purity - S.M & C.C.
"She was one of the rare ones,
so effortlessly herself and the world
loved her for it."
-Atticus
•••
Camila
„Okay, ich denke, das reicht fürs Erste. Fünf Minuten Pause?"
Ich nickte schneller als beabsichtigt, um zu verbergen, wie unbehaglich ich mich fühlte. Das Einzige, das mich durch die letzten dreißig Minuten gebracht hatte, war der liebenswerte britische Akzent des Radiomoderators, mitten in Toronto. Warum ich hoffte, dass der Rest des Interviews an mir vorbeischwimmen würde, konnte ich nicht genau sagen. Jimmy - oder hieß er Jonny? - hatte professionell gezwungen über jede meiner Bemerkungen gelacht und an den richtigen Stellen Bewunderung vorgetäuscht. Das Schmunzeln, das sein gesamtes Gesicht einnahm und sich mit jedem Blick, der über meinen Körper glitt zu einem missbilligenden Runzeln wandelte, entging mir nicht. Und es schien als würde jeder seiner Atemzüge nur zweierlei in meine Richtung wehen wollen: Verachtung und Missgunst.
Vielleicht lag ich falsch. Vielleicht rief die Selbstsabotage wieder zu verlockend, als das ich meine verzehrten Zweifel von der Wirklichkeit hätte unterscheiden können. Jedoch war vielleicht ebenso wahrscheinlich wie unwahrscheinlich und nur ein einziger Schluss tat sich mir auf: Der Mensch, dem ich mich für die Herzen von Millionen Menschen öffnen sollte, hasste mich. Und ich konnte kein bisschen dagegen tun.
Natürlich lag es auf der Hand dass Interviews zu meinem Job dazu gehörten und, dass sie danach verlangten, so erwachsen und ehrlich wie möglich gelebt zu werden. Doch ich... Ich glaubte an Chemie. Nicht Labor-Chemie, sondern die zwischen meiner Mum und mir, wenn sie ein Lied summte und ich weitersang. Dad und ich, wenn er Burritos zubereitete und noch bevor ich hineingebissen hatte wusste, dass ich genießerisch die Augen schließen würde. Der Lockenkopf, meine große Liebe, die mich küsste und zuließ, dass ich ruinierte, was ihm heilig war: Seine Haarpracht. An all das glaubte ich. Doch es tat weh zu spüren, dass jeder Funke Magie wohl lächerlich war, wenn offensichtlich war, dass man mich schneller als schnell loswerden wollte.
Der Wunsch mich zu verstecken überwiegte und ich stand so ruckartig auf, dass sich winzige schwarze Punkte vor meinen Augen in Bewegung setzten. Jimmy-oder-Jonny räusperte sich, doch ich dachte, er würde nichts sagen. Das tat er nicht. Fast.
„Camila? Du bist hübsch, das steht vollkommen außer Frage, aber dieser Rock... Ich weiß nicht so ganz."
Einatmen. Ausatmen. Er hat keine Ahnung.
„Was ist verkehrt an meinem Rock?", fragte ich und klang, als würde ich in Tränen ausbrechen. Vielleicht wurde diese Illusion zur Realität, wenn ich nicht bald die Toilette fand. Und ziemlich sicher war mir das egal.
„Nichts. Nicht wirklich. Ich denke, er ist bloß etwas kurz und nicht sehr deckend... Wolltest du Hatern nicht weniger Angriffsfläche bieten?"
Wollte ich das?
Ich räusperte mich und wusste, dass ich innerhalb von Sekunden noch kleiner geworden war, als ohnehin schon. Etwas mehr als fünf Fuß waren wahrlich keine Glanzleistung, aber gerade war dieses stickige Studio das große Alles und ich... Ich war das kleine Nichts.
„Danke für den Tipp, aber um ehrlich zu sein fühle ich mich ziemlich wohl."
„Tust du das?" Und dann zerbrach ich und hoffte, dass es niemand hörte.
Ein paar kalte Wasserspritzer und tiefe Atemzüge später saß ich dem mental umgetauften JJ gegenüber und versuchte, zu bleiben wie ich war, ohne zu wissen, ob es ausreichte.
Ich bin nicht das, was er über mich sagt.
Irgendwann stellte er die letzte Frage, ich saß auf einem viel zu kleinen Stuhl, um zu singen und wusste, dass es noch nicht geschafft war.
„Mila, ich dachte..."
Nenn' mich nicht so, du Arschloch.
„Ja? Was dachtest du?" Meine Entgegnung klang zu scharf, doch ich war stolz. Zum ersten Mal seit langem war ich stolz auf die Worte aus meinem Mund.
Jimmy-oder-Jonny schmunzelte. Offenbar bereitete es ihm ekelhaftes Vergnügen, mich auszuliefern und in Stücke zu zerreißen.
„Könntest du vielleicht etwas anders singen?"
Was?
„Ich glaube nicht", sagte ich. „Ich bin hier, um die neueste Single zu promoten und ich..."
Er fiel mir ins Wort. „Nein, ich meinte nicht etwas anderes. Sondern etwas anders."
WAS!?
„Entschuldige, aber ich habe keine Ahnung, was du meinst."
„Dieses Näseln", sinnierte er. „Denkst du nicht, dass es irgendwann langatmig wird und ein bisschen...austauschbar?"
Noch nie hatten mich braune, zum Dutt zusammengebundene Wellen so sehr vor dem Abgrund gerettet, wie im nächsten Augenblick.
„Lass das Mädchen doch um Himmels Willen ihren Job machen."
Danke, Frau. Dich schickt der Himmel, Frau.
Ich überlebte Liar, ohne auch nur einzigen Ton zu spüren, der meine näselnde Kehle verließ.
Ich hätte einfach gehen und akzeptieren sollen, dass auf beschissene Tage bessere folgten. Doch ich tat es nicht und als ich mit meiner Tasche in der Hand an dem Raum vorbeischritt, der mich so viel Kraft gekostet hatte, wie nichts zuvor, wurde ich trauriger. Und kleiner. Und dann nichts mehr.
„Furchtbar. Ich bin bloß froh, dass ich sie soweit hatte, sie von diesem hysterischen Lachen abzuhalten. Hast du die Insta-Storys der Kleinen gesehen? Kopfschmerzen. Nichts als Kopfschmerzen."
Nein...
„Was denkst du, wie lange Mendes noch durchhält?"
„Im Bett könnte sie gar nicht so übel sein. Also, vorausgesetzt, sie hält den Mund und dreht nicht durch, wenn sie kommt." Ein hämisches Lachen. Und das Zweite.
„Zwei Monate?"
„Eineinhalb."
Bitte nicht...
Langsamer als je zuvor setzte ich einen Fuß vor den anderen. Jeder Atemzug schmerzte so wie jeder abgefuckte Herzschlag, doch ich ging schweigend weiter. Als wäre nichts passiert. So wie erwachsene Frauen es nun einmal machten.
Shawn
Eigentlich wusste ich, dass ich jemandes Leben auslöschen musste, als ich die Wohnung betrat, denn es war... ruhig. Zu still für das kleine, große Leben darin. Mein Herz rutschte tiefer, als ich meine Freundin in unserer Küche entdeckte. Nicht, weil sie Pancakes backte. Sondern, weil sie Pancakes backte, ohne den Soundtrack von High School Musical zu hören, zu tanzen und mich mitzuziehen, bis ich sie küssen durfte.
Stattdessen bearbeite sie eine Dose Ananas mit etwas, das wohl ein Dosenöffner sein sollte und atmete schwer. Noch schwerer, als sie sie zu Boden fallen ließ und mit dem Werkzeug darauf einschlug. Ich wagte nicht, mich zu bewegen und tat es dennoch.
Was ist passiert?
„Das hat sie nicht verdient, Schatz", flüsterte ich mit einem Seitenblick auf das Blech am Boden und betete darum, dass die Spannung im Raum sich auflöste. Doch ich wusste, dass keines meiner Gebete erhört werden würde, als ich endlich in die Augen blickte, die mich durch den Tag gebracht hatten. Milas Seele war sturmumtost und ihre Trauer schmerzte. Mein Herz zog sich zusammen, als ich kleine Tränen fließen sah. Sie sah mich an, bevor sie lachte und da war nichts Echtes.
„Hat sie nicht? Warum? Habe ich sie nicht seriös genug zu öffnen versucht? Nicht so, wie verdammte erwachsene Frauen das machen?"
„Baby, was..."
„Shawn, bin ich eigentlich zu laut, wenn ich komme?"
Was zur Hölle...
„Camila... Sag mir, was passiert ist."
„Gar nichts ist passiert", gab sie zurück. Gar nichts bedeutete also alles.
„Babe..."
Ein Schritt auf sie zu.
„Sprich mit mir. Du kannst mich auslachen, wenn du möchtest. Eigentlich wäre mir nichts lieber als das, aber bitte... Sag irgendetwas. Ich mache mir ziemliche Sorgen."
Meine liebsten dunklen Augen sahen mich an, als Mila eine Frage stellte, die mein Herz brach und es heilte.
„Was fühlst du, wenn du mich ansiehst?"
„Alles."
Ich hatte keine Sekunde nachgedacht und ich würde es niemals tun.
„Denkst du, dass du immer alles fühlen wirst? Was ist, wenn du irgendwann aufwachst und sauer bist, weil ich neben dir liege?"
Oh, Baby...
Ich hob Camila auf die Küchenzeile und sie ließ es geschehen. Ich stützte mich auf ihren Beinen ab und malte kleine Kreise auf ihre Handinnenfläche.
„Ich bin hier, Liebling", sagte ich.
Alles.
Sie schluckte schwer und es schien sie ungeheure Kraft zu kosten, die nächsten Worte auszusprechen.
„Ich war heute beim Radiosender, um Liar zu promoten", begann sie. „Da war dieser Typ... Also nicht nur irgendein Typ, sondern der, der mich interviewen sollte. Ich dachte anfangs, es mir einzubilden. Dass er mich angesehen hat, als wäre ich eine Krankheit und dass sein verdammtes Stirnrunzeln jedes Mal, wenn ich auch nur versucht habe, zu grinsen, größer geworden ist. Als wir Pause gemacht haben, wollte ich zur Toilette. Er hat etwas davon gesagt, Hatern mit kurzen Röcken nicht noch mehr Angriffsfläche zu bieten. Ich glaube, seine Worte waren die saubere Version von ‚Du bist eine widerliche Schlampe.' Ich habe zu nasal gesungen und dann... Als ich eigentlich längst hätte weg sein sollen, habe ich gehört, wie er... Er hat gewettet, dass es weniger als zwei Monate dauert, bis du durchdrehst, weil ich sie nicht mehr alle habe und sich gefragt wie ich wohl im Bett wäre. Dass ich vermutlich auszuhalten wäre, wenn ich die Klappe halten würde und dass meine Stimme ihm..."
Ich küsste sie. Ich küsste sie, als hätte sie mir all das nicht erzählt. Ich begehrte ihre kleinen Hände in meinem Nacken und liebte ihren süßen Geschmack auf meiner Zunge. Ich liebte ihr echtes Lachen und, dass sogar ihr Schluchzen, wie ein Lied klang. Sie war alles.
Ich glaubte, dass wir beide weinten, als wir uns voneinander lösten, doch ich die Erleichterung, uns nicht zu verstecken, überwog.
„Du weißt, dass er gelogen hat, mein Schatz. Oder? Jedes einzelne Wort war eine Lüge."
„Shawn..." Die Liebe meines Lebens sprang von der Küchenzeile und der Blick, den sie mir schenkte... Ich wusste es nicht. Das erste Mal hatte ich nicht den Hauch einer Ahnung, wonach ihr Herz schrie. Es tat weh. So weh, dass es kaum auszuhalten war.
„Shawn, ich weiß überhaupt nichts mehr."
Ich wartete zwei Stunden, ehe ich den Kopf zur Schlafzimmertür hineinsteckte. Meine Freundin trug eine blaue Jeans und eines ihrer liebsten schwarzen Croptops mit einem weißen Peace-Zeichen darauf. Ihre vollen Lippen verzog sie vor dem Spiegel zu einem Grinsen. Mein Herz schwoll an.
„Mir gefällst du so besser", sagte ich und stand mit einem Mal hinter ihr.
„Tue ich das?" Sie war nicht weniger traurig, doch ich tat nichts, außer ihre Schulter zu küssen und die Klappe halten.
Das tust du, Süße.
„Und der Rest der Welt? Shawn, ich glaube, dass..."
„Weißt du woran ich wirklich glaube?", fuhr ich dazwischen.
Sie schwieg und ich ließ meinen liebsten Klang ertönen.
„Leute, ich wollte euch nur sagen, dass ich euch liebe. Ja, ich habe einen Keks in der Hand..."
Sie lachte und ich wusste, dass es das Leben bedeutete.
„Babe, hör auf! Ich wollte doch kochen...
„Du hast mich aufgenommen?" Eine Träne lief über ihr Gesicht und dann die zweite.
„Du bist nicht jeder Tag. Du bist nicht, was sie sehen, hören oder sagen. Du bist, was du fühlst und du bist, wer du sein willst.
Jedes Lachen. Jede Träne, jedes Lied und jeder Kuss. Ich will dich genau so. Ich liebe dich genau so."
„Shawn..." Ihre Lippen waren fast auf meinen, ihre Nase an meiner.
„Shhh..." Ich atmete ein und hielt inne.
„Ich glaube an dich. Und an mich. Ich glaube an uns."
Mein Leben küsste mich und ich liebte es.
Ich liebte es aus tiefster Seele.
•••••••••••••
Ein ziemlich lates Late-Night-Update :D
Ihr seid perfekt. <3
eure Maggie <3
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro