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Louis

»Ich hab die ganze Zeit gewartet! Harry hat gesagt, er erzählt mir erst hinterher von allem, wenn ihr zurück seid.« Das Säuseln im irischen Akzent drang wie in einem Fiebertraum an mein Ohr. »Aber ich hätte wissen sollen, dass ich auf dich zählen kann, Louis! Obwohl es schon ziemlich spät ist heute, nachher ist gleich Nachtruhe. Liam war sogar schon Zähne putzen, glaube ich, abe-«

»Niall!« Ich versuchte das Geräusch meines eigenen Herzschlages in meinen Ohren zu ignorieren. Nialls Stimme war verstummt. Ein leises Rauschen drang aus der Leitung. »Harry, er- ich muss einen Krankenwagen rufen! Er kriegt keine Luft mehr, oder doch, aber seine Augen- er zittert am ganzen Körper und- wenn ich jetzt anrufe, könnte der Notarzt in-«

»Louis?«, unterbrach mich Niall mit eiskaltem Schrecken in der Stimme. »Harry kriegt keine Luft mehr und zittert am ganzen Körper?!«

Ich klammerte mich an die glatte Küchenanrichte. »Nein! Ich weiß nicht, was auf einmal...ich konnte nichts tun! Immer noch nicht! Er-«

»Louis!«, rief Niall so laut, dass ich zusammenzuckte. »Wo ist er?«

»Oben, in meinem Zimmer, er ist einfach-«

»Du bist nicht bei ihm?!«

Ich spürte ein verräterisches Brennen in meinen Augen und schluckte hart. Nialls Worte ließen eine Flutwelle von Schuldgefühlen über mir einbrechen. Obwohl er es nicht sehen konnte, schüttelte ich den Kopf. »Nein! Ich wollte 999 anrufen und-«

»Geh sofort zu ihm, Louis!« Die Angst in seiner Stimme war blasser geworden. Er sprach jetzt hart und entschlossen. Ich konnte keinen einzigen Gedanken daran verschwenden, dass er mich die ganze Zeit unterbrach. »Na los, Louis! Geh zu ihm! Was ist passiert?«

Ich stolperte zurück in die Eingangshalle und zur Treppe. »Ich weiß es nicht. Wir sind nach Hause gekommen und es ging ihm gut und er war duschen und wir haben uns geküsst und... Niall? Was passiert mit ihm?«

»Wir haben keine Zeit, alles zu erklären, Louis. Verdammt, er hätte mit dir reden sollen! Ich hab's ihm gesagt.« Für ein paar Sekunden war er still. Ich erreichte das obere Ende der Treppe. »Bist du bei ihm, Louis?«

»Fast.« So schnell ich konnte, steuerte ich auf meine Zimmertür zu. Schon von hier konnte ich die flache Schnappatmung hören, die mir einen weiteren Schauer über den Rücken jagte. Aber irgendetwas an Nialls körperloser Präsenz half. Die Ränder meines Blickfeldes waren nicht mehr verschwommen.

Harry lag da wie zuvor, noch immer zitterte er. »Niall?«, fragte ich, um Harrys rauen Atem zu übertönen. »Ich bin da.«

»Okay, Louis, hör mir zu. Harry ist nicht bewusstlos. Er kann dich hören. Er nimmt dich wahr, hörst du? Rede mit ihm. Du musst mir zuhören und machen, was ich sage, aber rede gleichzeitig mit ihm.«

Schweiß glitzerte auf Harrys Stirn. Ich fühlte mich so hilflos wie vermutlich nie zuvor. »Was soll ich sagen, Niall?«

»Das ist nicht so wichtig. Frag ihn, ob es ihm gut geht. Aber ruhig, nicht panisch! Sag ihm, dass es ihm gut geht. Dass alles okay ist. Dass du da bist. Dass es vorbeigeht. Wie immer.«

»Wie immer? Niall, wie oft passiert das hier?!«

»Nicht oft. Louis, du musst dich beruhigen!«

»Soll ich nicht lieber einen Krankenwagen rufen?«

»Nein.«, sagte Niall, ohne auch nur eine Sekunde lang zu zögern. »Louis, Harry hat so etwas ähnliches wie eine Panikattacke. Den Rest können wir dir später erklären. Bis der Krankenwagen da wäre, wäre es vorbei. Es wird alles gut, du musst Harry nur beim Atmen helfen. Und versuchen, dass es so schnell wie möglich vorüber ist.«

»Aber wie?« Für mich sah Harry nicht unbedingt so aus, als wäre gleich wieder alles gut.

»Rede mit ihm.«, wiederholte Niall. »Vertrau mir, Louis. Du schaffst das.«

Ich nickte, um mich selbst zu ermutigen. Ich konnte das schaffen. Mit gezwungen ruhiger Stimme sagte ich Harry, dass alles gut war. Und dass ich hier war. Wie von Niall aufgetragen. Diese beiden Sätze in Dauerschleife.

»Okay, das machst du sehr gut.«, bestätigte Niall, als ich meinen Kanon langsam drauf hatte. »Mach weiter so und hör mir nebenbei zu. Nimm Harrys Hand, ja? Gut. Jetzt ist es wichtig, dass du kontrolliert atmest. Langsam und ruhig. Harry kann im Moment nicht richtig atmen. Aber es ist in seinem Kopf. Er denkt, dass er nicht atmen kann. Deswegen musst du ruhig atmen. Damit er verstehen kann, dass es möglich ist. Ich weiß, es ist schwierig beim Sprechen. Aber du kriegst das hin.«

Ich antwortete Niall nicht, sondern versuchte wie er sagte, die Frequenz meines Atmens so gut es ging zu verringern. Auch wenn es sich viel mehr anfühlte, als würde Niall hier an meiner und nicht Harrys Verfassung arbeiten.
Dessen Finger waren in meinen kalt.

»Sehr gut, Louis.«, sagte Niall wieder. »Kannst du mir sagen, in was für einer Position Harry ist?«

»Er liegt.«, antwortete ich und bemühte mich, im gleichen Tonfall zu sprechen, wie ich für das gezwungen ruhige Mantra verwendet hatte. »Auf dem Rücken.«

»Das ist okay. Das ist gut. Du wirst nachher versuchen müssen, ihn ins Sitzen zu bringen. Dann wird ihm das Atmen einfacher fallen. Aber das geht erst, wenn er wieder mehr in der Realität zurück ist. Er antwortet dir nicht, oder?«

Ich schüttelte den Kopf. Wieder stieg Panik in mir auf. »Er reagiert auf gar nichts. Niall, es geht ihm überhaupt nicht gut! Ich weiß nicht, ob das hier wirklich die beste-«

»Hey, Louis, es wird alles gut. Trägt Harry eine Jacke?«

»Nein.«

»Denkst du, du schaffst es, ihm auszuziehen, was auch immer er am Oberkörper trägt? Kannst du es versuchen? Es wird ihm das Atmen erleichtern.«

Ich starrte das weiße Shirt an. »Niall, er trägt nur ein dünnes T-Shirt! Das hindert ihn nicht am Atmen. Ich denke, wir sollten lieber-«

»Versuch, es ihm auszuziehen, Louis. Wie gesagt; die Atemprobleme sind in seinem Kopf. Allein diesen dünnen Stoff loszuwerden, wird sich wie eine Befreiung anfühlen. Es ist psychisch, Louis, nicht physisch.« Keine Ahnung, wie das möglich war, aber seine Stimme war gleichzeitig geduldig und dringlich. Doch noch immer half es mir, das wusste ich. Ich fühlte mich nicht mehr komplett alleine.

Also ließ ich Harrys Hand wieder los. Vorsichtig bettete ich seinen Kopf auf meine Knie und begann einhändig, das Shirt so flüssig wie möglich immer höher zu ziehen. Harrys Körper hatte sich nie zuvor so zerbrechlich angefühlt. Niall erinnerte mich leise daran, mein Beruhigungsmantra wieder aufzunehmen und so begann ich abermals, sanft auf Harry einzureden.

Es war schwierig, Harrys Arme aus den Ärmeln des Shirts zu kriegen. Selbst als ich das Handy neben mir auf den Boden gelegt hatte. Die zitternden Gliedmaßen spannten sich in unregelmäßigen Zeitabständen unerwartet an und es fühlte sich ganz einfach falsch an, Harrys Körperteile so unnatürlich zu steuern. Doch als ich ihm den Stoff endlich über den Kopf zog, entwich mir ein Seufzen. Keine Erleichterung, dafür sah Harry noch immer zu bleich aus. Aber Niall hatte gesagt, der Verlust des Shirts würde Harry eine Befreiung bringen.
Ich konnte nur hoffen, dass das stimmte.

Sofort griff ich wieder nach dem Handy. »Niall«, meldete ich mich in den Hörer. »Ich hab's geschafft.«

»Sehr gut.« Eine kurze Pause folgte, ich glaubte, ein winziges bisschen abfallende Spannung durch die Leitung zu spüren. »Alles klar. Leg ihm eine Hand auf den Bauch, Louis. Kannst du seinen Atem spüren?«

Ich platzierte meine Hand auf die nackte Haut von Harrys Oberkörper. Aber es war praktisch unmöglich, so etwas wie das durch seinen Atem ausgelöste Heben und Senken seines Bauches zu spüren, wenn sein gesamter Körper bebte.

»Ich weiß es nicht, Niall.«, berichtete ich ängstlich.

»Alles okay, ist nicht schlimm.«, versicherte er schnell, aber ich hatte das ungute Gefühl, dass es nicht unbedingt okay war. Wenn Niall hier wäre, dann hätte er wahrscheinlich alles unter Kontrolle. »Lass die Hand dort liegen. Sie sollte ihm helfen, in den Bauch zu atmen. Sag ihm das ruhig. Dass er versuchen soll, in den Bauch zu atmen. Es spielt keine Rolle, dass du das Gefühl hast, dass er dich nicht hören kann.«

Ich nickte – heftig, um mich selbst davon zu überzeugen, dass die Situation besser war, als ich sie wahrnahm. »Harry«, sagte ich so sanft wie möglich, mit dem Handy noch immer am Ohr. »Spürst du meine Hand? Kannst du dorthin atmen? Du musst in den Bauch atmen, Harry, bitte versuch es.«

Mit zusammengezogenen Augenbrauen versuchte ich, mich komplett auf Harrys Bewegungen unter meiner Handfläche zu konzentrieren. Ich spürte eine Träne über meine Wange rollen, aber ich ignorierte das Kribbeln.

»Louis«, schaltete Niall sich wieder ein. Wenn ich mich nicht irrte, klang er wieder etwas besorgter. »Merkst du schon, dass es besser wird? Es sind ein paar Minuten vorbei. Er sollte über den Berg sein. Kannst du das sagen? Geht sein Atem schon leichter? Ist er noch sehr blass?«

Wieder stieg Panik in mir auf. Für mich sah Harry noch ganz und gar nicht besser aus. »Ich weiß es nicht.«, sagte ich wieder. Das war eine bessere Antwort, als auszusprechen, was ich nicht wahrhaben wollte. »Das mit dem Atmen kann ich nicht einschätzen. Er zittert noch. Und ich glaube, er ist auch noch ziemlich blass. Aber das ist auch schwierig zu sagen, das Kerzenlicht reicht nicht wirk-«

»Kerzenlicht??!«

Nialls Stimme war so laut, dass mir das Handy mit einem dumpfen Schlag auf den Boden fiel. Mein Herz schlug mir bis zum Hals. Mit zitternden Fingern hob ich das Handy so schnell es ging auf und drückte es wieder an mein Ohr.

»-te ich das gewusst! Schaff ihn da raus!«

Ich schluckte, um die Tränen in meinen Augen zu besiegen. »Was ist los, Niall?«

»Kerzen, Louis! Sind sie im ganzen Haus? Hol Harry da raus, jetzt! Deswegen wird es nicht besser.«

Ich starrte die Kerzen an, das stete, fiebrige Flackern um uns herum. Die Angst in Nialls Worten betäubte mich. Und eine neue, spezifischere Angst kam dazu. Die Vermutung legte sich wie ein Schatten über Harrys Körper. »Epilepsie?«, hauchte ich in den Hörer.

»Nein, Louis, keine Epilepsie! Wir haben jetzt keine Zeit dafür. Kriegst du Harry weg von den Kerzen?«

Ich konnte nicht mal erleichtert sein. Keine Epilepsie. Das war gut. Eigentlich. Aber was war es dann, was hier passierte?

»Louis!!«, rief Niall jetzt ohne jegliche Rücksicht auf mein Trommelfell. »Kannst du ihn da raus tragen? Oder schleifen, wenn es sein muss. So schnell wie möglich!«

»Okay«, murmelte ich als Antwort. »Ich versuch's.« Ohne groß zu zielen, warf ich das Handy aufs Bett. Mein Blick fuhr über Harrys Körper, der seit ein paar Wochen größer war als meiner. Aber ich würde es trotzdem schaffen, ihn zu tragen. Zumindest war das, was ich mir selbst in diesem Moment einreden musste.

Ich hockte mich neben ihn. Um dem Überdenken zuvorzukommen, schob ich ihm kurzerhand einen meiner Arme in den Rücken und richtete seinen Oberkörper sanft auf. Sein Kopf hielt sich nicht aufrecht, seine Augen schlossen sich nicht. Den zweiten Arm schob ich ihm unter die Knie. Bevor ich überhaupt meine ganze Kraft gesammelt hatte, stemmte ich mich wackelig auf die Beine, Harry in meinen Armen. Ich stolperte aus dem Zimmer.

Der Flur war kerzenfrei. Aber ich wollte Harry nicht wieder auf den Boden legen. Also müsste ich es bis ins Wohnzimmer schaffen. Kurz schloss ich die Augen und zwang mich, durchzuatmen. Dann lief ich so sicher ich es konnte auf die Treppe zu.

Harrys Brust hob sich schwer gegen meine. Zwei Tränen tropften von meinem Kinn auf seinen nackten Oberkörper. Sein Kopf hob sich kurz, oder vielleicht bildete ich es mir auch nur ein, als ich die Treppe betrat. Sofort sank er wieder gegen meine Schulter.

Ich erinnerte mich an Nialls Anweisungen. Wie erklärt nahm ich die beruhigenden Standardfloskeln wieder auf, auch wenn meine Stimme lange nicht so ruhig war, wie Niall es befohlen hatte.

Ohne die Anwesenheit des Iren begannen meine Gedanken sich wieder im Kreis zu drehen. Wenn ich nicht bald erfuhr, was hier passierte, würde ich noch komplett den Verstand verlieren. Natürlich war ich nicht dämlich. Genau das hier war es, was Harry und Niall mir verschwiegen hatten. Das, worüber sie geredet hatten, als ich sie belauscht hatte.

Und jetzt wusste ich auch, dass Harrys Angst damals berechtigt gewesen war. Nachdem er jetzt zitternd und ohne gesunden Atem in meinen Armen lag, würde ich ihn garantiert mit Samthandschuhen anfassen.

Das Wohnzimmer sah aus wie noch vor einer Viertelstunde. Das Licht brannte. Es sah aus wie ein Raum, in dem Harry mich mit Zunge küsste, weil wir beide das gleiche wollten. Nicht wie ein Raum, in dem er um sein Bewusstsein kämpfen musste.

Mit schweren Armen lud ich Harry auf dem Sofa ab. Plötzlich erinnerte ich mich an Nialls Worte, vor ein paar Minuten. ›Du wirst nachher versuchen müssen, ihn ins Sitzen zu bringen. Dann wird ihm das Atmen einfacher fallen. Aber das geht erst, wenn er wieder mehr in der Realität zurück ist.‹

War Harry schon mehr zurück in der Realität? Wahrscheinlich nicht. Zumindest nicht, soweit ich das sagen konnte. Aber vielleicht würde Sitzen ihm trotzdem helfen. Ich kniete mich neben das Sofa und zog Harrys Oberkörper an der Armlehne hoch. Wieder sah ich, wie er kurz seinen Kopf anhob. Dieses Mal irrte ich mich nicht. Seine Augenlider flatterten auf, die grünen Augen schienen kurz etwas zu suchen, auf das sie sich scharf stellen konnten. Hoffnungsvoll hielt ich den Atem an. Doch bevor seine Augen einen Fokuspunkt gefunden hatten, knickte der Kopf wieder weg.

Ich rappelte mich auf und rannte aus dem Wohnzimmer durch die Eingangshalle und die Treppe hinauf. Meine Angst um Harry hatte mich zu sehr betäubt, deswegen hatte ich falsche Maßnahmen getroffen. Das musste ich Niall jetzt nur noch mitteilen. Ich schnappte mir das Handy vom Bett.

»Er ist unten, Niall.«, berichtete ich, während ich mein Zimmer schon wieder verließ.

»Louis!« Seine Stimme verriet, wie er auf mich wartend am anderen Prepaid-Handy gehangen hatte. Eine neue Frage schob sich in mein überfordertes Gehirn; wieso hatte überhaupt Niall das Handy, das bei der Schulleiterin sein sollte? Doch ich schüttelte schnell den Kopf, bevor diese Frage sich festigen konnte. Das war gerade garantiert nicht von Bedeutung. »Wie sieht er aus? Bist du jetzt bei ihm? Ich erkläre dir eine wichtige Atemübung.«

»Nein, Niall.«, antwortete ich auf seine zweite Frage, oder vielleicht auf seinen letzten Vorschlag oder womöglich auf dieses gesamte Gespräch. Ich hatte meinen Fehler endlich voll begriffen. »Ich werde auflegen.«

»Was? Nein! Louis, was auch immer du tust, leg nicht auf! Es ist wichtig, dass ich dir sage, was du tun musst, falls-«

»Nein, Niall.«, wiederholte ich mit mehr Nachdruck. »Ich muss einen Krankenwagen rufen!« Ich bog auf die Treppe, um zurück zu Harry zu gelangen. »Das hier ist nicht gut, Harry braucht Hilfe. Professionelle Hilfe.«

»Louis, ich-«

»Tut mir leid, Niall. Ich ruf dich morgen nochmal an, versprochen.« Bevor ich eine Chance hatte, seine weiteren Proteste zu hören, hatte ich das Telefonat beendet. Ich betrat das Wohnzimmer. Ohne den Blick zu heben, wählte ich die drei Zahlen, die ich schon von Anfang an hätte wählen sollen.

Doch ich kam nicht dazu, den grünen Hörer zu drücken. Harrys Stimme war schwach, aber sie war unmissverständlich. Vielleicht war ich noch nie in meinem Leben so froh darüber gewesen, meinen eigenen Namen zu hören.

»Louis?«

Das Blut in meinen Ohren rauschte. Ich riss den Kopf so schnell herum, dass mein Genick garantiert nicht weit entfernt von einem Bruch geblieben war. »Harry!«

Harrys Lippen waren blass, aber nicht so weiß wie vorher. Es bestand kein Zweifel, dass sie der Ursprung des einzeln gefragten Wortes waren. Er blinzelte mich an. Wie jemand, der seine Augenlider unter Kontrolle hatte. Seine Wangen waren vor Tränen nass und verquollen, aber er saß, Hals und Kopf aufrecht.

Sofort ließ ich mich vor der Couch auf die Knie fallen, das Handy verlor ich irgendwo auf dem Weg dorthin. »Gott, Harry, du sprichst!« Zum ersten Mal ließ ich die Erleichterung zu. Sie elektrisierte mich auf eine neue Weise. Harrys Augen hatten aufgehört zu tränen, meine begonnen jetzt erst richtig. »Du sprichst! Du atmest! Du atmest!«

Doch ich biss mir auf die Zunge, bevor ich noch mehr herausschreien konnte. Niall hatte gesagt, ich müsste Ruhe ausstrahlen. Ruhe – nichts wirkte im Moment surrealer.

Harry drückte sich langsam von der Armlehne hoch und sein Körper stützte sich gegen die Rückenlehne. Er saß so gerade wie es vorgesehen war. Unkontrolliert entwich mir ein Seufzen. Meine Unterarme auf seinen Oberschenkeln abstützend, ließ ich meine Stirn gegen seine angewinkelten Knie sinken.

»Louis«, als ich zu ihm hochsah, war sein Gesicht schmal und die Angst von vorhin lag in seinem Blick. Alarmiert hielt ich die Luft an. »Die Kerzen«, seine Stimme zitterte.

»Es tut mir leid! Ich weiß, Harry, hilfe, es tut mir so leid, ich-«

»Sie brennen..?« Ich konnte nicht sagen, ob er gleich wieder am Boden liegen würde. Seine linke Hand zuckte.

Für ein paar Sekunden stand mein Mund nutzlos offen. »Ja?«

Er atmete pfeifend ein. Ich war bereit, zurück zum Telefon zu springen. »Aus, Louis, sie müssen aus, bitte, Louis...« Er sah mich nicht an, sein Blick klebte an der Decke, als könnte sie gleich einstürzen und uns unter den brennenden Kerzen begraben. Noch immer verstand ich nicht, was es mit den Kerzen auf sich hatte. Wieso hatten Harry und Niall mich nicht einweihen können?

Doch ich wusste, dass das jetzt nicht die größte Priorität war. Ich rappelte mich eilig auf und lief zum keine Ahnung wievielten Mal heute Abend durch die Eingangshalle zur Treppe. Die Vorstellung, dass Harry nicht mehr ansprechbar sein könnte, wenn ich zurück unten war, ließ die Ränder meines Blickfeldes wieder verschwimmen. Aber ich versuchte, mich davon nicht beeinflussen zu lassen. Mit dem Handrücken wischte ich mir die laufenden Tränen von der Wange, bevor ich in mein Zimmer stolperte und mit fehlendem Atem begann, die Kerzen hastig auszupusten.
Ich hatte Harry einfach nur glücklich machen wollen.

Es dauerte nur einen Bruchteil der Zeit, die ich zum Anzünden gebraucht hatte, um all die Kerzen zu löschen. Das Zimmer war verhangen vom schweren Geruch des flüssigen Wachses und des Rauches. Ich ließ keine Sekunde verstreichen, bevor ich wieder hinunterlief.

Harry war noch immer bei Bewusstsein, als ich wieder im Wohnzimmer war. Breitbeinig saß er nach vorne gelehnt auf dem Sofa, die Ellenbogen auf den Knien abgestützt. Mit geschlossenen Augen atmete er so ruhig ein und aus, dass ich die letzten zwanzig Minuten für einen simplen Fiebertraum hätte halten können. Nur die blassen Wangen und das noch immer etwas abrupte Heben von Harrys Brust verriet mir das Gegenteil.

Auf möglichst leichten Füßen ging ich ebenfalls zurück zum Sofa. Sanft setzte ich mich neben Harry auf das weiche Polster, ohne ihn zu berühren. Er schlug die Augen nicht auf. Vielleicht war das eine der Atemübungen, die Niall mir noch beigebracht hätte.

Ohne zu viel darüber nachzudenken, versuchte ich meine Atemzüge mit Harrys zu synchronisieren. Noch gingen sie schneller als meine. Die Augen zu schließen, traute ich mich nicht. Bis ich es dann doch tat.

Harrys Atem stoppte nicht. Er wurde nicht schneller, sondern stetig langsamer und regelmäßiger. Minuten verstrichen. Meine Tränen trockneten und das wilde Schlagen meines Herzens passte sich der hypnotisierenden Ruhe der Luft an, die ohne Spannung durch Harrys Lippen gezogen wurde. Meine Gedanken verloren ihre aufgepeitschte Energie, als hätte man mir den Tranquilizer verpasst, der auch Harry zurück ins Bewusstsein katapultiert hatte.

Ich konnte nicht sagen, wie viel Zeit wirklich vergangen war, als ich die Augen wieder öffnete. Etwas, das für inneren Frieden zu verräterisch war, wärmte durch meine Adern sogar meine Fingerspitzen. »Harry«, flüsterte ich leise. Besorgtes Bedauern lag in meiner Stimme. »Wir müssen reden.«

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