03. Glühwein
L O U I S
Der dritte Advent rückte näher und somit unser traditioneller Glühwein Ausschank im Jugendhaus, der stets am Samstagabend stattfand.
Bereits am Mittag setzten wir das Getränk an, wobei es zwei Versionen gab. Eine offiziell antialkoholische für die Minderjährigen und eine alkoholische für alle ab achtzehn.
Letztere Version zuzubereiten oblag mir, weshalb ich mit einer Nikolausschürze bekleidet in der Küche des Gemeindehauses stand und auf einige Zutaten wartete, die Niall, Liam und Harry besorgen wollten.
Während die rote Flüssigkeit langsam erhitzte, huschte ich schnell nach draußen und zündete mir eine Kippe an. Bereits aus der Ferne erkannte ich drei Gestalten, die sich rasch dem Haus näherten.
Harrys Nase konnte der von Rudolf, dem Rentier, mühelos Konkurrenz machen, was die Farbe anging und während ich Liams Zähneklappern hörte, überreichte Niall mir die Einkaufstasche: „Da ist alles drin, was du brauchst. Gut, dass du den Wein schon besorgt hattest, sonst hätten wir noch mehr schleppen müssen."
„Den alkoholfreien Wein hat Pater Bonane besorgt", stellte ich klar. „Um den anderen habe ich mich gekümmert."
Grinsend nahm ich die Tüte in Empfang, steckte kurz meine Nase hinein und inhalierte den Duft von Zimtstangen, Sternanis und Orangen.
Zu Viert kehrten wir in die Küche zurück und ich machte mich sogleich daran, den alkoholfreien Wein mit den Zutaten zu verfeinern, damit ein echter Glühwein daraus wurde.
„Okay, wie viel kriegen wir?", meinte Liam und schaute über meine Schulter.
„Genug, würde ich sagen", kam es von Harry, dessen Nase langsam wieder eine normale Farbe angenommen hatte. „Präzise Angabe", rügte Niall den Lockenkopf. „Wie viel Liter sind in dem Topf, Louis?"
„Fünfzehn und es sollte reichen, wenn wir fünf Liter für uns in einem der kleineren Töpfe zubereiten", erwiderte ich und fügte noch eine der Zimtstangen in das Gebräu.
„Denkst du nicht, dass fünf Liter ein bisschen wenig sind?", maulte Harry. „Das sind ja nur sechshundertfünfundzwanzig Milliliter für jeden."
Im Rechnen war er schon immer ein Ass. Ich hatte dazu den Taschenrechner zu Hilfe nehmen müssen, aber Harry konnte das im Kopf. Allerdings vergaß er bei seinen Berechnungen, dass wir Glühwein mit Schuss trinken würden. Für den Schuss nahmen wir den Schnaps von Taylors Oma, der allerdings erst später in den Glühwein gekippt wurde. Der Alkohol sollte schließlich nicht vollkommen verkochen.
Eifrig holte Niall einen Topf aus dem Schrank und ich griff nach einer der Weinflaschen, die Alkohol enthielten. Auch hier fügte ich Zimtstangen, Sternanis sowie Orangenscheiben hinzu und erwärmte die rote Brühe.
„Oh das riecht toll!" Eine weibliche Stimme ertönte hinter mir und als ich mich umdrehte, standen die Mädels im Raum. Eleanor saß mal wieder zum Anbeißen aus. Sie trug einen kurzen schwarzen Rock, schwarze Overknee Stiefel und ein rotes Shirt mit winzigen glitzernden Pailletten. Auch die drei anderen hatten sich hübsch gemacht und Taylor überreichte mir nach der Begrüßung eine Schnapsflasche: „Hier, Omas selbstgebrannter."
Großzügig kippte ich das Zeug in einen Messbecher, roch kurz daran und dann landete die klare Flüssigkeit im Topf. Langsam erwärmte ich das Gebräu und als es fertig war, stellte ich es im Nebenraum auf einer separaten Warmhalteplatte ab.
Gleich würde es losgehen und die Jugendlichen warteten sicher schon auf den Glühwein.
Punkt sechs Uhr war Einlass und jeder Penny, den wir einnahmen, wurde einem wohltätigen Zweck gespendet. Auch Pater Bonane schaute kurz vorbei und freute sich über den großen Andrang.
„Ihr macht das toll", sprach er begeistert und ich grinste zufrieden.
Auch der Pater ließ sich nicht lumpen und trank zwei Becher Glühwein, wobei er noch ein großzügiges Trinkgeld drauflegte.
„Wollen Sie nicht von der alkoholischen Variante kosten?", erkundigte sich Sophia höflich, doch Pater Bonane wehrte ab: „Ich muss noch Autofahren, da wäre nicht sinnvoll."
Anschließend leerte er seinen Becher, übergab diesen an Niall und meinte: „Hoffentlich ist euer alkoholischer Glühwein nicht zu stark."
„Ach, nein, das ist doch nur Wein mit einigen Gewürzen", meinte Estella und Harry setzte hinzu: „Der wird uns schon nicht umhauen."
Nachdem der Jugendclub sich geleert hatte und auch Pater Bonane verschwunden war, machten wir uns über den Topf im Nebenraum her. Der Glühwein hatte genau die richtige Temperatur und Eleanor verteilte die erste Runde in die acht Becher, die schon bereitstanden.
Niall drehte die Musik lauter und aus den Boxen ertönte der Song 'Smoke on the water' von Deep Purple. Wir tanzten alle und ließen den Glühwein auf diese Art und Weise mundgerecht abkühlen. Das Zeug war zwar noch immer warm genug, als das Lied zu Ende war und ich hob meinen Becher, um mit den anderen anzustoßen. Passend dazu grölten wir den Refrain des nächsten Songs von Alice Cooper mit:
„I wanna love you but I better not touch (don't touch)
I wanna hold you, but my senses tell me to stop
I wanna kiss you but I want it too much (too much)
I wanna taste you but your lips are venomous poison
You're poison, running through my veins
You're poison
I don't want to break these chains"
„Dann wollen wir mal hoffen, dass da kein Gift drin ist", stichelte Liam und hob seinen Becher in die Höhe. „Wohl bekomm's."
Bereits nach dem ersten Schluck merkte ich, dass der Glühwein stark, aber perfekt schmeckte. Aus den Augenwinkeln beobachtete ich Eleanor, die sich genießerisch mit ihrer Zunge über die Lippen leckte. Himmel, da kamen nicht ganz jugendfreie Gedanken bei mir auf. In der nächsten Sekunde legte sich meine Aufmerksamkeit jedoch auf die Frage, die sie an mich richtete.
„Der Glühwein schmeckt super. Welcher Wein ist da drin?"
„Das ist der Messwein aus der Sakristei."
Alle starrten mich an, als sei ich verrückt geworden und Niall meinte: „Das hast du nicht wirklich getan? Den Messwein aus der Sakristei geklaut?"
„Denkst du, ich gebe mein Geld für fünf Liter Wein im Supermarkt aus?", erwiderte ich trocken und war insgeheim stolz auf meinen Einfall, den Messwein zu nehmen. Pater Bonane würde es schon nicht merken, wenn ich alle zwei Wochen eine neue Flasche Wein dazustellte.
Mit einem lauten Lachen platzte Eleanor heraus: „Du bist echt genial, Louis! Darauf trinken wir noch einen."
Es blieb nicht bei zwei Bechern Glühwein für jeden, denn wir tranken, bis der Topf vor Leere gähnte. Mit jedem Schluck wurde Eleanor lockerer, griff schließlich nach meiner Hand und rief: „Komm, lass uns tanzen."
Mir war das nur recht, denn um mich herum begannen die anderen zu knutschen. Stella saß rittlings auf Nialls Schoß und seine Hände wanderten unter ihr Shirt. Sophia steckte Liam die Zunge in den Hals und Taylor saß auf der Küchenarbeitsplatte, wobei sie ihre langen Beine zwischen Harrys Schritt quetschte, der vor ihr stand.
Da kam mir die Abwechslung gerade richtig.
Doch Eleanor schien an diesem Abend nicht gewillt, auf Abstand zu gehen. Sie drehte sich in meine Richtung und schmiegte ihren Hintern gegen meinen Unterleib, in dem gerade die Hölle abging.
Meine Jeans fühlte sich um mehrere Nummern zu klein an und ich musste an mich halten, um nicht über sie herzufallen. Eleanor war einfach nur heiß. Und vermutlich auch feucht.
Was bitte hatte ich da für Gedanken? Wir hatten uns noch nicht einmal richtig geküsst. Schuld an meinem wirren Kopf war bestimmt der Alkohol und ich nahm mir vor, im nächsten Jahr nicht so viel Schnaps in den Glühwein zu kippen.
„Wir gehen dann", hörte ich Niall sagen. Er hatte Stella an seiner Hand und ich wusste, dass bei den beiden heute noch die Post abging. Ihr verschmierter Lippenstift und Nialls erhitztes Gesicht deuteten daraufhin.
Das Gleiche traf auf Liam und Sophia zu, die sich kurz darauf ebenfalls verabschiedeten. Als Sophia ihren Mantel überzog, fiel mir auf, dass ihr halber Busen aus der Bluse hin und Liams Blick unsagbar geil wirkte.
Auch Taylor und Harry schienen sich ein gemütlicheres Plätzchen als die Küchenarbeitsplatte suchen zu wollen, denn die Blondine sprach: „Komm, Harry, lass uns zu meiner Oma gehen."
Wenn sie es trieben, musste immer Omas Gästezimmer herhalten und da die gute Frau mit Schwerhörigkeit gesegnet war, bekam sie weder Harrys Brunftschreie, noch Taylors Stöhnen mit.
Nur ich zog mal wieder den Kürzeren.
Dass ich damit ein wenig falsch lag, zeigte sich, als ich Eleanor nach Hause brachte. Vor einer Straßenlaterne, die fast vor dem Haus ihrer Eltern stand, verharrten ihre Schritte. Der Schein des Lichts fiel auf ihre wundervollen Augen und sie zog mich zu sich.
„Willst du mich nicht küssen, Louis?"
Ihr Blick wirkte seltsam verklärt und unschuldig, sodass ich erstmal schluckte.
„Jetzt?"
„Natürlich jetzt!" Fast schon empört erklang ihre Stimme in meinen Ohren.
Augenblicklich begann mein Herz zu rasen und ich legte ganz vorsichtig meine Lippen auf ihre. Doch der Alkohol hatte Eleanor im Griff und aus dem zurückhaltenden Mädchen wurde plötzlich ein kleiner Vamp.
Völlig ungeniert stupste ihre Zunge gegen meine Lippen, die ich prompt öffnete. Unsere Zungen spielten miteinander und meine Hose wurde erneut zu eng.
Oh Gott, das war nicht die Realität, das musste ich träumen.
Aber es war kein Traum, denn plötzlich ging das Außenlicht am Haus an.
„Eleanor, bist du da draußen?"
Eine raue männliche Stimme bewirkte, dass wir beide zusammenzuckten und uns erschrocken voneinander lösten.
„Bis morgen, Louis", murmelte sie und ich wisperte: „Bis morgen, Eleanor."
Der nächste Tag begann für meine Verhältnisse früh, denn ich durfte die Orgel während der Sonntagsmesse spielen. Bevor ich mich auf den Weg zur Empore machte, wo die prächtige Orgel stand, schaute ich in der Sakristei vorbei, um die Notenblätter in Empfang zu nehmen.
Pater Bonane überreichte sie mir mit folgenden Worten: „Du weißt nicht zufällig, wohin unser Messwein gekommen ist? Es ist nur noch eine angebrochene Flasche von sechs da. Das sollte für heute zwar reichen, aber nächste Woche wird es dann eng."
Scheiße! Der Alte war echt nicht auf den Kopf gefallen. Lügen kam nicht infrage und so sagte ich mit einem Lächeln: „Ich habe mir fünf Flaschen ausgeliehen und bringe sie wieder zurück."
„Lass mich raten, sie sind in den Glühweintopf gefallen", merkte der Pater schmunzelnd an und ich zog sicherheitshalber den Kopf ein.
In diesem Moment kam Eleanor durch die Tür gelaufen. Wir schauten uns kurz in die Augen und nachdem sie ihr Gewand übergezogen hatte, meinte sie: „Ich kann das Kartenspielen nächstes Wochenende kaum erwarten. Ich hoffe, du hast genügend Klamotten dabei."
Dafür würde ich schon sorgen, denn ich hatte noch nie beim Weihnachtspokern verloren.
____
Da hat Louis nochmal Glück gehabt, dass der Pater das so locker nimmt :)
Was sagt man dazu, Elenaor wollte geküsst werden.
Geht da noch mehr?
Eventuell nächstes Wochenende?
Was denkt ihr?
Freut ihr euch schon auf das Pokerspiel?
Danke für all die lieben Kommentare.
Ich wünsche euch noch einen schönen dritten Advent und wir lesen uns hier nächstes Wochenende.
LG, Ambi xxx
P.S.: Bei PORT ROYAL gab es am Freitag ein Update.
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