Am nächsten Morgen wurde Sergio um fünf Uhr morgens unsanft von seinem Wecker aus dem Schlaf gerissen.
Nachdem der ESC zuende gewesen war, war Sergio noch auf der Afterparty gewesen und wurde von sämtlichen Menschen mit Fragen bestürmt und minutenlang belagert.
Irgendwann, als schon längst der nächste Tag angebrochen war, war er endlich völlig erschöpft in das harte Bett seines Hotelzimmers gefallen.
Geschlafen hatte er kaum. Dafür war er noch viel zu aufgewühlt gewesen.
Gleich nach dem Frühstück wurden Troy und er von Sergios langjährigem Fahrer Bertrand, den jeder nur Bertie nannte, zum Flughafen gefahren.
Während der Fahrt las Sergio sich auf seinem Handy sämtliche Artikel durch, die von seiner Rückkehr als Sänger berichteten. Grinsend überflog er die Beiträge und Bilder von dem Auftritt, die ihn in seinem einfachen weißen T-Shirt auf der riesigen dunkeln ESC Bühne umgeben von grauem Nebel zeigten.
Zufrieden sah Sergio, dass die ersten amerikanischen Boulevard Klatschblätter auch schon Wind von dem Auftritt bekommen hatten.
Wie er es bereits vor der Show erwartet hatte, überschlugen diese Blätter sich bereits mit den unterschiedlichsten Theorien über den Grund seiner Rückkehr ins Showbusiness.
Troy hatte bereits unzählige Anfrage von Zeitungen und Journalisten bekommen, die alle Sergio interviewen wollten.
Während dem ESC hatte Sergio den Journalisten noch erfolgreich aus den Weg gehen können, aber jetzt müsste er sich diesen Leuten, die ihm immer auf eine nervende Weise ihre Mikrofone unter die Nase hielten, gegenüber treten.
Noch bevor sie ins Auto gestiegen waren, hatte Troy einen Pressetermin in LA ausgemacht, auf dem Sergio ein Statement zu seiner Rückkehr setzen. Anscheinend waren seine früheren Fans hocherfreut und überrascht, andererseits fragten die sich, ob das nicht nur ein einmaliger Auftritt gewesen war und er nicht als Sänger auf die großen Bühnen zurückkehren würde.
Sergio konnte die Verwirrung seiner Fans gut nachvollziehen. Er hatte dem Eröffnungsauftritt hauptsächlich zugestimmt, da der ESC in diesem Jahr in seinem Heimatland, der Ukraine stattgefunden hatte.
Als man auf ihn für einen Auftritt dort angefragt hatte, hatte er zuerst ablehnen wollen, es sich dann nach viel guten Zurendens von seiner Mutter schließlich anders überlegt und zugesagt.
Nachdem Sergio dann eine Nacht darüber geschlafen hatte, hatte er am nächsten Morgen Troy angerufen und dieser hatte sich erfreut
dazu bereit erklärt wieder für ihn zu arbeiten.
Angagiert wie Troy war, war dieser sofort in den nächsten Flieger von San Francisco nach Kiew gestiegen. Gemeinsam hatten sie einen "Come-Back-Plan", wie Troy es nannte, ausgearbeitet. An erster Stelle stand natürlich die Eröffnung des ESC. Danach der Flug in die USA. Dort würde Sergio vorerst bei seinem langjährigen Kumpel Brad unterkommen, der ein bekannter Filmstar war, bis er sich etwas eigenes gekauft haben würde.
Und danach würde er auf die ersten Anfragen für Auftritte warten müssen.
Im Gegensatz zu Troy war Sergio sich nicht so sicher gewesen, ob genügend Anfragen tatsächlich kommen würden.
Er hatte Sorgen gehabt, dass seine früheren Fans ihn nach den sechs Jahren Auszeit vergessen hatten. Doch wie es nun in den Social Media aussah, war dem nicht so. Zum Glück.
Während Sergio aus dem Fenster des Autos blickte und die Häuser seiner Heimatstadt vorbeiziehen sah, fragte er sich, ob er auch seine anderen Jobs und überhaupt seinen Bekanntheitsgrad, den er damals gehabt hatte, zurückbekommen würde.
Bevor er überhaupt wusste, dass er singen konnte, hatte Sergio mit acht Jahren als Schauspieler in den USA angefangen.
Ironischerweise kam es ihn wie ein Deja vu vor, dass er sein geliebtes Heimatland in Osteuropa wieder verlassen musste, um an seiner Karriere in den USA zu arbeiten. Genauso hatte es sich damals auch angefühlt. Als kleiner Junge hatte er damals sein Zuhause verlassen und war in einer völlig fremden Kultur mit ganz anderen Menschen und Sitten angekommen.
Doch die USA hatte den kleinen, blonden Jungen geliebt und so hatte Sergio immer mehr Angebote für Filme bekommen. Sein Bekanntheitsgrad wuchs irgendwann auch über die Grenzen der Vereinigten Staaten hinaus.
Später hatte dann er sehr erfolgreich seine eigenen Songs geschrieben und komponiert.
Ihm viel auf, dass er womöglich zu viel von seiner Rückkehr erwartet hatte.
War dieser Auftritt, der bereits so hohe Wellen schlug, die richtige Entscheidung gewesen?