
07. Auf gute Zusammenarbeit
- Harrys POV -
„Müssen wir uns nochmal vorstellen oder schlummert eh ein kleiner Fan in dir, Elena?", war Louis der Erste, der sie ansprach und versuchte sich an einem Lächeln.
Louis war derfinitiv derjenige, der am Wenigsten von meinem Vorhaben hielt und nichts als Mitleid für Elena empfand. Wäre es nach ihm gegangen, hätte ich mich am Besten bei Modests oberster Etage über sie beschweren und damit für ihre fristlose Kündigung sorgen sollen.
Vielleicht wäre das tatsächlich sogar der humanere Weg gewesen, doch ich wollte sie so unbedingt näher kennenlernen.
„Tut mir leid", schüttelte die Blondine zögerlich den Kopf und strich sich unsicher durch ihr langes, glattes Haar. „Aber ich mache grundsätzlich einen Bogen um alles, was alle anderen gut finden. Ich mag diese Hypes nicht", erklärte sie mit einem Lächeln, das mir direkt ins Herz ging.
„Und nachdem uns ja alles und jeder zu Füßen liegt, findest du uns wohl ganz besonders scheiße", hörte ich mich plötzlich trocken sagen und fing an zu lachen.
Erst als ich Elenas zweifelnden, unsicheren Blick einfing und bemerkte, wie ihr Lächeln plötzlich vollkommen gequält wirkte, hielt ich inne und verpasste mir innerlich direkt eine Ohrfeige.
Elena kam mir von Anfang an so vertraut vor, dass ich total vergessen hatte, wie wenig wir uns doch kannten. Sie kannte meinen Humor nicht, nicht die ständige Ironie und auch nicht mein nahezu zwanghaftes Verlangen danach, dass es jedem um mich herum gut gehen musste.
„Nimm den bloß nicht ernst", rettete mich Liam geistesgegenwärtig. „Und mach's hier wie wir - fühl dich ganz wie Zuhause", bot er ihr an und reichte ihr symbolisch eine der bereitstehenden Wasserflaschen.
Verdammt, diesen Einstieg hätte ich vielleicht auch lieber mal versuchen sollen.
„Danke", seufzte Elena schließlich erleichtert und nahm die Flasche lächelnd entgegen.
Sie war ganz offensichtlich wahnsinnig aufgeregt und unsicher in ihrer neuen Position.
Vermutlich war die Tasache, dass wir als Band zumindest einen freundlichen, offenen Eindruck machten, eine Hilfe für sie.
„Was hat euch denn überhaupt so lange aufgehalten?", wollte nun Niall neugierig wissen.
„Ach", seufzte Elena müde. „Es gab Probleme mit dem Hotel. Die dachten wohl, wir hätten schon gestern mit euch eingecheckt."
Harsch zogen Liam und Niall synchron die Luft ein.
„Ohje, da ist wohl jemand aus dem Hotel baldigst seinen Job los", sprach Liam das aus, was wir alle dachten.
Fragend richtete Elena ihren Blick auf ihn.
„Glaub mir, wenn ich dir sage, dass deine Kollegen und Vorgesetzten bei Modest nicht eher ruhen werden, bevor die Verantwortlichen des Hotels gefeuert wurden. So sind sie nun mal", erklärte er wie selbstverständlich und zuckte beiläufig mit den Schultern.
Am Liebsten hätte ich Liam auf der Stelle einen Tritt verpasst und ihn geknebelt in eine Ecke verfrachtet. Zwar tat er es, im Gegensatz zu Louis, sicherlich nicht mit Absicht, doch mit jedem seiner Worte wurden in Elenas Gesicht die Zweifel ersichtlicher.
Natürlich - ich wollte ja auch, dass sie an diesem Management und ihrer Arbeit zweifelte, doch im Moment wollte ich vor allem, dass sie sich wohl fühlte.
Zögerlich sah sie nun wieder mich an, während ihre Hände nervös und unkontrolliert am Etikett der Flasche herumpulten.
„Kann ich", erhob sie vorsichtig ihre Stimme, bevor sie sich noch einmal räusperte. „Kann ich vielleicht kurz mit dir sprechen, Harry?"
Zum ersten Mal hatte sie meinen Namen laut ausgesprochen und noch nie zuvor hatten diese fünf Buchstaben melodischer geklungen.
„Klar", gab ich mich selbstsicher, doch trotzdem entgingen mir die amüsierten, wissenden Blicke meiner Bandkollegen nicht.
Umso schneller hievte ich mich auch auf die Beine und führte Elena auf den breiten, leeren Gang vor der Türe und lehnte mich dort gegen das stählerne Geländer der Treppe.
Erwartungsvoll sah ich sie an.
Diese Branche hatte mir vieles genommen, jedoch glücklicherweise nicht mein Selbstbewusstsein.
Ich wusste um meine Wirkung, ganz besonders auf das andere Geschlecht.
Doch noch nie war ich so froh darum, wie in Momenten, in denen Elena vor mir stand und versuchte, mir nicht allzu lange in die Augen zu sehen.
Man sagt, Menschen die einem nicht in die Augen sehen können, hätten etwas zu verbergen. Ich wollte niemals etwas verbergen, ich sah den Menschen immer offen und ehrlich entgegen. Allerdings wurde mir auch permanent ausgewichen.
So auch Elena, obwohl sie sich immer wieder daran versuchte, meinem Blick standzuhalten.
„Muss ich mich irgendwie bei die bedanken oder so?", eröffnete Elena plötzlich recht abrupt das Gespräch. „Ich meine.. Ich weiß, dass ich dir zu verdanken habe, dass ich hier bin. Und um ehrlich zu sein, bin ich verwirrt."
Ob sie mir tatsächlich etwas zu verdanken hatte, würde sich noch zeigen. Vielleicht sollte sie mich auch lieber verfluchen.
„Wieso verwirrt?", spielte ich den Unwissenden. „Du wolltest doch Karriere machen, also lass' ich dich Karriere machen."
Herrgott, ich konnte kaum noch selbstgefälliger und großkotziger klingen. Was war nur los mit mir?
Erstaunt erhob Elena ihre Augenbrauen und ihrem Gesichtsausdruck zufolge, hatte sie sich gerade eben dasselbe gedacht.
„Du lässt mich Karriere machen?", wiederholte sie fragend und ich konnte in ihren Augen förmlich beobachten, wie sie ihre Zurückhaltung verlor.
„Na das ist ja sehr freundlich von dir", blaffte sie sarkastisch. „Und auch recht widersprüchlich, nach allem, was du Letztens gesagt hast. Du scheinst mir dein Management ja gut unter Kontrolle zu haben, für das, dass sie ja angeblich alles über deinen Kopf hinweg entscheiden und du so unglücklich bist."
Wütend funkelte sie mich an und ich konnte es ihr noch nicht einmal verübeln.
Meine Aussage war dermaßen unglücklich formuliert gewesen, ich hätte mich auch alles andere als sympathisch gefunden.
Allerdings wusste ich selbst nicht, wie ich Elena am besten gegenübertreten sollte, sie brachte mich vollkommen aus der Fassung. Ich wollte bloß, dass sie sich in meiner Gegenwart wohl fühlen konnte.
„So war das nicht gemeint", ruderte ich zurück und hob entschuldigend die Hände.
Stille. Eine schwere, unangenehme Stille, die überraschenderweise Elena wieder brach.
„Wieso hast du das gemacht, wenn du doch denkst, die Branche wäre so schrecklich und ich würde hier bloß meine Seele verkaufen?", fragte sie ernst und sah mir zum ersten Mal ohne Umschweife direkt in die Augen, ohne wenig später direkt wieder ausweichen zu wollen.
Diese Frage hatte ich befürchtet und über deren Antwort hatte ich mir die letzten Tage selbst den Kopf zerbrochen.
„Naja, wenn ich dich im Auge habe, dann kannst du vielleicht nicht so schnell einen unüberlegten Handel eingehen und behältst deine Seele noch ein Weilchen", grinste ich sie schließlich überzeugend an.
Dass ich zudem hoffte, dass sie mir endlich wieder den Weg zurück zu mir selbst zeigen konnte, behielt ich lieber für mich.
Kurz regte sich nicht das Geringste in Elenas Gesicht und sie sah mich bloß an, als wollte sie abwägen, wo sie mich einordnen sollte. Doch plötzlich zuckten ihre Mundwinkel doch nach oben und sie sah mich ebenfalls lächelnd an.
„Du bist echt seltsam, Styles", lachte sie leise und schüttelte leicht den Kopf. „Ich werde hier also meine Arbeit machen und hab' als Bonus sogar noch dich als moralische Stütze bei mir?"
„Sehr gut formuliert, das gefällt mir", stimmte ich zufrieden zu, das Lächeln stets im Gesicht.
Skeptisch, aber dennoch grinsend sah sie mich immer noch an.
„Und du hast dich wieder beruhigt?", fragte sie auf einmal aus dem Nichts. „Oder bist du immer noch permanent auf 180?"
Einmal mehr wurde mir bewusst, wie wenig Elena bisher von mir wusste.
Ich war alles andere als permanent auf 180, ich war viel zu müde dazu. Dieser kleine Gefühlsausbruch an unserem letzten gemeinsamen Abend war bloß die Ausnahme.
„Sagen wir's so", suchte ich noch nach der richtigen Antwort, als ich Elena noch einmal ins Auge fasste. „Modest hat eine reizende neue Mitarbeiterin, die mich zumindest mal zufriedener stimmt."
Selbstsicher zog ich wieder einen Mundwinkel nach oben und grinste sie selbstbewusst an, als Elena bereits lachend den Kopf in den Nacken fallen ließ.
„Na wunderbar, und Charme hat er auch noch", stellte sie amüsiert fest.
Endlich schien, zumindest in meiner Gegenwart, ihre Unsicherheit und Schüchternheit abgefallen sein – ein Schritt in die richtige Richtung.
„Naja, gut", schüttelte sie schon wieder den Kopf und machte beinahe den Anschein, als wäre ihr gerade eben erst bewusst geworden, dass ich ihr eben ein Kompliment gemacht hatte.
„Dann hätten wir das ja geklärt. Dann mal auf gute Zusammenarbeit."
Immer noch grinsend stieß ich mich von dem Treppengeländer ab und lächelte sie noch einmal breit an. „Auf gute Zusammenarbeit."
Auffordernd trat ich einen Schritt zur Seite und öffnete ihr höflich die schwere, schwarze Türe, die zurück zu den Anderen führte, als uns ein lauschender Liam bereits stolpernd entgegenfiel.
„Oh, ihr..", fing er sofort hektisch an zu reden, als er seinen Stand wieder stabilisiert hatte. „Ihr seid schon wieder da, ich hab euch gar nicht gehört."
Bestens amüsiert ertönte aus dem Hintergrund Nialls lautes Lachen und auch Louis musste etwas über unseren wenig begabten Spion schmunzeln.
„Dann hoffe ich mal, dass du auch sonst nichts gehört hast", sagte ich seufzend und warf Elena bereits einen entschuldigenden Blick zu.
Und auch dieser schien in diesem Moment klar geworden zu sein, wo sie hier gelandet war.
Wir waren nicht One Direction. Wir waren Liam, Niall, Louis und Harry.
Vier Jungs, die die Musik liebten und vielleicht mehrere, tieferschürfende Probleme hatten, als sie auf den ersten Blick vermuten konnte – so pathetisch das auch klingen mag.
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