Hochzeit
Es war der zehnte Juni 2021 und wahrscheinlich der schrecklichste Tag in Romans Leben. Noch nie in seinem Leben hatte er sich so mies gefühlt wie heute. Dabei begann alles schon viel früher. Eigentlich seit dem Tag, an dem er seiner Freundin einen Antrag gemacht hatte. Wie war er eigentlich auf diese Idee gekommen?
Roman fuhr sich übers Gesicht und seufzte. Sein Trauzeuge stand neben ihm: "Bekommst du das hin? Schaffst du das?"
"Nein, aber ich muss das wohl machen. Mein eigener Fehler..."
Nun seufzte auch der Trauzeuge: "Wieso? Julian war dir doch wichtig."
"Ich kann das nicht erklären. Julian, wir haben Schluss gemacht. Er wollte eine Familie gründen und ich noch nicht bereit dafür. Ich wusste nicht, ob ich jemals dafür bereit sein werde."
"Das kann nicht dein Ernst sein", zischte Erik, der Trauzeuge, "wie kannst du ihn gehen lassen für so eine Schlampe?!"
"Es hat einfach nicht mehr gepasst", nuschelte Roman.
"Zwischen dir und Julian?!", fragte Erik empört, "zwischen dir und Julian hat es nicht mehr gepasst?"
Roman nickte leicht und richtete seine Krawatte. Sie fühlte sich schwer an, als würde sie ihn auf den Boden ziehen wollen. Als würde sie ihm die Luft zum atmen nehmen.
"Roman, ist das dein Ernst?! Julian war für dich doch der Topgewinn. Du wolltest doch ihn als Freund, du warst ihm doch so hinterher. Und jetzt hat es nicht mehr gepasst?", Erik war ernsthaft wütend auf den Schweizer, "seit wann?"
"Letzten Sommer... Ich konnte ihm nicht das geben, was er wollte", murmelte Roman.
"Du wolltest es nicht. Und deine Neue, hast du mit ihr über Kinder gesprochen? Sie will doch bestimmt auch welche, bestimmt eigene. Und da hast du keine Probleme mit?", fragte Erik.
"Warum bist du scheiße zu mir?", fragte Roman mit brüchiger Stimme.
"Weil du einen gewaltigen Fehler begehst und ich dich davon abhalten will. Du liebst diese Frau doch gar nicht. Du willst sie jetzt nur heiraten, weil du Julian eins aus wischen willst."
"Und warum hältst du mich nicht auf, wenn du das glaubst?", fragte Roman.
Erik seufzte und schaute seinen besten Freund an. Dann sagte er: "Weil du dann wahrscheinlich sagst, dass es meine Entscheidung war und du das gar nicht wolltest. Du musst diese Entscheidung treffen. Du musst einsehen, dass es ein Fehler ist. Aber es bringt nichts, wenn ich das zu dir sage."
Roman seufzte auch und setzte sich auf den Stuhl. Es war alles so kompliziert geworden. Er war glücklich mit Julian gewesen. Sie haben sich wirklich geliebt. Doch konnte er mit Julian diesen Schritt nicht gehen. Aber mit dieser Frau konnte er diesen Schritt gehen. Warum? Warum tat er sich das selbst an? War nicht Julian seine große Liebe?
Der Wecker auf Romans Handy fing an zu klingeln, sie mussten jetzt in die Kirche. Die Zeremonie ging los.
"Hilf mir jetzt, bitte", flehte Roman. Erik grummelte leise, nickte aber. Wenn Roman eben in sein Verderben laufen will, soll er es halt machen. Hauptsache, er bekommt damn nicht die Schuld dafür.
Gemeinsam gingen sie in die Kirche und stellten sich nach vorne, Roman als Bräutigam und Erik als sein Trauzeuge. Die Kirche war schon zur Hälfte gefüllt. Immer mehr Menschen, Freunde und Familie von ihm oder seiner Verlobten kamen herein.
Plötzlich kam jemand durch die Tür, bei dem Roman kurz das Herz aufhörte zu schlagen und dann drei Mal so schnell weiter machte. Julian trat ein und er hatte einen Anzug an, den Roman noch nicht kannte. Aber er war unglaublich hübsch und Julian sah so aus, als würde er hier gleich heiraten. Seine Haare waren zurecht gemacht und sein Bart gepflegt. Roman musste lächeln. Julian hatte sich solche Mühe gemacht, endlich einen Bart zu bekommen. Alle hatten sich anfangs darüber lustig gemacht. Fans haben in seinen Kommentaren geschrieben, er sollte sich diesen Flaum unbedingt rasieren. Doch Julian war es egal gewesen und Roman liebte diesen Drei-Tage-Bart an ihm.
"Was macht Julian hier?", fragte Roman Erik leise. Er merkte, wie nervös er auf einmal wurde.
"Du hast ihn wohl eingeladen. Sonst wäre er ja nicht hier", sagte Erik. Er verschwieg dabei, dass er selbst Julian eingeladen hatte. Nicht Roman. Der hätte sich niemals getraut.
"Er sieht immer noch so gut aus", flüsterte Roman und starrte zu seinen Ex Freund.
"Hey, Roman, du starrst zur falschen Person", flüsterte Erik und stupste Roman an.
"Nein, zur richtigen Person", nuschelte Roman, "es war ein Fehler."
Doch bevor Roman noch was machen konnte, ging die Musik los. Seine Verlobte kam in ihrem weißen Hochzeitskleid den Gang zum Altar hoch. Aber Romans Blick war nicht auf sie gerichtet, sondern auf den jungen Mann in den hintersten Reihe. Nur, wenn Erik Roman anstupste, achtete er auf seine Verlobte, die nach vorne kam. Als sie dann vor ihm stand, lächelte Roman leicht. Es war ein zaghaftes Lächeln, er versuchte glücklich zu wirken.
Der Priester erzählte irgendwas über ihre Geschichte. Doch viel gab es da nicht zu berichten. Julian war nun mal seine Geschichte, nicht dieses daher gelaufene Frau.
Der Priester fragte schließlich Romans Verlobte, ob sie Roman heiraten will. Und klar, sie sagte ja. Dann ging die Frage weiter an Roman.
"Roman, willst du sie heiraten?", fragte der Priester. Seine Verlobte schaute ihn herausfordernd an. Sein Blick wanderte von seiner Verlobten zu Julian und ihm war bewusst, dass er nicht sie heiraten konnte. Julian, er gehörte an seine Seite.
"Nein, es tut mir leid, aber ich kann das nicht", sagte Roman leise.
"Das kannst du nicht machen?!", schrie seine Freundin.
"Doch kann ich", sagte Roman. Er drehte sich zu seinen Gästen und lief dann aus der Kirche. Er musste da weg.
Als Roman draußen war, lachte er. Er war frei, er musste nicht mehr heiraten.
"Danke", hörte Roman jemanden hinter sich. Überrascht drehte sich Roman um schaute in wunderschöne haselnussbraune Augen.
"Julian...", flüsterte Roman und ihm liefen Tränen über die Wangen.
"Ich hab dich vermisst", hauchte Julian und umarmte den Schweizer. Dieser fing an zu weinen und krallte sich an Julian.
"Ich dich auch, so sehr", flüsterte Roman unter Tränen. Julian lächelte leicht und strich seinem Ex Freund über den Rücken. Es war ein gutes Gefühl, ein Gefühl der Heimat.
"Ich liebe dich, Roman... Ich hab damit nie aufgehört", flüsterte Julian. Roman schaute den Jüngeren überrascht an, aber dieser lächelte.
"Wirklich Romü, ich war am Anfang wütend, dann aber verstand ich dich. Aber ich hab gehofft, dass es wieder besser wird. Und ich hatte recht", grinste Julian. Er beugte sich vor und küsste Roman kurz. Dieser lächelte leicht und erwiderte den Kuss.
"Danke", flüsterte Roman, "Danke, dass du auf mich gewartet hast..."
"Ich würde immer auf dich warten", grinste Julian. Er nahm Romans Hand in seine und fragte dann leise: "Würdest du mich heiraten wollen?"
"Immer. Du bist der einzige, den ich jetzt noch heiraten möchte", hauchte Roman.
"Ich liebe dich, Roman."
"Ich dich auch, Julian. Und Erik ist echt der beste Trauzeuge der Welt", sagte Roman und lächelte dankbar.
"Er wird meiner", erwiderte Julian und lachte.
"Ist okay", schmunzelte Roman und küsste seinen Freund. Er liebte diesen Mann mehr als alles andere auf diesem Planeten. Und ihm war alles andere egal.
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