Sechs
Natürlich sollte Niall recht behalten. Für ihn schien es kein Problem zu sein meine Eltern zu überzeugen. Das Gespräch dauerte nicht einmal zehn Minuten, da kam mein Freund auch schon mit einem breiten Grinsen zurück in die Küche.
Während ich unser benutztes Geschirr in den Spüler räume, schließt er mit einem wohligen Seufzen seine starken Arme um meine Taille und teilt mir mit, dass wir am Montag in den Urlaub fliegen können.
„Haben sie sich beschwert, weil ich so spontan verschwinden möchte?", erkundige ich mich, derweil ich mich – ohne die Umarmung zu lösen – in Nialls Richtung drehe.
Die vorgetäuschte, nachdenkliche Miene meines Freundes lässt mich lächeln. Er weiß ganz genau, dass er mich mit seinen Grimassen zum Lachen bringen kann.
„Ach Vicky, du weißt doch, dass sie mir nichts abschlagen können", erklärt er leichthin und ich nicke nur bestätigend.
Ein Kuss landet auf meiner Nasenspitze und seine Finger tanzen von meiner Taille Richtung Hüfte. Nachdenklich ziehen sich die dunklen Augenbrauen meines Gegenübers zusammen.
„Was ist los?", frage ich ihn verunsichert und sehe an mir hinunter.
„Hast du abgenommen?"
„Nein", gebe ich lediglich als Antwort und winde mich nun doch aus seiner Umarmung, da mir diese augenblicklich zu eng erscheint.
Niall lässt betrübt die Arme sinken und in seinen Augen blitzt Bedauern auf.
„Ich wollte dich nicht ... ", beginnt er, aber ich unterbreche ihn, bevor er zu Ende sprechen kann.
„Haben meine Eltern noch etwas anderes gesagt?", wechsle ich stattdessen das Thema.
Ich hasse es über meine Figur, über mein Gewicht, oder überhaupt über mein Äußeres zu reden. Seit meiner Jugend ist das schon das Lieblingsthema meiner Mutter, wenn ich mit ihr alleine bin. Besonders, da ich als Teenager ein paar Kilo zu viel hatte, glich jede Mahlzeit, sowie jede Shoppingtour einem Spießrutenlauf. Erst als ich abgenommen hatte, wurde es etwas besser, auch wenn sie mich noch heute mit Argusaugen beobachtete und mit ihrer Meinung nicht hinter dem Berg hält, wenn sie glaubt, dass ich mich wieder einmal habe gehen lassen.
Aus diesem Grund kann ich es nicht gebrauchen, dass auch Niall mich dahingehend beobachtet und womöglich belehrt. Ich brauche nicht noch mehr Kontrolle durch andere Personen in meinem Leben.
Niall scheint zu akzeptieren, dass dieses Thema für mich beendet ist und informiert mich stattdessen, dass mein Vater sich mit meiner Sekretärin Melanie auseinander setzten will, um die Termine für die kommenden zwei Wochen zu koordinieren und wenn es nötig ist selbst zu übernehmen.
„Dann muss ich Mel unbedingt anrufen", überlege ich laut und bin schon auf halben Weg Richtung Schlafzimmer, um mein Handy zu suchen.
Bevor ich die Nummer meiner Assistentin wählen kann, entdecke ich eine Nachricht meiner Mutter auf dem Display. Froh darüber, dass es nur eine Nachricht und kein Anruf ist, rufe ich die vollständige Mitteilung auf.
Ich wünsche dir und Niall einen erholsamen Urlaub. Vielleicht hilft er dir etwas abzuschalten und die Dinge klarer zu sehen.
Innerhalb von Sekunden steigt mein Puls. Was will sie mir damit sagen, vielleicht siehst du die Dinge dann klarer.
Ich möchte in diesem Moment am liebsten laut schreien. Den ganzen Frust über die ständige Kontrolle und Bevormundung ihrerseits irgendwie loswerden.
Warum muss es so schwer sein Ich zu sein? Warum kann ich nicht einfach sein, wie ich will? Warum meinen alle Menschen in meinem Umfeld besser zu wissen, was für mich gut ist, als ich?
Immer wieder die gleichen Fragen, die ich mir unweigerlich fast täglich stelle und trotzdem keine Antworten finde.
Immer noch wütend, schicke ich meiner Mutter lediglich ein "Danke" als Antwort. Es wird sie nicht einmal verwundern, dass meine Antwort so knapp ist, da unsere Unterhaltungen per Nachricht nie sonderlich lang ausfallen. Eigentlich trifft das auf alle unsere Gespräche zu.
Ich versuche mich selbst mit dem Gedanken zu beruhigen, dass ich sie und auch meinen Vater die nächsten zwei Wochen nicht sehen muss und wohl auch kaum von ihnen hören werde. Melden tun sich die beiden eigentlich nur, wenn es um die Arbeit geht.
Und um auch diesen Umstand möglichst aus dem Weg zu gehen, wähle ich schließlich die Nummer meiner Assistentin. Nach kurzem Klingeln geht diese bereits ran.
„Hey Vicky", trällert sie munter in den Hörer und in diesem Augenblick rückt mein Ärger über die Nachricht meiner Mutter in den Hintergrund.
Mel ist eigentlich nicht nur meine Assistentin, sondern auch das, was einer besten Freundin am nächsten kommt. Durch die Arbeit, welche die meiste Zeit meines Lebens in Anspruch nimmt, habe ich wenig Zeit außerhalb dieser, neue Leute kennenzulernen. Und in den Kreisen, in welchen ich mich durch meine Eltern sowie Niall bewege, bin ich mir nie sicher, ob man dort entstandene Bindungen wirkliche als Freundschaft betiteln darf.
Eigentlich hege ich daran ernsthafte Zweifel, denn ab und an kam es schon mal vor, dass jemand sein Vermögen aufgrund falscher Anlagen oder Investitionen verloren hat. Diese Personen werden dann nur allzu schnell von ihren angeblichen Freunden fallen gelassen und sind anschließend Thema Nummer eins, über welches auf jedem Treffen gelästert wird.
In diesen Kreisen, in welchen ich mich gezwungenermaßen bewege, lebt man meist nach dem Motto: "Hast du nichts, bist du nichts". Das lernt man schnell.
Einen ganz anderen Eindruck habe ich von Melanie. Anders als ich, kommt sie aus einem mittelständigen Elternhaus, hat ihren Schulabschluss gemacht und sich im Anschluss für eine Ausbildung als Bürokauffrau entschieden. Ganz ohne Druck und mit der fortwährenden Unterstützung ihrer Eltern, wie ich aus einigen Unterhaltungen in unzählig miteinander verbrachten Mittagspausen raushören konnte.
„Warum rufst du schon so früh an?", fragt meine Sekretärin direkt nach.
„Niall hat mich auf einen Urlaub eingeladen", beginne ich, werde aber sofort mit einem wissenden Lachen durch meine Gesprächspartnerin unterbrochen.
„Und jetzt willst du mit mir alles durchsprechen, da sicherlich dein Dad bald bei mir anrufen wird?"
„Ja", gebe ich etwas verlegen zurück und entschuldige mich, dass ich sie dafür am Samstagmorgen anrufen muss.
„Ach Vicky", wiegelt Melanie nur ab, „das ist doch kein Problem. Du hast diesen Urlaub verdient. Wo geht es denn hin?"
Ich erzähle ihr von Teneriffa und dem neuen Hotel. Interessiert hört mir Mel zu, um mir anschließend zu erzählen, dass sie selbst schon einmal mit ihrem Mann dort war. Begeistert erzählt sie mir von der Insel mit ihrer vielfältigen Flora und Fauna. Berichtet von einem Strand, welcher ausserhalb der Touristengebiete zu finden ist, den ich unbedingt mit Niall besuchen soll, wenn ich etwas ungestört sein möchte. Dabei kichert sie mädchenhaft und ich weiß, dass sie mir unmissverständlich zuzwinkern würde, wenn wir uns gegenüber stünden.
Am Ende des Gespräches finden wir auch noch Zeit über die Arbeit zu sprechen. Ich weiß, dass Melanie keine Probleme hat, sich vor meinen Dad zu behaupten, trotzdem sage ich ihr, dass sie mich jederzeit erreichen kann, wenn irgendetwas sein sollte. Bevor wir auflegen, lacht sie nur, wünscht mir eine schöne Zeit und bittet mich ihr Bilder zu schicken.
Den restlichen Sonntag verbringe ich mit Packen. Ich beschränke mich, anders als es in meinem Alltag üblich ist, auf lässige Kleidungsstücke. Bestehend aus weiten, luftigen Kleider, bunte Tops und Röcken. Alles für ein hoffentlich warmes Klima.
Als ich mich mitten in einem scheinbar aussichtslosen Kampf mit meinem Koffer befinde, weil sich der Reißverschluss nicht schließen lässt, steht Niall lachend an den Türrahmen gelehnt und beobachtet mich.
„Haha", gebe ich völlig ausser Atmen von mir und lasse mich gefrustete neben dem Koffer auf das Bett fallen.
Mein Brustkorb hebt sich dank der Anstrengung des verlorenen Kampfes schnell.
„Gibst du schon auf?", erkundigt sich Niall noch immer mit einem breiten Grinsen im Gesicht und tippt provokant mit dem Finger auf den Koffer.
Mit den Augen folge ich seiner Geste und stöhne: „Ja, man muss eben wissen wann man verloren hat."
Nun lässt sich auch mein Freund zu mir aufs Bett fallen. Unter seinem Gewicht sinkt die Matratze etwas ein. Auf den Armen gestützt liegt er neben mir und mustert mein Gesicht. Spielt mit einer verirrten Haarsträhne.
„Und nun muss ich alleine ohne meine bezaubernde Freundin in die Sonne fliegen?"
„Was soll ich machen, mein Koffer lässt mich nicht", antworte ich schmollend aber mit einem Lächeln, dass sich auf mein Gesicht stiehlt.
Ohne ein weiteres Wort erhebt sich Niall vom Bett packt mich an den Hüften, um mich auf den Koffer zu setzten. Dabei kitzeln seine Fingerspitzen mich und ich muss kichern, da ich ausgesprochen empfindlich bin.
„Wenn ich den Koffer zubekommen, dann habe ich etwas gut bei dir", fordert Niall und ich nicke lediglich.
Ich glaube kaum, dass er eine Chance hat den Reißverschluss zu schließen. Es wird wohl darauf hinauslaufen, dass ich wieder etwas auspacken muss.
„Alles was ich will", präzisiert er seine Forderung und wieder stimme ich schweigend zu.
„Du bist ohnehin chancenlos", äußere ich meine Bedenken.
„Wir werden sehen."
Gerade als ich von dem Koffer steigen möchte, damit Niall seinen Versuch starten kann, hält er mich zurück. Seine Hände ruhen auf meinen Schultern.
„Du bleibst sitzen", befiehlt er und macht sich bereits daran, an dem kleinen Metallverschluss zu ziehen.
„Aber ...", will ich einen Einwand erheben, doch da ist der Koffer bereits geschlossen und Niall schlägt triumphierend in die Hände.
Während mein Freund noch immer seinen Siegestanz aufführt, welcher einem Indianertanz ums Feuer gleicht, steige ich endlich vom Koffer. Mit gespielter Entrüstung gebe ich zu bedenken, dass er es ohne meine Hilfe nicht geschafft hätte.
„Du hast keine Bedienungen gestellt. Selbst Schuld", erinnert er mich und steckt mir provokant die Zunge raus.
Beleidigt verschränke ich die Arme vor der Brust. Niall bemerkt diese nicht ganz ernst gemeinte Geste und beendet sein Gezappel.
„Das zeigt doch nur einmal mehr, was für ein tolles Team wir sind."
Einen kurzen Moment aale ich mich noch in meiner Niederlage, doch dann nicke ich und stimme seiner Aussage zu.
„Und jetzt löse ich meinen Gewinn ein", flüstert mein Freund mit verführerischer Stimme und steht plötzlich ganz dicht vor mir.
Bevor ich fragen kann, was er denn meinen würde, obwohl ich glaube, eine ziemlich genaue Vorstellung, von dem zu haben was er plant, liegen wir wieder auf dem Bett. Niall über mir.
Sanft drückt mich sein Gewicht in die Matratze. Schnell, werden unsere anfangs zärtlichen Berührungen wilder. Meine Hände, sowie die meines Partners gehen auf Wanderschaft. Meine Atmung wird hörbar lauter und die Hitze in tieferen Regionen zeigt mir, dass unser letztes Mal schon einige Zeit her ist.
Unter der Woche bin ich viel zu gestresst, als dass ich wirklich Lust auf Sex hätte. Oft bin ich erst spät zu Hause und falle dann nur völlig kaputt ins Bett. Doch jetzt, mit dem Wissen, dass ich mich ab morgen im Urlaub befinde, meldet sich meine Libido und das Verlangen nach körperlicher Nähe gewinnt die Oberhand.
Gerade als die großen Männerhände unter den dünnen Stoff meines Oberteils wandern und ich mich willig ihm entgegen beuge, klingelt Nialls Handy in seiner Hosentasche.
Genervt stöhnt er und angelt nach dem kleinen Gerät.
„Meine Mum", lässt er mich wissen und zeigt mir zum Beweis das blinkende Display.
„Perfektes Timing", gebe ich wenig begeistert von mir.
Niall möchte das Telefon zur Seite werfen, doch ich halte ihn ab und lasse ihn wissen, dass er rangehen soll. Meine Lust ist mit dem Gedanken, dass ausgerechnet Maura uns unterbrochen hat augenblicklich verflogen.
„Telefonier du schnell mit ihr und ich bestelle uns etwas beim Chinesen, okay?"
Niall nickt und drückt auf den Hörer, während ich das Schlafzimmer verlasse, um ihn ungestört telefonieren zu lassen.
Den restlichen Abend verbringen wir schlussendlich bei chinesischem Essen und einem Film auf der Couch. Keiner von uns hat einen neuen Versuch gestartet, Nialls Gewinn einzulösen. Im Gegenteil, wir gehen recht früh schlafen.
Der Flug am folgenden Tag, welchen Niall für uns gebucht hat, startet am Vormittag. Ohne Zeitverzögerung und stressfrei fliegen wir erst über das europäische Festland, bevor sich unter uns der Atlantik erstreckt und wir schließlich auf Teneriffa landen.
Dort wartet bereits am Flughafen ein persönlicher Chauffeur auf uns. Dieser begrüßt Niall mit einer Verbeugung, die meinem Freund mehr als unangenehm ist. Mit leicht roten Wangen klopft er seinem Angestellten auf die Schulter und lässt ihn wissen, dass so viel Respekt nicht nötig ist. Der ältere Mann lächelt verunsichert und entschuldigt sich mehr als einmal.
Dankbar flüchten Niall und ich vor der brütenden Nachmittagshitze in das klimatisierte Gefährt. Vorbei an typisch spanischen Bauten und immer am Meer entlang fahren wir circa eine Stunde Richtung Hotel.
„Wie gefällt es dir?", will mein Freund wissen als wir vor dem Haupteingang aus dem Auto steigen.
Dieser ist in sanften Orangetönen gehalten. Der Eingang ist opulent mit hohen Torbögen und viel frischem Grün dekoriert. Helle Leinentücher wehen zwischen den Bögen sanft im Wind und ein Mann in schwarzer Weste und gebügeltem Hemd kommt bereits die wenigen Stufen herunter, um uns die Koffer abzunehmen.
„Nobel, nobel", antworte ich und bemerke den skeptischen Blick meines Freundes.
„Aber sehr schick", vollende ich meinen ersten Eindruck und lächle ihn begeistert an.
„Ja wir haben einiges machen lassen", erklärt er vage und greift nach meiner Hand, um mich in die überraschen moderne Lobby zu führen.
„Ich kümmere mich schnell um unser Zimmer und du gönnst dir erstmal eine Erfrischung ja?"
Mit einer Handbewegung deutet mein Freund hinter mir. Als ich mich daraufhin umdrehe, stehe ich einem jungen Mann, welcher ebenfalls ein gebügeltes Hemd und einer schwarze Weste trägt, gegenüber. Auf seiner rechten Hand balanciert dieser ein Tablett, auf welchem zwei bunt dekorierte Drinks bereitstehen.
Ich danke ihm, wobei ich darauf achte Englisch zu sprechen und nehme ihm eines der Gläser ab. Die fruchtige Mischung ist eine Wohltat für meine trockene Kehle.
„Das schmeckt ausgezeichnet", grinse ich und probiere sogleich noch einen weiteren Schluck.
„Ist da Alkohol drin?", hake ich interessiert nach.
Sollte dies der Fall sein, muss ich bei der Hitze aufpassen, dass ich nicht augenblicklich betrunken bin.
„Nein, dieser Drink ist alkoholfrei", antwortet der Kellner prompt mit seiner tiefen, ruhigen Stimme. Ein britischer Akzent schwingt in den Worten mit, als er eine verneinende Geste mit der freien Hand, welche er bisher hinter dem Rücken verborgen hielt, vollführt.
Mein Blick bleibt an dem tätowierten Kreuz auf seinem Handrücken hängen.
Da ist er endlich – Harry!
Ich entschuldige mich für Fehler, aber meine liebe Betaleserin StephVi befindet sich zur Zeit im Urlaub. Und da ich ihr den gönne müsst ihr mit den Fehlern leben. ^^
Ich wünsche euch einen guten Start in die Woche.
Über Kommentare und Sternchen freue ich mich immer sehr. :)
Ach und eine Frage noch, wer geht eigentlich von euch zu einem Harrykonzert und wenn ja, wo?
Anni
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