, dass er mich nicht überbot, wenn es um die Anzahl der Kleidungsstücke ging. Auch Schmuck zählte dazu und ich kicherte, als ich sah, dass Niall an jedem Ohr einen Perlenohrring trug.
„Die sind von meiner Oma", erzählte er mit stolz geschwellter Brust. „Ich habe auch noch die passende Kette dazu."
„Alter, ich habe zwei Armreifen und ebenfalls eine Kette." An Ohrringe hatte ich leider nicht gedacht, wie dumm von mir. Dann hätte ich jetzt mehr Schmuck als Niall.
„Ich bin gespannt, was die Mädels alles tragen", meinte mein Kumpel und ich nickte.
„Die werden sich bestimmt nicht lumpen lassen."
Nach weiteren fünf Minuten Fußmarsch erreichten wir den Jugendclub. Da ich den Schlüssel besaß, waren wir die Ersten, die es sich gemütlich machten. Niall kümmerte sich um die Getränke und ich sorgte für das passende Licht. Schön schummrig im Raum und die Lampe über dem Tisch wurde so gedimmt, dass man die Karten noch gut sehen konnte. Es wirkte wie eine echte Pokerrunde unter Mafiosi.
Lediglich der Einsatz war anders. Wer verlor, musste ein Kleidungs- oder Schmuckstück abgeben. Das Ganze artete also in einen Strippokerabend aus. Im letzten Jahr gewann ich, leider zu früh, denn die Mädels hatten alle noch ihre Unterwäsche an, während ich noch im Pulli und Boxershorts am Tisch saß. Hoffentlich würde es in diesem Jahr anders ausgehen, und zwar so, dass die Mädels wenigstens oben ohne dasaßen. Das war mein Traum und scheinbar träumt ich diesen nicht allein. Auch Harry, der gerade eintraf, sah das ähnlich.
„Ich hoffe sehr, dass wir heute Brüsten zu sehen kriegen", lautete sein Spruch zur Begrüßung.
Liam war der letzte von uns Jungs, der eintraf und kurz darauf kamen die Mädels. Stella war über und über mit Schmuck behängt. Mindestens drei Armreifen, zwei Ketten, Ohrringe und einen Ring am Finger.
„Das ist unfair", maulte Niall. „Von jedem Schmuckstück nur eins, es sei denn es sind Ohrringe."
„Lautet so die Abmachung?", fragte Taylor unschuldig und wir nickten alle vier.
Seufzend zog Stella die beiden Armreife und eine der Ketten aus.
„Aber eine Uhr darf man anbehalten, oder?", erkundigte sich Eleanor und ich nickte.
Zu dumm, dass ich keine Uhr besaß, sondern immer nur das Handy nutzte, um die Uhrzeit zu erfahren.
Auch Sophia zog den überschüssigen Schmuck aus, denn sie trug fünf Ringe an ihren Fingern.
Nachdem wir uns alle überzeugt hatten, dass jeder die Regeln einhielt, wurden die Getränke auf den Tisch gestellt. Wie jedes Jahr tranken wir zu diesem Anlass Whiskey-Cola mit Eiswürfeln.
Liam mischte die Karten und Harry teilte diese aus. Vorsichtig nahm ich das Blatt auf die Hand und versuchte möglichst keine Regung in meinem Gesicht zu zeigen. Ein echtes Pokerface eben. Noch eine Karte und wenn es die richtige war, würde ich ein Full House haben. Aber zuerst war Eleanor dran, eine Karte aufzunehmen und ihren Einsatz, einen Ring, auf dem Tisch zu platzieren.
Ihr Gesicht blieb unbewegt und auch Niall verzog keine Miene, als er an die Reihe kam. Er setzte einen der Ohrringe und ich musste mir das Lachen verbeißen, denn er sah mit nur einem Ohrring noch lustiger aus als mit zweien.
Endlich kam ich an die Reihe und nahm zuerst meinen Schlips als Einsatz. Dann nahm ich eine Karte auf und freute mich, weil ich auf ein Full House, drei Könige und zwei Buben, blickte. Donnerwetter, so konnte es den ganzen Abend weitergehen. Dieses Blatt zu schlagen war schwer.
Einer nach dem anderen stieg aus und zum Schluss blieben Taylor und ich übrig.
„Hosen runter", sprach sie und ich legte mit einem Grinsen auf den Lippen mein Full House ab.
„Pech für dich, Louis", schmunzelte Taylor und mir fielen fast die Augen aus dem Kopf, denn sie hatte tatsächlich einen Straight Flush, das zweithöchste Blatt. Eine Neun, eine Acht, eine Sieben, eine Sechs und eine Fünf blitzten mir entgegen.
„Scheiße, da habe ich wohl verloren", brummte ich. „Aber gut, nächste Runde."
Eine Runde nach der anderen folgte und ich gewann und verlor abwechselnd. Es würde eine ultralange Nacht werden, wenn das so weiterging. Stella war die Erste, die nur noch in ihrer Unterwäsche dasaß und als sie erneut setzen musste, zierte sie sich ein wenig.
„Ach komm schon", sprach Sophia, „wenn wir im Sommer nachts im See Nacktbaden gehen, interessiert es dich doch auch nicht."
Seufzend zog die Spanierin ihren BH aus und legte ihn mitten auf den Tisch.
„Sehr schön", grinste ich und bekam einen Stoß in die Rippen von Niall, der neben mir saß.
Außer einer Boxershorts trug er noch einen Ohrring, seine Socken und seine Krawatte. Das sah übelst komisch aus, aber ich war auch nicht besser. Boxershorts, Kette, einen Ring und einen Armreif.
Den Schmuck zuerst auszuziehen, fanden wir nicht lustig, denn es hatte einen größeren Reiz die Klamotten abzulegen. Das tat Harry nach der nächsten Runde. Er saß praktisch nur noch in seiner Boxershorts und einem Socken da.
Einer nach dem anderen legte Kleidungsstücke ab und langsam wurde es auf dem Tisch ziemlich durcheinander.
Überhaupt zogen uns die Mädels, bis auf Stella, an diesem Abend praktisch die Hosen aus. Sie gewannen und wir schauten ziemlich dumm aus der Wäsche.
Besonders Eleanor hatte eine Glückssträhne nach der anderen, doch die nächste Runde gewann ich und somit zog sie ihre Jeans aus. Wie gerne hätte ich unter den Tisch geschielt, doch das Spiel erforderte meine Aufmerksamkeit. Zudem lautete die Regel: Augen niemals unter der Tischplatte.
Seufzend teilte ich die Karten aus und Niall durfte als Erster setzen. Das Glück war ihm hold, denn er gewann diese Runde mit einem Royal Flush, dem höchsten Blatt, dass man haben konnte.
Eindeutig war dies nicht mein Abend und anstatt Eleanor halbnackt vor mir zu sehen, war ich es, der ihr am Ende nur in einer Boxershorts gegenübersaß.
„Okay", sprach ich, „Hosen runter."
Ohne mit der Wimper zu zucken, legte Eleanor ihre Karten auf den Tisch. Ich kniff die Augen zusammen, um mich zu vergewissern, dass ich nicht träumte.
„Das gibt's doch gar nicht!", keuchte ich und legte mein Pokerblatt ebenfalls ab.
Zwei Paare und Eleanor hatte ein Full House.
„Los, Louis, Boxdershorts aus!", grölten Liam, Harry und Niall und auch die Mädels zogen mich auf: „Wir wollen alles sehen", rief Stella, die bei dieser Runde rechtzeitig ausgestiegen war.
„Ja, komm schon, stell dich nicht so an", meinte Sophia und Taylor gluckste in einer Tour.
Normalerweise hatte ich keine Probleme damit, denn wie bereits erwähnt gingen wir im Sommer öfter Nacktbaden. Aber seit ich in Eleanor verknallt war, sahen die Dinge anders aus. Was, wenn ihr nicht gefiel, was sie zu sehen bekam? Das würde meine Chancen bei ihr unendlich schmälern. Und ausfahren konnte ich mein Ding nicht auf Kommando, damit sie ihn in seiner vollen Schönheit erblickte.
Seufzend erhob ich mich und schaute auf meine schwarze Boxershorts, auf der sich Weihnachtsmänner mit Rentieren tummelten.
„Na komm schon, Louis", hörte ich Liam sagen. „Du hast doch nichts zu verbergen."
Hart schluckte ich und dann spürte ich plötzlich einen Windhauch.
Die Tür öffneten sich und ich zuckte erschrocken zusammen, als ich Pater Bonane erblickte.
„Hallo alle miteinander", begrüßte er uns, als sei es das Normalste auf der Welt, uns alle nur leicht bekleidet zu sehen. „Ich sah Licht in den Toilettenräumen brennen und dachte, jemand hat es vergessen auszumachen."
Ich würde Harry umbringen! Er war der Letzte, der aufs Klo gegangen war und hatte wohl vergessen, das Licht auszumachen. Obwohl das bei unserer Pokerrunde oberstes Gebot war.
Leicht blinzelte der Pater drein und meinte dann: „So warm ist es doch gar nicht, dass ihr euch ausziehen müsst. Naja, die Jungend von heute hat eben die Hitze gepachtet."
Ich spürte wie die Röte meinen Nacken hochkroch und auch alle anderen sahen plötzlich aus wie reife Tomaten. Langsam suchten wir unsere Klamotten auf dem Tisch, während Pater Bonane zu den Toilettenräumen ging, um das Licht auszuschalten.
„Du Idiot", zischte ich in Harrys Richtung und prompt zog er den Kopf ein.
„Ja wirklich", stimmte Eleanor mir zu. „Jetzt ist mir einiges entgangen."
Hastig schlüpfte ich in meine Jeans, zog den Pullover über den Kopf und angelte nach meinen Socken. Den Schmuck raffte ich so zusammen und ließ diesen in den Taschen meines Parkas verschwinden.
Als der Pater wieder zurückkam, waren wir alle angezogen und abmarschbereit. Glücklicherweise hatten die Mädels die Gläser mit dem Mix aus Whiskey und Cola bereits in der Küche verschwinden lassen, sodass niemand daran Anstoß nehmen konnte.
Pater Bonane verabschiedete sich und ich wartete, bis alle draußen waren, bevor ich die Tür abschloss.
Lediglich Eleanor stand neben mir und die Frage, ob ich sie nach Hause bringen sollte, stellte sich erst gar nicht.
Gut gelaunt hakte sie sich bei mir ein und begann sofort zu plaudern: „So ein Pech, dass Pater Bonane reinkam. Du schuldest mir jetzt etwas."
„Eine neue Pokerrunde?", erwiderte ich mit klopfendem Herzen.
„Nicht ganz, ein Table Dance würde es auch tun."
Mir blieb der Mund offenstehen und ich keuchte: „Ist das nicht Frauensache, so ein Table Dance?"
„Nun ja, wir leben in einer Gesellschaft der Gleichberechtigung."
Da hatte sie auch wieder recht.
Kurz bevor wir an ihrem Elternhaus ankamen, drehte Eleanor sich zu mir und ehe ich mich versah, drückte sie mir einen Kuss auf den Mund. Es blieb nicht dabei, denn wir begannen sofort zu knutschen.
So lange, bis wir beide kaum noch Luft bekamen.
„Louis", flüsterte sie mir ins Ohr, „nächste Woche ist Weihnachten und du spielst die Orgel in der Kirche. Danach kriegst du eine Überraschung."
Bevor ich etwas erwidern konnte, drückte sie mir noch einen Kuss auf den Mund und verschwand im Haus.
Auf diese Überraschung war ich gespannt.
______
Hallo meine Lieben, das war also das Weihnachtspokerspiel der Ministranten. Erfinderisch sind sie ja schon, was die Kleidung und das Zubehör angeht, oder?
Seid ihr genauso erschrocken wie Louis, als Pater Bonane im unpassendsten Augenblick auftauchte?
Eleanor hatte ja ganz schön Glück mit den Karten, aber vielleicht spielt sie auch nur sehr gut.
Ich hoffe, ihr seid gespannt auf den Heiligen Abend, wenn Louis die Orgel spielen darf. Das wird dann auch das letzte Kapitel dieser Kurzgeschichte sein. Wann möchtet ihr das Kapitel gerne lesen? Am 24.12. oder 25.12. oder 26.12. ?
Für alle, die es nicht gesehen haben, es gab am Freitag ein Update bei PORT ROYAL.
LG, Ambi xxx
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro