2. Dadosaft
PoV Dado
Als ich aufwachte, fühlte ich mich total seltsam. Ich wusste nicht mehr genau, was passiert war sondern erinnerte mich nur noch schwammig an einen weißen Raum und eine Stimme. Aus irgendeinem Grund machte sie mir Angst. Als ich meine Augen öffnete, sah ich alles gestochen scharf.
Jeder Umriss war ungewöhnlich klar zu erkennen und auch die Farb – und Lichtverhältnisse konnte ich so deutlich sehen, dass es schon fast wehtat. Verwundert blickte ich mich im Raum um und merkte dabei erschrocken, dass sich auch mein Gehörsinn drastisch verbessert hatte. Ich konnte jede meiner Bewegungen nicht mehr nur spüren sondern auch hören.
Misstrauisch stand ich auf, um etwas zu testen – und mein Verdacht bewahrheitete sich; auch mein Geruchssinn war unnatürlich gut. Als ich mir ein winziges Bisschen von meinem Deo auf den Handrücken sprühte, konnte ich direkt nahezu alle Bestandteile einzeln herausriechen. Und als ich instinktiv den Mund etwas öffnete, konnte ich sie auch schmecken. Geschockt setzte ich mich wieder auf meine Bettkante und starrte an die Wand. Was war passiert, dass ich plötzlich so starke Sinneswahrnehmungen hatte?
Angestrengt versuchte ich mich wieder zu erinnern, was in der letzten Zeit vorgefallen war, doch das letzte Ereignis, das ich noch deutlich abrufen konnte, war ein Gespräch mit meinem besten Freund Fabian. Wir hatten telefoniert und überlegt, uns mal zu treffen. Und später hatten wir noch kurz geschrieben. Was dann passiert war, wusste ich nicht mehr. Gedankenverloren griff ich nach meinem Handy, das auf meinem Nachttisch lag und zum Glück angesteckt war.
Eine dünne Staubschicht lag darauf.
Das konnte nichts Gutes heißen. Nervös drückte ich den Power – Button, um kurz darauf einen riesigen Schreck zu bekommen. Ich hatte über tausend verpasste Anrufe und die Zahl meiner ungelesenen Emails, WhatsApp und SMS Nachrichten war so groß, dass sie schon nicht mehr angezeigt wurden. Doch das war es nicht, was mich so schockte.
Es war das Datum.
6. Juni 2017. (AN: Da hat meine Sis Geburzeltag ^^) Das Gespräch mit Fabian hatte ich Anfang 2016 geführt. Was war bitte passiert, dass ich keine Erinnerungen mehr an einen Zeitraum von fast eineinhalb Jahren hatte? Panisch tippte ich das WhatsApp Symbol auf meinem Display an, was zur Folge hatte, dass sich mein Handy erst mal für fast fünf Minuten aufhängte. Als man es endlich wieder normal bedienen konnte, scrollte ich durch die Chats. Meine Eltern hatten mich tausende Male gefragt, wo ich war. Auch die Chatverläufe mit meinen Geschwistern waren voll von Fragen über meinen Verbleib. Viele meiner Freunde und YouTube Kollegen hatten mich das Selbe gefragt, doch mich interessierte nur ein Chat: Der mit Fabian. Von ihm hatte ich die meisten Nachrichten bekommen, die letzte vor drei Tagen. Ich scrollte eine Ewigkeit nach oben, bis zum letzten Text meinerseits. Ich hatte geschrieben:
17. Januar 2016, 21:46 Uhr
Ich muss dir was sagen
Dann kamen nur noch Nachrichten von Fabian. Neugierig fing ich an zu lesen:
>> 17. Januar 2016, 21:47 Uhr
Was denn?
Hallo?
Dado?
Was ist los, schreib halt!
Ok ich geh offline, bis morgen
18. Januar 2016, 9:27 Uhr
Hi
So, jetzt schreib, was du mir gestern noch sagen wolltest.
13:07 Uhr
Oder auch nicht...
Bitte!
23:14
Jap.
19. Januar 2016, 17:31 Uhr
Willst du mich pranken?
19:11 Uhr
Ach komm Dado bitte!
21. Januar 2016, 11:48 Uhr
Hast du die blauen Haken ausgestellt oder liest du meine Nachrichten nicht?
22: 24 Uhr
Ok es wird lächerlich, antworte bitte.
30. Januar 2016, 13:45 Uhr
DADO!! Wo bist Du? Ich mach mir Sorgen, du hast dich jetzt fast zwei Wochen lang bei niemandem mehr gemeldet, was ist denn los?
21:58 Uhr
Bitte antworte!
4. Februar 2016, 7:23 Uhr
Ich hab gerade einen Anruf von der Polizei bekommen, dass du vermisst gemeldet wurdest und ob ich was über deinen Verbleib weiß. Bitte Dado antworte! Ich mache mir solche Sorgen!
7. Februar 2016, 14:12 Uhr
Ich habe Angst. Um dich!
12. März 2016, 23:59 Uhr
Dado, ich kann nicht aufhören, darüber nachzudenken, was du mir noch sagen wolltest! Ich vermisse dich!
1.April 2016, 9:48 Uhr
Was würde ich nicht alles dafür geben, jetzt eine Nachricht von dir mit „April, April" zu bekommen...
23:58
Schade.
4. Mai 2016, 12:38 Uhr
Du giltst jetzt offiziell als vermisst. Die Polizei sucht nach dir. Bitte komm zurück!
12.Mai 2016, 17:59 Uhr
Was wolltest du mir damals sagen? Ich wollte dir an diesem Tag auch etwas sagen. Aber ich hab mich nicht getraut. Ich hatte gehofft, du würdest den ersten Schritt machen, aber das hast du nicht. Also mache ich das jetzt. Ich liebe dich.
23: 39 Uhr
Fuck <<
Inzwischen standen mir Tränen in den Augen. Ja, er hatte Recht gehabt, ich hatte an diesem Abend endlich den ersten Schritt machen und ihm meine Liebe gestehen wollen. Und dann hatte ich ihn alleine gelassen. Den Rest der Nachrichten überflog ich nur noch. Alles genau durchzulesen hätte ich nicht ausgehalten. Er hatte mir fast täglich geschrieben. Anfangs, dass er sich Sorgen um mich machte. Später auch anderes, was gerade bei ihm passierte, wie es ihm ging, wie es meiner Familie ging und dass er sich Sorgen um mich machte. Irgendwann, dass er angefangen hatte sich zu ritzen.
Bei diesen Worten lief mir die erste Träne über die Wange und landete auf meiner Hose, wo sie einen dunklen Fleck hinterließ. Die folgenden Nachrichten waren von Trauer begleitet. Man merkte daran, wie er schrieb, dass er immer depressiver wurde. Immer öfter schickte er mir Bilder von seinen Unterarmen, Oberschenkeln und sogar seinem Bauch, auf die er sich immer wieder meinen Namen geritzt hatte, wie ein ständig wiederkehrendes Tattoo. Das Datum näherte sich immer weiter der Gegenwart. Und am 17. April fiel zum ersten Mal das Wort, vor dem ich mich so gefürchtet hatte: Selbstmord.
Immer wieder schrieb er darüber, dass er nicht mehr weiterleben konnte und wollte. Dass er aufhören wollte und dass ihn nur der Gedanke an meine Rückkehr noch am Leben hielt. Und schließlich war ich bei der letzten Nachricht angelangt.
>> Lieber Dado, ich werde jetzt aufhören. Nein, noch bringe ich mich nicht um, aber ich werde versuchen dich zu vergessen. Ich gehe an der Sorge kaputt. Die Hoffnung, du könntest ja geschrieben haben und die Enttäuschung, weil du es nicht getan hast. Ich muss jetzt loslassen und mich der Zukunft und meinem Leben stellen. Solltest du das jemals lesen, hoffe ich, dass du damit zurechtkommst. Vielleicht werden wir wieder Freunde. Aber ich muss versuchen, meine Gefühle für dich zu vergessen. Ich dachte immer, die große Liebe zu finden wäre toll. Jetzt habe ich sie gefunden und sie hat mich an den Rand des Wahnsinns gebracht. Ich werde dir nicht mehr schreiben. Es tut mir so leid.
(Noch) in Liebe, Fabi <<
Meine Kehle war trocken und stumme Tränen rannen in Strömen über mein Gesicht. Mein Gehirn war wie benebelt. Ich hatte keine Ahnung, was ich machen sollte. Mein Zeitgefühl hatte ich verloren, doch als ich irgendwann wieder einen Blick auf das Display meines Smartphones warf, bemerkte ich, dass über zwei Stunden vergangen waren. Mein Hals kratzte und vom Weinen war ich furchtbar durstig.
Langsam stand ich auf und lief ins Bad, um etwas zu trinken. Als ich mir ein Glas mit Wasser gefüllt hatte, fiel mein Blick auf den Spiegel und bei meinem Anblick erschrak ich so sehr, dass ich das Glas fallen ließ. Klirrend zersprang es auf dem Boden. Natürlich war es ungewohnt, mich auf einen Schlag um eineinhalb Jahre gealtert zu sehen, doch das, was mich wirklich schockierte, waren meine Ohren.
Nicht die normalen, die immer noch seitlich an meinem Kopf waren, nein, das zweite Paar, das spitz zulaufend und mit Fell bedeckt auf meinem Kopf saß und aussah wie von einer Katze.
Vorsichtig berührte ich sie. Sie fühlten sich wirklich an wie Katzenohren. Und ich konnte die Berührung auch in meinem zweiten Ohrenpaar spüren. Aber wieso waren mir Katzenohren gewachsen? Ich hatte den unangenehmen Verdacht, dass es etwas mit meinem Verschwinden zu tun hatte, als mir plötzlich ein weiterer schockierender Gedanke kam und ich mir vorsichtig, fast schon ängstlich selbst über die Schulter lugte.
Und tatsächlich, ich hatte einen Katzenschwanz. Schockiert sah ich wieder nach vorne in mein Spiegelbild und bei genauerer Betrachtung fiel mir auf, dass meine Pupillen etwas länglicher geworden waren und meine Nase stupsiger war als zuvor. Es bestand kein Zweifel, ich war zur Halbkatze geworden. Aber warum? Plötzlich kochte Panik in mir hoch. Ich konnte nicht sagen, was mich so ängstigte, ich hatte einfach eine unfassbare Angst in mir, die mich überwältigte und ein Wimmern aus meiner Kehle erklingen ließ.
Aus einem plötzlichen Instinkt heraus verließ ich fluchtartig das Bad und stand jetzt wieder in meinem Zimmer. Hektisch fing ich an, Schränke, Regale und Schubladen zu durchwühlen. Ich hatte keine Ahnung, wonach ich suchte, ich hoffte einfach auf einen Hinweis, was mit mir passiert sein könnte. Irgendwann kam ich langsam wieder zur Besinnung und mir wurde klar, dass es sinnlos war, was ich hier tat. Weinend brach ich auf meinem Bett zusammen und rollte mich zu einer Kugel. Plötzlich spürte ich unter mir einen eckigen Gegenstand, der sich als mein Handy herausstellte. Zögernd entsperrte ich es. Der Chat mit Fabian war immer noch geöffnet, also begann ich, einen Text einzutippen.
>> Hallo Fabi,
ja, ich schreibe dir wieder. Es tut mir leid, dass du dir solche Sorgen um mich gemacht hast. Ich habe keine Erinnerung mehr an das, was passiert ist, während ich weg war. Aber vielleicht ist es wirklich gut, wenn du mich einfach vergisst.
Dado <<
Bevor ich lange überlegen konnte, schickte ich die Nachricht einfach ab. Einige Sekunden später färbten sich die Häkchen blau und Fabian tippte etwas ein. Dann löschte er es wieder und tippte neu, so ging das einige Minuten lang, bis er endlich eine Nachricht abgeschickt hatte. Drei Worte:
>> Bin gleich da <<
Was? Nein! Er sollte mich nicht so sehen, als Katze! Und er sollte auch die Wohnung nicht zu Gesicht bekommen, im Bad das zersprungene Glas auf dem Boden und mein ganzes Zimmer durchwühlt. Ich hatte keine Ahnung, wie lange Fabian brauchen würde, bis er hier war, also stand ich auf und schnappte mir eine Jogginghose und einen Beanie. So konnte ich den Katzenschwanz und die Ohren verstecken. Nase und Augen würden ihm schon nicht auffallen, zumindest hoffte ich das.
Dann fing ich an, mein Zimmer aufzuräumen, doch ich hatte gerade mal das halbe Regal geschafft, da klingelte es. Völlig konfus sprang ich auf, lief einmal grundlos quer durch mein Zimmer und wieder zurück, bevor ich mich wieder etwas beruhigte und mit klopfendem Herzen zur Türe ging. Vorsichtig öffnete ich sie ein Stück und lugte hinaus, als Fabian sich auch schon zu mir in Die Wohnung gedrängt hatte und mich umarmte. Wir beide weinten hemmungslos, ob vor Glück, Angst oder Erleichterung konnte ich nicht sagen. Irgendwann ließ Fabian mich wieder los und sah mich fragend an.
„Du weißt gar nichts mehr?", fragte er leise und ich schüttelte meinen Kopf. Immer noch schwirrten nur undefinierbare Gedankenfetzen durch meinen Kopf, die keinen Sinn ergaben. Traurig sah ich Fabian an. Und er blickte mir direkt in die Augen und kam mir mit seinem Gesicht immer näher. Nur noch wenige Zentimeter trennten unsere Lippen voneinander und gerade, als ich mich dazu überwinden wollte, sie aufeinander zu legen, riss Fabian plötzlich erschrocken seine Augen auf und wich etwas zurück. „Was ist mit deinen Pupillen?", fragte er mit einem leicht panischen Unterton, „Das ist doch nicht normal!"
Er hatte es bemerkt. Und ich konnte nicht leugnen, dass etwas nicht stimmte. „Ich weiß nicht, was passiert ist, aber ich habe irgendwie Katzenaugen...", murmelte ich betreten. Bei dem Wort Katzenaugen sah er noch erschrockener aus als eh schon und völlig überraschend ging er auf mich zu und riss mir die Mütze vom Kopf, sodass deutlich meine Ohren zu sehen waren. „Hast du einen Schweif?", fragte er leise. Ich nickte und senkte meinen Blick. Würde er mich hassen, weil ich abnormal war?
Doch seine Reaktion war alles andere als logisch. Langsam ging er wieder auf mich zu und sah mich ehrfürchtig an. Leise murmelte er: „Alpha 17..." Verwundert fragte ich: „Was?" „Alpha 17", wiederholte er, „das verschwundene Testobjekt" Und in der darauffolgenden halben Stunde erklärte er mir, was passiert war.
Vor einer Woche war eine Organisation aufgeflogen, die heimlich und illegal mit Genmanipulation experimentiert hatte. Sie hatten versucht, menschliche und tierische Gene zu vereinen und hatten so mehrere Tiere, darunter Mäuse und Ratten, aber hauptsächlich Katzen mit menschlichen Körperteilen geschaffen. Bei den Verhören, die auf die Festnahme gefolgt waren, hatte sich herausgestellt, dass es ein Testobjekt geschafft hatte, auszubrechen. Es war der erste Mensch gewesen, an dem Experimente durchgeführt worden waren. Und augenscheinlich war ich dieser Mensch.
Wir hatten keine Ahnung, warum ich mich an nichts mehr erinnern konnte, aber ich war froh, jetzt eine Erklärung gefunden zu haben. Und ich war unendlich erleichtert, dass es Fabian nichts ausmachte. Ich hätte es nicht ausgehalten, wenn er mich deswegen verurteilt hätte und war froh, dass er mich immer noch akzeptierte wie ich war. Jetzt gab es nur noch eine Sache zu klären.
„Fabi?", murmelte ich leise in die Stille hinein, die sich ausgebreitet hatte, nachdem Fabian mit seiner Erklärung geendet hatte. „Ja?", murmelte er genau so leise. „Da war etwas, das ich dir sagen wollte, bevor ich entführt wurde. Du hattest dich gefragt, was es war und du hattest eine Vermutung. Also... die war richtig. Ich liebe dich" Für einen Moment sah Fabian mich erschrocken an, doch dann wurden seine Gesichtszüge weicher und er zog mich in eine Umarmung. Wieder waren unsere Lippen nur noch ein kleines Stück voneinander entfernt und diesmal überbrückte ich den Abstand und vereinte uns zu einem perfekten Kuss.
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Geburtstagsspecial, bisschen länger diesmal ^^
Bye!
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