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Des Bürgermeisters Sohn (Ziall)


NIALL

Ich hatte es schon immer gehasst, der Sohn des Bürgermeisters zu sein. Überall in unserer kleinen Gemeinde (und leider auch außerhalb davon) kannte man mich, man grüßte mich auf der Straße, ich musste Gespräche mit irgendwelchen Leuten führen, die sich bei meinem Vater einschleimen wollten und mein Vater brachte mich jedes Mal dazu, bei „wichtigen" Versammlungen dabei zu sein, was ich am allerwenigsten nachvollziehen konnte. Was hatte ich da bitte zu suchen, bei all den feinen Schnöseln, denen man nicht mehr genug Geld in den Hintern stecken konnte? Meinem Vater war es schon immer sehr am Herzen gelegen, dass wir nach außen hin die perfekte, eben bürgermeisterliche Familie abgaben, die für jeden anderen in der Umgebung ein Vorbild sein sollte. Schon bei der Vorstellung allein rümpfte ich die Nase. Perfekt war was anderes. Meine Eltern konnten sich schon seit Jahren nicht mehr riechen – Mum blieb nur noch wegen des Geldes und dem Dach überm Kopf (hier in der Pampa war es ziemlich schwierig eine neue Wohnung aufzutreiben) und mein Vater wollte auf keinen Fall eine Scheidung riskieren, da sonst die Gerüchte ihren Lauf nehmen und seinen guten Ruf zerstören würden.

Als ich eines Abends mal wieder vor dem Rathaus auf der Treppe saß und genervt auf meinen Vater wartete, der in ein eifriges Gespräch mit dem Landrat verwickelt war, war ich so in Gedanken versunken, dass ich bei dem Geräusch eines gegen die Wand knallenden Steins wie vom Blitz getroffen hochfuhr. Mit zusammengekniffenen Augen sah ich mich um, jederzeit bereit, im Inneren des Gebäudes vor weiteren Geschossen Schutz zu suchen. Jemand in überwiegend schwarzen Klamotten trat aus dem Schatten des gegenüberliegenden Pfarrheims heraus und schlenderte auf mich zu. Unwillkürlich näherte ich mich mit jedem seiner Schritte einen Millimeter der Tür, wohl wissend, dass ich einen Schlüssel dafür mit mir herumtrug und sie somit absperren konnte. Wie aus dem Nichts flog ein weiterer kleiner Stein auf mich zu und hinterließ in der Wand direkt neben mir eine kleine Kerbe. Jetzt konnte ich mich nicht mehr zurückhalten. „Sag mal, geht's noch?".

„Was?", antwortete mir eine melodische, tiefe Stimme, bevor der Typ ins Licht der Straßenlaterne trat und zum Glück endlich stehenblieb. Wie von alleine blieben meine Augen auf seinem Gesicht haften. Sogar von dieser Entfernung sah ich seine kastanienbraunen, von langen dunklen Wimpern umrahmten Augen, die belustigt in meine blickten, die markanten Gesichtszüge, die vollen Lippen und noch dazu das dunkle Haar, von dem ihm eine Strähne wirr in die Stirn fiel. Verwirrt schüttelte ich den Kopf. Jetzt war wirklich nicht die Zeit für solche Gedanken. Wenn mein Vater wüsste, dass sein Sohn schwul war, würde er mich vermutlich in die Psychiatrie stecken, bis ich wieder „normal" geworden war und währenddessen jedem erzählen, ich würde in Oxford studieren oder ähnliche heldenhafte Dinge vollbringen.

Dem Typen schien ganz und gar nicht entgangen zu sein, welche Wirkung er auf mich ausübte, denn sein wie auf seinem Gesicht festgepflastertes Lächeln wurde noch breiter, als er sich wieder in Bewegung setzte und sich mir näherte, bis er nur noch zwei Schritte von mir entfernt stand und mich mit unverholener Neugier eingehend musterte. „Was glotzt du denn so?". Am liebsten hätte ich ihm eins auf die Fresse gegeben und wäre so schnell ich konnte weggelaufen, aber ich wollte nicht wie ein unverbesserlicher Waschlappen rüberkommen (vor allem nicht gegenüber eines solchen Typen), sodass ich trotzig genau auf dieser Stelle blieb und seinen Blick finster erwiderte. Irgendwie hatte ich das Gefühl, ihm beweisen zu müssen, dass ich nicht das brave Bürgermeister-Söhnchen war, das alles tat, was Papi ihm auftrug.

Zu meinem Ärger zuckte er nur die Schultern. „Ich sehe dich an".

„Das seh ich auch", gab ich augenverdrehend zurück. Dieser Idiot nervte mich jetzt schon. „Wenn du dann bitte die Gnade besitzen würdest, aufzuhören, mich mit Steinen zu bewerfen?".

Er zog die Augenbrauen hoch. „Ich habe doch gar nicht dich mit Steinen beworfen".

Ich lachte leise auf und schaute mich übertrieben um. „Ach echt? Ich sehe aber sonst niemanden".

„Hat dich ein einziger getroffen?". Verwirrt starrte ich ihn an. Er war wirklich ... seltsam. Mein Schweigen war ihm Antwort genug denn er nickte triumphierend und grinste: „Ich habe also die Wand mit Steinen beworfen, nicht dich".

Ein weiteres mal verdrehte ich die Augen, während ich überlegte, wie ich ihn so schnell wie möglich wieder loswerden konnte. Wenn mein Vater herauskam und sah, dass ich mich mit einem älteren Typen in schwarzer, zerschundener Lederjacke und Springerstiefeln in derselben Farbe unterhielt, der zu allem Überfluss genau in diesem Moment auch noch eine Zigarettenschachtel aus seiner Tasche hervorkramte und sich seelenruhig eine anzündete, würde er mich unweigerlich killen und mir eine Woche Hausarrest geben – ganz genau, Hausarrest mit 17. Das musste man sich mal vorstellen ... „Könntest du dann vielleicht wieder verschwinden und mich in Frieden lassen?".

Er schnaubte amüsiert. „Willst du mich denn loshaben?".

„Wonach sieht's aus?".

„Dass du das nur sagst, um keinen Stress mit deinem pingeligen Bürgermeister-Papi zu bekommen, dem du doch immer alles recht machen willst".

Ich erstarrte. Woher zum Henker wusste er davon? Seltsam genug, dass ein Typ wie er überhaupt in dieses Dorf gekommen war, aber dass er gleich über alle wichtigen Tiere und ihre Familien Bescheid wusste, war schon äußerst fragwürdig. Nun war meine Stimmung endgültig am Nullpunkt angelangt und sank noch weiter darunter. „Verpiss dich einfach". Meine Stimme war eisig. Es gab nichts auf dieser Welt, das ich mehr hasste, als meine angebliche Verwöhntheit als Sohn des Bürgermeisters unter die Nase gerieben zu bekommen. Als er wieder kicherte, hätte ich beinahe ausgeholt und ihm einen Tritt zwischen die Beine verpasst. „Da ist wohl jemand schlecht gelaunt".

„Ich hab gesagt, du sollst dich verpissen". Ruhig Blut. Nicht abgehen. Mit diesen beiden zugegebenermaßen wenig hilfreichen Gedanken atmete ich zweimal tief durch – genau in dem Augenblick, als er mir seinen verdammten Zigarettenrauch ins Gesicht pustete und mir somit einen Hustenanfall verursachte, der meine Augen tränen und sich meinen Hals wie Pappe anfühlen ließ. Okay, das reichte. Wütend versetzte ich ihm einen Stoß, der ihn sogar ein wenig überraschte, sodass er einen Schritt rückwärtstaumelte. „Wieso machst du das eigentlich?".

„Wieso mach ich was". Vergnügt zog er ein weiteres Mal an seiner Zigarette und pustete die Ladung Rauch diesmal glücklicherweise neben sich, anstatt vor meine angeschlagene Nase.

Ich hätte mir die Haare raufen mögen, doch als er die nächste Frage stellte, wäre ich wirklich beinahe aus den Socken gekippt. „Wie heißt du?".

Ich starrte ihn finster an. „Ich wüsste nicht, was dich das angeht". Wieso konnte er nicht einfach Leine ziehen?

Seine dunklen Augen funkelten schalkhaft, als er sich vorbeugte, sich mit einer Hand direkt neben meinem Kopf an der ramponierten Mauer abstützte und meinen Blick mit seinem eigenen fesselte. „Ich will ihn aber wissen".

„Und was bekomme ich dafür?", rutschte es prompt aus mir heraus. Super, Niall! Pluspunkt!

Zu meiner Befriedigung wurde sein Gesichtsausdruck erstaunlicherweise für einen Moment verblüfft, dann kehrte sein selbstbewusstes Lächeln zurück. „Dann sage ich dir auch meinen Namen".

„Und wenn ich den gar nicht wissen will?".

Er warf den Kopf in den Nacken und lachte laut heraus – ein melodisches, volles Lachen. „Damit wärst du die erste Person".

Fakt war: Ich wollte seinen Namen wissen. Dammit. „Vergiss es. Du siehst aus, als würdest du mich jeden Moment umbringen wollen".

„Wie könnte ich jemanden wie dich umbringen". Ich zuckte zusammen, als er mit der Hand, die sich beunruhigenderweise noch immer neben meinem Kopf befand, sanft an einer Strähne meines blonden Haars zog. Okay, das war zu viel für mein Gemüt. Ich wollte mich gerade von seinem Bann losreißen und ihn endgültig anfauchen, dass er doch ENDLICH Leine ziehen sollte – zur Not hätte ich ihn auch wirklich in die Eier getreten – doch dieser Plan wurde mir von meinem Vater zunichte gemacht, der natürlich genau jetzt mit dem Landrat plaudernd zur Tür herauskam und die Stufen hinunterging. Als die Blicke der beiden Männer auf den Idioten, der seinen Arm wohlgemerkt immer noch an derselben Stelle hielt, und mich fielen, verstummte das Gespräch abrupt, sodass die gesamte Situation in unangenehmen Schweigen endete. Shit. Dad war immerhin nicht völlig weich in der Birne, er würde sofort kapieren, was hier vor sich ging, also tauchte ich schnell unter dem lästigen Arm weg und entfernte mich rasch ein paar Schritte, um so viel Abstand wie möglich zwischen mich und den seltsamen Typen zu bringen.

„Niall?", erklang da auch schon die scharfe Stimme meines Vaters. Ich schloss die Augen. Was würde jetzt kommen? „Was zum Teufel ist hier los?". Wie angewurzelt stand er auf der untersten Stufe und schaute zwischen uns beiden hin und her. Wütend funkelte ich den Typen, dessen Namen ich noch immer nicht kannte, an und presste zwischen den Zähnen hervor: „Das wüsste ich auch gerne". Mir entging der argwöhnische Blick nicht, den mein Vater mir zuwarf – er glaubte mir also nicht. Wunderbar.

„Ach, nichts Besonderes". Der junge Mann schnippte die Zigarette zu Boden, wo er sie mit der Ferse austrat und sich dann zu entfernen begann. Als er näher an mir vorbeiging, als nötig gewesen wäre, hauchte er mir ins Ohr: „Wir sehen uns wieder. Und schöner Name. Steht dir. Ich bin übrigens Zayn". Seine sanfte Stimme in Kombination mit seinem warmen Atem, der mich am Ohr kitzelte, ließ mir einen Schauer über den Rücken laufen, was er mit einem zufriedenem Lächeln quittierte und sich mit einem „Man sieht sich" endgültig verabschiedete.

Mit drei großen Schritten stand mein Vater bei mir und packte mich an den Schultern. „Kanntest du diesen Typen?". Misstrauisch starrte er Zayn hinterher, wie er die Straße hinablief und dabei auf seinem Handy herumtippte.

„N-nein". Wieso kam es nur so unglaubwürdig rüber? Immerhin kannte ich ihn wirklich nicht. „Ich weiß auch nicht, was der wollte".

„Es sah auf jeden Fall sehr ... privat aus". Täuschte ich mich, oder lag da ein drohender Unterton in seiner Stimme? Bestimmt Ersteres. Betont gleichgültig zuckte ich mit den Schultern. „Weiß der Himmel, was das für ein komischer Kauz war".

Dad nickte langsam. „Hauptsache, er lässt sich nie wieder blicken".

Ich ertappte mich dabei, wie ich ihm am liebsten widersprochen hätte – ich wollte Zayn wiedersehen. Er hatte ein Feuer in mir entfacht, wie ich es noch nie bei einem anderen Menschen gespürt hatte. Und bei dem Gedanken, ihm wieder zu begegnen, loderte es erneut auf, als hätte jemand schlagartig nachgeschürt.

Natürlich erzählte Dad brühwarm meiner Mutter davon, als wir am Abend am Tisch saßen und die Reste des Mittagessens in uns hineinstopften – also ich zumindest. Nach dieser kleinen Aufregung hatte ich einfach verdammt Kohldampf. Wie erwartet fuhr Mum aus der Haut. „Wie oft habe ich schon gesagt, du sollst ihn in der Nacht nicht mehr zu deinen blödsinnigen Versammlungen mitschleifen? Wer weiß, was das für ein Psycho gewesen ist! Was da hätte passieren können!". Fehlte nur noch, dass sie die Hände überm Kopf zusammenschlug und auf der Stelle die Haustür zunagelte, als wäre der Teufel hinter uns her.

„Weißt du was ich glaube?". Mit einem lauten Knall stellte mein Vater sein Glas auf dem Tisch ab und bedachte mich mit einem finsteren Blick. „Ich glaube eher, dass Niall auf dem besten Wege ist, sich mit den falschen Leuten anzufreunden. Niall, ich möchte nicht, dass du in solcher Gesellschaft durch die Gegend wandelst".

„Zum hundertstem Mal! Ich KENNE diesen Typen nicht einmal". Wie oft sollte ich es denn noch wiederholen? Nachdrücklich klappte ich mein Buch zu, in dem ich zu lesen versucht hatte, und stand auf, um wütend den Raum zu verlassen, doch mein Vater hielt mich am Ellbogen zurück. „Ich meine es ernst". Seine Stimme WAR auch todernst. „Ich will diesen Typen nicht mehr in deiner Nähe sehen, verstanden? Was sollen denn die Leute denken?".

Ich spürte wilden Zorn in mir aufsteigen. So ein egoistischer Trottel! Tut mir leid, dass ich so schamlos über meinen Vater dachte, aber im Moment konnte ich mein ab und zu gerne ausrastendes Temperament kaum zügeln. Dennoch brachte ich mit aufeinandergepressten Lippen ein mehr als gezwungenes Nicken zustande, bevor ich meinen Arm seinem Griff entzog und mich wortlos nach oben in mein Zimmer verkrümelte, wo ich mich kurzerhand aufs Bett fallen ließ und mich seufzend zur Seite drehte. Wieso ging mir dieser Zayn nicht mehr aus dem Kopf? Mit diesen ziemlich verwirrenden und beunruhigenden Gedanken schlief ich nach einer Weile, in meinen normalen Klamotten und noch immer meine Schuhe tragend, ein.

Ein leises Klopfen drang in mein Bewusstsein. Immer wieder dieses kleine Geräusch in unregelmäßigen Abständen und unterschiedlicher Lautstärke, manchmal sogar gleichzeitig. Mit einem Stöhnen wälzte ich mich herum und schaffte es, durch meine völlig verschlafenen Augenlider einen Blick auf mein Handydisplay zu werfen, das mir viel zu hell in die Augen stach. 00:30 Uhr. Super.

Ein weiteres Ertönen des besagten Geräusches ließ mich herumfahren, plötzlich hellwach. Was zur Hölle war das? Fieberhaft überlegend, ob ich meinen Golfschläger an mich reißen und mich auf den potenziellen Einbrecher stürzen sollte, schob ich mich nach einigen Augenblicken vollends aus dem Bett und schlurfte zum Fenster hinüber, in dessen Richtung die Geräuschquelle liegen musste. Gerade, als ich noch einen Meter davon entfernt war, knallte ein weiteres Steinchen dagegen, womit die Ursache dieses Lärms schon mal geklärt wäre – fehlte nur noch der VerurSACHER. Mit einem einzigen Ruck riss ich das Fenster auf und duckte mich schnell, bevor das nächste Wurfgeschoss knapp an meinem Kopf vorbeisauste und neben meinem Bett landete. Kurzerhand ergriff ich den uralten Tennisball, der schon seit einem Jahrzehnt an ein und derselben Stelle herumlag, und schleuderte ihn nach draußen, in der Hoffnung, den Übeltäter da unten damit zu erschrecken. Zu meiner Überraschung erklang leises Gelächter, das mir nur allzu bekannt war. Mit einem Satz stand ich aufrecht da und hing buchstäblich über dem Fensterbrett – unten an der Straße stand kein anderer als Zayn, in einer Hand sein Handy, in der anderen den Tennisball, den er offenbar mühelos gefangen hatte. Ich spürte schon wieder, wie mir diese lästige Röte in die Wangen stieg; dem Himmel sei Dank war es dunkel, und da Zayn so weit entfernt war, konnte er es ohnehin nicht sehen. „Hallo Niall", raunte er herauf. Obwohl seine Stimme tonlos und nicht mehr als ein Flüstern war, konnte ich sie perfekt hier oben vernehmen. Ich gab mich genervt. „Was ist denn schon wieder?".

„Willst du mitkommen?".

„Wieso sollte ich?".

Obwohl ich ihn bei den schlechten Lichtverhältnissen nur undeutlich erkennen konnte, hatte ich das Gefühl, dass er seufzend die Augen verdrehte. „Fang nicht wieder damit an. Willst du nun oder nicht?".

„Ich kenne dich nicht mal".

„Ich bin Zayn".

„Boah, echt?".

„Jetzt mach's mir doch nicht so schwer". Hilflos warf er die Arme in die Luft.

„Ich kenne dich nicht", wiederholte ich. So gern ich sofort nach unten gestürzt wäre – ich hatte trotz allem keine Ahnung, was das für ein Typ war.

„Dann wird's Zeit zum Kennenlernen. Jetzt wäre die perfekte Gelegenheit", grinste er. „Komm schon, du kannst nicht mal behaupten, dass morgen ... naja, eher heute, Schule wäre, weil Samstag ist. Also?".

Abschätzend musterte ich erst ihn und dann meine warme Bettdecke. Was sah wohl verheißungsvoller aus? Die Antwort lag im Prinzip auf der Zunge: ER. „In zwei Minuten bin ich da".

Zayn ließ einen wenig erwachsen klingenden Juchzer hören und vollführte sogar einen Luftsprung, als ich lächelnd das Fenster schloss und prüfend an mir herabsah. Ich trug noch immer dieselbe Kleidung, mit der ich gestern todmüde ins Bett gefallen war, aber da sie weder zerknittert noch zerfetzt aussah und ich ohnehin so schnell wie möglich unten sein wollte, ließ ich alles an, fuhr mir nur eilig noch ein paar mal durch die Haare und beeilte mich dann, geräuschlos die Treppe hinunterzukommen. Zu meiner Überraschung stand Zayn nicht direkt an der Haustür, sondern hatte respektvollen Abstand gehalten, indem er sich auf den Gartenzaun gesetzt hatte und mich beobachtete, wie ich leise die Tür hinter mit schloss und dann langsam auf ihn zukam. „Hi".

Er sprang vom Zaun herunter und breitete die Arme aus, als erwartete er, dass ich mich hineinwerfen würde – sattdessen zog ich nur die Augenbrauen hoch und meinte: „Glaub nur nicht, dass ich dich gleich abknutsche".

„Schade", erwiderte er mit einem breiten Grinsen – und siehe da, schon wieder begann das Feuer in mir zu züngeln. Diese Wirkung, die dieser Junge auf mich hatte, war unbeschreiblich; am liebsten HÄTTE ich ihn sogar abgeknutscht. Einfach meine Lippen auf seine so weich aussehenden drücken und den Moment genießen. Schnell bremste ich meine allmählich ausartenden Gedanken. Es war immer noch ein Wildfremder, dessen Arme von Tatoos bedeckt waren und der immer eine Zigarettenschachtel mit sich trug. Verlegen vergrub ich meine Hände in den Hosentaschen. „Wo willst du jetzt hin?".

Er deutete die Straße hinunter, wo ein dunkles Auto geparkt stand. „Ich möchte dir etwas zeigen". Mit diesen Worten lief er einfach los, sodass mir nichts anderes übrigblieb, als ihm zu folgen. Als er schon längst eingestiegen war und Anstalten machte, den Motor zu starten, stand ich noch immer unschlüssig in der Beifahrertür. Sollte ich wirklich einsteigen? Das war schließlich Gefahrensituation Nr. 1, vor der man Kinder immer warnte. Zayn erriet meine Gedanken, denn sein Gesicht nahm einen ernsten, beruhigenden Ausdruck an, während er sich über den Sitz zu mir herüberbeugte und den Arm ausstreckte. „Vertrau mir einfach, ich tu dir nichts".

Zögernd ergriff ich seine Hand und sofort breitete sich eine wunderbare Wärme in mir aus, die mein Herz flattern ließ und mich dazu veranlasste, ohne weitere Bedenken kurzerhand in den Wagen zu steigen und die Tür zuzuziehen. Als er nicht in teuflisches Gelächter ausbrach, die Türen verrigelte und wie ein Irrer aufs Gas trat, sondern ruhig das Radio anmachte, sodass ein schmissiger Pop-Song aus den Lautsprechern erklang, entspannte ich mich vollends und lehnte mich zurück, währen er in normalen Tempo in Richtung nördliches Dorfende davonfuhr. Ich machte mir erst gar nicht die Mühe zu fragen, wo wir hinfuhren, er würde es mir ohnehin nicht sagen oder lediglich geheimnisvolle Andeutungen machen. Schon seltsam – vor wenigen Stunden hatte ich ihn kennengelernt und ziemlich feindselig mit ihm diskutiert, und nun saßen wir zusammen in einem Auto unf fuhren irgendwo in der Weltschicht herum. Da wir weder geradewegs in einen dunklen Wald, noch in eine Geisterstadt kutschierten, blieb ich die ganze Fahrt über ruhig, bis er bei einer Ansammlung von riesigen Bäumen anhielt, den Motor ausmachte und mich erwartungsvoll anblickte. „Warst du hier schon mal?".

Ich sah mich um. Um ehrlich zu sein hatte ich keine Ahnung, wo wir uns befanden – anhand der Sternzeichen konnte ich lediglich die Himmelsrichtungen deuten, also schüttelte ich den Kopf, worauf er erleichtert grinste. „Dann wird's Zeit, dass du es mal siehst. Komm mit".

Wir stiegen aus und liefen ohne weitere, überflüssige Gespräche auf die Bäume zu, die überraschenderweise keinen bedrohlichen, knorrigen Eindruck machten, sondern eher mystisch und verträumt wirkten. Was hatte jemand wie Zayn hier zu suchen? Er sah haargenau so wie diese Typen aus, die Drogen nahmen, auf wilde Partys gingen, wo sie reihenweise irgendjemanden flachlegten, und sich einen Dreck für Dinge wie Natur, Literatur oder Gefühle interessierten. Doch ich musste mich eines Besseren belehren lassen, als er er plötzlich abrupt stehenblieb, sich lächelnd zu mir umwandte und mir leise mitteilte: „Das ist mein Lieblingsort. Hier bin ich fast jeden Tag".

Ich trat neben ihn und mir stockte der Atem: Vor unseren Füßen erstreckte sich ein kleines Tal, durch dessen Mitte ein im Mondlicht silbrig glänzender Bach vor sich hin plätscherte. Auf dem mit Gras und kleinen Sträuchern bewachsenen Boden lagen große, kantige Felsbrocken, auf deren Oberfläche weiches Moos zu sehen war, das dem ganzen Ausblick einen kuscheligen Hauch gab. „Wow".

Zayn Lächeln wurde noch breiter, falls dies überhaupt möglich war. „Hab ich zuviel versprochen? Wusst ich's doch, dass du ebenfalls ein Naturmensch bist".

Ich schüttelte ungläubig den Kopf. „Woher zum Henker kennst du mich eigentlich".

Von ihm war ein leises, ebenso ungläubiges Schnauben zu vernehmen. „Es ist schwer, dich nicht zu kennen".

„Was meinst du damit?".

Sein Unglauben schien mit jedem Wort, das ich von mir gab, ins Unermessliche anzusteigen. „Als ich vor drei Wochen in die Gegend gekommen bin und mir mal so die Gespräche in der Schule angehört habe, war die ganze Zeit vom ach so heißen Sohn des Bürgermeisters die Rede".

Ich merkte, wie mir das Blut in die Wangen schoss und mein ganzes Gesicht vermutlich wie eine überreife Tomate wirken ließ. Wovon redete der da? Niemals gab es IRGENDwo auf dieser Welt auch nur eine einzige Person, die mich, den uncoolsten Typen ever, auch nur ansatzweise gut aussehend finden könnte. Zayn sah mir meine Zweifel deutlich an und stieß mich in die Seite, als ob wir uns schon ewig kannten. „Sag bloß nicht, du wusstest nichts davon".

„Ich ...". Hilflos zog ich die Schultern hoch.

„Soll ich es dir beweisen?".

Langsam raffte ich gar nichts mehr. Dieser Junge war gerade dabei, mein bisheriges Leben umzukrempeln und auf den Kopf zu stellen (und das nur mit seiner puren Anwesenheit) und bombardierte mich mit allen möglichen (und unmöglichen) Informationen, die ich, obwohl sie die ganze Zeit über direkt vor meiner Nase herumkreisten, nicht sah, und die Zayn als kompletter Neuling auf die ersten Sekunden verstanden hatte.

Zayn verdrehte amüsiert die Augen. „Vergiss es". Mit diesen Worten fasste er mich plötzlich ohne Vorwarnung an der Hüfte, zog mich zu sich heran und drückte seine Lippen auf meine. Zuerst war ich völlig überrumpelt und wie erstarrt, doch als sich in meinem ganzen Körper eine unglaubliche, kribbelnde Wärme ausbreitete, begann ich vorsichtig, den Kuss zu erwidern. Ich soll ihn beschreiben? Nur ein Wort trifft zu: WOAH! Es war ... unbeschreiblich, fantastisch, traumhaft ... diese ganzen Begriffe konnte man in dieses eine Wort packen, das ich in diesem Augenblick nur so herausschreien hätte können vor Glück. Das Feuer in mir loderte heller denn je, als wir uns nach einer schieren Unendlichkeit voneinander lösten und uns atemlos ansahen. Wie immer hatte er sein umwerfendes Lachen aufgesetzt, das strahlender denn je wirkte. „Wie lange habe ich nur auf diesen Augenblick gewartet ...".


Somit wurde es drei Uhr morgens, bis ich leise durch die Haustür schlüpfte und – noch benebelt von den Geschehenissen – etwas unbeholfen die Treppe hinauftapste. Das heißt, ich wollte. Die Realität bestand leider darin, dass nach vier zurückgelegten Stufen plötzlich das Licht in der Küche anging und mein Vater in Anzug und noch ungebundener Krawatte um den Hals heraustrat. „Niall? Was tust du hier um die Uhrzeit?". Mit zusammengezogenen Augenbrauen musterte er meine Kleidung, die sich entschieden nicht aus irgendeinem Schlafanzug zusammensetzte, und meine Schuhe, an denen noch immer Spuren des nächtlichen Spaziergangs zu sehen waren. „Wo warst du?". Seine Stimme klang scharf. Mit der Ausrede, dass ich auf dem Klo gewesen wäre, konnte ich mich schon mal nicht mehr herauswinden, also zuckte ich scheinbar gleichgültig die Schultern. „Nur mal draußen eine Runde gedreht".

„Und wer ist dann der Typ, der dich hergefahren hat?".

Ich hätte schreien können. War ja klar, dass mein Vater am Fenster gehangen und sofort Protokoll geführt hatte, als ich aus Zayns Wagen ausgestiegen war. „Nur ein Freund".

„Hat dieser Freund auch einen Namen?".

„Z-Zayn".

„Und was habt ihr gemacht?", bohrte er unerbittlich weiter.

Meine Güte, langsam fielen mir die Augen zu. Wo ich gerade eben im Wald noch voller Elan und aufgeregt gewesen war, fühlte ich mich nun wie ein auf der Erde wandelnder Zombie, der nicht wusste, was er mit seinem Zwischenleben anfangen sollte. „Ich sagte doch, eine Runde draußen gedreht". Mieseste Ausrede ever, aber genau genommen war es sogar die Wahrheit. An dem zweifelnden Blick, den er mir augenblicklich schenkte, erkannte ich, dass er mir wie erwartet kein bisschen glaubte. Genervt drehte ich mich um und lief die restlichen Stufen hinauf, wobei ich ein leises „Glaub doch, was du willst" murmelte.

„Niall, wir sind hier noch nicht fertig!", zischte er mir hinterher, doch ich ließ mich nicht aufhalten. Ich wusste, dass mir das irgendwann teuer zu stehen kommen würde, aber da er morgen ... äh, heute, den ganzen Tag geschäftlich unterwegs sein würde, würde ich größtenteils meine Ruhe haben, es sei denn, er weckte extra meine Mutter auf, um mich zu verpetzen.

Leider war dem nicht so, denn als ich am Nachmittag nach einem Treffen mit Zayn nach Hause kam, stand er schon wieder in der Küche an der Theke angelehnt mit einem Glas in der Hand da, als hätte er die ganze Zeit auf meine Rückkehr gewartet. Ohne meine Reaktion abzuwarten, stellte er das Glas mit einem lauten Knall ab, verschränkte die Arme vor der Brust und musterte mich forschend. „Ich habe den Typen von gestern Abend wiedergetroffen".

Ich versuchte, unbeteiligt zu wirken und drückte mich an ihm vorbei, um zu meinem eigenen Glas zu gelangen. „Aha".

„In einem Malereibetrieb nicht weit von hier".

„Aha". Davon hatte Zayn mir erzählt und mir sogar einige seiner Zeichnungen gezeigt, die er bei sich im Auto gehabt hatte – ich war regelrecht fasziniert davon gewesen. Dieser Junge hatte wahrhaftig das wunderbare Talent, mit Farben umzugehen.

„Ich muss schon sagen, dein Zayn ist schon ein außergewöhnlicher Kerl". Seine Stimme triefte nur so vor Sarkasmus, während mir das Blut den Adern gefror. Wie blöd war ich eigentlich? Dass ich meinem Vater Zayns richtigen Namen genannt hatte? Ich hatte nicht damit gerechnet, dass sich die beiden irgendwann einmal persönlich über den Weg laufen würden ... tja, jetzt bekam ich die Rechnung. „Finde ich auch", rutschte es aus mir heraus, bevor ich mich bremsen konnte.

Die Augen meines Dads weiteten sich. „Dieser Zayn ist verdammt noch mal kein Umgang für dich! Habe ich mich gestern nicht deutlich genug ausgedrückt? Halte dich von ihm fern, bevor du in irgendwelche Dealer-Kämpfe hineingerätst!".

Langsam machte mich sein Gelaber wütend. Langsam hatte ich keinen Bock mehr, mir von meinem ach so tollen Bürgermeister-Vater alles vorschreiben zu lassen, ihm alles recht machen und grundsätzlich nach seiner Nase tanzen zu müssen. Ich hatte es so satt. „Zumindest geht er mit mir um wie mit einem normalen Menschen und kommandiert nicht die ganze Zeit!". Die mühsam unterdrückte Wut ließ meine Stimme erzittern und ich musste meine Hände zu Fäusten ballen, um nicht voller Zorn das Glas zu packen und zu Boden zu schleudern.

Dad sah mich fassungslos an und presste die Lippen aufeinander. Man musste kein Psychologe sein, um zu wissen, dass er mindestens genauso auf hundertachzig war wie ich. Kurzerhand kletterte ich über die Theke ins Esszimmer, um ihm ja nicht die Gelegenheit zu geben, mich zurückzuhalten, und steuerte mit schnellen Schritten auf die Tür zu.

„Wo willst du hin?". Mein Vater folgte mir und griff nach meinem Arm. „Ich habe dich gefragt, wo du hinwillst!".

Nachdrücklich riss ich mich los und setzte meinen Weg in Richtung Haustür fort. „Keine Ahnung! Weg von dir".

„Sohn!". Jetzt schrie er fast, sodass ich unwillkürlich zusammenzuckte. Es war noch äußerst selten vorgekommen, dass er in diesem Ton mit mir gesprochen hatte, aber bisher hatte ich mich ja auch noch nie direkt seinem Willen widersetzt. „Du gehst doch bestimmt wieder zu diesem Kriminellen Zayn was-weiß-ich! Was sollen denn -".

„-die Leute denken, ja ich weiß!", vollendete ich seinen Satz in derselben Lautstärke und fuhr zu ihm herum. Überrascht merkte ich, dass ich den Drang, einfach loszuheulen, zurückhalten musste. Sehr männlich. „Das ist doch alles, was für dich zählt!". Mit diesen Worten schlug ich mit voller Wucht die Haustür zu und stolperte beinahe über meine eigenen Füße, in dem Versuch, möglichst schnell die Treppe hinunterzukommen. In der Einfahrt kam mir nun ausgerechnet meine Mutter entgegen, die Arme mit Einkaufstüten beladen. „Niall? Wohin ...".

„Tut mir leid, Mum, ich komme wahrscheinlich erst morgen wieder". Ich lief an ihr vorbei und sah aus den Augenwinkeln nur noch, wie sie mit offenem Mund alle Tüten fallen ließ und mir etwas hinterherrief, bevor mir die Hecke der Nachbarn die Sicht versperrte.

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Okay, jetzt geht's schon los: Ein One Shot, der zwei Teile haben wird. Ich hätte wissen müssen, dass ich einfach schlecht darin bin, eine Geschichte in einem einzigen Kapitel zu beenden ... ich hoffe, sie gefällt euch trotzdem! Lasst mich doch wissen, ob ich einen Teil zwei dazuschreiben soll :)

Ich freue mich über Votes und Feedback! <3

(und sorry, falls sich Tippfehler finden - ich habe noch nicht korrekturgelesen!)




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