➵ unerwartet [peverus]
kleine anmerkung: knapp 10 000 wörter oneshot peter pettigrew x severus snape :)
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Ein hektischer Blick auf die Uhr und ich beeilte mich noch ein wenig mehr.
Nur noch vier Minuten, dann würde die rote Lok, der Hogwartsexpress, mich direkt auf das alte Schloss fahren, und ich würde mein letztes Schuljahr antreten.
Die siebte Klasse würde der Hammer werden! In den Ferien hatten James, Sirius und ich viele Briefe per Eulenpost hin und her geschickt, meiner Eule Penistra taten bestimmt jetzt noch die Flügel weh. Wie zur Bestätigung krähte sie einmal laut und ein paar Muggel schauten komisch zu mir herüber.
Wir hatten uns über neue Streiche, Pläne und Geheimwege ausgetauscht, das Schuljahr würde perfekt werden und mit James als neuen Schulsprecher konnte eigentlich auch nichts mehr schief gehen.
Nur Evans war uns noch ein Dorn im Auge, aber den würden wir bestimmt leicht beseitigt haben, Jamesie müsste sie nur endlich mal rumkriegen. Aber so wie das jetzt aussah, würde es wohl noch ein Weilchen dauern.
Rem, Sirius und ich hatten schon eine Wette am laufen, wann es endlich so weit war und Evans einem Date zu sagen würde. Nur Evans war ein echt harter Brocken und Sirius erwähnte James gegenüber ständig, ja fast minütlich oder zumindest immer, wenn das Thema Evans aufkam, dass James sich die Zähne an ihr ausbeißen würde.
Verdammt, bei Merlin! Nur noch zwei Minuten! Im Eifer des Gefechts sprintete ich noch ein bisschen schneller, bevor ich endlich durch die Säule zwischen Gleis 9 und 10 rannte.
Außer Puste blieb ich dahinter, auf Gleis 9 3/4, stehen. Das... war definitiv zu viel Sport!
Ein Warnpfiff ertönte, der jedem zeigte, das er nun in den Zug steigen sollte. Ich beeilte mich, zum Zug zu kommen.
Ich sah Sirius' Kopf, welcher mir aus einem der Fenster hektisch zuwinkte und mir seine blitzeblanken Zähne präsentierte, während er lässig grinste.
Von meinen Eltern musste ich mich nicht mehr verabschieden. Das hatte ich schon zu Hause getan, denn beide mussten schon früh zur Arbeit. Mein Vater hatte wahrscheinlich jetzt gerade, wie jeden Morgen, das kleine geöffnet Schild seines Geschäfts Magische Tierwesen vor die Tür gehangen und meine Mutter stand hinter dem Tresen eines unscheinbar aussehenden Blumenladen, beide Geschäfte lagen in der Winkelgasse.
Keuchend, mit meinem Koffer in der linken und Penistra's Käfig in der rechten Hand, stieg ich in die vorderste Tür des Zuges.
Eine freundlich Oma, welche ihren jungen Enkel verabschiedete bot mir an, mir meinen Gepäckwagen abzunehmen und ich bedankte mich herzlich.
Den Koffer hievte ich in den Zug und stieg dann die beiden Stufen empor.
Die Tür hinter mir schloss sich und der Zug begann sich in Bewegung zu setzen.
Erneut packte ich mir meinen schweren Koffer und den Eulenkäfig, in welchem Penistra unruhig kreischte und mit ihren Flügeln schlug, wahrscheinlich weil es hier so eng war und überall Leute herum standen, welche ein freies Abteil für sich suchten.
Ihren ungewöhnlichen Namen hatte Penistra James und Sirius zu verdanken. Die beiden hatten sie mir zu meinem Geburtstag im dritten Schuljahr geschenkt und so getauft, als sie damals in ihrer Pubertären-Perversling-Phase waren, ihr Name war von dem Wort Penis abgeleitet worden.
Ja, genau. Dabei kann man eigentlich nur die Augen verdrehen.
Mit Penistra's Käfig unter meinem Arm machte ich mich auf den Weg zu dem Abteil, in welchem James, Sirius und Remus bestimmt schon saßen. Oder wahrscheinlich nur Sirius, da James und Remus bei der ersten Sitzung waren, bei welcher die Schulsprecher die Vertrauensschüler in ihre Aufgaben einweihen sollten. Rem war, wie wir es nicht anders erwarten hätten können, Vertrauensschüler geworden.
Vorsichtig quetschte ich mich an ein paar Mädchen vorbei, die kichernd auf dem Gang standen und setzte meinen Weg, Richtung Abteil, fort und mich durch die Menschenmege kämpfte, um zu unserem Abteil zu gelangen.
"Pettigrew", erklang die schmierige Stimme Schniefelus' plötzlich wie aus dem Nichts vor mir. Meine Augenbrauen wanderten gen Stirn, während ich perplex hochschaute, direkt in seine schwarzen, kalten Augen. Severus Snape besser bekannt als Schniefelus, der größte Feind und das liebste Ziel für Streiche, Ärgereien und Sonstiges der Rumtreiber, hatte ausgerechnet mich, Peter Pettigrew von sich aus angesprochen? Das hatte er doch noch nie getan! Warum ausgerchnet jetzt? Da war bestimmt was im Busch.
"Was willst du Snape?", fragte ich deswegen genauso kalt, wie er es getan hatte und bemühte mich, seinen emotionslosen Blick weiterhin zu erwiedern.
"Dich nur daran erinnern, Pettigrew, das ich dich immer noch nicht leiden kann! Und richte Black schöne Grüße von mir aus.", ein widerliches Grinsen zierte seine rauen Lippen und mich durchfuhr ein kalter Schauer.
"Aha...", gab ich kühl von mir, "ein Glück beruht das auf Gegenseitigkeit, Schniefelus. Belästige in Zukunft wen anders, nicht mich, ich habe für sowas keine Zeit." Und damit huschte ich an ihm vorbei, weiter zu unserem Abteil, in welchem Sirius schon auf mich wartete.
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Leise schlich ich mich aus dem Gemeinschaftsraum der Gryffindor's.
Bis vor kurzem hatte dort noch eine kleine Party für Sechst- und Siebtklässler statt gefunden, bei welcher auf das neue Schuljahr, unter dem Zauber eines Muffliatos, gefeiert worden war.
Zwar hatte ich nicht viel Alkohol getrunken, nur ein oder zwei Butterbier und einen Feuerwhiskeyshot, dennoch war mir ein wenig übel und so beschloss ich, kurz an die frische Luft zu gehen.
Es war kalt, auf den Korridoren. Sofort ärgerte ich mich, dass ich mir keine Jacke oder einen dickeren Pullover mitgenommen hatte.
Die Risiken für meinen kleinen nächtlichen Spaziergang waren mir klar. Wenn mich jetzt ein Lehrer während seiner Patrouillie erwischen würde, wäre ich geliefert. Und das am ersten Tag und wo das Schuljahr ja auch erst morgen offiziell beginnen würde.
Vorsichtig huschte ich im Schatten der Schulmauern den kalten Flur entlang, darauf bedacht, dass man mich nicht sehen konnte.
Es war still. Bloß der Wind, welcher sich ab und zu den Weg durch eine Ritze in den Gemäuern erkämpfte, heulte. Draußen konnte man die Fensterläden klappern hören, aber auch nur, wenn man ganz genau lauschte.
Ansonsten war es vollkommen ruhig.
Nicht einmal meine eigenen Schritte waren zu hören. Die Zeit als jahrelanger Rumtreiber zahlte sich ja doch aus.
Den Zauberstab fest unter meinem dünnen Strickpullover umklammert, schlich ich voran, darauf bedacht, weiterhin keinen Mucks von mir zu geben.
Viele Minuten und ein paar ewig lange Korridore später erreichte ich schließlich mein Ziel.
Eine alte Ritterrüstung, welche auf einem kleinen Podest aus Mamor stand, nahe der großen Halle. Wenn man das Podest ein wenig verrückte, gab dieses den Ausblick auf einen wunderbaren Geheimgang frei, welcher direkt nach Draußen, in die Nähe des Eingangsportals führte, zu einem Platz, an welchem man wahnsinnig gut allein sein und nach denken konnte.
Vorsichtig begann ich die Statur ein klein wenig zu verschieben, allerdings stoppte ich in meiner Bewegung, als ich Schritte und kurz darauf auch gedämpfte Stimmen hörte, die leise miteinander flüsterten. Panisch schaute ich mich um. Es gab weit und breit keine Möglichkeit, sich zu verstecken.
Bei Merlin, was ein Drachenmist!
Die Schritte waren nun deutlicher zu hören. Mein Herz schlug wie wild.
Wahrscheinlich wegen irgendeines blöden Urinstinktes flüchtete ich in die mir am sichersten vorkommende Richtung: zur großen Halle.
Konnte ich nur hoffen, dass die beiden Schüler mich nicht gehört hatten.
Ich sprintete durch den hohen Torbogen, hinter dessen Flügelttüren ich mich schließlich versteckte.
Mein Herz schlug noch schneller als eben und es fühlte sich an, wie wenn ich jeden Moment einen Herzinfakt erlitt. Ich bemühte mich, nicht zu laut zu atmen, in dem ich die Luft anhielt.
Die beiden Zauberer steuerten den Korridor links der großen Halle an, welcher zu der Treppe, die runter in die Kerker führte, an. Slytherin's also.
Im Vorbeigehen erhaschte ich einen kurzen Blick auf ihre Gesichter, konnte allerdings nicht viel erkennen, da sie dieses jeweils unter einer schwarzen Kapuze versteckten. Dennoch konnte ich ein paar einzelne Fetzen ihres Gesprächs ausmachen.
"...außerdem stinkt er..."
"...sowieso nicht...Seite des Lord's kommen..."
"...Dumbledore..."
"...ja, genau..."
"...und die Rumtreiber...Snape...hassen sich..."
Sie redeten über uns. Und über Snape. Aber was hatte er mit uns zu tun? Und vor allem was hatten wir fünf mit dem Dunklen Lord und Dumbledore am Hut?
Wahrscheinlich war ich einfach nur völlig übermüdet und hatte doch mehr Alkohol getrunken, als ich vermutet hatte, und war deshalb nicht mehr ganz bei Sinnen und hörte komische Sachen, welche darauf zurück zu führen waren.
Ja, genau, das müsste es sein.
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Ein schrilles Geräusch riss mich aus dem Schlaf.
Sirius genervtes Murren, welches ich über die Sommerferien sogar ein wenig vermisst hatte, setzte kurz darauf ein. James hievte sich auf, rieb sich müde über die Augen und fiel dann dramatisch wieder nach hinten, in seine weichen Kissen.
Nur Moony stand, regelmäßig auf die Uhr blickend, an der Tür und wartete - so wie jeden Morgen - auf uns.
"Also die Party gestern... Huiii - die war der Hammer!", gähnte Sirius, bevor er sich ebenfalls räkelte, die Decke von seinem Körper schlug und mit müden Schritten ins Bad trottete. Ich stimmte ihm immer noch halb schlafend zu und James murmelte etwas Unverständliches. Nur Remus erinnerte uns mal wieder daran, dass wir nur begrenzt Zeit zur Verfügung stehen hatten und drohte uns damit, dass er sonst ohne uns zum Frühstück gehen würde.
Ich tapste schließlich zu meinem Koffer, den ich gestern noch nicht ganz hatte auspacken können, und nahm mir frische Unterwäsche, wie auch meine Schuluniform heraus.
Nachdem Sirius mal nach einer Ewigkeit aus dem Bad getaumelt kam, sperrte ich mich schnell dort ein, bevor James es tun konnte. Denn er brauchte mindestens drei mal so lang, wie unsere kleine Prinzessin. Und das auch nur für seine Haare, die kurz nach dem er sein Spiegelbild aus den Augen gelassen hatte, wieder vollkommen verstrubbelt waren, ohne das er etwas dafür konnte.
Ich beeilte mich, zu duschen, mir die Zähne zu putzen und meine Haare zu kämmen. Schnell zog ich mir meinen Schulumhang über und drängte mich an James vorbei, seine jammernden Kommentare darüber, das ich ja viel zu lange gebraucht hatte, ignorierend.
Am Frühstückstisch der Gryffindors war es ungewöhnlich ruhig. Die meisten Schüler der oberen Klassenstufen waren, Dank der Party gestern, total müde und sahen auch dementsprechend fertig aus. Ich saß mit dem Rücken zu den Hufflepuffs und Ravenclaws, gegenüber von mir Moony, an dem ich so gut wie keine Änderungen vernehmen konnte, bis auf die dunklen Ringe, welche sich diesmal noch deutlicher unter seine Augen geschoben hatten, wie wenn er die Vollmondnacht überstanden hatte. Links von mir James, er sah aus wie gerädert, der mit seinem Gesicht schon fast in der Müslischüssel hing und nicht mal die Zeit dazu hatte, Evans anzuschmachten, rechts von mir Sirius, der mürrisch sein Toastbrot mit Marmelade beschmierte, und dabei den halben Tisch bekleckerte, ohne es zu merken.
Ich ließ meinen Blick einmal kurz durch die große Halle Schweifen, welcher schlussendlich bei den Schlangen hängen blieb.
Ohne es zu merken suchte ich in ihren Reihen nach einem bestimmten Gesicht.
Sein Haar war schwarz, fettig und viel in Strähnen bis zu seinem Kinn. Seine Augen waren dunkel. Sie wirkten lustlos, beinahe leer. Ich betrachtete ihn weiterhin. Seine Haut war bleich, sehr bleich. In etwa wie eine Kalkwand.
Mein Blick huschte über seine Nase, welche hakenförmig gebogen war, wanderte über seine rauen, eingerissenen Lippen und blieb schlussendlich an seiner mageren Figur hängen. Er war sehr dünn, die Arme hingen schlaff herunter und er ballte seine Hände stark zu Fäusten.
Erschrocken über dieses Verhalten blickte ich wieder in sein Gesicht - und stellte noch erschrockener fest, dass er mich wütend anfunkelte.
Als ich Moony plötzlich sprechen hörte, wandte ich mich abrupt von ihm ab.
"Na los, Leute. Auf geht's! Geschichte der Zauberei in der ersten Stunde ist zwar nicht das schönste Fach, aber wir sollten trotzdem gut aufpassen, immerhin ist es unser UTZ-Fach.", erklärte Moony, während er uns unsere Stundenpläne reichte.
Sirius grunzte nur und James erhob sich mühselig. Ich bedankte mich abwesend bei Remus, bevor auch ich den Plan in meine Schultasche stopfte, sie schulterte und gemeinsam mit meinen drei besten Freunden, die Halle verließ.
Snape's wütendes Gesicht verfolgte mich noch bis zum Zauberkunstraum.
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Der Tag zog sich endlos lange hin und bis zur Mittagspause waren es bestimmt noch ein paar Stunden. So fühlte es sich zumindest an.
In Wirklichkeit müsste ich nur noch Verwandlung durchstehen, danach wäre ich erstmals befreit.
Wir hatten schon jetzt eine Menge Hausaufgaben auf.
In Geschichte der Zauberei sollten wir einen vierzehn Zoll langen Aufsatz über die Themen, die wir im letzten Jahr durch genommen hatten, als Wiederholung oder wie Professor Binns es bezeichnete, als "Einstieg in unseren normalen Alltag und insbesondere unseren Zaubereiunterricht der Geschichte" schreiben.
In dem Fach Zauberkunst war unsere Aufgabe, sich mit dem Zauberspruch Tarantellegra zu beschäftigen und möglichst nächste Stunde eine annähernd perfekte Wirkung vorzuführen. Meine Spinne hatte vielleicht ein paar Mal mit den Beinen gezuckt, aber Tanzen könnte man das nich nicht nennen.
Als es endlich zur Mittagspause klingelte, stürmten wir aus dem stickigen Klassenzimmer heraus, auf den Hof.
Remus winkte uns in eine kleine, von den anderen Schülern abgeschiedene, Ecke herüber, in welcher er uns die neuen Pläne zeigte, die er über die Sommerferien ausgetüftelt hatte. Remus war nämlich sowas wie unser Superhirn.
Tatze, Krone und ich dachten uns häufig die Streiche aus, welche wir vor allem den Slytherin's, den Lehrern oder Mr. Filch spielten. Remus entwickelte dann den Plan dazu. Welche Materialien und Zutaten wir bräuchten, wann und wie viel Zeit wir hätten, wo wir die "Gemeinheit" ausübten, solches Zeugs halt.
"Okay. Der Plan lautet folgendermaßen. Heute Abend um 20 Uhr haben die Vertrauensschüler der Slytherin's ihre Patrouille..." Kurz und knapp erklärte er uns seine Idee, wie wir den Schlangen (und vor allem Snape) wieder mal eins auswischen konnten.
Zaubertränke war nicht ganz so schlimm. Als Hausaufgabe sollten wir "nur" noch einmal die Wirkung und die Besonderheiten, wie auch eine Zutatenliste des Felix Felicis aufschreiben, in etwa einen Fuß lang.
Und McGonagall hatte uns bis jetzt noch nichts aufgegeben. Gerade waren wir dabei, den Uhu vor uns in einen Brief zu verwandeln. Wozu das gut sein sollte? Um ehrlich zu sein wusste ich es nicht. Es war viel lustiger gewesen, James dabei zu beobachten, wie er Evans Löcher in den Rücken starrte und dann heimlich mit Moony und Tatze darüber zu lachen.
Den ganzen Tag über konnte ich an nichts anderes mehr denken, als an unseren überaus genialen Plan. Später, am Abend, als der Unterricht schon längst vorbei gewesen war und Remus, Sirius, James und ich auf unseren Lieblingssesseln vor dem Kamin saßen, um unsere Arbeit zu erledigen, dachte ich über die Situation heute morgen am Frühstückstisch nach. Gedankenverloren starrte ich zu den glühenden Flammen, wie sie ihre Körper anmutig, dicht an dicht, bewegten. Snape, wie er mich wütend angestarrt hatte. Ich, wie ich spürbar errötete und den Kopf abwand.
Alleine bei dem Gedanken daran, wie verunsichert ich gewirkt haben musste, machte sich Wut in mir breit. Wir und Lust. Lust darauf, es Snape umso mehr auszuwischen und ihn mit unserem Streich zu demütigen.
Mit meinen Hausaufgaben kam ich auch nicht mehr großartig weiter. Vielleicht konnte ich Moons später mal fragen, ob ich mir seinen Text für Geschichte der Zauberei mal angucken könnte. Der war bestimmt schon damit fertig, so konzentriert wie er vor dem dicken Wälzer hockte.
Das einzige, was ich hin bekam, war der Tarantellegra. Meine Spinne sprang ein klein wenig auf und ab, bevor sie zu tanzen begann. Sirius blickte mit großen Augen zu mir und bettelte kurz darauf, dass ich ihm bitte beibringen sollte, wie ich das gemacht hatte. James ließ seine Spinne auch ein wenig tanzen, vielleicht nur um anzugeben, bevor er sie mit einem Finite in ihren Normalzustand zurück brachte.
19.00 Uhr.
James holte seinen Tarnumhang hinter dem gelösten Stein in unserem Schlafsaal hervor.
Remus ging noch einmal den gesamten Plan durch, murmelte Zeugs vor sich her und tigerte die ganze Zeit im Zimmer umher.
Sirius und ich wiederholten die Zauber erneut und zählten noch einmal die vorbereiteten Muffins nach.
Um halb acht schlichen wir uns aus dem Gemeinschaftsraum. Es war ziemlich schwer zu viert unter den Umhang gequetscht zu laufen, wobei Remus sich ziemlich bücken musste, ich meinen Bauch einzog, Sirius hinten den Tarnumhang fest hielt, damit er vorne nicht hoch rutschte, und James - zum Ausgleich - das Selbe vorne tat.
Zudem war die Luft so knapp, dass wir ziemlich oft Pausen machen mussten, um noch Luft zu bekommen.
Nach einer gefühlten Ewigkeit waren wir dann endlich bei den Treppen zu den Kerkern angekommen.
James löste sich für wenige Sekunden, nach Atem ringend von unserem Trupp, während Remus panisch in seinem Umhang nach seiner Taschenuhr suchte. Gequält stöhnte er auf. "Wir haben sie verpasst! Es ist Viertel nach acht!" Innerhalb von wenigen Sekunden hatte sich unser perfekter, genialer Plan quasi in Luft aufgelöst. Sirius hielt den Kopf gesenkt und überlegte anscheinend fieberhaft nach einer Lösung, während James sekündlich seinen Kopf gegen seine Hand schlug und sich dadurch für unsere Blödheit bestrafte.
Auch ich musste wahrscheinlich geguckt haben, wie sieben Tage Regenwetter.
"Sie sind schon längst fort, wir können sie jetzt niemals alle 'einfangen'- ", Sirius nutzte seine Hände, um Gänsefüßchen zu setzten, " -und uns dann einfach so in den Gemeinschaftsraum schleichen, wobei wir nicht mal das Passwort haben." Enttäuscht schlug er die Hände über dem Kopf zusammen. Remus hatte schon längst den Tarnumhang entfernt und James hatte ihn unter seine eigene Garderobe gestopft.
Erschöpft lehnte ich an der Wand.
Unser eigentlicher Plan war es, dass um Punkt acht Uhr, wenn die Vertrauensschüler der Slytherin's aus dem Gemeinschaftsraum heraus traten, Sirius und Remus hinein schlichen und die Muffins, welche einen Schlaftrank enthielten, auf einen Tisch stellten mit der Nachricht, die Hauselfen hätten eine Kleinigkeit für sie vorbereitet. James und ich hätten so lange vor der Tür Wache gestanden und zur Not die vorbei kommenden Schüler verhext. Währenddessen hätten Sirius und Remus im Gemeinschaftsraum unter dem Tarnumhang gewartet, bis dort alle Slytherin's in einen tiefen Schlaf gefallen wären, was maximal fünf Minuten gedauert hätte, um danach mit einem kurzen Zauber allen anwesenden Schülern die Zähne wachsen zu lassen, ohne dies unterbrechen zu können. Zusätzlich würden die Haare bis zu den Zehenspitzen wachsen und man hätte sie nicht einmal schneiden können, ohne dass diese nachwachsen würden.
Und für Snape hatten wir uns etwas ganz besonderes überlegt. Aus seinem Mund würde pausenlos Shampoo blubbern, in großen, runden Seifenblasen. Wenn er versuchen würde etwas zu sagen, würde nur noch mehr Schaum heraus quellen, welcher sich dann zu Buchstaben und die Worte "Ich stinke" formen würde.
Aber dafür war es jetzt zu spät. Unser ganzer Plan, unsere ganze Mühe, alles umsonst...
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Etwa eine Woche später, kurz nach einer weiteren Schulsprecher-Vertrauensschüler-Besprechung, am Sonntag der ersten Schulwoche, hatten James und Remus Sirius und mir mitgeteilt, dass die Slytherin's am kommenden Montag wieder einmal Patrouille hatten.
Und dies wollten wir nutzen. Noch immer hatten wir alle Materialien für unseren missglückten Streich bei uns im Schlafsaal stehen.
Diesmal pünktlich hatten wir uns um acht Uhr vor dem Eingang zum Gemeinschaftsraum der Schlangen versteckt.
Zwei Personen traten um fünf Minuten nach acht aus der Mauer. Einen von ihnen kannte ich. Black. Regulus Black. Sechstes Schuljahr. Sirius' kleiner Bruder und quasi die Distanz in Person. Egal wo er war, er wirkte immer kalt und gefühllos. Blickte gerade aus mit angehobenen Kopf. Sein Haar war nicht lang, wie das von Sirius, es war kurz geschnitten, aber ein paar seiner Locken fielen ihm in die Stirn. Er war wirklich hübsch, ein Traum von Junge.
Aber Peter! Was redest du denn da? Das hört sich ja beinahe so an, als wärst du in ihn verknallt! Schlag dir diese Gedanken bloß wieder aus dem Kopf, du bist doch nicht... schwul?
Den anderen Jungen kannte ich nicht. Er hatte blondes Haar, welches ihm bis zur Schulter fiel. Seine Augen waren grün und funkelten ein wenig im Licht der flammenden Fackeln.
Kurz nachdem die beiden Vertrauensschüler aus dem Eingang getreten waren, trippelten wir vier umständlich herein, wobei uns direkt danach auffiel, dass eigentlich nur Sirius und Remus in die Höhle der Schlangen tapsen sollten. Genervt stöhnte James auf.
"Ihr Idioten!", zischte er. "Wessen verdammte Schuld ist das?"
"Willst du wohl still sein? Sonst fliegen wir noch auf!", flüsterte Remus, während James die Augen leierte.
"Selber Idiot.", brummte Sirius.
James schnaubte.
Ich und Remus blickten zwischen den beiden abwechselnd hin und her, wie bei einem Tennisspiel. Wer würde wohl als Erstes wieder anfangen?
Irgendwann durchbrach ich die Stille.
"Okay Leute, was machen wir jetzt? Wir können hier jetzt nicht rumstehen und nichts tun. Nicht mehr lange, dann kommen die Vertrauensschüler zurück und wir haben unseren Streich schon wieder vermasselt."
"Nun gut. Ich würde vorschlagen, wir stellen jetzt erstmal, natürlich in einem gelegenen Moment, wo niemand hinsieht, die Muffins auf den Tisch dort hinten.", schlug Rem vor und zeigte vorsichtig und darauf bedacht, den Tarnumhang nicht groß zu bewegen, auf einen Tisch in der Nähe des Kamins.
Tatze, Krone und ich stimmten zu, da wir eh keine andere Wahl gehabt hätten. Was hätten wir denn sonst tun sollen? Noch länger rum stehen?
Wir quetschten uns an den paar Schülern vorbei, die im Gemeinschaftsraum herum standen, bis zu dem kleinen Tisch, auf welchen Remus gezeigt hatte.
Ich reichte ihm die Muffins, die er kurz darauf auf die kleine Holzplatte schmuggelte.
Wir entfernten uns wieder - äußerst umständlich, da schon einige Schüler die Süßigkeiten entdeckt hatten - und stellten uns in eine ruhige Ecke, um die Situation im Blick zu behalten.
Nach und nach kamen mehr Schüler und drängelten sich zu dem Tisch hindurch, um auch einen Muffin zu erhalten. Für jeden war genug da, denn dieses Tablett würde nie leer werden. Remus hatte es verzaubert. Er hatte dem Zauber in einem alten Buch gefunden, welches mit einer dicken Staubschicht in der hintersten Ecke der Bibliothek gestanden hatte.
Etwa zehn Minuten später waren alle Slytherin's eingeschlafen. Jeder wollte einen Muffin haben. Sie schmeckten auch wirklich köstlich. Wir hatten uns ein paar aufgehoben, welche keinen Schlaftrank beinhalteten.
Sofort und nachdem auch die letzte Schlange in einen tiefen Schlaf gesunken war, zerrte sich James den Tarnumhang über den Kopf und wir alle schnappten beinahe hysterisch nach Luft. Krone und ich liefen zu dem Mauereingang des Gemeinschaftsraums, um zur Not die eintreffenden (Vertrauens-) Schüler mit Zaubern zu schocken.
Schnell sprachen Remus und Sirius den Zauber aus, mit welchem Haare und Zähne zu wachsen begannen und sich Snape's Mund mit vielen kleinen Seifenblasen füllte.
Direkt danach stürmten wir alle aus der Höhle des Feindes, raus auf die Kerkergänge ohne darauf zu achten, dass uns zwei gewisse Personen beobachtet und anscheinend nur darauf gewartet hatten, dass wir aus dem Gemeinschaftsraum heraus traten.
James schrie, ein gelber Lichtblitz war zu sehen und kurz danach viel uns Sirius zu den Füßen, die Augen weit aufgerissen und den Mund zum Schreien geformt.
Das Blut gefror mir in den Adern, während Remus, James und ich uns synchron zu unserem, am Boden liegenden, Freund beugten.
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Am nächsten Morgen war es eigentlich ein ziemlich lustiges Ansehen, wie nur ein Drittel der Schlangen in der großen Halle auf ihren Stühlen Platz nahm. Die restlichen zwei Drittel hatten ihren Weg in den Krankenflügel gefunden, um dort darauf zu warten, dass Madame Pomfrey einen heilenden Trank für die Hasenzähnchen und die stetig wachsenden Haare erfand.
Auch Snape lag in einem der weißen Betten und hoffte auf seine Heilung. Er tat mir am wenigsten Leid. Seine Worte im Hogwarts Express und die bösen Blicke am Frühstückstisch hatte ich noch lange nicht vergessen.
Aber wie gesagt, nur eigentlich. Keiner von uns - noch übrig gebliebenen - Rumtreibern konnte diesen Anblick so richtig genießen, denn dafür hatten wir quasi Sirius eingetauscht. Auch dieser lag nun bei Poppy im Krankensaal und zu seinem Leidwesen auch noch zwischen all den nervtötenden, gehässigen Slytherin's. Armer Tatze.
Am Nachmittag erledigten James, Remus und ich schnell unsere Hausaufgaben für Gonni und Binns (die restlichen könnten wir auch noch morgen erledigen), bevor wir mit einem frischen Satz an Arbeit und Schokofröschen bei Sirius im Krankenflügel auftauchten.
Dieser freute sich uns zu sehen, seine Laune sank aber wieder deutlich, als er den großen Stapel an Hausaufgaben erspähte. Und kurz darauf gab Moony ihm die Süßigkeiten, da schien er schon wieder glücklich zu sein und ein breites Grinsen zierte seine Lippen.
Mein Blick huschte einmal über seinen Nachttisch, auf welchem ein paar Blumen, Karten und noch mehr Süßes standen und wanderte wieder zurück zu Sirius, welcher uns, die Schokolade mampfend, davon anbot.
"Poppy hat das echt super gemacht! Sie hat direkt einen Trank für den Zauber gefunden und eigentlich bin ich schon wieder kerngesund, aber sie möchte mich gerne noch etwas hier haben. Endlich mal etwas Ansehbares hier drinne-", seine Stimme senkte sich verschwörerisch und wir alle wussten sofort, dass er von den Slytherin's sprach, die wegen unseres Streiches hier ebenfalls untergekommen waren, "-und nicht nur solche Krötengesichter wie Mulciber oder Avery." Dabei täuschte er Kotzgeräusche vor und ich musste augenblicklich in Lachen ausbrechen.
"Stimmt, Tatze! Das liegt ja auch gar nicht daran, dass du eventuell noch ein bisschen Schonfrist brauchst und sie sicher gehen möchte, dass es dir gut geht! Nein, überhaupt nicht!", brach auch James in Gelächter aus. Remus versuchte sich noch alles weitere zu verkneifen, aber seine zuckenden Mundwinkel verrieten ihn, und als dann Sirius auch noch anfing wie ein Kleinkind die Arme vor der Brust zu verschränken und zu schmollen begann, war es auch um ihn geschehen.
Wir verbrachten noch den restlichen Nachmittag bis in den frühen Abend hinein mit Sirius, danach verabschiedeten wir uns nach und nach von ihm, denn Remus musste seine abendliche Patrouille laufen und James wollte noch einmal kurz über Gonnis Aufsatz über das Verwandeln einer Eule in einen Brief, welchen man danach mit Tinte beschreiben und anschließend (mit der zurück verwandelten Eule) verschicken konnte, sodass der Empfänger sie dann verwandeln und den Brief lesen konnte.
Ich blieb noch ein Weilchen länger als meine beiden Freunde, doch irgendwann kam Madame Pomfrey und verabreichte Sirius einen eklig riechenden Trank und bat mich darum, um spätestens sieben Uhr den Krankenflügel zu verlassen, da die Patienten Ruhe bräuchten. Nach einiger Zeit bemerkte ich, wie Sirius in den Schlaf abdriftete und so beschloss auch ich, kehrt zum Gemeinschaftsraum zu machen, außerdem es war schon Viertel vor sieben und in ein paar Minuten hätte ich sowieso von hier verschwinden müssen.
Ich stand von dem kleinen, unbequemen Holzstuhl auf und schob ihn - darauf bedacht leise zu sein - zurück neben den Nachttisch.
"Kannscht du nischt leischer schein? Isch verschuche schu schlafen!", drang eine verärgerte, ölige Stimme aus einem Bett weiter. Überrascht drehte ich mich zu der Person, welche gesprochen hatte. Snape. Was wunderte es mich. Bei seinen Worten drangen immer noch kleine Seifenblasen aus seinem Mund und er verschluckte sich gelegentlich an seiner eigenen Spucke - verzeiht, ich vergaß - Seife meinte ich natürlich.
"Wie bitte, Schniefelus? Ich habe dich akustisch nicht verstanden. Du nuschelst mir zu sehr!", flüsterte ich kurz darauf provokant grinsend und huschte hinüber zu seinem Bett, um davor stehen zu bleiben.
"Lasch misch einfasch in Frieden, Pettigschu!" Viele Seifenbläschen stiegen blubbernd zur Decke.
"Lass du mich selber in Frieden, Snape! Du hast doch angefangen. Du hast im Zug angefangen, du hast beim Frühstück angefangen und generell! Merlin weiß was kommt als nächstes!" Ich gestikulierte wild stark mit meinen Armen in der Luft herum. "Eigentlich hatte ich dieses Jahr wirklich gedacht, es könnte anders werden. Ich dachte, wir könnten die alten Anfeindungen begraben, eventuell Frieden schließen, aber nein! Snape muss das mit der ersten Begegnung im Zug direkt kaputt machen! Wir sind hier doch nicht mehr im Kindergarten! Benehme dich gefälligst, Severus Snape! Und da du ja so gerne wolltest, dass ich dich in Frieden lasse, werde ich genau das tun! Ja, einen Teufel werde ich tun! Nie wieder werde ich ein Wort mit dir sprechen, dich verhexen oder argh! Merlin habe Gnade mit dir!"
Und damit stürmte ich aufgebracht aus dem Krankensaal.
Die kleine Träne, welche sich nach meinem Ausbruch in Snapes Auge geschlichen hatte, bemerkte ich bei meinem Abgang nicht.
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Nach meinem kleinen Wutanfall im Krankensaal war ich Snape nicht ein weiteres Mal begegnet. Weder in der großen Halle, noch bei meinen gelegentlichen nächtlichen Streifzügen durch die Schule, wenn ich mal wieder frische Luft und einen klaren Kopf brauchte, oder im Unterricht mit den Slytherin's. Und ich war auch recht froh darüber.
Die meisten Schlangen waren wieder aus dem Krankenflügel entlassen worden, Einzelfälle mussten noch mehrere Tage dort absitzen. Aber Snape war kein Einzelfall. Und deshalb wunderte es mich, dass ich ihn nicht in den gemeinsamen Unterrichtsstunden sah. Soweit ich wusste, war er nämlich, von Madame Pomfrey, wieder in den normalen Alltag zurück geschickt worden. Das hatte ich erfahren, als ich wieder einmal länger als die anderen bei Sirius geblieben war. Donnerstagabend.
Die Krankenschwester kam herein, erklärte zuerst Sirius und danach Snape für gesund. Am Tag darauf hatten beide den Krankenflügel verlassen.
Es war nicht unbedingt so, dass ich Snape unter allen Umständen wieder begegnen wollte, wenn auch nur, um kurz zu sehen, dass er okay war, sondern... - na gut. Es war genau so. Ich wollte Snape sehen. Ich wollte wissen, wie es ihm ging, ich wollte erfahren, ob mein Ausbruch ihn mitgenommen hatte, ich wollte wissen, ob ihn mal wieder jemand gehänselt hatte. Ich wollte ihn sehen. Und wenn auch nur ganz kurz. Einen klitzekleinen Blick auf ihn werfen, ihn nur minimal abchecken. Warum, das wusste ich auch nicht so ganz genau.
Ich denke, nach dieser Geschichte würde ich meinen, ich hätte Gefühle für ihn entwickelt. Für meinen Feind, Severus Snape. Gefühle von Liebe und Zuneigung. Von Verlangen und Vertrauen.
Aber während ich vor meinem Zaubertrankbuch saß und durch die Buchstaben ins Leere starrte, entwickelte ich bloß das Interesse, ihn kennenlernen zu wollen. Mehr nicht.
Und obwohl ich ihm geschworen hatte, nie wieder auch nur ein einziges Wort mit ihm zu reden, nahm ich mir vor, ihn noch am selben Tag zu suchen, zu finden und ein vernünftiges Gespräch mit ihm zu führen. Mich bei ihm zu entschuldigen, mein Handeln und meinen plötzlichen Sinneswandel erklären und ihm ein Friedensangebot vorzuschlagen. Für ihn und mich.
Doch das brauchte ich gar nicht.
Heute war Freitag. Zaubertränke in der letzten Stunde. Slughorn machte gerade Theorie mit uns, wegen der UTZ's. Jeder freute sich auf das Wochenende und wartete praktisch nur darauf, dass es endlich zum Unterrichtsschluss leutete.
Dennoch war die Klasse in Schweigen gehüllt. Vorsichtig, mit gesenktem Kopf ließ ich meinen Blick einmal durch den Raum schweifen. Remus neben mir arbeitete konzentriert. Er las schnell. Seine Augen huschten wild über die Seite, bevor er zur nächsten sprang und das dort aufgelistete Wissen ebenfalls in sich verschlang. Danach blätterte er stumm und mit ein wenig Geraschel das Papier um und das Spiel wiederholte sich von vorn.
Irgendwann, ich würde sagen, es war Mitte der Stunde, riss jemand plötzlich die alte Holztür des Klassenzimmers auf, stolperte hinein und blieb dann verdutzt stehen, als wüsste er jetzt nichts mehr mit sich anzufangen.
Alle, eingeschlossen mir, blickten auf und starrten den Störenenden an. Er hatte kinnlanges, dunkles, ungewaschenes Haar, welches ihm in Strähnen vom Ansatz herunter fiel, seine Augen wirkten matt, er hatte deutliche Augenringe und auf seiner Stirn waren ein paar Pickel zu sehen. Die lange Hakennase und die dünnen Lippen. Sein hagerer Körper und seine alten Lederschuhe.
"Mr. Snape. Welch eine Freude, dass sie doch noch in meinem Unterricht erscheinen!", stieß Professor Slughorn aus, welcher sich als Erster wieder gefasst hatte. Gleich darauf brachen alle Schüler ins tuscheln aus und flüsterten hinter vorgehaltener Hand mit ihrem Nachbarn.
Nur ich starrte immer noch auf den Punkt, wo Snape eben noch gestanden hatte, welcher sich jetzt aber auf seinen Platz, ganz hinten, in der letzten Reihe gesetzt hatte.
"Fahrt bitte fort, meine Lieben!", versuchte Professor Slughorn seine Schüler zu beruhigen, während er auf stand, um die Tür, die Snape vergessen hatte zuzumachen, zu schließen.
"Wer ist mit Lektion zwei schon fertig?" Niemand meldete sich. Nicht einmal Evans oder Remus. Alle blickten nur stumm auf ihre Bücher und überflogen die beschriebenen Seiten.
"Nun denn", flüsterte Slughorn und er klang tatsächlich ein wenig, als hätte er gerade einen Kampf verloren.
Ich konnte mich nicht mehr konzentrieren. Meine Gedanken lagen einzig und alleine bei Snape. Wieso tauchte er erst jetzt auf? Was hatte er davor gemacht? Und wieso war das anscheinend so ermüdend? Was führte Severus Snape im Schilde? Ich wollte Antworten. Und die bekam ich auch. Darauf bedacht, das Slughorn wieder in seine Arbeit, welche aus Texte korrigieren bestand, vertieft war, drehte ich mich um, sodass ich diagonal an Sirius und James vorbei, direkt zu Snape sehen konnte. Vor entsetzten riss ich die Augen auf. Sein müder Blick lag auf mir. Seine Augenbrauen waren missbilligend in Richtung seiner verpickelten Stirn gezogen. Ich hob ebenfalls meine Brauen. Er schüttelte stumm den Kopf, doch ich schaute ihn vorwurfsvoll an. Dieses Gespräch, welches wir führten, war fast schon unheimlich. Ich verstand Snape genau, auch ohne das er mir irgendetwas sagte. Erst als Sirius plötzlich mit seinen Fingern (und einem breiten Grinsen auf seinen Lippen) vor meinem Gesicht herum schnippste, wandte ich meinen Blick ab und heftete ihn wieder auf das öde Zaubertrankbuch.
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Oh, wie ich wünschte, ich hätte nichts gesagt. Ein Fehler. Ja, das war es gewesen. Nichts Dramatisches, würde man meinen. Für mich allerdings der Weltuntergang. Mein Weltuntergang. Ich wusste nicht wieso, aber eines Abends, gegen Ende September, als alles friedlich schien und ich in meinem gemütlichen Himmelbett, im Jungenschlafsaal der Gryffindor's lag, da erzählte ich es ihnen.
Es war schon spät geworden. Beinahe elf. Remus, Sirius, James und ich hatten noch bis in die späte Abendstund' an unseren Schulaufgaben gearbeitet und geschuftet. Aber jetzt lagen wir alle in unseren Betten. Müde und erschöpft, von der benötigten Konzentration. Das ruhige Atmen vom Nachbarsbett aus gehörte zu James. Ich lauschte gespannt seinen langsamen Zügen, welche wie Balsam für meine Seele waren. Ich wusste nicht, ob er schon schlief. Seine Vorhänge waren auch nicht zugezogen. Vorsichtig spähte ich über den Rand meiner Bettdecke und warf einen kurzen Blick zu James, danach zu Sirius und Remus Betten.
Sie alle machten den Anschein, als würden sie schlafen. Aber ich wusste es besser. Sie schliefen nicht. Wir waren erst vor zehn Minuten nach oben gegangen, hatten uns dann einer nach dem anderen im Badezimmer die Zähne geputzt und das Gesicht gewaschen, wobei Sirius, wie zu erwarten, am längsten brauchte, und hatten uns danach ins Bett gelegt. Ich kannte keinen Menschen, welcher schon nach zwei Minuten einschlief, deshalb schien es mir quasi unmöglich direkt und auf der Stelle die Augen zu schließen und danach "weg" zu sein. Zugegebenermaßen ich kannte auch nicht sonderlich viele Menschen, aber, und zu meiner Verteidigung, diese drei Menschen kannte ich schon seit dem ich elf war und seit dem schlief ich auch Tag ein Tag aus (die Sommerferien nicht beachtet) mit ihnen in einem Zimmer. Dank meiner nächtlichen Streifzüge wusste ich auch, wann wer einschlief. Remus hatte mich ein paar mal "erwischt", er schlief, abgesehen von mir, immer als letztes ein. Sirius war wie ein kleines Baby. Sobald er die Augen zu machte dauerte es noch ungefähr fünfzehn mal "Ich kann nicht schlafen" und zwanzig mal die Bettdecke zurück schlagen, dann fiel er auch schon ins Land der Träume. Nur bei James wusste ich nie, wann er tatsächlich eingeschlummert war, denn er vergrub sein Gesicht meistens unter der Bettdecke. Deshalb atmete er auch immer so heftig, zumindest so laut, dass ich ihn in meinem Bett hörte.
Aber an jenem Abend geschah etwas, wo von ich dachte, es würde unsere Freundschaft gefährden. Ich erzählte ihnen von meinem Traum.
Vorgestern Abend. Ich konnte nicht schlafen, weshalb ich mich mal wieder aus dem Schlafsaal und schließlich auch aus dem Gemeinschaftsraum geschlichen hatte. Es war verboten, ja, das wusste ich, aber es war auch verlockend zu wissen, dass man etwas Verbotenes tat. Und das man jeder Zeit erwischt werden konnte. Jedenfalls hatte ich es gerade um die Ecke des Korridors geschafft, da hörte ich sie wieder. Die beiden Personen, die ich schon an meinem ersten Abend belauscht hatte. Die Slytherin's, die über Snape und über uns geredet hatten. Doch diesmal hörte ich genau, worüber sie sprachen. Und es schockierte mich.
"Dauernd schwafelt er komisches Zeug, wenn er schläft, über diesen... Pettigrew."
Meinen Namen sprach er aus, als wäre es Abschaum. Eine Gänsehaut legte sich mit einem Schaudern über meinen gesamten Körper. Und erst als ich wirklich verstanden hatte, erst als die Information wirklich bis durch, zu meinem Gehirn, gelangt war, verstand ich, was die Person überhaupt gesagt hatte. Jemand redete im Schlaf über mich.
"Wenn das so weiter geht, verrät er uns irgendwann noch."
"Stimmt. Wo er doch sonst immer so in seine dunklen Künste vernarrt war."
"Ja, eigentlich war er schon brauchbar."
"Na, das ist er doch immer noch!"
"Wie meinst du das?"
"Sieh mal: Er könnte doch für uns als Spion arbeiten. Er könnte vorgeben, sich in Pettigrew verliebt zu haben und ihn dann heimlich auszuspionieren."
Spionieren? Mich? Und vor allem wer?
"Ja, das klingt gut. Der dunkle Lord wird erfreut sein."
Die Personen verstummten, ihre Schritte waren kaum noch zu hören. Erst jetzt hatte ich es wieder gewagt, zu atmen. Keuchend lehnte ich an der Wand.
Mit einem Mal fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Sie hatten Snape gemeint. Severus Snape. Und wenn Snape zu stimmen würde, bei diesem hinterhältigen Plan, dann wäre das sehr sehr furchtbar.
Nicht nur, weil ich ihn kennenlernen wollte, nein, auch weil ich ihn nicht einfach hätte verstoßen könnte. Ich hatte nämlich die leise Ahnung, mein Herz würde das nicht mitmachen. Snape, ja Snape, war mir irgendwie... ans Herz gewachsen? Oh du lieber Merlin! Das kann nicht gut ausgehen!
Müde und vor allem überfordert schlurfte ich zurück in den Gemeinschaftsraum, stieg die Treppen zum Jungentracht empor und fiel einfach so, wie ein Brett, auf mein Bett. Dort träumte ich von Snape. Snape, wie er versuchte mich anzumachen, Snape, wie er mit mir flirtete, Snape, wie er mich küssen wollte.
Aber das schlimmste war, mir gefielen all diese Vorstellungen, welche sich in der Nacht in meinem Kopf abgespielt hatten! Merlin!
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Und so kam es dazu, dass ich meinen besten Freunden davon erzählte. Von dem Gespräch, welches ich mitgehört hatte, den Teil, dass Snape im Schlaf von mir geschwafelt haben sollte, ließ ich außen vor, von meinem anschließendem Traum und Snape's Flirtversuche, dass es mir gefallen hatte, ließ ich ebenfalls weg, und schließlich fragte ich nach ihrem Rat. Es tat gut, sich einfach mal alles von der Seele geredet zu haben. Ich wusste nicht einmal sicher, ob sie noch wach waren, aber ich vermutete, die restlichen Rumtreiber schliefen schon. Ich hatte einfach alles erzählt, ohne, dass ich genau wusste, ob mir irgendwer zugehört hatte. Es war ein bisschen wie Tagebuch schreiben, nur das man stattdessen quatschte.
Remus war der erste und auch der einzige, der etwas zu meinem Traum und dem Gespräch der Slytherin's sagte.
"Wir müssen aufpassen." Seine Stimme durchbrach den Schlafsaal wie ein scharfes Messer; augenblicklich wirkte die Stimmung und auch die Luft im Raum ziemlich angespannt.
Zischend atmete ich aus. Diese Nacht würde es schwer werden, einzuschlafen.
Zwei dicke, lilafarbene Ringe prankten unter meinen Augen. Dort hatten sie es sich letzte Nacht gemütlich gemacht.
Und aus Erfahrung wusste ich: Wenn sie einmal aufgetaucht waren, wurde man sie so schnell nicht mehr los.
Ein Glück war heute Samstag. Somit konnte ich erstmal lange ausschlafen und mich von der letzten Nacht erholen und zum zweiten musste ich heute niemandem über den Weg laufen, es sei denn, ich wollte den Plan, welcher mir letzte Nacht, kurz vor dem Einschlafen, noch in den Sinn gekommen war, verwirklichen: Snape suchen, ihn ansprechen und mich mit ihm unterhalten und zwar über nichts geringeres als die beiden Slytherin's, welchen ich nun schon mehrmals nächtlich begegnet war. Beziehungsweise welche ich durch Zufall belauscht hatte.
Remus, Sirius und James wussten von diesen geheimen Plänen nichts. Soweit ich darüber Bescheid wusste, würden die drei heute nach Hogsmeade gehen. James eventuell mit Evans, es sei denn sie hatte ihm das Date mal wieder ausgeschlagen, und Sirius mit Remus.
Nach dem Frühstück hatten sie mich gefragt, ob ich mitkommen wollte, aber irgendwie hatte ich das Gefühl, die beiden wünschten sich im Geheimen, ich würde das Angebot ausschlagen, damit sie zu zweit gehen konnten. Irgendwie versetzte es mir einen Stich im Herzen, dass sie mich nicht dabei haben wollten. Trauer überkam mich, als würde er wie eine dicke Schneelawine über mir zusammen brechen und mich darunter begraben. Vielleicht war da ja was im Busch?
Aber Remus und Sirius? Das passte doch irgendwie vorne und hinten nicht! Aber wenn ich genauer darüber nachdachte, kam mir dieser Vorschlag gar nicht mehr so surreal vor. War es möglich, dass die beiden... schwul waren? Beim besten Willen des Merlin, nein!
"Peter, hast du Lust, mit nach Hogsmeade zu kommen? Wir wollen direkt nach dem Frühstück aufbrechen!"
"Was ist mit James? Will der nicht mitgehen?"
"Stell dir vor! Evans hat tatsächlich mal zugestimmt, mit ihm auf ein Date zu gehen! Ich weiß, ich weiß! Das ist unmöglich, aber(!) er hat's geschafft!"
"Wie schön für die beiden! Hmm, ich überlege mal, ich weiß nicht so genau, irgendwie habe ich nicht so Lust, mitzukommen."
"Oh, geht es dir nicht gut, Peter? Du wirkst so abwesend und hmm, ich weiß auch nicht. So lustlos?"
"Und du hast gerade abgelehnt, mit nach Hogsmeade zu kommen!"
"Hmm"
"Na, ansonsten können wir beiden Hübschen es uns auch mal so richtig gemütlich machen, Moony."
Ein Zwinkern von Sirius. Moony errötete.
Das war meine Bestätigung, welche ich gebraucht hatte.
"Nein, geht nur! Vielleicht komme ich nach. Auf jeden Fall habe ich noch was vor. Viel Spaß!" Ein bescheidenes Lächeln legte sich auf meine Lippen, als ich sah, wie glücklich Sirius und Remus miteinander wirkten.
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Als Sirius und Remus sich verabschiedet hatten und auch James mit Evans los gezogen war, begann ich meine geheime Suche nach Snape. Anfangs streifte ich nur ein wenig durch die Gänge, hielt gelegentlich Ausschau nach ihm, einer unscheinbaren Silhouette, doch nach einiger Zeit konzentrierte ich mich mehr auf mein Ziel, sah in den hintersten Winkeln und Ecken nach, bis mir irgendwann, mit einem Schlag, die Karte des Rumtreibers wieder einfiel. Natürlich! Die Karte. Wie konnte ich nur so dumm gewesen sein?
Mit einem Affentempo sprintete ich los, legte den Weg zurück, welchen ich vorhin eingeschlagen hatte und kam schließlich am Portrait der Fetten Dame an. Sie begrüßte mich mehr oder weniger freundlich, ließ mich nach einer langen Disskussion um das Passwort endlich herein, sodass ich, ohne auf irgendwen oder irgendwas zu achten, die Treppe zum Schlafsaal der Jungen hoch stürmte.
Da ich nicht auf meinen Weg achtete und mich viel zu sehr auf das Ziel fokussiert hatte, stolperte ich irgendwann über eine Stufe, gerät ins Straucheln, doch konnte mich aus unerfindlichen Gründen noch retten, bevor ich mit einem PLUMPS auf meinem Hintern gelandet und die Treppe herunter gepurzelt wäre.
Mit Mühe klammerte ich mich am Geländer fest, an welchem ich mich schlussendlich auch hoch zog, bevor ich die Tür zu unserem Schlafsaal aufstieß und zu der kleinen Kommode mittig des Zimmers stolperte. Wild mit den Armen rudernd fing ich mich auf, bevor ich irgendwelchen Schaden anrichten konnte. Hastig zog ich die oberste Schublade auf, kramte zwischen Sirius Boxershorts und James Socken nach der Karte. Hier hatten wir sie gestern Abend hingelegt. Natürlich, James oder einer von den anderen Rumtreibern hätte sich die Karte für den heutigen Tag ausleihen können, aber sie hätten sicher Bescheid gesagt.
Nach etlichen suchen, was mich eine Menge an Zeit, Anstrengung, Disziplin und Motivation gekostet hatte, fand ich das hinterhältige Stück Pergament schließlich unter Moonys Schokoladenpapier auf seinem Nachtschrank.
Geschwind entfaltete ich die Karte, tippte mit der Spitze meines Zauberstabs auf die Mitte und sprach feierlicher als ich mich in diesem Moment fühlte die Worte "Ich schwöre feierlich, dass ich ein Tunichtgut bin!" aus.
Tinte erschien auf dem Fetzen und bildete die Umrisse von Korridoren, Hallen und Geheimgängen nach. Mein Blick huschte über die vielen kleinen Fußpaare, welche sich langsam und zielstrebig über das Pergament bewegten, als wollten sie vor mir und meinen Augen flüchten. Snape zu finden war schwer. Nach zehn Minuten hatte ich ihn endlich. Er war einfach so im Bild erschienen, demnach schlussfolgerte ich, dass er sich im Raum der Wünsche aufgehalten hatte und seinen Aufenthalt dort nun für beendet erklärte. Seine Füße trippelten den Korridor entlang, bogen links ab und stiegen die Treppen herab.
Rasch steckte ich die Karte in die Tasche meines Umhangs, riss die Tür des Schlafsaals auf und rannte die Treppe herunter. Im Gemeinschaftsraum saßen Dorcas Meadows und Emmeline Vance auf den zerschlissenen Sesseln. Sie wärmten sich die Hände am Feuer, wahrscheinlich waren sie gerade Draußen gewesen, und schauten mir verdutzt hinterher, als ich den Turm betrat, durch querte und rasch wieder verließ.
"Du schon wieder", murmelte die Fette Dame genervt. Ich leierte mit den Augen und streckte ihr die Zunge heraus, worauf sie sich empört mit ihrem Bildnachbarn über die "ungezogene Jungend von heute" unterhielt.
Meine Beine trugen mich durch sämtliche Korridore und an etlichen Klassenzimmern vorbei, bis ich an einer unbeobachteten Ecke die Karte auspackte, um mich zu vergewissern, dass ich noch immer der richtigen Fährte folgte. Aber Moment mal! Das konnte doch nicht wahr sein. Die Karte zeigte zwei Personen, die dicht beieinander im Klassenraum für Arithmatik standen. Seeehr dicht. Aber... war James nicht mit Evans bei einem Date? Und nahm Snape nicht den Weg in die Keller? Die Karte lügt nie, schalt sich mein Gedächtnis wieder ein. Vorsichtig schlich ich zum Klassenzimmer von Professor Sinistra. Fest drückte ich mein Ohr an die Tür. Nichts. Weder Stimmen noch Schritte oder sonstiges.
Die nächsten Ereignisse passierten wie in Zeitlupe. Die Klinke wurde von der Innenseite aus herunter gedrückt, ich stolperte ungünstig in den Klassenraum herein. Snape fing mich gerade so noch in seinen Armen auf. James sah mich ungläubig an. Ich hörte die Zahnrädchen, die sich quasi in jedem unserer Köpfe auf Hochturen drehten.
Entsetzt löste ich mich aus Snape's Armen, bevor ich aus dem Saal stürmte, die Karte in der Hand und mich in einer dieser armseligen Nischen versteckte, in welcher sonst eklige, knutschende Paare Speichel miteinander austauschten und sich daran aufgeilten.
Ein tiefer, zischender Schmerz zog sich durch mein kleines Herz. Ich hörte es förmlich in zwei brechen.
"Peter!" Die Stimme von James drang gedämpft zu mir durch. Was die beiden wohl dort im Klassenzimmer, so ganz alleine, getan hatten? Ob sie sich... berührt hatten? Ich musste kräftig schlucken, bei dem Gedanken daran, wie James und Snape... Mir graute es. Beim besten Willen, das wollte ich mir nicht vorstellen!
"James, geh nur, wirklich. Ich finde ihn schon. Nicht, das es-", eine beachtliche Pause traf ein, "-noch auffliegt. Das können wir uns beide nicht leisten. Nun geh schon!" Snapes lieber, fürsorglicher Ton bereitete mir eine Gänsehaut. Ich wünschte, so würde er mit mir umgehen.
Stille. Dann Schritte. Ich nahm an, James entfernte sich und machte sich wieder auf den Weg zum Gemeinschaftsraum. Oder er besorgte sich Evans, als kleine Ablenkung, überlegte das kleine Teufelchen in mir hämisch.
Ich lauschte, versuchte keinen Mucks von mir zu geben, während ich den Atem anhielt und auf ein Zeichen von Snape wartete.
---
"Pettigrew. Komm raus da. Ich weiß, dass du da drin bist. Ich sehe dich.", erklang die schneidende Stimme von Snape.
Mein Herz schlug heftig.
"Komm schon. Ich will nur reden."
"Und über was?" Meine Stimme hörte sich zerbrechlich an. Und ängstlich.
"Über das... was du da gerade gesehen hast." Es war mir, als hörte ich Reue in seinen Worten.
"Aha. Dann rede." Kalt. So fühlte ich mich und so klang ich auch.
"Nein, ich will mit dir reden. Nicht einfach so, ohne das du nicht wirklich hinhörst. Verstanden?" Snape hingegen klang genervt. Als würde man ihn auf eine Probe stellen, wie lange er noch durchhalten würde, mit mir zu diskutieren. Als würde ich ihn auf diese Probe stellen.
"Mhm"
Eigentlich meinte ich: "Es ist mir egal."
"Peter! Sei nicht so stur und beweg deinen Hintern jetzt in meine Richtung!"
"Ich will nicht mit dir reden, Severus! Ich habe genug gesehen und ich weiß auch was ich da gesehen habe! Lass mich in Ruhe!"
"Aber es ist nicht so wie es aussieht, beim Barte des Merlin!" Wut.
"Oh, wie sieht es denn dann aus?", höhnte ich.
"Wenn ich es dir mal erklären dürfte, dann wüsstest du es."
"Es war eine rhetorische Frage! Rhe. To. Risch!"
"Schieb dir dein rhetorisches Gedöns sonst wo hin!"
"Seh ich für dich vielleicht schwul aus?"
"Soll ich ehrlich sein?"
"Nein! Und jetzt lass mich endlich in Ruhe, verstanden?!", reif ich aufgebracht.
"Nein, das habe ich nicht. Bitte, Peter. Lass mich dir erklären, was wirklich da drinnen vorgegangen ist. Vielleicht verstehst du es dann. Und wenn nicht, ist es auch nicht schlimm, danach kannst du mich hassen, so viel du möchtest, ja, du kannst mich ignorieren, es ist mir egal. Zumindest werde ich so tun, als sei es mir egal. Bitte, Peter. Nur fünf Minuten. Ich will, dass du weißt, was wirklich passiert ist."
"Du hast drei Minuten."
"Können wir wenigstens in das Klassenzimmer gehen? Ich bin nicht so scharf darauf, dass jeder-" "Zwei Minuten und 40 Sekunden."
"Na gut, na gut. Beruhig dich."
"Fängst du jetzt mal an? Ich habe nicht ewig Zeit."
"Hmm, ich weiß nicht genau, wie ich beginnen soll. Bitte, Peter, können wir das in Ruhe klären?" Zweifel mischte sich in seine Stimme.
"Für dich immer noch Pettigrew, Snape."
Ich wusste selbst nicht, warum ich mich so kalt und abwesend ihm gegenüber verhalten hatte. Vielleicht störte es mich, dass ich ihn (zusammen) mit James im Arithmatik-Klassenraum erwischt hatte. Vielleicht war ich eifersüchtig. Aber wie sollte ich eifersüchtig sein, ohne das ich wüsste, worauf? Wie sehr mochte ich Snape, dass er mir nicht egal sein konnte? Was hatte er bloß mit mir gemacht?
Und ohne, dass ich wusste, wie mir geschah, brach ich heulend in mich zusammen und kauerte dort auf dem kühlen Steinboden.
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Kann man in jemanden verliebt sein, ohne ihn richtig zu kennen? Gibt es so etwas wie Liebe auf den ersten Blick? Seelenverwandschaft? Ich glaube kaum. Und bis vor wenigen Tagen war ich auch noch der festen Überzeugung, dass ich mich nie grundlos in jemanden verlieben würde, den ich eigentlich hasste. Wie gesagt, bis vor wenigen Tagen.
Ich lag im Krankenflügel. Umhüllt von weißen Decken, Kissen und vielen Süßigkeiten meiner Freunde. Sie besuchten mich oft. Auch Snape, entschuldigt mich, Severus meine ich, hatte ein paar mal nach mir gesehen.
Er hatte mir auch erklärt, was passiert war, wie es dazu kam, dass ich in einem der Krankenbetten von Madame Pomfrey lag und er hatte mir berichtet, was wirklich zwischen James und ihm war.
Alles fing schon viel früher an. Genau genommen nach dem Aufstehen. James hatte viel weniger geschlafen als ich, in jener Nacht, als ich meinen besten Freunden die Geschichte erzählte, wie ich mal wieder bei den beiden Slytherin's mit zugehört hatte. Die ganze Nacht konnte er deswegen nicht einschlafen. Es beunruhigte ihn, zu wissen, dass Snape eventuell an mir interessiert war. Er dachte, Severus könne mich auf die dunkle Seite ziehen, mich zu einem Todesser machen. Deshalb schrieb er direkt nachdem er aufgewacht war einen Brief an Severus, in welchem er ihn zu einem Gespräch zu zweit bat. Im Arithmatik-Klassenzimmer. Severus hatte lange überlegt, ob er dem Treffen zustimmen sollte, schließlich waren sie damals bis heute verfeindet gewesen, aber da James so ehrlich und auch spontan geschrieben hatte, und er es kindisch fand, dieser Verabredung zu verweigern, stimmte er zu.
James hatte erzählt, er würde mit Lily auf ein Date gehen. Zufälligerweise war an diesem Samstag Hogsmeade-Wochenende. Niemand hatte diese Tatsache hinter fragt, schließlich hofften (fast) alle auf die Zustimmung von Lily. James nutzte also diese Ausrede, um in Ruhe mit Severus zu reden.
Bevor ich auf die Karte geschaut hatte und - zu meinem Entsetzen - Severus und James darauf gesichtet hatte, waren die beiden auf dem Weg zum Klassenraum von Professor Sinistra. James, als mein Freund, wollte Klarheit, er wollte mich beschützen, wollte wissen, ob die Gerüchte wirklich stimmten, ob die anderen Slytherin's recht hatten. Snape hatte nichts dazu gesagt. Deswegen hatte James ihn mit seinem Zauberstab bedroht. Er hatte ihn an die Wand gedrängt, ganz dicht. Auf der Karte der Rumtreiber sah dies allerdings anders aus, eher als würden sie... nun ja, miteinander rummachen.
Nachdem ich auf dem Steinboden der kleinen Nische zusammen gebrochen war, brachte Severus mich in den Krankenflügel. Madame Pomfrey sorgte sich sehr lieb um mich.
Heute war Dienstag. Severus hatte mir versprochen, heute zu kommen, sobald er Schulaus hatte. Er würde mir ein bisschen Süßkram mitbringen. Mein Herz schlug schneller, als ich daran dachte, wie glücklich er mir letztes Mal zu gelächelt hatte. Ich dachte an all diese Momente, in welchen mich eine Gänsehaut überfuhr, wenn er mich mit seinen dunklen, tiefen Augen angeschaut hatte. Ich dachte an unsere erste Begegnung in diesem Schuljahr, im Zug. Als er mir gesagt hatte, wie sehr er mich hasste. Als ich es erwidert hatte.
Wie erleichtert ich darüber war, als er mir die Wahrheit erzählt hatte. Wie die Eifersucht auf James verdrängt wurde.
Und auf einen Schlag wurde mir klar: Ich hatte mich in Severus Snape verliebt. Meinen Erzfeind.
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Die rechte Flügeltür zum Krankenzimmer öffnete sich quietschend. Herein lugte Severus Snape, den Jungen, in den ich mich verliebt hatte, obwohl ich ihn nicht kannte. In den ich mich auf Grund seines Erscheinungsbildes, auf Grund seiner Art, wegen seinem Verstand, seinem Mut, wegen all seiner Macken, wegen seiner Schönheit, wegen ihm verliebt hatte.
"Hey." Severus lächelte. Ich tat es ihm gleich.
"Hi."
"I-ich habe dir deine Schulaufgaben mitgebracht. Potter wollte eigentlich vorbei kommen, Black und Lupin auch. Aber ich habe ihn im Gang abgefangen und ihn gefragt, ob ich heute einmal mit dir alleine sein könnte. Wie lange meinte Poppy nochmal, hält sie dich hier noch gefangen?", fragte er, während er die Bücher, die Feder, das Pergament und das Tintenfass auf einen Tisch stellte und sich lässig auf den Stuhl für Besucher neben meinem Bett gleiten ließ.
"Nicht mehr lange. Bis Donnerstag. Sie meinte, sie hat sonst niemanden, den sie versorgen kann, da muss sie das auch mal ausnutzen." Ein kleines Lachen entfloh Severus Kehle und ich begann automatisch zu strahlen. Es machte mich glücklich.
"Ich habe dir übrigens auch Süßigkeiten mitgebracht. Frisch aus dem Honigtopf stibitzt." Er zwinkerte.
"Das gehört sich aber nicht, Severus.", sagte ich streng, ich wollte nicht, dass er für mich klaute.
"Ich dachte, du wärst ein Rumtreiber", erwiderte er keck.
"Hey!", empörte ich mich.
Meine Hände griffen nach der Schokoladenpackung, die Severus mir hin hielt.
"Was sagen eigentlich Sirius und Remus dazu, dass wir jetzt... Nun ja. Besser miteinander auskommen?"
"Du meinst Black und Lupin? Sie haben mich nur giftig angeschaut. Black sah aus, als würde er jeden Moment in die Luft gehen. Und Lupin, er ist sofort wieder abgezogen. Hat Black mit sich geschleppt, damit er keinen Schaden anrichtet, glaube ich."
"Die beiden sind immer noch meine Freunde, Severus. Ich glaube, in Zukunft müsst ihr miteinander auskommen.", sagte ich langsam und auch ein wenig betrübt.
"Ja, das glaube ich auch. Nur will ich das nicht." Ein kleiner Auflacher.
"Du weißt, wen ich wählen würde, wenn ich mich entscheiden müsste?", fragte ich ihn vorsichtig.
"Das ist mir voll und ganz klar. So klar wie Klosbrühe." Er schaute mir tief in die Augen. Niemals könnte ich ihn verlassen. Nein, ich könnte mich nicht entscheiden. Ruhig sah er mich an. Meine Knie wurden weich, die Schmetterlinge in meinem Bauch feierten eine dicke, fette Party und die Schokoladenpackung rutschte aus meiner Hand und landete mit einem lauten Kancken auf dem Steinboden. Sanft beugte Severus sich vor, legte eine Hand sachte auf dem Kissen, neben meinem Kopf ab. Seine Lippen streiften die meine, wir verloren uns in einem Kuss. Vielleicht war im Moment nicht alles gut, vielleicht war nie alles gut. Aber vielleicht ließ mich dieser Kuss gut fühlen. Vielleicht ließ er mich gut fühlen. Und vielleicht war das alles was zählte.
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