100. Realtalk
Vorab: Wuiiii das 100. Kapitel ^~^
Ich hab lange überlegt ob ich ein Special mache aber ich bin grad minimal pissed wegen dem Thema dieses Realtalks deswegen schreib ich jetzt einfach das.
Aber vielen vielen Dank euch allen die ihr immer so fleißig alles lest, kommentiert und votet, ihr seid alle mega :3
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Rassismus.
Wow.
Warum???
Ich war grad auf Insta unterwegs und hatte eigentlich auch recht gute Laune und dann seh ich das: ein Mädel hat auf einer Beichtseite gepostet, dass eine Frau in ihrer Nähe Asylanten verboten hat, ihr Lokal zu betreten.
Klar, kann sie machen. Es existiert das Hausrecht und sie darf entscheiden wer ihr Grundstück betreten darf.
Aber wtf wie asozial ist das denn??
Und dann geh ich so in die Kommentare und seh da lauter Leute die mit 'Ehrenaktion' oder 'Find ich gut' kommentieren. Was ist denn los mit denen??!
Was haben die Leute denn gegen Asylanten, hm?
Klar, man kann sich nie sicher sein, dass in einer Gruppe Asylanten nicht auch ein paar Idioten sind. Aber von diesen Rassisten sind doch alle Idioten!
Ich glaube dass keiner von denen eigentlich eine Ahnung hat, wie schwer es für Asylbewerber ist, hier in Deutschland wohnen und bleiben zu können.
Die Leute fliehen ja nicht ohne Grund. Wir machen mal ein Gedankenexperiment. Stell dir vor, du würdest im Iran in einem Kriegsgebiet wohnen.
Du bist grad aufgewacht, raus gegangen, und hast Dir ein Brötchen geholt...
Und als du wieder da angekommen bist, wo mal dein Haus war, hast du einen großen Haufen Steine gefunden unter dem deine komplette Familie zermatscht war.
Und dann dachtest du dir nicht 'hmmm eigentlich ist es hier ja schon blöd aber egal ich will den deutschen nicht auf den Sack gehen'
Du dachtest dir eher 'fuck meine Familie was mach ich jetzt ich will nicht sterben ich muss hier weg!' Und dann bezahlst du dein letztes Geld, um von irgendwelchen Betrügern mitten aufs Meer geschifft und da dann in einem kaputten, undichten Boot zurück gelassen zu werden.
Wenn du Glück hast kommt dann ein Boot von einer Hilfsorganisation ums Eck. Die nimmt euch mit und fährt mit euch an die europäische Küste. Da chillen aber schon die ultraschlauen Politiker und meinen 'Mimimi ihr habt die gerettet obwohl ihr das nicht durftet mimimi' und wenn ihr Pech habt werdet ihr direkt wieder in eure Heimat zurück gebracht wo ihr jetzt nicht mal mehr Geld habt weil ihr das ja den Schleppern gegeben habt.
Wenn ihr Glück habt dürft ihr bleiben und werdet auf die EU-Länder verteilt. Heißt wieder eine Reise auf der dich niemand versteht weil du keine Ahnung von der Sprache hast.
Dann endlich in Deutschland wird der Asylantrag überprüft und du kommst in ein Flüchtlingsheim. Weil deine Familie ja tot ist am besten noch alleine mit fünf viel älteren total komischen Leuten die alle aus nem anderen Land kommen und nicht dieselbe Sprache sprechen in ein Zimmer.
Weil du nicht unbedingt immer bei denen sein willst, versuchst du, so oft wie möglich draußen zu sein. Du kannst ein Bisschen englisch und versuchst so, andere Leute kennen zu lernen, was aber nicht wirklich klappt.
Weil du ja so viel Glück hast, bietet dein Flüchtlingsheim keinen Deutschkurs an (Heime die das machen, tun es freiwillig, das ist keine Pflicht), also hast du keine Chance, die Sprache zu lernen.
Endlich lernst du ein paar Leute kennen, die sich gut mit dir verstehen und Dir sowohl mit deinen bruchstückhaften Englisch Kenntnissen als auch beim deutsch lernen helfen. Ihr freundet euch an und du bist fast jeden Tag mit ihnen unterwegs.
Eines Tages kommst du nach Hause und hörst schon aus der Ferne die Sirenen. Irgendwelche rechtsradikalen Arschlöcher haben das Flüchtlingsheim angezündet. Du und die anderen Flüchtlinge habt keine Ahnung was ihr machen sollt, keiner kümmert sich um euch, alle sind mit dem Feuer beschäftigt.
Du rennst erschrocken weg, bis zu einem deiner neuen Freunde nach Hause. Du erzählst ihm was passiert ist und er lässt dich bei sich schlafen.
Am nächsten Tag sehr ihr nach, wie es um das Heim steht; das Gebäude ist bis auf die Grundmauern nieder gebrannt. Die paar Kleidungsstücke die du hattest - dein einziger Besitz - sind verbrannt. Du stehst vor dem Nichts.
Ihr fragt nach was jetzt mit den Flüchtlingen passiert. Dir wird mit geteilt dass du in ein anderes Flüchtlingsheim in einer anderen Stadt kommst. 150 Kilometer weit weg von deinen Freunden, weil in der Nähe keine freien Plätze in Flüchtlingsheimen mehr waren.
Völlig am Boden zerstört trittst du die Reise an, die zum Glück die Stadt finanziert. Du hast die Handynummern deiner Freunde doch was bringen sie dir, wenn du kein Handy hast?
Du kommst im neuen Flüchtlingsheim an. Dein Zimmer teilst du ab jetzt mit einer siebenköpfigen Familie, darunter ein Säugling und ein Kleinkind, die ständig nachts aufwachen und schreien.
Wieder bist du den ganzen Tag unterwegs, versuchst Freunde zu finden und schließlich lernst du wieder jemanden kennen. Einen jungen Mann, der etwas älter ist als du, er ist ebenfalls Flüchtling, lebt aber schon seit fünf Jahren in Deutschland, hat einen Job und spricht sehr gutes Deutsch. Er wird dein bester Freund und dein großes Vorbild. Er hat erreicht, was du dir wünschst - ein neues Leben.
Am Abend hörst du immer mit der Familie aus deinem Zimmer die Nachrichten im Radio. Sie alle können nur schlechtes Deutsch, weswegen du ihnen alles übersetzt, was du verstehst.
Immer wieder hörst du Beiträge über gewalttätige Asylanten und über rechtsradikale Demonstrationen.
Es macht dich unglaublich traurig, dass viele Deutsche so ein schlechtes Bild von Asylanten haben doch du kannst nichts dagegen tun.
Nachdem du ein Jahr in Deutschland gewohnt hast, bekommst du einen Brief. Du wirst ab jetzt in einem anderen Heim wohnen, das darauf ausgelegt ist, Flüchtlinge für längere Zeit aufzunehmen. Das macht Dir Hoffnung - vielleicht darfst du für immer hier bleiben.
Dass du jetzt hier wohnst hat auch deine Rechtslage geändert, du darfst jetzt arbeiten gehen - vorausgesetzt du findest eine Stelle.
Zudem wird von Dir erwartet, dass du zumindest versuchst, eine Wohnung zu finden.
Das neue Heim ist in derselben Stadt, du kannst bei deinem besten Freund bleiben. Hier lebst du jetzt mit zwei anderen jungen Erwachsenen in einem Zimmer, die auch aus dem Iran kommen. Der eine spricht etwas besser deutsch als du, der andere fast nicht. Ihr vereinbart, so viel deutsch wie möglich miteinander zu sprechen, um die Sprache besser zu lernen. Du verstehst dich gut mit den Beiden und ihr beginnt, nach einer Wohnung zu suchen. Der Ältere der beiden anderen hat einen Job und auch du hast auf eine deiner vielen Stellenanzeigen eine positive Rückmeldung bekommen - du darfst zu einem Bewerbungsgespräch kommen.
Dafür leihst du dir ein Hemd und eine Hose von deinem besten Freund und versuchst, die Fragen des Personalmanagers mit so gutem Deutsch wie möglich zu beantworten.
Er sieht, dass du dir Mühe gibst und stellt dich ein. Du arbeitest jetzt fünf Tage die Woche vormittags in einem Discounter.
Der Job ist ätzend und oft wirst du angemault, weil du die Fragen der Kunden nicht sofort verstehst oder etwas nachlesen musst, doch das hältst du aus.
Du bist jetzt seit zwei Jahren in Deutschland.
Du hast Dir ein neues Leben aufgebaut. Du hast einen Job, inzwischen lebst du in einer WG mit deinen beiden Freunden, du bist sogar ein Bisschen in deine neue Bekanntschaft verliebt und hast das Gefühl, dass diese Person dich auch mag.
Du hast geschafft, wovon viele Asylanten träumen.
Und trotzdem musst du dir oft rassistische Sprüche anhören. Trotzdem hast du nur recht wenig Geld zur Verfügung. Trotzdem hast du ständig Angst davor, wieder abgeschoben zu werden. Trotzdem hast du jede Nacht Albträume von der schwielenden Ruine in der deine Familie gestorben ist. Trotzdem hast du ständig Angst davor, etwas falsch zu machen.
Trotzdem wünschst du dir dein altes Leben zurück. Du hast Dir das nicht ausgesucht. Du wolltest das nicht. Du wolltest einfach nur leben.
So sieht es ungefähr aus, wenn ein Asylant versucht, bei uns Fuß zu fassen. Das dürfen wir nicht einfach ignorieren. Wir dürfen uns nicht über irgendeinem anderen Menschen stellen, nur weil wir aus Deutschland kommen. Patriotismus ist dumm und Rassismus scheiße und ich hoffe dass niemand von euch etwas gegen Asylanten hat. (Wer doch darf gerne gehen ^^)
Natürlich gibt es Asylanten die sich nicht angemessen verhalten. Aber das kann man doch nicht verallgemeinern!
Es gibt auch Leute mit dem Nachnahmen Meier die Scheiße gebaut haben. Hasse ich jetzt deswegen alle die so heißen?
Es gibt auch Leute mit blonden Haaren die mal ne Schlägerei angezettelt haben. Muss ich deswegen jetzt alle Leute mit blonden Haaren hassen?
Nein! Wir sind alle nur Menschen und wir sind alle gleich viel wert!
———
Das musste mal raus.
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