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Louis

»Weißt du, wovon ich letzte Nacht geträumt habe?« Ich konnte sehen, wie Harrys Augen die winzigen Flocken mit den Augen verfolgten.

»Nein. Aber ich hoffe, du wirst es mir jetzt erzählen.« Ich stupste sein Bein sanft an.

»Ja«, er lächelte. »London, ich habe von London geträumt. Meinem Geburtstagsgeschenk, weißt du?«

»Ich sollte davon wissen, Haz. Ich habe es dir geschenkt.« Harry sah jetzt nicht mehr die Schneeflocken, sondern mich an. Ein Grübchen schmiegte sich in seine rechte Wange. »Na erzähl schon! Wie war es im London deiner Träume?«

»Seltsam«, gab er zu. »Ich glaube, mein Unterbewusstsein hat ein wenig verrückt gespielt, weil ich mich ja eigentlich nicht an London erinnern kann. Wir sind in einem Taxi hingefahren, aber du warst der Taxifahrer und dann auf irgendeiner Brücke in London sind wir von der Polizei angehalten worden, weil wir des Kunstdiebstahls bezichtigt wurden.«

»Was haben sie denn gedacht, was wir geklaut haben?«, fragte ich lachend und drehte mich auf der Holzbank weiter zu Harry herum. Wir saßen im Schulgarten und genossen es, hier zu sein, ohne, dass Gartendienst dafür verantwortlich war.

Harry zuckte mit den Schultern. »Ich weiß es nicht mehr genau. Ich glaube, eine Statue oder sowas. Keine Ahnung. Sie haben uns dann aber gehen lassen, weil sie Mittagspause hatten.«

»Deine Träume will ich haben, Harry!« Grinsend trommelte ich auf dem alten Holz. »Geht es noch weiter?«

»Mhm, dann waren wir bei dir zuhause, aber du hast auf einem Hausboot gelebt.« Die Erinnerung schien ihn zum Lachen zu bringen. »Dir wurde aber alle paar Minuten schlecht, also wollten wir dann in die Stadt, da haben wir dann Liam und Niall getroffen – was unmöglich ist.«

»Und dann?«

»Keine Ahnung, dann war es vorbei, glaube ich. An mehr kann ich mich nicht erinnern.« Er rutschte so nah zu mir, dass unsere Beine sich berührten und legte seinen Kopf auf meine Schulter. »Es war seltsam, aber selbst wenn es so ablaufen wird, ist es noch immer das beste Geburtstagsgeschenk, das ich mir vorstellen könnte.«

Lächelnd drückte ich einen Kuss auf Harrys Locken und lehnte dann meinen Kopf an seinen. »Ich kann dir zumindest versprechen, dass ich nicht auf einem Hausboot wohne.« Wir lachten jeder für sich in die stille Februarluft. Dann verfielen wir in ein perfektes Schweigen, ich schloss irgendwann die Augen.

Ich hatte den milden Mandelgeruch von Harrys Shampoo in meiner Nase und spürte, wie seine Wärme sich langsam auch auf mich übertrug. Wie ein heißes Bad. Zwar spürte ich gleichzeitig die feinen Flocken auf meiner Haut, aber sie kamen nicht im Geringsten gegen die Wärme an, die etwas ganz anderes in mir auslöste. Liebe. Ich lächelte bei dem Gedanken an dieses unfassbare Gefühl in meinen Adern, das wie Sauerstoff von meinem Blut überall in meinem Körper verbreitet wurde.

»Ich freue mich so sehr auf London, Louis.« Harrys Stimme war zerbrechlich leise, aber er wusste, dass ich ihn hören konnte. »Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie sehr.«

Ich lächelte und suchte mit geschlossenen Augen mit meiner Hand nach Harrys. »Ich schätze, das kann ich. Zumindest wenn es auch nur annähernd damit verglichen werden kann, wie sehr ich mich freue.« Ich fand seine Hand und verschränkte unsere Finger miteinander.

Als würde diese Berührung alle potentiellen Worte zwischen uns nichtig machen, breitete sich wieder Stille aus. Und das war es, was Harry so besonders machte. Ich hätte den Rest meines Lebens hier auf dieser Bank verbringen können. Ich brauchte keine Worte oder Eindrücke von der Umwelt, solange Harry hier einfach bei mir war.

Doch es war wieder Harry, der begann zu sprechen.
»Louis?« Dieses Mal öffnete ich die Augen, weil ich Harrys Tonfall erkannte. Es war seine Stimme, wenn er sich bewusst machte, wie wichtig ihm Ehrlichkeit war. Wenn er wusste, dass er jetzt ehrlich sein musste. »Ich fühle mich schlecht dafür, das zu denken. Schuldig. Aber ich sollte dir solche Dinge nicht verschweigen.«, bestätigte er meine Annahme zu seiner Intuition.

Ich hob meinen Kopf und wartete, bis er mich ansah. »Du musst dich nicht schuldig für irgendetwas fühlen, das du denkst.«

Harry zuckte mit den Schultern. »Ich weiß nicht. Aber ich will, dass du meine Gedanken kennst. Du verdienst es, dass ich solche Dinge nicht vor dir verschweige.«

»Ich höre dir immer zu, Harry.« Plötzlich fiel mir ein, worum es Harry wohl ging. Ich erinnerte mich gleichzeitig an das belauschte Gespräch zwischen Harry und Niall, und an all die Ungereimtheiten, die Harry ab und zu umgaben. War es dieses Geheimnis, das Harry mir jetzt anvertrauen wollte?

Er brauchte noch einige Sekunden, bis er zu sprechen begann. Aber schnell zeigte sich, dass es nicht um das besagte, gut behütete Geheimnis ging. »Ich freue mich auf London, Louis; ehrlich. Ich bin schon jetzt so aufgeregt, dass ich wohl bald nicht mehr schlafen kann. Ich würde dieses Wochenende gegen nichts in der Welt eintauschen.«

»Aber?«, fragte ich sanft und ohne Druck. Ich hatte genügend Erfahrungen im Leben gemacht, die mir beigebracht hatten, wie es war, wenn man sich eingedrängt und verurteilt fühlte. Wenn meine Eltern, Lehrer oder auch die Polizei mich unzählige Male behandelt hatten, als hätte ich kein Recht auf Rechtfertigung und sowieso nichts zu sagen – als könnten sie alles, was mich betraf, besser beurteilen, als ich selbst – war ich jedes Mal komplett durchgedreht. Es hatte mich zu noch mehr bedauerlich schlechten Impulsiventscheidungen geführt. Wahrscheinlich war Harry niemand, der wie ich kompletten Kontrollverlust als Reaktion auf solche Situationen zeigen würde. Aber man konnte nicht wissen, was mit ihm dann passierte.
Niemand verdiente das. Menschen unter unfairen Druck zu setzen, war toxisch.

»Aber«, setzte Harry mit meiner Vorlage an, »ich habe auch Angst.« Die Worte kamen plötzlich und schwer aus seinem Mund, als wäre es unbeschreiblich schwer gewesen, sie auszusprechen.

»Wovor?«, fragte ich geduldig. Man konnte sicherlich vor einer Menge Dinge in London Angst haben. Großen Menschenmassen, sich zu verlaufen oder Luftverschmutzung. Vielleicht auch vor den riesigen Verkehrsmengen oder Harry fürchtete sich davor, in einer U-Bahn durch unterirdische Tunnel zu fahren. Sich ohne U-Bahn fortzubewegen, konnte zwar einige Umständlichkeiten hervorrufen, aber letztendlich war in London nichts unmöglich. Wenn er das gerne wollte, würde ich Harry überall auf den Händen hintragen.
Es sollte keine Angst geben, die uns aufhalten könnte.

»Ich habe nicht wirklich Angst vor etwas. Ich habe Angst um etwas.« Ich runzelte fragend die Stirn, sagte aber nichts, weil ich Harry die Schwierigkeit ansehen konnte, darüber zu reden. »Ich habe Angst um uns.«, sagte er schließlich und sah mir wohl sofort meine Überraschung an. »Nein, Louis, nicht falsch verstehen! Bitte lass mich erklären. Ich...«, er schien sich die richtigen Worte zurechtzulegen, »weiß nicht, ob ich es gut erklären kann. Ich weiß, dass du mich magst, und dass ich dir wichtig bin. Ich sehe es in deinem Blick, und ich weiß es, wenn ich darüber nachdenke, wie wichtig du mir bist. Ich weiß, dass du mich nicht einfach fallen lassen würdest.« Unendlich viele Worte brannten auf meiner Zunge, die Harry versichern wollten, wie viel er mir bedeutete. Aber ich zwang mich zu meinen eigenen Grundsätzen. Harry wollte jetzt reden, also ließ ich ihn. »Ich weiß, dass du es mit mir ernst meinst, Louis. Aber trotzdem; all das trifft auf hier zu. Und ich glaube dir all das hier. Ich glaube es dir auch in London. Aber ich habe Angst, dass eine Beziehung mit mir etwas ist, das für dich hierher gehört. Ich habe Angst, dass der Realismus des normalen Lebens dort draußen größer ist, als deine Gefühle, die dich an mich binden. Ich weiß, dass du mir nie wehtun wollen würdest, aber was ist, wenn unsere Seifenblase für dich an deinen bekannten Straßen, Menschen und Häusern platzt? Ich will all das nicht denken, du verdienst das nicht, aber alles, was in meinem Kopf nicht in einer Traumvorstellung lebt, wirft diesen Schatten ständig auf die London-Vorfreude. Es tut mir leid, Louis.«

Ich musste zugeben; ich war ein wenig überwältigt. Es kam in mir ein leichter Hass gegen mich selbst auf, dafür, dass ich diese Gedanken bei Harry nicht hatte spüren können, bevor er sie jetzt aussprechen musste. Gleichzeitig fiel mir ein Stein vom Herzen, dass Harry so offen mit mir reden konnte.

»Harry.« Ich hielt seinen Blick mit meinem fest, während er schuldbewusst schwieg. Ich wollte aber nicht, dass er sich schuldig fühlte. »Du kannst mir glauben; kein Ortswechsel könnte irgendetwas ändern. Du-« Ich überlegte es mir im selben Atemzug anders und küsste ihn, anstatt den Satz zu beenden. Ich legte alles in den Kuss, wollte ihm die Luft nehmen. Denn das war es, was er tat. Das war es, worum es ging. Harry konnte mir alles nehmen, vom Sauerstoff bis zu meinem Verstand – es spielte keine Rolle. Es ging mir nicht darum, was ich sonst haben könnte. Es ging mir nicht um London, das Internat oder worum auch immer. Es ging mir um Harry. Ich hatte das begriffen und jetzt war es an mir, Harry zu lehren, es auch zu verstehen.

Ich sah in Harrys geröteten, feuchten Lippen ein Spiegelbild meiner eigenen, als ich mich wieder von ihm löste. Ich konnte seinen Atem gierig und stolpernd auf meinem Gesicht spüren, obwohl wir fast zwei Handbreit voneinander entfernt waren. Mein eigener Atem ging ähnlich schwer. Aber ich sah, wie sich ein kleines Lächeln auf Harrys Lippen legte, und wusste, wie viel das bedeutete.

»Hör zu, Haz.«, sagte ich entschieden, nachdem ich meiner Luftzufuhr das Reden wieder zutraute. »Ich kann nichts tun, außer hoffen, dass du mir glaubst, wenn ich dir sage, dass deine Ängste und Zweifel absolut unbegründet sind. Falls du Beispiele willst, nimm die Februarferien. Ich war in London, und trotzdem konnte ich an nicht wirklich etwas anderes denken, als wie sehr ich dich vermisse. Ich habe dich gefunden, Harry, und so schnell lasse ich dich nicht wieder gehen.« Ich drückte seine Hand und beobachtete erleichtert, wie er jetzt bestimmter lächelte. Er nickte seicht und ich konnte ihm ansehen, dass er es ernst meinte. Er hatte verstanden.

»Danke, Louis.« Harry sah mir in die Augen, dann stand er auf. »Wir sollten wahrscheinlich zurückgehen, Niall hat gesagt, er köpft uns, wenn wir ihn nicht nach zwei Stunden von seiner Schicht als Liam-Chemie-Beratung ablösen.«

»Soll er uns doch köpfen.«, sagte ich, stand aber auf. »Ich verstehe sowieso nicht, wieso Liam ständige Gesellschaft und Hilfe braucht. In manchen Fächern ist man eben schlecht. Außerdem kann doch Zayn Niall ablösen!«

Harry kletterte geübt über das kleine Metalltor, das den Zaun des Schulgartens abgrenzte. »So wie es auf mich den Eindruck gemacht hat, ist Zayn eine noch größere Niete in Chemie als Liam. Also sind wir wohl Nialls einziger Ausweg.«

»Wenn du das sagst«, ich folgte ihm über den Zaun, ergriff aber seine Hand und zog ihn weg vom Weg, sobald meine Füße wieder auf festem Boden standen.

»Louis- was?« Harry stolperte mir überfordert hinterher. Ich wurde langsamer, um zu verhindern, dass Harry seine eigenen Beine zum Verhängnis wurden.

»Wenn wir schon zurück müssen, dann lass mich wenigstens den langen Weg wählen. Oder besser gesagt gar keinen existenten Weg, einfach kreuz und quer über das Grundstück, um so spät wie möglich beim Gebäude zu sein.« Ich sah Harrys leicht protestierenden Blick. »Du kannst Niall sagen, dass ich dich dazu gezwungen habe. Und außerdem weißt du so gut wie ich, dass Niall an unserer Stelle besten Gewissens fünf Stunden später kommen würde, weil er ›vom Premierminister gegen seinen Willen mitgenommen wurde und gezwungen war, die Welt zu retten‹. Oder so ähnlich.«

Harry schien sich schon längst entschieden zu haben, ich hatte gewusst, dass seine Wahl auf meine lernfreie Gesellschaft fallen würde.

»Weißt du, Louis«, er klang sorglos, aber gleichzeitig ein winziges Bisschen zögerlich. »wegen London. Ich bin so aufgeregt, weil ich seit einer ganzen Weile nicht mehr in einer Großstadt war.« Er lächelte, und ich erkannte wieder den Ausdruck der Vorfreude auf seinem Gesicht. »Du musst wissen, ich wohne in einer sehr unbelassenen Gegend. Ein bisschen Niemandsland. Wir haben ein ziemlich großes Haus, es ist alt, aber schön. Ein riesiges Grundstück. Ich schätze, deswegen fahren wir selten weg. Es stört mich nicht, aber ich könnte mich wohl trotzdem nicht noch mehr über das London-Wochenende freuen, als ich es nicht schon tue. Und das noch mit dir zusammen.«

Ich strahlte glücklicher, als es vielleicht logisch erschien. Aber Harry hatte mir noch nie so viel über sein außerschulisches Leben erzählt, ohne, dass ich ihn dazu aufgefordert hätte. Außerdem konnte ich mich nicht daran erinnern, ihn schon mal von seiner Familie als ›wir‹ reden gehört zu haben. Und wenn er sagte, er lebte in abgeschiedener Natur, machte es auch Sinn, wieso er noch nie erwähnt hatte, aus oder in der Nähe welcher Stadt er kam. Wahrscheinlich lebte er so weit von jeder anderen großen Stadt weg, dass man nicht mal sagen konnte, welches die nächste war. Ich hatte immer für mich vermutet, dass Harry vielleicht aus der Ecke Manchester oder Sheffield kam, weil sein Akzent sehr nach Nord-West-England klang. Andererseits konnten Akzente auch fehlleiten, und ehrlich, es war mir eigentlich ganz egal, in welchem Teil Englands Harry lebte. Wir gingen auf dasselbe Internat, hier war der Ort, an dem wir beide einen Großteil des Jahres verbrachten – und das war es, was zählte.

»Du scheinst das Gegenteil von meinem Leben zu leben. Aber dass deine Eltern wenig wegfahren, bedeutet wenigstens, dass sie nicht so erfolgs- und geschäftsbesessen wie meine Eltern sind.«

»Gegensätze ziehen sich bekanntlich an.«, grinste Harry schief als Antwort.

Ich nickte und stieß ihn spielerisch mit dem Ellenbogen an. »Ja, ich glaube, ich habe davon gehört. Aber wenn du es so sagst, hört sich das an, als würdest du unsere Eltern miteinander verkuppeln wollen.«

»Ich meinte uns!«, verteidigte Harry sich lachend, während unsere Füße uns im schlendernden Gleichschritt weiter über das Gelände in die vage Richtung der Schule trugen. »Weil du gesagt hast, ich würde das Gegenteil deines Lebens leben.«

Ich lächelte. »Weiß ich doch. Ich ziehe dich nur auf.« Kurz schwieg ich, weil mir ein aufziehen/ausziehen-Wortspiel auf der Zunge lag, das ich dann doch verwarf. »Ich hoffe, es wird bald Frühling.«

Harry sah mich mitleidig an. »Es ist Februar, Louis. Ich denke, es wird noch ein bisschen dauern, bis es warm wird.«, er lächelte, »Aber ich freue mich auch schon auf den Frühling. Wir können wieder öfter draußen sein. Die Sporttage werden besser. Und Blumen!«

»Es gibt doch schon ein paar Schneeglöckchen. Und du kannst nicht wissen, dass der Frühling noch nicht kommt! Es ist bald März und seit ein paar Tagen schneit es nicht mehr heftig, es liegt auch kein Schnee mehr. Der See ist auch nicht mehr zugefroren.«

»Was eigentlich schade ist. Wir waren diesen Winter nur einmal Eislaufen.«

»Du scheinst das wirklich zu bedauern, Harry. Kann ich nicht verstehen. Für mich war es ein einziger Nachmittag von Niall, der sich über mich lustig macht. Das einzig gute war deine Kuss-Lehrmethode. Aber es sollte auch nicht deine beste Erinnerung sein; ich hätte dir fast alle Knochen gebrochen.« Ich musste bei der Erinnerung grinsen. Es war wirklich eine meiner schlechtesten Ideen gewesen, an meinem ersten Tag auf Schlittschuhen ein Rennen gegen Niall fahren zu wollen.

Harry erwiderte nichts, und ich war mir nicht ganz sicher, ob er zugehört hatte. Aber ich sagte nichts, sondern begann einfach nur, sanfte Muster mit meinem Daumen auf seinen Handrücken zu zeichnen.

Stille war so einfach, wenn nichts erwartet wurde. Wenn Worte keine Bedeutung haben mussten. Denn dann sagte sie allein aus, dass nichts gesagt werden musste. Dass die Präsenz des Anderen genug war, um sich komplett wohl zu fühlen.

Ich hätte nicht sagen können, wie lange es dauerte, bis wir beim See waren, aber wie selbstverständlich blieben wir beide am Ufer stehen. Mein Blick blieb an den sanften Wellenbewegungen des kalten, klaren Wassers hängen. Mir fiel auf, dass ich noch kein einziges Mal hier schwimmen gewesen war, obwohl ich in einem unheimlich warmen Herbst hier hergekommen war. Leider war jetzt nicht die beste Jahreszeit, um das nachzuholen – zumindest, wenn ich mir keine Lungenentzündung holen wollte.

»Ich habe den See immer geliebt.« Ich erschrak mich fast vor Harrys Stimme, und ich war mir nicht mal sicher, ob die Worte für mich oder ihn bestimmt waren. »Es ist einfach immer wunderschön hier unten. Als ich jünger war, habe ich mir immer vorgestellt, hier würden Feen leben. Weißt du, weil man doch immer sagt, dass Feen häufig arrogant sind. Der See war ihr Spiegel, sie lebten ihre kleinen, schillernden Leben hier, während ich bis zu den Knöcheln im Wasser stand und mich nicht bewegte, damit sich mir vielleicht mal irgendwann eine zeigen würde.«

Ich lachte leise, weil es mir alles so unvorstellbar erschien. Harry hatte sich mit zwölf Feenvölker vorgestellt.  Ich hatte mit dreizehn das erste Mal an einer Zigarette gezogen. Ich fragte mich, wie meine bisherigen Teenagerjahre wohl ausgesehen hätten, wenn ich zusammen mit den anderen mit zwölf hergekommen wäre. Wenn mir London niemals seine dunkle Seite gezeigt hätte. Wenn ich hier gewesen und nicht ständig von meinen Eltern enttäuscht worden wäre. Wenn ich meine Eltern nicht ständig enttäuscht hätte.

»Im Sommer saßen wir abends hier und haben den Fröschen beim Quaken zugehört.« Er deutete in Richtung des dichten Schilfs an einem der Uferabschnitte.

»Ich habe mal gelesen, dass Froschquaken lauter als ein Presslufthammer sein kann.«, bemerkte ich mit innerer Überzeugung, dass das nicht stimmen konnte. Ich hatte zwar noch nie einen Frosch quaken gehört, aber ich hatte genügend gesunden Menschenverstand, um mir diese Lautstärke nicht vorstellen zu können. Ich hatte noch nicht mal einen echten Frosch gesehen, außer im Zoo und als ich einen im Biounterricht seziert hatte. Aber der war ziemlich sicher tot und nicht mehr besonders quaklustig gewesen.

Ich bemerkte Harrys erschrockenen Blick, der mit einem schiefen Grinsen gepaart auf mir lag. »Was?«, fragte ich ungläubig.

»Louis, das sage ich sonst immer!«

»Was?«, hakte ich verständnislos nach.

»›Ich habe mal gelesen‹«, grinste Harry. »Ich glaube, wir tauschen langsam Rollen. Vielleicht werden wir zu einem dieser Paare, bei denen die Personen mit der Zeit komplett gleich werden, sich sogar ähnlich sehen.«

Ich schüttelte den Kopf. »Ich könnte niemals so lange über einen See reden. Egal wie schön er ist.«

Harry lächelte mild. »Er hat nicht mal einen Namen. Es ist einfach der See. Aber irgendwie passt das auch. Er war immer einer meiner Lieblingsorte hier. Ich bin einfach so gerne an diesem Platz. Und...als wäre es durch Magie so vorbestimmt worden, hast du mich hier zum ersten Mal geküsst.«

Ich drehte mich direkt zu ihm, nahm auch seine andere Hand. »Das war wahrscheinlich die beste Entscheidung, die ich jemals getroffen habe.« Ich hauchte einen Kuss auf seine Lippen, von dem er keine Chance hatte, ihn zu erwidern. Trotzdem lächelte er. »Und die zweitbeste wäre wahrscheinlich«, ich legte eine theatralische Pause ein, während ich meine Arme um seine Taille schlang, »das Tanzen davor.«

Harry lehnte seinen Kopf lächelnd und mit geschlossenen Augen gegen meinen. »Ich wünschte, ich könnte diesen Abend nochmal erleben. Den Mond, die Stille. Und dich.« Seine Stimme war so leise, als wäre er in seinen Gedanken tatsächlich zurück an dem Abend des Balls, ich wiegte ihn fast unmerklich in meinen Armen. »Greensleeves, es war perfekt.« Er lachte leise. »Ich muss aufpassen, dass ich nicht anfange zu weinen.«

Ich drückte einen Kuss auf seine Locken. »Wenn du das tust, schubse ich dich in den See.«

Empört sah Harry abrupt auf und war dabei nicht weit davon entfernt, meine Nase zu brechen. »Wieso das?!« Er trat einen Schritt zurück, sodass meine Hände jetzt nur noch lose auf seinen Hüftknochen lagen. »Das gute Weinen, Louis! Weil ich so glücklich bin, dass das alles passiert ist. Weil ich es einfach nicht glauben kann.«

»Ich weiß.«, erklärte ich sachlich. »Aber dann bestünde die Gefahr, dass ich auch weine. Und ein Louis Tomlinson weint nicht.«

»Louis!«, Harry schlug mich lachend und nicht besonders hartnäckig gegen die Brust. »Du bist so ein Idiot, weißt du das? ›Ich bin zu männlich, um zu weinen.‹, bla bla. Ich kann nicht glauben, dass du das gesagt hast.« Wieder lachte er. »Du würdest mich eher in den See schmeißen, als zuzugeben, dass du Emotionen zeigst, wenn du an unseren ersten Kuss denkst?!«

Er sah mich schief grinsend an und schien ehrlich auf eine Antwort zu warten. Ich sah ihm in die perfekten, grünen Augen und ein leichtes, echtes Lachen stolperte auch über meine Lippen.
Ich schüttelte ungläubig den Kopf und meinte die Worte, die ich aussprach.

»Ich liebe dich, Harry.«

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one room in a nutshell:

harry: *says anything that makes no sense at all and louis could notice*
louis: *completely oblivious*

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