Der Mann im Mond
Das Thema vom Wettbewerb war Vampire.
https://youtu.be/nBixXEepG6M
Trigger Warnung: Suizid, Gewalt
Ich hätte nicht gedacht, dass ich es wirklich tun würde. Aber jetzt war ich mit zügigen Schritten auf dem breiten Wanderpfad, der Richtung Bergspitze führte. Links und rechts standen die Bäume dicht an dicht und nur der Pfad war vom Mondlicht erleuchtet. Dort wo die Bäume standen war es stockdunkel. Es war eine warme Sommernacht, aber trotzdem ließ mich, das Ungewisse rechts und links zwischen den dicken und dünnen Stämmen, frösteln. Ich ermahnte mich, vor mir auf den Weg zu schauen und nicht in den Wald zu blicken, mein Geist würde die Dunkelheit verformen und in bösartige, übernatürliche Wesen verwandeln. Dabei war ich deswegen hierher gekommen. In der Hoffnung, dass die Legenden wahr waren und ich gleich einem übernatürlichen Wesen gegenüberstehen würde. Aber das Wesen, das ich treffen wollte, sollte sich zu diesem Zeitpunkt bereits auf der Spitze des Berges befinden. Ich war komplett verrückt. Ich schüttelte über mich selbst mit dem Kopf. Es wäre ein Wunder, wenn es ihn wirklich geben würde. Aber ein Wunder war genau das, was ich brauchte. Einmal im Jahr am 24. Februar tauche Graf Tristan von Markhof am Grab seiner Familie auf, um seine Kinder und seine Frau zu betrauern, die er nun schon hunderte Jahre überdauerte. Das Grab war nicht mehr als ein großer Stein auf dem sich am Tag die Wanderer niederließen, um sich an der Aussicht zu erfreuen. Kein Schild und keine Gravur deuteten darauf hin, dass an diesem Ort wirklich jemals ein Grab angelegt worden war.
Der Pfad vor mir wurde schmaler und es ging jetzt noch steiler bergauf. Ich stemmte meine Arme in die Hüfte und versuchte gegen die Seitenstiche an zu atmen. ,,Es ist nicht mehr weit.", sprach ich mir selbst in Gedanken gut zu. Ich zog mein Handy aus meiner Umhängetasch. Über mir verschlungen sich die Baumkronen nun ineinander und das Licht des Mondes erreichte mich nicht mehr. Doch ein paar Minuten von mir entfernt, sah ich wie der Weg dort, wo er auf die Lichtung des Berggipfels traf, wieder vom Mondlicht erhellt wurde. Ich schaltete meine Handy-Taschenlampe ein, um nicht über einen umgekippten Baum oder einen Ast zu stolpern und beschleunigte meinen Schritt noch ein wenig. Ich war froh darüber, daran gedacht zu haben mir Kopfhörer mitzunehmen. Die Geräusche des knackenden Geäst hätten mich schier wahnsinnig gemacht. Ich erreichte das Ende des Weges und betrat mit zögerlichen Schritten die Lichtung. Aus meinen Kopfhörern drang der Song In Silence von Janet Suhh an mein Ohr. Ich schluckte schwer und schaltete meine Taschenlampe aus. Noch ungefähr 50 Meter entfernt lag der Stein im Zentrum der Lichtung. Ich näherte mich langsam der Mitte, doch plötzlich war der Mond hinter einer Wolke verschwunden und die Lichtung hüllte sich in ein dunkles Grau. Aber da vor dem Stein, da war jemand, oder ? Ich versuchte meine Sicht zu schärfen. Mein Herz pochte wie wild in meiner Brust. Flehend sah ich zum Mond hinauf. Die Wolke sollte verschwinden. Aber wie um mich und mein innerliches Flehen zu verhöhnen, zogen noch weitere Wolken auf, die sich allesamt vor den Mond schoben. Mir blieb nichts anderes übrig, als meinen Mut zusammen zu nehmen und weiter auf die Spitze des Berges zu zu schreiten. Ich erstarrte augenblicklich, als mir bewusst wurde, dass ich es mir wirklich nicht eingebildet hatte. Vor dem Stein stand jemand, den Kopf gesenkt, so als würde er beten. Mein Körper fühlte sich taub an und meine Hände waren schweißnass. Ich zupfte mir meine Kopfhörer aus den Ohren. ,,Entschuldigung.", meine Worte waren nicht mehr als ein flüstern. Aber die Gestalt, die bis eben dort im Dunklen auf den Boden vor sich gesehen hatte, drehte sich mit einem Mal ruckartig zu mir um. Die Wolken hatten mein Flehen nun doch erhört und ließen das Mondlicht auf den Mann vor mir fallen. Seine Haut schien das Mondlicht wie Schnee zu reflektieren, so weiß war sie. Die schwarzen langen Haare wehten ihm ins Gesicht und hätten seine dunkelroten Tränen beinahe verborgen. Mit eisiger Miene und abschätzendem Blick musterte er mich:,,Warum störst du mich in meiner Trauer, Mensch?", seine Stimme war tief und anklagend, sie klang wie die eines Monsters. Ich begann am ganzen Körper zu zittern, aber als mir wieder bewusst wurde, warum ich hergekommen war und dass ich nichts zu verlieren hatte, entspannte ich mich etwas. ,,Ich will leben." Er sah mich skeptisch an:,, Du lebst bereits." Ich schüttelte langsam mit dem Kopf:,,Ich habe aufgehört zu Leben, als sie meine Krankheit als unheilbar diagnostizierten." Ich hatte kaum aufgehört zu sprechen, als er bereits erwiderte:,,Ich werde dich nicht verwandeln. Ihr Menschen seid nicht dafür geschaffen..", traurig blickte er zu dem großen Gesteinsbrocken. ,,Was meinst du damit?", fragte ich und mein Mund wurde ganz trocken. ,,Der Wahnsinn übernimmt zu schnell die Kontrolle über euer Wesen und das was übrig bleibt ist ein wildes Tier, das nichts anderes kennt außer Hunger. Lass mich jetzt allein. Ich werde dir deinen Wunsch nicht erfüllen." Er drehte sich von mir Weg und senkte den Blick wieder auf den Boden. Tränen aus Blut sammelten sich an seinem Kinn und tropften hinunter. Trotz der sommerlichen Wärme breitete sich Kälte in mir aus, sie kroch meine Glieder hinauf zu meinem Herzen, löschte die kleine Flamme der Hoffnung, wanderte weiter in meinen Kopf, und tötete die Gedanken an eine Zukunft, die ich niemals haben würde. Schritt für Schritt entfernte ich mich von dem Zentrum der Bergspitze und trat an den Rand, dorthin wo sich die riesige Schlucht auftat. Ich konnte den Grund nicht sehen, dort war es dunkel. Ich drehte mich um, so dass ich mit dem Gesicht zum Stein gewandt da stand, doch der Vampir war verschwunden. Ich ließ mich rückwärts fallen und heftete meinen Blick an den Mond. ,,Gute Nacht Mann im Mond.", dachte ich noch, dann spürte ich wie ich mit dem Körper hart auf steiniger Oberfläche aufschlug.
Zu meinem Erschrecken musste ich feststellen, dass ich mit dem Aufprall nicht gestorben war. Ich musste auf einem Felsvorsprung gelandet sein. Ich schmeckte Blut auf meiner Zunge. ,,1, 2.", zählte ich die Sekunden bis der Schmerz in meinem Gehirn ankommen würde. Ich sollte schnell versuchen mich aufzurichten, bevor mein Bewusstsein den Schmerz realisieren würde. Angestrengt versuchte ich mich auf die Seite zu drehen, aber mein Körper bewegte sich keinen Zentimeter. Ich spürte wie sich mehr Blut in meinem Mundraum sammelte und dann kam er, der Schmerz. Er überrollte mich wie eine Lawine und ich hatte mir noch nie so sehr den Tod gewünscht, wie in diesem Moment. Der Schmerz trieb mich nahe einer Ohnmacht, aber das Erlösung bringende Blackout wollte nicht kommen. Dumpf nahm ich wahr, wie sich mir Schritte näherten. Ich sah aus den Augenwinkeln, wie der Graf sich neben mir auf den Boden hockte. Seine Augen glühten in einem dämonischen Rot. ,,Bitte.", versuchte ich herauszupressen. Aber meine Zunge war taub und meinen Mund verließ ein leises Gurgeln, welches nur entfernt an das Wort erinnerte. Das Gesicht des Grafen klappte zur Hälfte auf und ein Gebiss ähnlich dem eines Haifisches kam zum Vorschein. Die scharfen Zähne, von denen Speichel tropfte, glitzerten im Mondlicht. Er schlug sie gierig in mein Fleisch und mein letzter Gedanke war:,,Ich möchte kein Monster sein."
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