•| 2079 - Part 1 |•
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~•~
Mit flatternden Flügelschlägen flog eine kleine Mehlschwalbe durch die Lüfte, sank hinab und begutachtete im Gleitflug das große Feld unter ihr, ehe sie sich auf einem hoch hinausragenden Trümmerteil niederließ. Von Zivilisation, gar einem Lebenszeichen, war nirgends eine Spur. Es war, als wäre die kleine Schwalbe das einzige Lebewesen weit und breit, in dieser Einöde, die vor rund fünfzig Jahren noch als Metropole Wien von Mensch und Tier geliebt war.
Es war das Jahr 2029, als es Bomben regnete, als ganze Städte ausgelöscht worden sind. Man fragte sich, wie man dies hätte verhindern können, was man hätte machen können, um die Welt zu beschützen. Hätte, das fragten sich die Menschen.
Was dann passiert wäre, wüsste man nie. Wenn man bereits 2022 eingegriffen hätte, um den brutalen Eroberungskrieg in der Ukraine zu stoppen, niemand wüsste, ob das geholfen, oder doch eher einen noch verheerenden Krieg ausgelöst hätte.
Doch nun ist es zu spät, das weiß sogar die kleine Mehlschwalbe, die die Nahrungssuche für heute aufgeben musste.
Heute, im Jahre 2079, gab es keine Grenzen mehr, keine Länder. Dafür gab es verbotene Zonen, die Gebiete, wo früher Hauptstadtmetropolen wie Tokyo, Berlin und Ottawa thronten, bezeichnet nun als Areale.
Menschliche Zivilisation baute sich um die ehemaligen Hauptstädte neu auf, ganze Dörfer wurden in nur kurzer Zeit rekonstruiert. Doch der ganze Fortschritt setzte sich zurück. Zum Schutze, dass nie wieder solch ein Krieg ausbrach, waren sich alle einig, sämtlichen Fortschritt zu vernichten. Und somit verschwand er auch aus den Köpfen.
Die kleine Mehlschwalbe sprang mit ihren kleinen Beinchen hoch, flatterte kurz und erhob sich in die Lüfte.
So schlecht es ihr auch mangels Nahrung ging, die Bevölkerung hatte weit mehr zu beklagen.
Vorallem jene, die schon immer eine unterdrückte Minderheit darstellten.
Der Singvogel kam jedoch nicht weit, ein lauter Schuss erhallte, und die Mehlschwalbe mit dem weißen Bäuchlein stürzte im seichten roten Nebel hinab.
Innerhalb kürzester Zeit hörte ihr Herz auf zu schlagen.
Zwei Männer ragten über dem toten Vogel auf, einer von ihnen trug eine schwere Schrotflinte bei sich.
"Sir O'Shea, das ist doch keine Beute, die wir ins Dorf bringen können", schmunzelte der eine, ziemlich junge Mann. Der Ältere warf ihm einen strengen Blick zu.
Er war niemand geringeres als Sir Patrick O'Shea, Graf der Dorfgemeinschaft Dublant, zu der sämtliche Dörfer und Kleinstädte rund um die ehemalige Hauptstadt Irlands gehörten. Heute ist die Stadt Dublin nur als Areal 20 bekannt und unbewohnbar.
"Sir, wir sollten dieses Areal wieder verlassen", sprach der junge Mann und stieß den Grafen an.
"Morgen müssen wir früh aufbrechen, Sie wissen schon."
O'Shea strich sich nachdenklich durch den ergrauten Bart.
"Die diesjährige Auslese in Berlinsk", meinte er und griff die tote Mehlschwalbe an den kleinen Beinen, ehe er sich aufrichtete.
"Sir Cornelius von Cophafen wollte unserer Reise beiwohnen."
„Das ist doch unsere geringste Sorge", sagte der junge Mann entrüstet.
„Wir sind in Areal 40, wenn wir rechtzeitig wieder zurück in Dublant sein wollen, müssen wir jetzt aufbrechen!"
„Nein", entgegnete O'Shea.
„Wir werden von Wienow aus nach Berlinsk reisen. Sir Cornelius befindet sich auch aktuell in Bernin."
Leise seufzte der Jüngere auf und gehorchte seinem Herrn. Es klang schon vernünfig, aus dem ehemaligen österreichischen Gebiet zu reisen, und dadurch, dass ihre Begleitung sich ganz in der Nähe aufhielt, begünstigte es ihre Situation nur.
Wienow und Bernin waren mitunter die jüngsten Grafschaften, vor gerade einmal zwei Jahren schlossen sie sich zu einer Doppelgrafschaft zusammen, da Bernin's Graf, Feldherr Marco Bodt, unerwartet starb, und sich in der vorgegebenen Frist kein neuer Herrscher fand. Die Last, eine Doppelgrafschaft zu führen, wurde dem Feldherr Rainer Braun auferlegt.
~•~
Ein riesiger, goldener Palast, geziert mit antiken Säulen, ragte in der Mitte Berlinsks auf. In diesem Gebäude fand in diesem Jahr die Auslese statt.
Es war ein Fest, welches sich alle drei Jahre abspielte, überall auf der Welt. Die letzte Auslese, im Jahre 2076, fand in Moskgrad statt. Ein umstrittener Ort für solch eine prunkvolle Veranstaltung, Graf Ajax hatte sich in den letzten Jahren nicht allzu beliebt gemacht. Es hieß, er hätte mit der Rebellion kooperiert und somit den Weltfrieden gefährdet. Nachgewiesen hatte man ihm jedoch nichts, und nach der Auslese in Moskgrad war sein Ruf wieder reingewaschen.
In jenem Moment erreichte Graf Ajax den Palast, neben Meister Zhongli, dem Herrscher der Grafschaft Pekiyou, und Shogun Ayato Kamisato, Herrscher des Shogunats Tokyuta, einer der ersten. Auch um Shogun Kamisato rankten sich die Gerüchte, er hätte wichtige Güter der Rebellion genutzt, doch er selbst legte all seinen Besitz offen und bewies seine Unschuld.
Als die Sonne ihren höchsten Punkt erreichte, öffneten sich die Tore des Palasts. Ein roter, makelloser Teppich führte die Grafen, Feldherren, Gefreiten und Sirs in dem großen Saal. Edle Kronleuchter hingen von der hohen Decke hinab, ein Laufsteg erhob sich und zog sich durch die Mitte des Saals. Eine handvoll Männer in silber glänzender Rüstung schritten hinein, eine Armlänge hielten sie voneinander Abstand. Weitere Männer in Rüstung wiesen die Herrscher ihre Plätze in den Logen zu. Nachdem sie alle Platz nahmen, wurde auch das einfache Volk von Berlinsk zu den Rängen geführt.
Der Saal verdunkelte sich, und ein Mann mit goldenen Schulterplatten und weißem, edlen Gewand betrat den Laufsteg. Nun wurden sämtliche Lichter auf ihn gerichtet.
„Gentlemen, ich heiße sie alle auf der diesjährigen Auslese in Berlinsk willkommen!", sprach der Herrscher, Sir Jeremiah Gottwald. Die Menge jubelte auf, während die feineren Herren nur applaudierten.
„Ich erkläre den Ablauf dieser Veranstaltung einmal: Sobald die Exponate hereingeführt worden sind, verlese ich eine Liste an Männern, die für die Teilnahme an der Auslese berechtigt sind. Danach gibt es eine einstündige Pause, in der sich die verehrten Herrschaften über das üppige Buffet hermachen dürfen. Nach dieser Pause wiederholt sich der gesamte Ablauf zwei weitere Male. Sobald die letzte Pause vergangen ist, werden alle Teilnehmer und ihre Exponate noch einmal auf die Bühne geholt, danach erkläre ich die Auslese für beendet. Gibt es noch Fragen?"
Die Menge schwieg, stattdessen klatschten sie in die Hände und füllten den Raum mit tosenden Beifall.
„Also dann, die ersten fünf Exponate, bitte!"
Insgesamt zehn Männer in silberner Rüstung führten fünf Gestalten, ganz in weiß gehüllt, auf den Laufsteg. In dem weißen Gewand, was von Kopf bis Fuß reichte, gab es nur zwei Schlitze für die Augen.
„Die ersten fünf Auserwählten, die nun bitte geordnet hierher gebracht werden, sind", verkündete Gottwald und ließ seinen Blick für einen Moment schweifen.
„Arataki Itto aus Tokyuta, Meister Xiao aus Pekiyou, Herr Peter Ratri aus Londrau, Herr Johan Liebert aus Berlinsk und Sir Leupho O'Shea aus Dublant!"
Nach und nach traten die genannten Männer, hocherfreut, unter Geleit der Ritter auf den Laufsteg. Gottwald blickte sie stolz an, bis ihm plötzlich eines auffiel-
Es waren nur vier der fünf Auserwählten anwesend.
"Sir Leupho O'Shea aus Dublant", wiederholte er sich nach einem gespielten Räuspern.
Wieder regte sich nichts, sodass Gottwald hilfesuchend zu Dublant's Herrscher sah.
Sir Patrick O'Shea zog die Augenbrauen nach oben. Leupho war niemand geringeres als sein eigener Sohn, doch er verschwand vor einigen Jahren spurlos. Umso überraschter war der alte Herr, dass sein verschollener Sohn auserwählt wurde.
"Nun denn", lenkte Gottwald ein.
"Wenn der junge Sir O'Shea nicht auftauchen wird, werden wir am Ende einfach per Zufallsprinzip einen Mann erwählen."
Er wandte sich zu den vier Männern, die auf dem Laufsteg den Exponaten gegenüber standen.
"Sucht euch nun euer Exponat aus."
Die vier Männer schlichen hin und her, begutachteten jedes kleinste Detail, kamen schließlich zum Stehen.
Xiao stellte sich auf Zehenspitzen, aufgrund seiner klein geratenen Körpergröße, und starrte eiskalt in die Schlitze der Gewänder.
Grüne Augen, gefüllt von Angst, blickten ihn an.
Vollkommen emotionslos drehte er seinen Kopf zur Seite, wo Itto stand, und sich zu der viel kleineren Gestalt hinunterbeugen musste. Der Tokyutaner bemerkte Xiao's Seitenblick und grinste ihn frech an. Schnell verschwand dieses Grinsen wieder, Xiao's Blick bohrte sich in ihn hinein. Respektvoll trat Itto zur Seite, räumte seinen Platz für den Kleineren. Er funkelte Itto noch einen kleinen Augenblick an, dann richtete er seinen Blick wieder geradeaus, in die unterschiedlichen Augenfarben der Gestalt vor ihm.
Auch diese Augen waren angsterfüllt, dünne, blaue Haarsträhnen fielen ihr direkt über das dunklere Auge. Er brauchte nicht lange, um sich für dieses Exponat zu entscheiden. Auch Itto, Ratri und Liebert brauchten nicht allzu viel Zeit, eine Entscheidung zu fällen.
„Perfekt, perfekt", murmelte Gottwald, der auf dem Laufsteg hin und her tigerte, geduldig wartete.
„Dann dürfen die Herrschaften die Gewänder abnehmen."
Nur ein kurzer Handgriff des Yaksha's reichte aus, um das Antlitz seines Exponats zu offenbaren. Zum Vorschein kam ein kleines Mädchen mit kurzen, blauen Haaren, im schlichten Gewand einer Magd. Auch bei den anderen Auserwählten zeigten sich junge Frauen und Mädchen im Magdgewand. Gottwald klatschte in die Hände, fröhlich lächelnd.
„Wenn Sie mit Ihrer Wahl unzufrieden seid, so sprecht jetzt oder schweigt für immer."
Das Publikum begann, leise zu kichern.
Die prächtige Tür des Saales öffnete sich plötzlich, eine Gruppe Gestalten in beigen, braunen und schwarzen Mänteln stürmte mit gezogenen Waffen den riesigen Raum, nahmen den Laufsteg in Angriff. Sie alle verschleierten ihre Identität mittels Masken, die aus der japanischen Folklore stammten.
Pistolenschüsse erhallten, Metall schlug auf Metall, die Wachen kämpften gegen die Rebellen an. Gottwald erstarrte nur, war wie angewurzelt, und beobachtete fassungslos den erbitterten Kampf im ach so prächtigen Palast. Während die Rebellen sich immer weiter vor arbeiteten, erhob sich einer von ihnen aus der Menge und wagte eine direkte Konfrontation mit dem Herrscher Berlinsks. Gottwald versuchte, standhaft zu bleiben, doch die Bewegungen des Rebellen waren zu schnell, er wurde in die Ecke gedrängt und in die Mangel genommen.
"Wachen, schützt das Volk!", befahl Gottwald, seine Stimme brach vor Angst.
Die gerüsteten Männer, die die Mägde bewachten, schwärmten nun aus und eskortierten Herrscher sowie Fußvolk.
Die Gestalt vor Gottwald packte ihn am Hals, presste ihn gegen eine Säule. Die Fuchsmaske, mit ihrem immer gleichbleibenden Gesichtsausdruck, schien ihn bloß zu verhöhnen.
Der Lauf eines Revolvers wurde auf ihn gerichtet. Er fürchtete um sein Leben, er konnte nicht einschätzen, ob der Rebell wirklich auf ihn schießen würde.
Fünf weitere Maskierte kamen zum Vorschein, sie waren unbewaffnet, doch niemand wagte es, sie anzugreifen.
Die Unbewaffneten leiteten die fünf verängstigten jungen Frauen nach draußen.
Das Licht der Mittagssonne erhellte den Saal, und plötzlich verstummten auch sie alle. Kein Kampf mehr, jeder hielt inne.
Auch die Gestalt, die Gottwald festhielt, ließ ihn los, die Schusswaffe war jedoch noch immer auf ihn gerichtet.
Langsam entfernte sie sich, lief rückwärts, doch wandte sich nicht von ihm ab.
Schließlich drückte sie blitzschnell ab und feuerte einen einzelnen Schuss auf seinen Oberschenkel ab.
Gottwald brach ächzend zusammen, jammerte vor Schmerzen, die Wachen eilten ihm zu Hilfe und ließen die Rebellen von dannen ziehen.
Dies war das Vermächtnis der Frauen in dieser neuen Welt. All die Errungenschaften wurden nach dem Krieg abgeschafft, Frauen waren nicht einmal wie Objekte zu behandeln.
Die Auslese, ein Fest für reich und arm, war nichts weiter als eine Lotterie, in der Frauen als Sklaven wie kleine, gedruckte Papiergeldscheine verlost würden.
In der neuen Gesellschaft hatten sie zwei Zwecke: Kinder zu gebähren und zu erziehen, und den Männern ihre Bedürfnisse zu stillen. Jedoch galt die Ehe mit einer Frau als besonderes Privileg, da nur die Erwählten der Auslese, insgesamt fünfzehn Männer, solch etwas gewährt war. Dafür war die Ehe unter Männern, für alle die, die an diesem Glück nicht teilhaben konnten, vollkommen normalisiert.
~•~
Unzufrieden tigerte eine maskierte Silhouette im schwarzen Filzmantel umher. In diesem modernen Haus, versteckt unter Efeuranken und Trümmerteilen, wartete sie ungeduldig auf einen Anruf.
Leise fluchte sie auf, starrte immer wieder für einen Augenblick auf das schwarze Display ihres Smartphones.
Schließlich zuckte sie zusammen, als die sanfte Melodie, kombiniert mit Vibrationen, erklang. Sofort stürzte sie sich auf das Handy und nahm den Anruf an.
"Altamira, wir haben ein Problem", zischte sie wütend, der junge Herr am anderen Ende reagierte jedoch entsprechend.
"Ich hab's selbst bemerkt, ich brauch' deine Erinnerung nicht", keifte er leise.
"Wir haben nur fünf retten können."
"Die in Sankt Sotschi haben zuerst angerufen und ihren Fehler eingeräumt. Sie haben bei der Koordination vergessen, die Zeitzonen zu betrachten."
"Ist ja jetzt auch egal, kann man nicht mehr ändern", seufzte Altamira auf.
"Jedenfalls, wir sind gleich da, Rika. Kommst du uns entgegen?"
Schweigend legte sie auf, packte ihr Smartphone beiseite und nahm sich die weiße Fuchsmaske ab. Einmal holte sie aus und warf sie gegen die Wand.
"Scheiß Männer."
Die Pforten der Enklave waren schlicht gehalten, Pflanzen überwucherten das gut gesicherte Tor, auf dem in dunklen Lettern Coepnik stand.
Die Enklave Coepnik war ursprünglich eine Gruppe an Rebellen, die gemeinsam mit den Gruppierungen anderer Stadtbezirke nach dem Krieg die deutsche Hauptstadt aufbauen wollte, doch dem wurde ein Strich durch die Rechnung gemacht.
Die Rebellen schlossen sich alle der Enklave Coepnik an, welche zuletzt zur Verwaltungsmacht für den gesamten europäischen Bereich aufstieg.
Sankt Sotschi war die Enklave, die im ehemaligen Russland lag und den asiatischen Raum verwaltete.
Neben den beiden größten Verwaltungen gab es auch für die anderen Kontinente Enklaven, die den kleineren Gruppen übergeordnet waren.
Als die Rebellen durch die Pforte schritten, mitsamt der fünf ungeschützten, und doch immer ängstlichen Mädchen, kamen ihnen ein Strom an Menschen entgegen. Sie wanderten durch die glatten, asphaltierten Straßen, vorbei an modernen Häusern.
Einer der Ankommenden trat nach vorn, legte seine Kapuze und Maske ab, und wunderte sich.
Von Rika war nichts zu sehen, stattdessen beobachtete er, wie die jubelnde Menge zur Seite trat um Platz für Journalisten zu schaffen.
Eine junge Frau lief auf ihn zu, ein kleines Mikrofon hielt sie in der Hand. Nein, es war festgeschraubt, genau so wie an ihrem ganzen Körper schlicht getarnte Schrauben und Muttern zu sehen waren. Die Journalisten waren Roboter, die Mithilfe einer künstlichen Intelligenz alleine handlungsfähig waren. Sie wurden allesamt im Labor der Enklave Sankt Sotschi entwickelt und in alle anderen Enklaven entsandt.
"Herr Altamira", grüßte die Frau fröhlich.
"Katheryne", entgegnete er ihr mit einem höflichen Lächeln auf den Lippen.
"Wie Sie sehen können, sind wir alle heilfroh, dass Sie von der Operation Berlinsk heimgekehrt sind. Gab es Komplikationen oder gar Verluste, die Sie als Vize-Kommandant verkraften mussten?"
Charismatisch lächelte er in die Kamera, die von einer anderen Katheryne herantgetragen wurde.
"Natürlich gab es Verluste auf unserer Seite, aber zum Glück nur sehr wenige. Drei gefallene Kriegerinnen, die sich todesmutig den Wachen im berlinsker Palast gestellt haben", antwortete er und hob mit geschlossenen Augen die Faust, um seine Mitstreiterinnen zu ehren.
"Außerdem", fing er nach kurzen Augenblicken des Schweigens wieder an, "gab es leider sehr große Komplikationen. Die Leiter der Operation in Sankt Sotschi haben sich von der Zeit her verkalkuliert, daher konnten wir anstelle der vorgesehenen fünfzehn, nur fünf Frauen retten."
"Das macht dann insgesamt einen Gewinn von zwei Frauen", meinte Katheryne mit hochgezogener Augenbraue.
"Das ist eine niederschmetternde Statistik."
Altamira blinzelte sie an, blickte zwischen der Kamera und dem Mikrofon hin und her.
"Naja", meinte er leise.
"Gar kein Gewinn wäre noch schlechter."
Es war nicht von der Hand zu weisen, dass es auch in diesem Lager eine gewisse Form der Diskriminierung gab, das, was dien Frauen durch die Männer stets erlitten, würden sie im Gegenzug den Männern ebenso antun. Dieser Sexismus zeigte sich unterschwellig durch Interviews, oder auch aggressiv in der Bevölkerung. Selbst gegenüber den Männern, die sich treu ergeben für die Rebellion aufopferten. Sie verstanden vor allem nicht, wie sie einem Mann vertrauen konnten, und dass sie unter anderem sogar in anführenden Positionen befanden. Altamira verstand den Hass gegenüber seinesgleichen, doch nicht gegenüber ihm selbst.
„Danke für Ihre Zeit, Herr Altamira", bedankte sich Katheryne mit einem freundlichen Nicken, dann reckte sie ihren metallischen Kopf in die Höhe, hielt Ausschau nach der Kommandantin. Altamira zog sich schließlich zurück, während eine maskierte Frau an ihm vorbeirauschte, vor der Journalistin machte sie Halt.
„Kommandantin, woran scheiterte die Operation Berlinsk?", fragte sie direkt und drängte sich ihr in den Weg, obwohl sie eigentlich im zügigen Tempo weitergehen wollte.
Für einen Moment starrte nur eine schwarze Fuchsmaske die Journalistin an.
„Die Operation scheiterte nicht, wir haben Menschenleben gerettet. Für alle nicht geretteten Leben trage ich vollste Verantwortung als Kommandant und Anführer der Operation. Bitte kreiden Sie dies nicht meinem Vize an."
Mit diesen Worten ließ sie Katheryne stehen und lief weiter. Noch einmal drehte sie sich um und wandte sich an alle Krieger, die bei der Operation mitkamen.
„Zwei von euch bringen bitte die Neuen zur Auffangstation, damit sie medizinisch und psychologisch untersucht werden, drei von euch bringen unsere Gefallenen ins Krankenhaus. Der Rest wird sich ausruhen und sich behandeln lassen. Sir Altamira, Sie kommen mit mir."
Rika hatte die Beine lässig auf dem Tisch abgelegt, ihr Blick ruhte stets auf dem Display des Smartphones. Die Tür wurde plötzlich laut krachend aufgeworfen, zwei Gestalten traten ein. Erschrocken sprang Rika auf, wirbelte herum und sah durch ihre eigene Maske in die der Kommandantin.
„E-es tut mir leid", stammelte sie hilflos, „i-ich hätte früher Bescheid sagen müssen."
Die Kommandantin trat auf sie zu und legte ihre warme Hand auf ihren Kopf.
„Du bist nur ein Kind. Mach dir nicht zu viel Druck, du kannst nicht alles."
Langsam entledigte sie sich ihrer Maske und ihrer Kapuze, zum Vorschein kam ein junges Mädchen mit schulterlangen, blonden Haaren. Ihr Blick war zum Boden gerichtet, leise schluchzte sie auf. Altamira trat nun auch nach vorn, nahm sich Rika's Smartphone und wandte sich an sie.
„Rika, kannst du vielleicht Kontakt zu Lelouch aufnehmen?", fragte er freundlich, tröstend legte er seine Hand auf ihre Schulter. Schweigend nickte sie, wischte sich eine kleine, salzige Träne aus dem Augenwinkel, dann nahm sie das Handy und tippte darauf herum.
„Mach auf laut", forderte die Kommandantin und lehnte sich gegen den Tisch. Es piepte ein Mal, zwei Mal, nach dem dritten Mal erklang eine Stimme.
„Lamperouge am Apparat?", antwortete er.
„Lelouch, seid ihr schon in Sankt Sotschi angekommen?", fragte Altamira prompt und tappte mit seinem braunen Lederstiefel auf dem Boden herum.
„Nein, noch nicht. Ich erstatte sofort Bericht, wenn wir angekommen sind."
„Lasst Vorsicht walten, Graf Ajax ist möglicherweise schon auf dem Weg zurück nach Moskgrad."
„Alles klar", sprach Lelouch am anderen Ende.
"Wir melden uns."
~•~
Ein groß gewachsener Mann, umhüllt von einem grauen Pelzmantel, stieg mitsamt seiner Begleitung in eine royale Kutsche, gezogen von zwei edlen Rappen. Seine Begleitung war lediglich ein kleiner Junge mit einer ähnlich kupferfarbenen Haarpracht wie der Größere. Als die Hufe der Hengste zu klappern begannen, erhob der Größere seine Stimme.
„Findest du es nicht auch komisch, Teucer?"
„Was denn?", fragte er verwundert. Er war zwar sehr jung, dennoch wusste er bestens, was Festlichkeiten wie die Auslese bedeuteten. Dass Teucer Bescheid wusste, konnte vor einem Jahr auch Ajax nicht leugnen, auch wenn er alles dafür tat, dass sein jüngerer Bruder aus alledem rausgehalten würde.
„Dass die Rebellion so früh angriff, anstatt zu warten, bis sie alle Weiber befreien könnten", überlegte Ajax und legte nachdenklich seine Hand an sein Kinn.
„Stimmt", meinte Teucer, nicht sicher, ob er es so wirklich verstand.
„Deren Lager ist doch nicht weit entfernt, haben die so schlecht geplant?"
Ajax sah Teucer an, wie er laut auflachte.
„Da sieht man wieder, wie unnütz die sind."
Er warf dem Jüngeren einen vernichtenden Blick zu. Er fand, Teucer war in seinem Alter noch zu sehr von den Meinungen anderer manipulierbar, so wollte er trotz moralischer Bedenken versuchen, sich diese kindliche Naivität zu Nutzen zu machen, und ihn sanft in eine andere Richtung zu lenken. Ein Drahtseilakt, dessen war sich Ajax bewusst, dennoch ging er mit erhobenen Haupt diesen Weg.
„Nein, Teucer", sprach Ajax eindringlich, „wir müssen unbedingt ein Treffen mit den Fatui initiieren."
„Darf ich dabei sein? Bitte?", flehte Teucer. Sonst hatte Ajax stets streng mit ‚Nein' geantwortet, doch dieses Mal zögerte er. Es war an der Zeit, neue Mitglieder der Fatui zu rekrutieren, der Einfluss dieser Organisation würde seine Weltansicht deutlich verändern.
Die Fatui war eine streng geheime Organisation mit mafiösen Strukturen. Sie entstand unabhängig der Rebellionen, doch arbeiteten sie auf das selbe Ziel zu. Sie waren international vertreten, niemand konnte sich sicher sein, ob ein Spion der Fatui in der Nähe war, selbst der geehrte Nachbar konnte einer von ihnen sein. Noch extremer waren jene, die die Regierungsorgane infiltrierten, aus diesem Grund gerieten Graf Ajax und Shogun Ayato in Verdacht, gemeinsame Sache mit ihnen zu machen. Während das Shogunat bewiesen hat, die Fatui abzulehnen, munkelt man noch immer, dass Moskgrad mit ihnen kooperierte. Damit hatten sie nicht einmal Unrecht.
~•~
Ein düsterer Raum, mit nur einem Tisch in der Mitte. Elf passende Stühle standen um ihn herum. Die schwere Eisentür öffnete sich, ließ für einen kleinen Augenblick das einzige Licht hinein, doch sobald die Tür sich wieder schloss, war der kalte Raum wieder dunkel. In dem Raum waren nun ein Tisch, elf Stühle, und elf Gestalten, die sich an ihre zugewiesenen Plätze setzten.
"Fangen wir mit der Anwesenheit an", sprach ein Mann mit tiefer, kehliger Stimme.
"Nummer eins der Fatui, Pierro", murmelte er und notierte sich etwas auf einem kleinen Stück Papier, ehe er in die Runde sah.
„Dann haben wir... Nummer zwei der Fatui, Il Dottore?"
Ein Mann, der verspielt mit einem Reagenzglas hantierte, grinste diabolisch auf.
„Nummer drei der Fatui, Columbina?"
Die junge Frau, die ihren Kopf auf ihren flach auf dem Tisch liegenden Armen gebettet hatte, hob ihn plötzlich wieder und sah zu dem älteren Mann.
„Nummer vier der Fatui, Il Capitano?"
Ein Mann, ganz in Maske gehüllt, dass man lediglich seine Statur ausmachen konnte, hob leicht seinen Arm an und signalisierte seine Anwesenheit.
„Nummer fünf der Fatui, Pulcinella?"
Klein gewachsen, strich sich der Greis durch den weißen Schnurrbart.
„Nummer sechs der Fatui, Scaramouche?"
Ganz im Gegensatz zur Nummer fünf, war er optisch noch ein Kind, er trug seinen Hut, der fast schon halb so groß war wie sein Träger.
„Nummer sieben der Fatui, Sandrone?"
Aschblondes Haar zierten den Kopf der Frau, die stets auf dem Arm einer großen Maschine, die einem Ruinenwächter glich, saß. Niemand war sich wirklich sicher, wer von beiden nun die eigentliche Nummer sieben war.
„Nummer acht der Fatui, La Signora?"
Eine große, elegant gekleidete Frau mit einem feurigen Blick, aber eiskalter Mimik, sah Pierro an.
„Nummer neun der Fatui, Pantalone?"
Ein schwarzhaariger, edler Brillenträger lächelte den Direktor scheinheilig an.
„Nummer zehn der Fatui, Arlecchino?"
Sie war die einzige, die nicht auch nur im Ansatz versuchte, ihr Gesicht und ihre Identität zu verbergen. Ihre stechend rote Augen brannten sich in jeden hinein, den sie fixierte, ihre weißen Haare mit einigen schwarzen Strähnen lagen ihr lässig im Gesicht.
„Nummer elf der Fatui, Tartaglia?"
Der Mann mit roter Fatui-Maske, dessen kupferfarbenen Haare leicht hervorragten, blickte nun auch Pierro an.
„Gut", sprach der Alte und strich sich durch seinen spitzen Kinnbart.
„Dann können wir die Versammlung offiziell beginnen."
Er legte den Zettel nieder, sah zu Pantalone und nickte ihm zu.
„Wie sieht's mit den Verhandlungen aus?"
„Sankt Sotschi ist willig zu kooperieren, allerdings nur, wenn wir uns an etliche Bedingungen halten, erst wenn wir mit Sankt Sotschi zusammenarbeiten, kann ich die Verhandlungen mit der Enklave Coepnik starten", erklärte der Schwarzhaarige gelassen.
„Die Bedingungen wären, dass wir uns nicht in die Planung von Operationen einmischen dürfen, nicht vom Plan abweichen dürfen, und wir werden zu Tode verurteilt und gejagt, sollten wir einen Verrat begehen."
„Wir verfolgen vorerst dieselben Ziele, da sind die Bedingungen doch kein Problem", meinte Pierro, er ließ seine Fingerknochen knacken.
„Bedeutet, ich als Direktor akzeptiere die Bedingungen. Wir haben jedoch auch eine Forderung: Sobald die weltweiten Regierungen neu besetzt werden, wollen wir in ausnahmslos jedem Land eine Institution der Fatui eröffnen. Zum Beispiel die Bank des Nordens wieder integrieren, wie sie im früheren Pekiyou existierte. Außerdem wird es ein Militärbündnis geben, von einem von uns geführt, und jedes andere Land was dem beitritt, ist verpflichtet einen Abgeordneten zu stellen. Jene, die dem Bündnis nicht beitreten, werden an der Weltwirtschaft nur eingeschränkt teilnehmen können und keine Ware direkt von Moskgrad erhalten."
Pantalone nickte verstehend und lehnte sich zurück.
„Dann werde ich gleich morgen nach Sankt Sotschi aufbrechen."
„Aber schränken wir unsere Handlungsfähigkeit nicht damit ein?", protestierte La Signora.
„Wir sollten uns immer ein Hintertürchen schaffen."
„Ich sehe die Zukunft bei der Rebellion, außerdem genießen wir nicht gerade das Vertrauen aller Herrscher, daher ist das der richtige Weg", entgegnete Pierro stumpf, La Signora's Proteste verstummten.
„Um die Enklave Coepnik habe ich mich bereits gekümmert", mischte sich Tartaglia ein.
„Coepnik hat eine Diplomatin in Begleitung nur eines Mannes entsandt, dazu noch ein schmächtiger, eher ein Intellektueller. Ich habe einer Gruppe Soldaten befohlen, beide abzufangen und in eine geheime, verfallene Arena in Moskgrad zu bringen."
„Aber doch nicht deinen Untergebenen der Fatui", staunte Il Dottore entrüstet.
„Ich bin kein Idiot", knurrte Tartaglia, „das hätte nur einer Kooperation im Wege gestanden und unseren Ruf geschädigt."
Pierro, der sich nach vorn gelehnt hatte, warf sich wieder zurück in seinen Stuhl, während er Tartaglia weiterhin skeptisch musterte.
"Ich will nur die Kommandantin zu mir locken, die sich doch so sehr bedeckt hält, sonst würde ich sicher keinen Termin bei ihr bekommen."
"Du vermiest das doch wieder, durch deinen seltsamen Kampftrieb", schnallzte Scaramouche mit der Zunge und schüttelte den Kopf.
"Irgendwer sollte dich da begleiten, dass du nicht wieder aufdrehst."
"Ich mach das", erklärte sich Arlecchino bereit, mit einer abwertenden Kälte sah er den jungen Krieger an.
"Wenn eine Frau dabei ist, erhöht das sicher auch noch das Vertrauen."
~•~
Blinzelnd öffnete Emma ihre Augen, und sah exakt so viel, als hätte sie nie die Augen geöffnet. Der Raum, in dem sie auf einem Holzstuhl saß, war stockdunkel. Ihre Handgelenke waren wund, ihr Mund durch den Stoff staubtrocken. Sie hörte ihr Herz klopfen.
Leise wimmerte sie, versuchte so herauszufinden, ob irgendwer in der Nähe war. Zur Antwort hörte sie ein leises, männliches Wimmern.
Auf jeder Seite wurden nach und nach Kerzen entzündet, bildeten einen Gang nach vorn, und erleuchteten leicht den Raum. Es kamen vermummte Gestalten zum Vorschein, zudem erblickte Emma auch jene Person, die mit ihr hier gefangen war.
Lelouch standen die Tränen in den Augen, vor Scham wollte er das Mädchen nicht einmal ansehen. Die einzige Aufgabe, die er hatte, ließ er scheitern.
Ein Mann im grauen Pelzmantel schritt durch den Gang, den die flackernden Kerzen bildeten. Seine Maske verbarg fast vollständig sein Gesicht, nur sein grausam zähnefletschendes Grinsen offenbarte es. Zu Emma's Überraschung holte er einen Laptop hervor, klappte ihn auf und wusste sogar, ihn zu bedienen. Nur die Enklaven bedienten sich moderner Technik wie Autos, Mobiltelefone und auch Laptops. Auch Lelouch warf Emma einen verwunderten Blick zu.
Der Mann drehte sich mit dem Rücken zu den Gefangenen, und er begann zu reden.
„Geehrte Kommandantin", fing er hochtrabend an.
„Ich möchte Sie zu einem Treffen mit mir bewegen. Ich weiß, dass Sie verweigern werden, daher habe ich ein passendes Mittel, um Sie zu überzeugen."
„Das wäre?", erklang die Stimme der Kommandantin angespannt.
Der Mann trat beiseite, richtete den Bildschirm auf die gefesselten und geknebelten Gefangenen aus Coepnik, hilfesuchend riss Emma ihre grünen Augen auf.
„Sagen Sie nichts, ich schicke Ihnen die Koordinaten und Sie bestimmen selbst, ob Sie die beiden lebendig und auf freien Fuß sehen wollen."
Mit diesen Worten beendete er den Videoanruf unf klappte den Laptop zusammen. Er wandte sich nun an einen der Soldaten.
„Entfernt den Knebel und lockert die Fesseln", befahl er knapp. Einer der Männer zögerte für einen Augenblick, unsicher sah er den Befehlshaber an.
„Sind Sie sicher?", stammelte er.
„Sie werden nicht fliehen. Sie wissen beide ganz genau, hier drinnen sind sie sicherer, bis die Kommandantin auftaucht, als wenn sie jetzt alleine aufbrechen würden."
Ein anderer Soldat hatte bereits die Knebel der Gefangenen entfernt, Emma's Stimme hallte sogleich durch den noch immer dunklen Raum.
„Was haben Sie mit uns vor?", fragte sie laut und erzürnt.
„Ihr habt euren Zweck erfüllt, wenn die Kommandantin hier aufkreuzt", antwortete der Maskierte.
„Wollen Sie uns danach umbringen?"
„Auf keinen Fall. Euch wird kein Haar gekrümmt, das verspreche ich euch."
„Die Kommandantin wird sich nicht bestechen lassen", mischte sich Lelouch dreckig grinsend ein.
„Das hab' ich auch nicht vor", entgegnete er flapsig. Er schnippte zweimal mit den Fingern, sofort sprang ein gehöriger Soldat herbei.
„Sei doch so gut und bring ihnen etwas warmes zu Essen, und frischen Ingwertee."
~•~
Emma atmete tief ein, schloss die Augen. Ihre kalten Hände lagen um die heiße Tasse, halbvoll gefüllt mit Tee. Kleine Ingwerscheiben lagen am Grund, eine einzelne Scheibe Zitrone klemmte am Tassenrand. Ein Löffel Honig rundete den Geschmack mit seiner Süße ab.
Ein Bote stürmte durch den Raum, riss Emma aus ihrer verträumten Gedankenwelt, erregte Hektik im Raum.
„Herr Tartaglia, eine Gruppe maskierter Typen ist erschienen!", alarmierte er.
„Sind es die Fuchsmasken?"
„Ja, sind sie."
Tartaglia sprang auf und ließ seinen grauen Mantel wehen.
Draußen wütete ein Schneesturm, weiße Flocken stürzten auf die Maskenträger hinab, wirbelten durch den starkenWind um ihre Köpfe. Schließlich öffnete sich die antike Pforte, und zwei Soldaten traten hinaus.
„Nur der Kommandantin der Enklave Coepnik ist es gestattet, einzutreten", sprach der links stehende Mann.
„Der Rest wird gebeten, draußen zu warten. Bei Bedarf bringen wir auch Tee und warmes Essen", fügte der rechts Stehende hinzu.
„Wie gastfreundlich", murmelte eine kleinere Frau unter der Maske sarkastisch.
Eine der Maskierten trat nach vorn, nickte den Anderen zu, deutete ihnen, zurückzubleiben.
„Versorgt sie", forderte die Kommandantin streng.
„Ich will nicht zu erfrorenen Leuten zurückkehren."
Ein Soldat leitete sie durch den Gang, der in die alte Arena mündete. In der Mitte saß der Mann, der als Tartaglia bekannt war.
„Na sieh' einer an", schmunzelte er und erhob sich.
„Nimm die Maske ab, wenn du kein Feigling bist", forderte die Kommandantin, blieb ihm gegenüber stehen und baute sich bedrohlich auf.
„Selbes gilt dann auch für Sie, werte Dame", entgegnete Tartaglia nur freudig. Er erhob sich und setzte einen Fuß vor den anderen, trat auf sie zu. Er funkelte sie an, streckte beide Arme zur Seite aus, dann begann er zu grinsen.
„Lass uns alle sehen, wer unter dieser Maske steckt."
Ein Armhieb des maskierten Mannes reichte, die Fuchsmaske wurde zu Boden geschleudert und offenbarte das Gesicht der Kommandantin. Es war ein weiches, typisch weibliches Gesicht mit sanften Zügen. Blaue Augen fixierten ihn wütend, über den Nasenrücken zog sich quer eine Narbe, die bis unter das rechte Auge reichte.
„Was auch immer dir das jetzt einbrachte, Tartaglia", zischte die Kommandantin. Sie hob ihren rechten Arm.
„Oder sollte ich dich lieber anders nennen, werter Graf Ajax."
Sie hielt einen Revolver in der Hand, der Lauf war auf ihn gerichtet. Nur im Bruchteil einer Sekunde, bevor sie den Abzug drückte, erschien eine Gestalt, wie ein Schatten huschte sie dazwischen, fing die Kugel mit einer glänzenden Messerklinge. Schließlich kam sie hinter der Kommandantin zum Ruhen, hielt ihr die Klinge an die Kehle.
„Kaltblütig, ohne zu zögern", sprach sie leise in ihr Ohr.
„Gefällt mir."
Tartaglia war sichtlich geknickt durch das Einmischen.
„Arlecchino, ich hatte doch alles im Griff", jammerte er. Arlecchino jedoch schüttelte den Kopf.
„Du wärst ohne mich gerade draufgegangen, du Idiot", fauchte die junge Frau mit den schwarz-weißen Haaren genervt.
„Los jetzt, du wolltest mit ihr reden."
Verwirrt sah Tartaglia sie an, ehe sein Blick zur Kommandantin wanderte.
„Du warst doch gegen die ganze Sache-"
„Hätte ich vorher gewusst, dass die Kommandantin so moralisch grau und kaltblütig ist", seufzte sie nur auf.
Derweil brachten Soldaten einen weiteren Stuhl herbei.
„Lass die beiden frei", verlangte die Kommandantin ohne Umschweife, strich sich durch das kurze, aschblonde Haar. Tartaglia schüttelte den Kopf.
„Erst, wenn du dir mein Anliegen angehört hast."
Sie verschränkte die Arme vor der Brust und lehnte sich zurück.
„Ich möchte ein Bündnis eingehen. Ein Bündnis, damit die Fatui und die Enklave Coepnik miteinander kooperieren. Die Verbindung zwischen Sankt Sotschi und den Fatui ist schon in Stein gemeißelt."
„Was bietet ihr uns, und was springt für euch raus?"
„Wir bieten euch Unterstützung bei sämtlichen Missionen, und im Gegenzug fordern wir nur ein Militärbündnis, wenn sämtliche Regierungen gefallen sind."
Die Kommandantin überlegte und nickte verstehend.
„Meine Bedingungen sind: Euch droht der Tod bei Verrat, außerdem wird sich bedingungslos an unsere Pläne gehalten. Und mit dem Militärbündnis werdet ihr keine alleinige Weltmacht, der Versuch eine zu werden, ist gleichzusetzen mit Verrat. Sind wir uns einig?"
Tartaglia zögerte für einen Augenblick, verunsichert sah er zu Arlecchino, die jedoch nur selbstgefällig grinste.
„Ich müsste das kurz besprechen, mit den anderen", erklärte sich der Mann mit den kupferfarbenen Haaren.
„Nein", knurrte die Kommandantin jedoch.
„Entweder wir schließen jetzt ein Bündnis, oder niemals."
Hilflos blickte er zu Arlecchino, dieses Mal wandte sie sich der Kommandantin zu.
„Du bist wirklich eiskalt", schmunzelte sie und streckte ihre Hand aus.
„Wir haben einen Deal."
~•~
Mit der Maske wieder im Gesicht verließ die Kommandantin mit Lelouch und Emma die Arena. Der kleinen Truppe, die von Berlinsk aus nach Moskgrad gereist ist, ging es erstaunlich gut. Die Stimmung war heiter, jene die froren, hüllten sich in Decken und hielten Tee in den Händen.
„Und, was ist da drin passiert?", fragte die kleinere Frau und sprang auf. Zuerst schloss sie Emma in die Arme, begutachtete dann ihre Handgelenke, anschließend tat sie selbiges bei Lelouch.
„Der Graf wollte ein Bündnis im Namen der Fatui schließen", erklärte die Kommandantin.
„Und?"
„Wir haben nun offiziell die Unterstützung durch die Fatui und damit einen Frieden mit Moskgrad, Ruma und Madrinitz."
„Das ist doch super, Lilith!", rief sie auf und sprang ihr freudig in die Arme.
„Das heißt noch lange nichts", antwortete Lilith bedrückt und hielt die Kleinere fest.
„Clairo, das bedeutet nur, dass der Kampf erst begonnen hat. Es wird nur um einiges leichter, wenn wir durch die drei Regierungen erfahren, was andere Grafschaften geplant haben."
Clairo hielt sich fest, ihre fröhliche, sanfte Stimme war nun gefüllt von Trauer.
„Aber am Ende wird alles gut, oder?"
Lilith strich ihr über das lange, goldene Haar.
„Es wird alles gut."
„Urgh, Sapphilie", scherzte Tartaglia, der nach draußen trottete und sah, wie Lilith Clairo tröstete.
„Halt die Klappe, das stimmt ja nicht einmal", fauchte Lilith auf.
„Als Kommandantin bin ich auch für das Wohlbefinden meiner Untergebenen verantwortlich."
Tartaglia schmunzelte bloß.
Sapphilie war der abwertende Begriff für die Neigung, sexuelle Anziehung als Frau für andere Frauen zu verspüren. In Pareaux wurde der Begriff, in einer Riege mit der Pädophilie, unter Strafe gestellt und überall in der Welt übernommen. Je nach Grafschaft fiel die Strafe jedoch unterschiedlich aus, in einigen Ortschaften wurde die Todesstrafe verhängt, in anderen Ortschaften gab es nur eine Freiheitsstrafe. Während Pädophilie allerorts gleich behandelt wurde, wurde zeitgleich das heiratsfähige Alter auf fünfzehn Jahre hinabgesetzt. Wer in manchen Grafschaften, in denen die Freiheitsstrafe galt, der Sapphilie beschuldigt wurde, musste zusätzlich ein Kind mithilfe eines Mannes zeugen, gegen ihren Willen.
Eine ekelhafte Welt, wie Lilith einst befand, bevor sie zur Kommandantin aufgestiegen war.
"Emma und Lelouch, ihr werdet dennoch nach Sankt Sotschi reisen, diesmal aber in Begleitung der Fatui-Soldaten", sprach Lilith und schloss die beiden auch noch einmal in ihre Arme, dann wandte sie sich an Tartaglia.
"Und du wirst mir Bericht erstatten, wenn du von irgendetwas Wind bekommst."
~•~
Die Stimmung in Berlinsk war nach wie vor angespannt.
Im Volksmund galt Jeremiah Gottwald als peinlicher, bloßgestellter Herrscher, nach dem niederträchtigen Angriff auf die Auslese scheiterte er, die Situation wieder in den Griff zu bekommen.
Die Folge war, Gottwald wurde zum Gespött der Nation.
Wutschnaubend stampfte er die lange Treppe hinunter zum Verlies, in dem die restlichen Waren der Auslese gesperrt waren. Nur ein enger, durch Eisenstäben gesicherter Raum war gänzlich leer.
Am Ende des Ganges befand sich ein Telefon aus fast schon antiker Zeit, aus einer Zeit vor dem dritten Weltkrieg. Man munkelte, es stamme sogar aus der Zeit vor dem zweiten Weltkrieg.
Gottwald griff nach dem klobigen Hörer, wählte eine Nummer und wartete geduldig.
Ein junger Mann nahm den Anruf an.
"Herr Liebert, ich erwarte Ihre Anwesenheit am heutigen Tage noch bei den Kerkern", forderte Gottwald mit gespielt freundlicher Stimme, legte dann den Hörer ab, ohne dass der Mann am anderen Ende antworten konnte.
Gottwald musste sich nicht allzu lang gedulden, nur wenige Minuten nach dem Telefonat erklangen schallende Schritte im Treppenhaus, das nach unten führte.
Ein blonder, junger Mann erschien, lächelte sanft und trat auf den Herrscher zu, seine Hände ruhten verschränkt hinter seinem Rücken.
"Das ging schnell", staunte er nicht schlecht.
"Aber nun denn. Herr Liebert, wir müssen über die Geschehnisse der Auslese reden, wie wir uns das Ansehen zurückholen können."
"Ich denke, ich habe da eine passende Lösung", antwortete Liebert leise.
Es klackte ein Mal, und der Lauf einer Pistole war auf Gottwald gerichtet, visierte einen Punkt auf seiner Stirn an.
"Herr Liebert", sprach Gottwald entrüstet und hob die Hände.
"Was haben Sie bloß vor?"
"Das Ansehen unter Ihrer Führung wird niemals wieder zurückkehren. Die Konferenz von Pareaux demnächst, der werde ich beiwohnen, anstelle Ihrer Wenigkeit."
Ohne noch weitere Worte und wertvolle Sekunden zu verschwenden, drückte er ab und sah zu, wie Gottwald zusammenklappte.
„Auf Wiedersehen, Jeremiah Gottwald, die Schande von Berlinsk."
~•~
Ebenso wie die Enklave Coepnik, prangte an der Pforte ein eisernes Schild mit den Lettern ‚Sankt Sotschi'. Die Architektur unterschied sich jedoch drastisch von der Nahe der ehemaligen deutschen Hauptstadt. Statt schlichte, hochmoderne Gebäude türmten sich hier verschnörkelte Fassaden und gelegentlich auch der ein oder andere Zwiebelturm auf. Zudem gab es hier einen Hafen, direkt am schwarzen Meer. Mit modernen Motorbooten und in seltenen Fällen auch U-Booten vertrieb man hier Waren. Vor allem die Fatui nahmen von dieser Handelsroute Gebrauch, von Sankt Sotschi über Athenhaven nach Ruma, wo Il Dottore herrschte.
Emma schritt staunend durch die Enklave auf ehemals russischen Gebiet. Sie war nicht zum ersten Mal hier, seit sie von Kommandantin Lilith in Londrau gerettet wurde, war sie als Diplomatin zwischen den größten Enklaven unterwegs. Auch Lelouch, der von der Architektur fasziniert war, hielt sich nicht zum erstem Mal hier auf.
„Emma, wir müssen uns ein bisschen beeilen", riss er das Mädchen aus ihren Gedanken. Sie schüttelte ihren Kopf, dann sah sie zu ihm hinauf.
Das Gebäude mit dem größten Zwiebelturm war jenes, wo die Kommandantin ihren Sitz hatte. Sie war eine junge Frau, gerade einmal volljährig geworden, und schon hatte sie solch eine Rolle inne.
Die Türen zur obersten Etage öffneten sich, ließen Emma und Lelouch hinein. Neben Kommandantin Xenia Wolkonov saß ein alter Greis, Alex Mikhaylov. Er war ein Veteran, er hatte im dritten Weltkrieg sein Leben auf's Spiel gesetzt und war einer der wenigen seiner Abteilung, der sein Leben nicht lassen musste. Zudem war er Emma's Ziehvater, er fand sie, dann verlor er sie wieder im europäischen Gebiet.
„Hat ja ein wenig gedauert", grüßte Xenia die beiden mit amüsierten Unterton.
„Wir wurden auf dem Weg aufgehalten. Verzeihen Sie, Frau Wolkonov."
Eigentlich war der Name in dieser Form nicht richtig. Im Falle einer Frau müsste dem Nachnamen in ‚a' beigefügt werden, doch sie ließ es absichtlich Weg, begründet durch die Sicht, wie Frauen in dieser Welt gesehen wurden.
„Wir müssen eine dringende Mission besprechen", meinte Xenia knapp und rollte eine an der Decke hängende Leinwand aus, sie war bereits beschrieben.
„Einer unserer Informanten, die in Londrau stationiert sind, haben eine Art Kinderheim entdeckt. Dort werden kleine Mädchen nach dem heutigen Weltbild erzogen, direkten Kontakt zu den Kindern haben nur erwachsene Frauen. Solch eine Art Heim gibt es ebenfalls für männliche Waisenkinder. Wir müssen uns sofort mit Coepnik in Verbindung setzen, und dieses große Problem lösen, bevor die Konferenz in Pareaux beginnt."
„Und wie viel Zeit bleibt uns da noch?", hakte Lelouch besorgt nach. Xenia senkte den Kopf.
„Knapp eine Woche. Bedeutet, wir brauchen innerhalb kürzester Zeit zwei Pläne für zwei verschiedene Missionen."
„Sollten wir dann nicht zwei Teams bilden? Eins aus Coepnik, das andere aus Sankt Sotschi?", schlug Emma vor.
„Problem ist nur, dann fehlen uns eine Handvoll Leute in beiden Missionen."
Xenia zeigte mit dem blanken Finger auf das Mädchen.
„Und genau da kommen die Fatui ins Spiel", meinte sie.
„Die Fatui unterstützen mit ihren Leuten und ersetzen den Teil, der bei den Missionen jeweils fehlt."
Fragend sah sich Xenia um, wartete auf die ausbleibende Zustimmung, oder auch mögliche Ablehnung.
„So klingt es am besten", stimmte Mikhaylov zu.
„Dann setzen wir uns jetzt sofort mit Coepnik in Verbindung."
Nur ein paar Minuten waren verstrichen, bis Lilith' Abbild auf dem Bildschirm des Laptops erschien. Deutlich waren die tiefen Augenringe zu erkennen, und doch hörte sie sich die Ausgangslage an.
„Ich würde sagen, die Mission in Londrau wird von Sankt Sotschi ausgeführt und von Coepnik gesteuert, bei der Mission in Pareaux tauschen wir die Rollen", schlug sie vor und riss zugleich ihren Mund zu einem müden Gähnen auf, deckte ihn jedoch mit ihrer Hand ab.
„Ich setze für Londrau Momoe, Rika und Jean für die Steuerung an, der Rest steht zur Verfügung, wenn ihr Verstärkung braucht."
„Wie sieht's eigentlich mit den Geretteten aus?", fragte Xenia interessiert.
„Unter denen sind Ai Ohto, sowie Touko Nanami. Die restlichen drei trugen keine Personaldokumente bei sich, noch konnten wir keine Vermisstenanzeige finden, die auf eine der drei zutrifft. Alle fünf sind allerdings wieder fit, Ai könnte man in Planungen involvieren, Touko könnte man im Kampf einsetzen."
„Irgendwie seltsam", seufzte Xenia auf.
„Scheint so, als seien die Frauen aus Tokyuta international sehr beliebt. Ob dem Shogun das gefällt?"
„Wenn's ihm missfällt, haben wir es einfacher, uns mit ihm zu verbünden."
Xenia schüttelte den Kopf.
„Ayato Kamisato ist ein Diplomat. Und genau das ist wahnsinnig gefährlich, denn durch sein Charisma schafft er es, seinen Willen bedingungslos durchzusetzen und uns zu Kompromissen zu bringen."
„Nicht, wenn wir ein Druckmittel haben", konterte Lilith, für einen Augenblick lang verfinsterte sich ihr Gesicht, in Kombination mit einem zähnefletschenden Grinsen. Selbst Xenia bekam bei diesem unheimlichen Anblick eine Gänsehaut. Die sonst so draufgängerische Russin wagte es nicht einmal, etwas zu sagen.
„Shogun Ayato hat eine jüngere Schwester. Wenn er nicht ganz so kaltherzig ist, wird er sie in Tokyuta vor der Öffentlichkeit verbergen, somit wissen wir zumindest, wo auf der Erde sie sich aufhalten könnte."
Auf dem Bildschirm war nun zu sehen, wie sich hinter Lilith die Tür ruckartig öffnete.
„Lilith, gerade ging die Nachricht durch, dass Jeremiah Gottwald verstorben ist!"
Es war Clairo, sie gestikulierte hektisch, als sie sprach.
„Das hat zumindest unser in Berlinsk eingeschleuste Spion berichtet."
„Hat Cay auch gesagt, wer der neue Herrscher sein wird, und wie in Berlinsk verfahren wird?", fragte Lilith und sprang von ihrem Sitz auf, das Videotelefonat mit Sankt Sotschi war vollkommen in Vergessenheit geraten, dennoch verblieben Xenia, Emma und die anderen vor dem Bildschirm.
„Man munkelt, dass es Johan Liebert sein wird", antwortete Clairo knapp.
„Und Cay meinte auch, es sei möglich, dass er Gottwald umgebracht hat."
Lilith' Augen wurden größer, sie wollte mit den Worten „Wir müssen uns sofort in Bereitschaft begeben!" hinausstürmen, doch Clairo stellte sich ihr in den Weg.
„Nein, Lilith. Schau dich doch einmal an, du bist nicht fit. Ruh dich erst einmal aus."
Dennoch wollte sie nicht aufgeben, versuchte es noch einmal, sich an der Kleineren vorbeizuschieben, vergebens. Stattdessen stellte ihr Clairo kurzerhand ein Bein, sodass sie wieder auf dem Stuhl saß.
Die Blonde strich Lilith sanft durch's Haar, sah sie besorgt aus ihren nussbraunen Augen an.
„Mach dir keine Sorgen. Bis Morgen krieg ich schon alles hin", meinte Clairo leise und schloss Lilith dann in ihre Arme, bevor sie den Raum verließ.
~•~
Im Palast des Shogunats herrschte hektisches Treiben.
Bewaffnete Soldaten mit dem Emblem Tokyuta's auf den Brustpanzern stürmten durch die engen Gänge, als würden sie etwas suchen.
Auch der Shogun selbst bewegte sich wie seine Untergebenen durch seinen eigenen Hoheitstempel, bis er mit einer kleinen, jungen Frau zusammenstieß. Ayato hielt sie an den Schultern fest, musterte sie von oben bis unten, dann atmete er erleichtert auf.
„Ayaka, wo bist du bitte gewesen?", fragte er, seine Stimme bebte.
„Ich hab' dir gesagt, du sollst den Palast nicht verlassen, und wenn du den Palasthof aufsuchst, dann nur in Begleitung mit Thoma!"
Beschämt blickte sie auf den Tatamiboden.
„Tut mir leid, Ayato", murmelte sie.
„Ich war allein auf dem Palasthof, weil ich Thoma nicht gefunden habe."
Ayato warf seinen Blick zur Seite, wo der blonde, aus Berlinsk stammende junge Mann Wache stand.
„Und wo warst du gewesen?", knurrte er ihn an, Thoma biss sich erschrocken auf die Unterlippe. Ayato's Zorn war etwas, was kein Sterblicher jemals erfahren wollen würde.
„I-ich war auf T-toilette", stammelte er hilflos. Plötzlich entspannte sich Ayato's Mimik wieder.
„Schon gut. Du musst dich ja auch um dich selbst kümmern."
Nun war es Ayaka, die verzweifelt aufsprang.
„Ayato, ich möchte endlich wieder frei sein. Ich möchte nicht mehr hier eingesperrt sein!", flehte sie ihren großen Bruder am, sogar Tränen rollten in Strömen über ihre Wangen.
„Du weißt genau, das alles geschieht nur zu deinem Schutz, Schwesterherz. Die Welt da draußen ist grausam zu Frauen, und das schließt dich ein. Hier drin jedoch bist du in Sicherheit, hier ist niemand, der dich schlecht behandeln würde. Hier bist du zwar eingesperrt, wirst aber nicht als Objekt behandelt, wirst nicht gefoltert oder zum Zweck, Kinder zu gebären ausgenutzt. Die meisten deiner Wünsche werden bedingungslos erfüllt, und selbst wenn du Sapphilie betreibst, dann mach das."
Ayato beugte sich nach vorn, sah seine kleine Schwester eindringlich an.
„Denn weißt du, Sapphilie gibt's nicht. Es ist Homosexualität, genauso wie bei Männern. Nur ist das unter Männern gesellschaftlich akzeptiert."
„Aber ich kenne keinen Herrscher, der in einer homosexuellen Beziehung lebt", widersprach Ayaka.
„Sie alle können sich die besten Frauen aussuchen und müssen nicht auf solche Beziehungen zurückgreifen. Von wegen akzeptiert."
„Du wirst es mir kaum glauben, aber", fing Ayato an und lachte leise auf, „Meister Zhongli aus Pekiyou hat eine lange Liste aus Affären, allesamt mit Graf Ajax aus Moskgrad. Ist aber nichts allzu festes, da Graf Ajax auch mit Frauen verkehrt, während Meister Zhongli nicht im Geringsten an einer Beziehung mit einer Frau interessiert ist."
Ayaka legte ihre Hand auf ihren Mund, sie konnte kaum fassen, welch pikante Gerüchte sie um die Herrscher hörte.
„Also ist Meister Zhongli schwul?", fragte sie kichernd.
„Ich glaube, weder noch. Er scheint gar kein echtes Interesse für irgendein Geschlecht zu haben, sondern nur aus reinen Zeitvertreib zu verkehren."
„Wenn seine Liste aus Affären so lang ist, dann muss ihm ja eindeutig sehr langweilig sein."
Ein lautes Klingeln riss die Geschwister und Thoma aus ihrem Gelächter.
„Da muss ich leider rangehen", entschuldigte sich Ayato bei der Jüngeren.
„Bin gleich wieder da."
Ein Soldat führte den Shogun durch eine eher versteckte Tür zu dem alten Telefon mit der klemmenden Drehscheibe und dem klobigen Hörer. Ayato nahm ihn in die Hand.
„Hallo?"
„Werter Shogun Kamisato, hier ist Herr Liebert."
„Ahh, verstehe", antwortete Ayato mit hochgezogener Augenbraue.
„Erst einmal mein herzliches Beileid über den verschiedenen Graf Jeremiah Gottwald, und ich wünsche Ihnen viel Kraft und Erfolg als neuer Herrscher von Berlinsk."
„Ja, danke", sprach Johan knapp, fuhr dann sofort mit seiner Belange fort.
„Wissen Sie, Herr Kamisato, ich würde mich freuen wenn wir uns noch vor der Konferenz von Pareaux auf uns neutralem Terrain treffen könnten, ich bräuchte Rat bei der Führung einer ganzen Grafschaft, und ich halte Sie für am geeignetsten."
„Natürlich", entgegnete Ayato skeptisch, ließ sich allerdings nichts anmerken.
„Wie wäre es mit morgen, zur Mittagsstunde, in Pekiyou oder Moskgrad?"
„Ich halte Praghain für die beste Wahl des Ortes, da das Volk dort nach Moskgrad und Berlinsk umsiedelte, und nun dort niemand mehr herrscht. Sie wissen, auch wie wir mit Praghain verfahren wird auf der Konferenz geklärt."
„Ist mir recht", antwortete Ayato, er tippte ungeduldig mit dem Fuß auf dem Boden herum.
Er wollte nur, dass das Telefonat so schnell wie möglich vorüber war, um nachzudenken.
„War das alles?"
„Ja, das waren all meine Belange", antwortete Johan.
„Bis morgen, zur Mittagsstund in Praghain."
Ayato verabschiedete sich, dann legte er den Hörer wieder weg und stürzte stumm aus dem Raum. Gefolgt von zwei Wachen begab er sich wieder zu seiner kleinen Schwester.
„Da bist du ja wieder", seufzte Ayaka gelangweilt auf, mit Thoma hatte sie geduldig auf den Shogun gewartet.
„Tut mir leid, Ayaka. Wir müssen die Sicherheit des Palastes auf das Maximum erhöhen, Herr Johan Liebert möchte mich morgen sehr weit weg von Tokyuta treffen. Ich fürchte einen Hinterhalt."
„Soll ich Ayaka morgen in den Schutzbunker in der Provinz bringen?", fragte Thoma vorausschauend, doch Ayato schüttelte den Kopf.
„Ich vertraue auf unsere Elite-Samurai", meinte er.
„Im Notfall aber vertraue ich nur dir allein, dass Ayaka nichts geschieht."
~•~
Als die Sonne am höchsten stand, nur kleine Schatten warf, da erschien am Horizont der ehemaligen tschechischen Hauptstadt eine Kutsche, gezogen von zwei prachtvollen, europäischen Schimmeln. Ganz im Gegensatz zu den Pferden stieg jedoch ein großer man im japanischen, prunkvollen Kimono aus. Gefolgt von einer Handvoll Soldaten trat Ayato zu Johan, der sich ebenso von Wachen aus Berlinsk begleiten ließ.
„Shogun Kamisato", grüßte Johan ihn und reichte ihm die Hand.
„Keine falsche Bescheidenheit", entgegnete Ayato, „Sie müssen mich nicht beim Nachnamen nennen."
„Also, welchen Rat genau ersuchen Sie?", sprach der Mann aus Tokyuta.
„Mich würde es brennend interssieren", fing Johan an, legte seine Hand ans Kinn und überlegte. Er behielt stets sein charmantes Lächeln, was jegliche Skepsis ihm gegenüber aus dem Weg zu räumen vermag.
„Wie führt man einen Krieg?"
„Das hat nicht gerade etwas mit dem Regieren einer Grafschaft zu tun", schmunzelte Ayato.
„Nun denn, zuerst schaffen Sie sich Verbündete. Ziehen Sie so viele wie möglich auf Ihre Seite, am Besten sind die Verbündeten auch so stark wie möglich. Dann sorgen Sie für Spione im Lager der Rebellen, wofür ich Frauen am geeignetsten befinde. Zuletzt, nachdem Sie genug Informationen über die Rebellen haben, greifen Sie im Hinterhalt an und nutzen Sie die gesammelten Informationen effektiv."
„Interessant", murmelte Johan und nickte dabei.
„Und wie viel Zeit nimmt das Informationen sammeln so in Anspruch?"
Ayato hob eine Augenbraue skeptisch an.
„Das kommt ganz darauf an, wie gut Ihr eingeschleuster Spion ist", antwortete er nun etwas distanziert. Es sprach zwar alles dafür, dass Johan einen Rachefeldzug gegen die Enklave Coepnik plante, nachdem die Auslese in seinem Herrschaftsgebiet überfallen wurde, doch aus irgendeinem Grund hatte er ein seltsames Bauchgefühl. Warum war sein Anliegen so dringend? Und warum fragte er gerade Ayato um Hilfe, wo er doch den alteingesessenen Charles zi Britannia aus Londrau ganz in seiner Nähe hatte? War sein Ziel womöglich gar nicht Coepnik, sondern Londrau selbst?
„Ich gebe Ihnen noch einen wichtigen Rat, Herr Liebert", sprach Ayato ernst.
„Fangen Sie auf keinen Fall einen Krieg unüberlegt und überstürzt an. Auch nicht der Raffgier wegen. Wir genießen einen Frieden, trotz des Angriffes der Rebellion."
„Ich habe verstanden, Shogun Ayato", meinte Johan.
„Sie haben mir dennoch weitergeholfen. Ich bedanke mich."
Der Blonde gab Ayato die Hand zum Abschied.
„Ich wünsche Ihnen eine entspannte Heimkehr."
Verwirrt über den so plötzlichen Abschied Johan's sah er ihm hinterher, kratzte sich am Hinterkopf und begab sich nun selbst zu seiner Kutsche.
„Beeilen wir uns, ich habe ein schlechtes Gefühl bei der Sache", wies er den Kutscher an.
~•~
Während der Abwesenheit des Shoguns, am helllichten Tage, konnte man maskierte Gestalten über die Dächer turnen sehen. So schnell, dass wohl nur die wenigen gut ausgebildeten Ninja sie schnappen könnten, bahnten sie sich ihren Weg zum riesigen, prunkvollen Palast.
Gekonnt umgingen sie den Blicken der Samurai, eine speziell ausgebildete Kämpfertruppe, die sich in ihren Fähigkeiten von den normalen Wachen unterschieden. Sie waren vielleicht nicht die mobilsten, jedoch setzten sie in jedem Kampf ihr Leben auf's Spiel, kämpften bis zum bitteren Ende. Ein Samurai zu werden, erforderte einen eisernen Willen, der sich wohl niemals brechen lassen würde, aber sonst keinen großen Intellekt. Ein Ninja dagegen, der brauchte Verstand, taktisches Denken sowie einen wendigen Körper. Und doch war niemand von ihnen in der Lage, schnell genug zu Handeln um die Eindringlinge davon abzuhalten, den Palast zu betreten.
„Wir sind drin", flüsterte Anführerin und fasste sich dabei ans Ohr.
„Mikhaylov, was siehst du?"
„Ich seh' 'nen Gang", antwortete der Veteran trocken.
„Was denn, sind wir heute nicht gut drauf?"
„Xenia du weißt ganz genau, dass ich diesen Plan nicht unterstütze. Wir haben besseres zu tun als diese Spontanmission."
„Wenn du das Ding jetzt boykottierst, zieh ich dich von der Planung der Mission in Pareaux ab."
„Mach doch. Traust du dich eh nicht, du weißt genau dass du meinen Verstand brauchst."
„Jetzt lass gut sein, Mikha", hörte man Lelouch durch das kleine Headset in Xenia's Ohr zischen.
„Emma ist auch auf dieser Mission, da sollte dir ihre Sicherheit am Herzen liegen als Adoptivvater."
„Ist ja gut", grummelte Mikhaylov.
„Xenia, lauf einfach weiter geradeaus. Teilt euch am besten auf und sendet mir euer Kamerabild."
Mit ein paar schnellen Handzeichen, ganz ohne Worte, wies die Russin jeden ihrer maskierten Begleiter zurecht.
Lelouch beugte sich angespannt über den Tisch, sichtete mit Mikhaylov jedes einzelne Kamerabild. Plötzlich sprang der Alte auf.
„Kamera eins, Bewegung nach rechts gesichtet! Lelouch, spul das nochmal ab."
Der Jüngere tat, was ihm befohlen worden ist und sah sich die fremde Gestalt genau an.
„Das ist 'ne Uniform aus Berlinsk!", rief er aus und sah Mikhaylov erschrocken an.
„Kamera eins, sofort folgen! Alle anderen, bleibt wachsam und begebt euch alle langsam zu Kamera eins."
Xenia war die Erste, die den Raum betreten hatte. Eine Gruppe Soldaten aus Berlinsk umkreisten eine junge Frau und ihren blonden Beschützer. Schwerter und Speere waren auf die kleine Schwester des Shoguns gerichtet, Thoma tat sein Bestes, die Angriffe abzuwehren. Er war jedoch allein, allein gegen gut fünf Gegner, das würde er nicht schaffen. Selbst, wenn Ayaka zu kämpfen begann.
Xenia holte eine Pistole hervor und schoss zwei mal an die Decke. Die Soldaten wirbelten herum, zwei von ihnen griffen nun die Russin an. Sie wich zurück, konnte nicht einfach so auf die Männer schießen, sie hatte nur noch eine Patrone.
Zu ihrem Glück erreichten noch zwei weitere Rebellen über den Balkon den Raum.
„Was zur Hölle?!", stieß Thoma aus, er wusste nicht recht, wer Feind und wer Freund war, oder gab es überhaupt einen Freund?
Beschwichtigend hob einer der beiden die Hände, während der andere nur mit einem Messer bewaffnet sich in den Kampf stürzte.
„Keine Sorge, wir sind hier um euch zu schützen", sprach sie und nahm die Fuchsmaske vom Kopf. Ein Mädchen mit orangenen Locken kam zum Vorschein.
„Wisst ihr, wie viele fremde Soldaten hier sind?", fragte Emma mit einer sanften, beruhigenden Stimme.
Thoma sah sie an, ihm blieb nichts anderes übrig, als ihr zu vertrauen.
„Knapp zwanzig wurden gezählt. Fünf davon sind hier, drei weitere wurden schon umgebracht."
„Und gleich stirbt Nummer acht", grinste Xenia kaltblütig und stürzte sich auf den letzten Verbliebenen, der den Fluchtweg über den Balkon nutzen wollte. Eine glänzende Messerklinge bohrte sich in die ungeschützte Stelle zwischen Brustpanzer und Helm. Der bereits blutbefleckte Tatamiboden wurde um weitere berlinsker Blutflecken bereichert.
„Ayaka, du bist hier nicht sicher. Wir werden dich nach Sankt Sotschi bringen, dort stehst du unter Schutz der gesamten Rebellion", erklärte Emma und strich ihr tröstend über den Rücken.
„Nein", widersprach Thoma standhaft.
„Ayaka Kamisato steht unter meinem Schutz, wenn ihr sie mitnehmt, werte ich das als Entführung und ganz Tokyuta wird euch angreifen!"
„Du kannst gerne mitkommen, um dich zu vergewissern dass es ihr gut geht", entgegnete Emma noch immer sanftmütig.
„Ich denke auch, dass Shogun Ayato jeden Weg gehen würde, um ihre Sicherheit zu gewährleisten."
„O-okay", gab Thoma überraschend schnell kleinlaut bei.
„Aber nur unter der Bedingung, dass ich mitkomme."
Emma leitete die Schwester des Shoguns und ihren Beschützer nach draußen, Ayaka unter Kapuze und Mantel versteckt. Sie erreichten einen Tunnel, streng bewacht von einem kleinen Jugendlichen mit großem Hut. Er war die Nummer sechs der Fatui, Scaramouche. Garstig tappte er mit dem Schuh auf dem Boden herum, verschränkte die Arme vor seiner Brust.
„Hat lange genug gedauert", zischte er und öffnete den Eingang, reichte Emma eine lichterloh brennende Fackel.
„Glück gehabt, dass ich meine Meinung nicht doch geändert habe."
~•~
Lumine, ein blondes, junges Mädchen, hob den Kopf. Sie war dafür verantwortlich, die Pforte zur Enklave Sankt Sotschi zu bewachen, während Kommandantin Xenia auf Mission war. Nun traten drei Gestalten hindurch, eine davon war Emma.
„Wo sind die anderen?", fragte Lumine besorgt und kam ihnen entgegen.
„Keine Sorge, sie reinigen den Palast von berlinsker Soldaten", sagte sie und zwinkerte ihr zu.
Lumine atmete erleichtert aus.
„Kümmere du dich bitte um Ayaka und Thoma. Wir waren zwar schnell mit dem U-Bahnsystem der Fatui unterwegs, ihre Bedürfnisse müssten sie trotzdem allmählich stillen."
Die Blondine nahm Ayaka die Kapuze ab und sah direkt in zwei große, blau strahlende Augen.
Sie führte beide in eine Art Mensa, einem Speisesaal einer großen, universellen Bildungseinrichtung in Sankt Sotschi, und bestellte warmes Essen für die beiden.
Etwas zögerlich nahm Ayaka den Löffel in die Hand, sie hatte nicht wirklich mit Soljanka gerechnet. Es war eine Spezialität in Sankt Sotschi, und eine Tradition jedem Neuankömmling eine frische, warme Soljanka zu servieren. Eine handgemachte rote Suppe, verfeinert mit gewürfelter Salami, Gewürzgurken und Jagdwurst. Lumine musste zugeben, es war nicht das klassische Rezept aus dem Zeitalter, in dem es noch das große Russland gab, dennoch hatte man die Erinnerung daran aufrecht erhalten.
Ayaka rümpfte die Nase.
„Probier mal", versuchte Lumine sie zu ermuntern.
„Wenn's dir nicht schmeckt, kann ich dir auch etwas anderes servieren lassen."
„Warum gibt es eigentlich gerade dieses Gericht zu essen?", fragte Thoma mit einer Mischung aus angeekelter Abneigung und ehrlichem Interesse in der Stimme.
„Das ist eine Tradition bei uns. Jeder, der das erste mal nach Sankt Sotschi kommt, muss zumindest einen Löffel der Soljanka probieren. Ist nicht gerade Jedermanns Geschmack, aber Probieren schadet nie."
„Außer, es ist Gift", antwortete Thoma wenig erfreut.
Lumine senkte den Kopf aus Enttäuschung, dass der große Blonde ihr nicht mit einer Faser seines Körpers vertraute.
„Entschuldigung", murmelte sie leise, vollkommen grundlos, schließlich hatte sie nicht einen Fehler gemacht.
„Schon gut", entgegnete Ayaka, noch bevor Thoma etwas sagen konnte.
„Ich probier's."
Sie öffnete ihren Mund weit, ließ die warme Suppe ihren Rachen hinuntergleiten, und schließlich schluckte sie, obwohl man ihr sehr genau ansah, dass sie die Soljanka liebend gern wieder ausspucken würde.
„Tut mir leid", meinte nun Ayaka, doch Lumine winkte sofort ab.
„Alles gut, du kannst dir gerne etwas anderes aussuchen."
"Aber jetzt ist Thoma dran."
Mit großen Augen sah Ayaka ihren Beschützer erwartungsvoll an.
"Auf keinen Fall", entgegnete er, vehement weigerte er sich, die Soljanka zu probieren.
"Komm schon, ich hab's auch gemacht!"
"Meinetwegen", gab er -wieder überraschend schnell- kleinlaut bei.
Auch er probierte einen Löffel der Suppe, und befand sie als lecker.
Es folgten zwei weitere Löffel, die er gierig verschlang.
"Siehst du", meinte Lumine und stützte ihren Kopf mit ihrem Arm ab.
"So schlimm war es gar nicht."
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