113. Jan x Tim
Dieser Oneshot handelt von Jan und Tim vom Youtubekanal Gewitter im Kopf, den ich letztens entdeckt hab. Ich weiß nicht, ob ihr die Beiden kennt, wenn nicht, dann schaut da mal vorbei, ist echt ein mega toller Kanal. Auf jeden Fall hat Jan das Tourette Syndrom und nennt es Gisela. Also wenn er zB unkontrolliert was sagt bzw Tics hat, dann war das nicht er sondern Gisela (nur damit sich niemand wundert).
Alle Tics von Jan sind fett geschrieben.
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PoV Jan
Grinsend umarmte ich Tim, bevor dieser sich umdrehte und im Treppenhaus verschwand. Noch lange sah ich ihm hinterher, obwohl er das Haus schon längst verlassen hatte. Nachdem ich einige Sekunden lang einfach nur ins Leere gestarrt hatte, ging ich wieder zurück in meine Wohnung und zog die Türe wieder hinter mir zu. „Pommes!"
Mein rechter Arm fing an, unkontrolliert zu zucken, doch ich achtete nicht wirklich darauf, immerhin war ich alleine und musste meine Tics vor niemandem verbergen. Und im Moment war ich mit meinen Gedanken sowieso wieder ganz wo anders.
Tim war den ganzen Nachmittag bei mir gewesen, um ein Video zu drehen und Gisela hatte ihn die ganze Zeit lang beleidigt. Viel schlimmer und öfter als sonst und so heftig, dass es mir deutlich aufgefallen war. Sogar meine anderen, häufigen Tics, wie das Pfeifen oder Pommes zu rufen, die sich jetzt beim Nachdenken wieder bemerkbar machten, waren nahezu komplett ausgeblieben.
Stattdessen hatte Giesela immer wieder versucht, Tim zu beißen, zu schubsen, auch ständig zu beleidigen und schließlich hatte ich ihm ein Shirt von mir leihen müssen, weil Giesela ihm mein ganzes Wasserglas auf die Brust gekippt hatte.
Ich war enttäuscht von mir selbst und wusste nicht einmal wirklich, warum. Immerhin konnte ich doch nichts für Gisela, oder? Aber sie spiegelte trotzdem irgendwie immer meine Gefühlslage oder meine Umgebung wieder, wenn auch auf sehr skurrile Art und Weise.
Aber wieso beleidigte sie Tim dann? Müsste sie nicht eigentlich das Gegenteil tun und seine Nähe suchen? Immerhin hatte ich schon seit längerem das Gefühl, mich ein bisschen zu sehr zu Tim hingezogen zu fühlen...
Vielleicht lag es daran, dass ich in letzte Zeit zunehmend Angst davor hatte, dass Tim und ich längere Zeit alleine waren, da ich befürchtete, er könnte etwas bemerken.
Mit hängenden Schultern und weiter über Gisela und Tim nachdenkend machte ich mich auf den Weg in mein Badezimmer. Der Tag, die ganze Aufregung und die Nähe zu Tim hatten mich ausgelaugt und ich wollte so schnell wie möglich schlafen gehen.
Ich versuchte also, mir die Zähne zu putzen, was sich allerdings als etwas schwierig erwies, da Gisela ständig mein Spiegelbild beleidigte und wie so oft fragte ich mich, wie Tim es neben mir aushielt, wenn ich ständig so hässliche Grimassen schnitt. Generell verstand ich oft nicht, womit ich einen so wundervollen besten Freund verdient hatte wie ihn, der mich so unfassbar gut kannte und mir immer half, wenn ich Hilfe brauchte, der über mich und vor allem mit mir lachte und in ernsten Situationen trotzdem zu mir stand und die Tics auch mal komplett ignorierte.
Auf dem Weg in mein Schlafzimmer prasselten immer mehr Bedenken und Ängste auf mich ein und auch als ich schon im Bett lag und versuchte, zu schlafen, spielten sich vor meinem inneren Auge die verschiedensten Szenarien ab, in denen Tim mich abwies oder nichts mehr mit mir zu tun haben wollte.
Verzweifelt schüttelte ich meinen Kopf, um die Gedanken los zu werden, was Gisela direkt mit flattrigen Handbewegungen und einem seltsam pfeifenden Geräusch ergänzte. Zum Glück lag ich dann aber doch nicht mehr sehr lange wach, doch die Träume die ich hatte, waren mehr oder weniger genau so verwirrend, wie der Tag, der hinter mir lag.
Als ich am nächsten Morgen aufwachte, fühlte ich mich wie gerädert. Ich hatte nur von Tim geträumt. Davon, dass er Gisela plötzlich ernst nahm und mich hasste. Davon, dass Gisela ihn ernsthaft körperlich verletzte. Davon dass ich als Person ihm zu nervig wurde...Und auch den Tag über konnte ich die Gedanken daran nicht verdrängen.
Als ich am späten Nachmittag einen Blick auf mein Handy warf, sah ich, dass Tim mir eine Nachricht geschickt hatte. Er fragte, ob er später kurz vorbeikommen könnte, um das Shirt zurück zu geben. Ich wollte ihm gerade antworten, dass er das gern tun konnte, doch da übernahm Gisela.
Sie tippte mit einer Geschwindigkeit, die ich mir selbst nicht zugetraut hatte mehrere Beleidigungen und schickte sie ab. Ich versuchte zwar, mich dagegen zu wehren, doch es brachte absolut nichts.
Von Tim kam nur ein >Hallo Gisela< zurück. Und wieder einmal war ich erleichtert, dass er das so locker nahm. Nachdem ich ihm dann doch noch ohne Gisela – Unterbrechung hatte schreiben können, dass er gern vorbeischauen konnte, begann ich, nur noch in meiner Wohnung herum zu tigern.
Eigentlich musste ich aufräumen, doch ich konnte mich einfach auf nichts konzentrieren. Außerdem warf Gisela ständig Sachen, die ich weg räumen wollte durch die Gegend, was das Ganze recht schwierig gestaltete. Ich konnte mich also nicht wirklich auf etwas konzentrieren, was zur Folge hatte, dass Gisela ständig bei allem dazwischenfunkte.
Aber ich konnte einfach an nichts Anderes denken, als an Tims Gesicht, das ich nachher wiedersehen würde, sein süßes Grinsen, die Grübchen, die strubbeligen Haare. Er nahm meine Gedanken ein, was es mir ziemlich schwermachte, noch darauf zu achten, was Gisela tat.
Sie war lauter als sonst und meldete sich auch öfter zu Wort, als ich es von ihr gewohnt war. Das passierte normalerweise eher in stressigen Situationen und die Tatsache, dass ich versuchte, mir einzureden, dass ich nicht aufgeregt war, machte es nicht wirklich besser.
Als es nach etwa eineinhalb Stunden endlich klingelte, sprintete ich los, um Tim zu öffnen. Als ich den Braunhaarigen sah, begann mein ganzer Bauch zu kribbeln, sofort legte sich ein Lächeln auf mein Gesicht und ich wollte gerade auf Tim zu gehen, um ihm zu begrüßen, doch da machte Gisela zwei Schritte rückwärts, rief „Iih du... Arsch!" und versuchte, die Türe wieder zu schließen.
Tim war allerdings schneller, griff nach der Klinke und hielt sie fest, bis Gisela wieder aufhörte und ich ihn in die Wohnung lassen konnte. Grinsend überreichte er mir die Tüte mit den Worten: „Hier dein Shirt, ich habs jetzt nicht gewaschen, das ist nicht schlimm, oder?" „Nein, he natürlich nicht doch du stinkst!"
Für einen kurzen Moment erschrak ich vor mir selbst. Ganz kurz durchzuckte mich die Angst, er könnte es ernst nehmen. Doch wie immer lachte Tim nur und ich atmete erleichtert aus. „He willst du noch dableiben, wir Pommes können ja Ja haha nein sicher nicht! noch zu Abend essen.", schlug ich vor und hoffte inständig, Tim würde das Angebot annehmen, doch er schüttelte den Kopf und erklärte:
„Ne sorry aber ich muss noch das Video schneiden." „Achso Fotze okay Fick dich Tim!" Grinsend drehte sich der Größere um und hatte die Türe schon wieder geöffnet, als ich einen kleinen Schritt auf ihn zu ging, um ihn zu umarmen, doch da hatte ich die Rechnung ohne Gisela gemacht, die zurückzuckte und eine kleine Melodie pfiff.
Tim sah mich kurz skeptisch an, bevor er mich schließlich trotzdem in den Arm nahm und sich dann umdrehte, um zu gehen. Doch anscheinend wollte Gisela trotz allem genau so wenig wie ich, dass er ging, denn sie rief dazwischen: „Halt, nein, haltet den Verbrecher! He" Dann stürzte sie sich auf ihn und packte Tim am Arm. „Arschloch!"
Grinsend ließ ich den Braunhaarigen nach ein paar Sekunden wieder los, der zwar lachen musste, sich aber trotzdem endgültig zum Gehen wendete. Allerdings drehte er sich dann doch noch einmal umdrehte und nach ein paar Sekunden Zögern fragte er schließlich: „Hast du eigentlich eine Ahnung, warum mich Gisela in letzter Zeit so krass oft beleidigt? Hab ich ihr was getan?"
Erschrocken und wie zur Salzsäule erstarrt blickte ich Tim an und suchte verzweifelt nach einer anständigen Ausrede. Was sollte ich ihm denn jetzt darauf antworten? Die Wahrheit ging nicht, das war klar, aber ich konnte ihm ja auch schlecht erzählen, Gisela würde ihn nicht mögen.
„Sorry, das war ne dumme Frage, du kannst sie ja nicht steuern", kam es von Tim und obwohl mir klar war, dass er wusste, dass ich keinen Einfluss auf Gisela hatte, wirkte er irgendwie gekränkt.
Doch bevor Tim sich endgültig umdrehen und gehen konnte, beschloss Gisela, die Sache selbst in die Hand zu nehmen, denn mit einem beherzten „Fick dich Tim", machte sie zwei Schritte auf ihn zu, hielt den Hinterkopf des Größeren fest und gab ihm einen Kuss.
Nur einen ganz kurzen und doch kribbelte mein ganzer Körper wie verrückt und ich hielt sofort in meiner Bewegung inne, als ich die Kontrolle über meinen Körper wiederhatte. Geschockt starrte Tim mich an, sein Mund stand leicht offen und auch er war zu überrascht, um sich zu bewegen.
Endlich schaffte ich es, einen Schritt zurück zu machen, schüttelte erschrocken meinen Kopf und murmelte leise: „Sorry, he das... das war Gisela." Dann drehte ich mich um und schlug meine Wohnungstüre hinter mir zu. Erschöpft lehnte ich mich gegen das Türblatt, ließ mich daran herunterrutschen und vergrub mein Gesicht in den Händen.
Das war noch nie passiert. Ich hatte Tim zwar schon oft genug gebissen oder abgeleckt, einmal sogar im Gesicht, aber noch nie hatte ich ihn geküsst. Und das auch noch in so einem seltsamen Kontext... Hoffentlich dachte er sich nichts dabei, sondern beließ den Tag einfach auf sich beruhen.
Während ich zusammen gekauert auf dem Boden saß und nicht einmal versuchte, die Tränen der Verzweiflung zurück zu halten, fühlte ich mich tatsächlich, als hätte ich ein Gewitter im Kopf, allerdings nicht wegen Gisela. Die ganzen Ängste, alle Sorgen und Probleme, die ich in letzter Zeit so gehabt hatte, schienen gerade auf mich einzustürzen.
Ich wusste nicht, wie lange ich schon auf dem Boden gesessen und mich in meinen eigenen Gedanken verirrt hatte, da vibrierte mein Handy. Ein Blick auf das Display verriet mir, dass Tim geschrieben hatte. Ich entsperrte das Smartphone, öffnete unseren Chat und las:
>Jan, ich steh immer noch vor deiner Türe. Irgendwie konnte ich nicht einfach gehen aber ich weiß ehrlich gesagt auch nicht, was ich jetzt sagen soll, wenn ich klingle, deswegen... willst du darüber reden oder das einfach vergessen? <
Alles in mir schrie danach, ihn weg zu schicken, doch der Gedanke daran, wie Tim traurig vor der Tür stand und enttäuscht nach Hause ging, weil ich nicht mit ihm reden wollte, ließ mich aufstehen und die Türe öffnen.
Leider hatte ich völlig ausgeblendet, dass ich ziemlich verheult aussehen musste, doch es fiel mir wieder ein, als Tim mit besorgtem Gesicht auf mich zu stürzte, ich kurz in den Arm nahm und dann mit dem Daumen die Tränen von meinen Wangen wischte.
Hektisch wischte ich mir mit dem Ärmel über die Augen, trat ein Stück zurück und Gisela erklärte: „Ich bin kein Mädchen, ich tu nur so als ob ich weine!" Der Größere konnte sich daraufhin allerdings nur ein müdes Lächeln abringen und fragte dann mit besorgtem Gesicht: „Jan, was ist los? Hab ich irgendwas falsch gemacht? Soll ich doch lieber wieder gehen?"
Diese Fragen trieben mir erneut Tränen in die Augen. Er gab sich selbst die Schuld an meinem Gefühlschaos. Das war wirklich das Letzte, was ich wollte, also schüttelte ich schnell den Kopf. „Nein, sorry, Hitler, alles in Ordnung, ich bin nur he im Moment ein bisschen gestresst, weil..." kurz überlegte ich und beschloss dann, Tim zumindest die halbe Wahrheit zu sagen. „Naja, ich hab mich fick dich, ich hab mich verliebt, aber ich er ist hetero und will nichts von mir. Und deswegen ist Gisela wahrscheinlich auch so verwirrt, weil he Pommes, weil ich grad einfach selbst nicht mehr weiß, was ich machen soll."
„Oh je...", murmelte Tim mitfühlend, „wenn ich dir helfen soll, dann sag Bescheid, ja?" Ich nickte und hoffte schon inständig darauf, der Größere würde wieder gehen, doch da meldete sich Gisela, wie immer genau im unpassendsten Moment, erneut zu Wort: „He Tim, ich liebe dich!"
Von mir selbst erschrocken schlug ich mir die Hand vor den Mund und wollte mich im nächsten Moment am liebsten Ohrfeigen. Hätte ich mich einfach ruhig verhalten, vielleicht gelacht oder irgendeinen dummen Kommentar gemacht, wäre Tim nicht auf die Idee gekommen, dass es stimmen könnte, was Gisela da von sich gegeben hatte, doch jetzt sah mich der Größere verwirrt an und ich wich erschrocken zurück.
„Jan", flüsterte er, während er mich mit seinem Blick förmlich durchbohrte, „war das... hat Gisela gerade die Wahrheit gesagt?" Erschrocken schnappte ich nach Luft, machte noch einen Schritt zurück und sagte mit zitternder Stimme: „Nein... wie... wieso auch? Gisela sagt doch immer viel Mist!" Tim nickte, sah aber nicht aus, als würde er mir glauben, da warf Gisela ein: „Jan ist Pinocchio!"
Einige Sekunden sagte niemand etwas. Wir bewegten uns nicht, sahen uns einfach nur an. Die Spannung, die in der Luft lag, war fast greifbar und ich musste mich beherrschen, um nicht instinktiv noch weiter vor Tim zurück zu weichen.
Fieberhaft überlegte ich, was ich jetzt sagen konnte, um die Situation zu entschärfen, doch mir fiel nichts ein, da machte Tim plötzlich zwei Schritte auf mich zu. Erschrocken wollte ich nach hinten ausweichen, doch da hatte er mich schon an den Schultern festgehalten und zu sich gezogen.
Mir lief ein Schauer über den Rücken, als er seine Arme um meine Taille legte und mich so nah zu sich zog, dass unsere Gesichter nur noch wenige Zentimeter voneinander entfernt waren. Mein Atem beschleunigte sich und gleichzeitig wurde ich seltsam ruhig, als ich in die Augen des Größeren sah. Mein Herz schlug so laut und fest, dass ich mir sicher war, Tim konnte es hören.
Einige Sekunden lang standen wir einfach da und starrten uns an, bis Tim plötzlich leise murmelte: „Och Jan, du bist so süß, wenn du unsicher bist..." Dann legte er mir eine Hand vorsichtig an den Hinterkopf und kam mir mit seinem Gesicht immer näher.
„Ich liebe dich auch", flüsterte er noch, bevor der Größere seine Lippen vorsichtig auf meine legte.
Wieder durchlief eine kribbelige Welle des Glücks meinen Körper, während ich die Augen schloss und meine Arme ebenfalls um Tim legte und plötzlich war ich unglaublich froh darüber, dass Gisela ihre Klappe nicht halten konnte.
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