22| Lilly
Shawn Mendes - Treat You Better
Beim Mittagessen konnten wir unsere Wraps selbst zusammenstellen. Die Bierzeltgarnituren wurden heute anders hingestellt, damit alle Beläge in Schüsseln auf dem Tisch stehen konnten, wir aber noch Platz hatten zu sitzen.
,,Den Rest des Tages ist es euch überlassen was ihr tut, aber seid bitte um 19:00 Uhr hier, damit alles für morgen besprochen werden kann", sagte Tina, eine Betreuerin, nach dem Essen. Alle standen auf und gingen irgendwo hin.
Unter den ganzen Leuten suchte ich Liv, weil wir vorhin nicht nebeneinander gesessen hatten. Als ich sie fand, deutete sie auf das dreckige Geschirr in ihrer Hand. Das hieß, sie hatte Spüldienst und ich wusste wieder nicht, was ich tun konnte.
Als ich mich umsah, konnte ich einen der Jungs auch nicht finden, bis auf Chuck, der aber mit Liv mitging. Ich stöhnte genervt auf, aber dann kam mir die Idee, dass ich einfach mein Schreibzeug holen könnte.
***
Mit einem Kopfhörer im Ohr stapfte ich den Waldweg entlang. Auf dem Weg zum Felsen war mir Aron schon wieder begegnet und wir hatten kurz Smalltalk geführt, bis ich dann weiterlief. Ich hoffte, dass ich gleich meine Ruhe hatte, um mal wieder schreiben zu können und dass nicht irgendwelche Shawns oder Chucks vorbeikamen.
Am Felsen angekommen setzte ich mich dorthin, wo ich auch sonst immer saß und steckte mir den zweiten Kopfhörer ins Ohr. Gerade lief Castle On The Hill von Ed Sheeran.
Ich klappte meinen Block auf und warf einen Blick auf das letzte, was ich geschrieben hatte. Es klang gar nicht so übel, dass es direkt wieder im See gelandet wäre, weshalb ich weiter daran arbeitete.
***
Nach einer guten halben Stunde wurde ich von einem Schatten unterbrochen. Ich erschreckte mich und der nächste Punkt kam auf meine Lebensliste : Niemals alleine im Wald mit beiden Kopfhörern Musik hören.
Ich erkannte Shawn und er setzte sich neben mich.
,,Hier versteckst du dich also", sagte er lächelnd.
Ich zog eine Augenbraue hoch und fragte : ,,Hat mich jemand gesucht?"
Er verdrehte die Augen.
,,Wir sind vorhin nicht fertig geworden", wechselte er das Thema.
,,Mit dem Spiel?", fragte ich, woraufhin er nickte.
,,Und dieses Mal spielen wir beide mit fairen Mitteln", bestimmte er trotzig.
Ich grinste und lachte leise. ,,Mal schauen."
,,Du fängst dieses Mal an", sagte er.
,,Ähm. Ich liebe es im Auto zu sitzen und könnte stundenlang fahren. Und ich habe Angst davor Motorrad zu fahren."
Er schien zu überlegen und antwortete schließlich : ,,Das erste Stimmt und das zweite nicht."
Ich schüttelte den Kopf. Denn tatsächlich hatte ich Angst Motorrad zu fahren, zumindest ein wenig.
,,Ich kann zwar länger im Auto sitzen, aber ich würde nicht unbedingt sagen, dass ich es liebe. Mir wird manchmal nach einer zu langen Zeit nämlich schlecht", korrigierte ich ihn und er fluchte leise.
,,Fangen wir noch einmal neu an oder machen wir bei dem Stand von vorhin weiter?", fragte er und blickte mich an.
,,Wir fangen nochmal neu an."
Er verdrehte gespielt die Augen und murmelte : ,,Also steht es 1:0 für dich."
,,Jep", klatschte ich begeistert in die Hände.
***
Es verging wieder eine halbe Stunde und schlussendlich stand es 5:5.
Über Shawn erfuhr ich, dass er später einmal Sänger werden möchte und falls dies nicht klappen würde, wollte er irgendwas studieren. Außerdem hatte er eine kleine Schwester und einen großen Bruder. In seiner Freizeit tat er nichts anderes außer zu singen, sich mit Freunden zu treffen oder Sport zu machen.
Ich warf einen Blick auf meinen Handy Bildschirm und sah, dass es gerade mal kurz nach Vier war. Etwas genervt stöhnte ich auf, denn es waren immerhin noch drei Stunden, die ich hinter mich bringen musste.
,,Stört es dich, wenn ich Gitarre spiele und singe? Wenn es so schlimm ist, kannst du ja wieder deine Kopfhörer aufsetzen", sagte er und grinste.
,,Nein, alles gut", erwiderte ich und zuckte mit den Schultern. Shawn sang wirklich nicht schlecht - im Gegenteil. Da hörte ich ihm gerne zu.
I won't lie to you
I know he's just not right for you
And you can tell me if I'm off
But I see it on your face
When you say that he's the one that you want
And you're spending all your time
In this wrong situation
And anytime you want it to stop
Er summte diese Melodie leise vor sich hin und kritzelte immer wieder etwas in seinem Notizbuch herum.
Mit seiner Gitarre stimmte er nun auch ein und sang diese Melodie erneut, nun ging es jetzt noch weiter :
I know I can treat you better
Than he can
And any girl like you deserves a gentleman
Tell me why are we wasting time
On all on your wasted crime
When you should be with me instead
I know I can treat you better
Better than he can
Während er sang war in seiner Stimme etwas, das so klang, als würde ihm dieser Text nahe gehen.
Er hörte wieder auf und vorsichtig fragte ich : ,,Hat der Text eine besondere Bedeutung für dich? Es klingt sehr danach."
Schwach lächelnd nickte er.
,,Ja. Ja, das hat er."
,,Darf ich fragen welche?", entgegnete ich.
,,Vor ungefähr einem Jahr lernte ich ein Mädchen auf einer Stufenparty kennen. Sie war unglaublich schön, hatte einen tollen Charakter. Zwar war ich nicht unsterblich in sie verliebt, aber ich hatte sie etwas zu gerne. Lilly, so hieß sie, hatte einen Freund. Es hielt sie aber nicht davon ab, sich mit mir zu treffen, zu reden oder mit mir zu telefonieren, was ganz gut war. Aber dieses Arschloch, behandelte sie mit der Zeit immer schlechter. Natürlich bemerkte sie das irgendwo in ihrem Kopf, aber wirklich einsehen wollte sie das nicht. Anfangs hielt ich mich raus, weil ich nicht noch mehr Stress verursachen wollte bei den beiden. Aber mit der Zeit wurde es immer schlimmer, Lilly rief weinend bei mir an, nachdem ihr Freund sie angeschrien und beinahe geschlagen hätte. Und als er es dann tatsächlich getan hatte, rastete ich komplett aus. Ich prügelte mich mit ihm, aber sie stand daneben und verteidigte ihn. Sie sah immer noch das gute in ihm, nach all diesen Sachen. Und ich musst das akzeptieren, was mehr oder weniger okay für mich war. Viel auf Lilly einreden konnte man nicht. Aber mit der Zeit wurde auch sie schlimmer. Sie interessierte sich nicht mehr für mich, rief nicht mehr an oder ging an meine Anrufe dran, wurde kalt zu mir und schrie mich schlussendlich an mit den Worten : "Ich hasse dich und halt dich gottverdammt nochmal aus meinem Leben raus." Ich wusste immer, dass ich sie besser behandeln konnte. Und ich glaube, dass auch sie irgendwo davon wusste, aber sich nicht traute Schluss zu machen oder einfach viel zu sehr geblendet war von seiner angeblichen perfekten Seite, so dass die negative und deutlich größere Seite für sie in den Hintergrund rutschte. Die Zeit war nicht toll für mich. Anfangs sah ich sie unglaublich leiden und am Ende war ich ihr egal, obwohl wir beide wussten, dass ich es besser machen würde. Mit diesem Song versuche ich das ganze ein wenig besser zu verarbeiten, denn es beschäftigt mich immer noch."
***
Ich wollte hier nochmal anmerken, dass Shawns Leben in diesem Buch nicht unbedingt dem entspricht, das er wirklich führt. Das ist vermutlich klar, aber trotzdem.
pizzatogo
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