77. Kapitel
Becca's Sicht
Mittlerweile habe ich zwei Wochen Chemo hinter mir. Natürlich ist es immer noch kein schönes Gefühl, wenn das Medikament durch deinen Körper läuft und du erbrechen musst, aber es ist auszuhalten und ich habe keine Angst mehr davor.
Meine erste Bestrahlung in dieser Behandlung habe ich auch schon überstanden. Zwar ist mir nicht schlecht geworden, doch dafür habe ich nun Kopfschmerzen. Schon komisch, da weiß man gar nicht, ob man dem Tumor entgegenwirken oder ihn vielleicht sogar stärken will.
Jedenfalls bin ich nun auf dem Weg nach Hause, da es keinen vernünftigen Grund gibt, mich im Krankenhaus zu behalten. Um die Kopfschmerzen zu lindern, kann ich auch zuhause eine Tablette nehmen - davon haben wir ja noch genug - und mich dann ein bisschen hinlegen.
„Es ist zwar nicht durchgehend, aber freust du dich schon auf mehr Zeit im eigenen Zuhause?", möchte Shawn grinsend von mir wissen und stupst mich leicht mit seiner Schulter an, womit er die Aufmerksamkeit des Taxifahrers seinen Blicken in den Rückspiegel nach zu urteilen kurz auf uns lenkt.
„Und wie, das glaubst du gar nicht!", sage ich und nicke heftig. Vor allem bin ich dann endlich mal für mich alleine. Im Krankenhaus fühle ich mich ständig beobachtet, weil dauernd eine Schwester hereinkommt und nach mir sieht. Selbstverständlich ist das wichtig, doch ein bisschen Privatsphäre wäre mir auch lieb.
Zum Glück dauert es nicht lange, bis das Taxi vor unserer Einfahrt stehenbleibt und wir zwei aussteigen. Shawn schiebt dem Fahrer jedoch noch ein großzügiges Trinkgeld in die Tasche, als Dank dafür, dass es so schnell ging.
Als ich den Gang betrete, runzele ich erst einmal meine Stirn. Warum ist es hier so aufgeräumt? Meine Mom ist doch eigentlich voll die Chaotin. Also entweder Mark hat er etwas Disziplin beigebracht oder es findet wieder mal etwas hinter meinem Rücken statt.
Aus diesem Grund drehe ich mich zu dem Braunhaarigen um und sehe ihn fragend an. Doch natürlich gibt der nichts von sich, sondern zuckt einfach nur mit seinen Schultern, als wüsste er gar nicht, um was es mir gerade geht. Und ich bin mir sicher, dass es ihm auf jeden Fall bewusst ist.
Nachdem ich meine Schuhe ausgezogen habe, damit ich es schön gemütlich habe, betrete ich das Wohnzimmer und sehe Mom auf der Couch sitzen und in einem ihrer Bücher lesen. Ihr Blick bahnt sich zwar in meine Richtung, aber danach widmet sie sich mit kein Stück. Das ist wirklich verdächtig.
"Hey, Mom", begrüße ich sie nun, in der Hoffnung, dass sie mich beachtet. Wenn sie mir jetzt nicht antwortet, stimmt hier ganz sicher etwas nicht. "Wo ist Mark?" Keine Reaktion.
Auf einmal nehme ich leise Geräusche hinter mir wahr und im nächsten Moment spüre ich schon eine warme Hand an meiner Schulter. Und nein, es ist nicht Shawn, denn der steht neben mir und hat seine Hände bei sich. Tatsächlich fängt Mom nun an zu grinsen. Ich wusste, die haben irgendwas geplant!
Um zu sehen, wer mich da gerade berührt, drehe ich mich ein klein wenig überrascht um und mache meine beste Freundin aus. Und sie ist nicht die einzige. Fiona, Kyle, Mark und sogar Kira stehen dort in einer Gruppe. In meinem Gesicht bildet sich ein fettes Grinsen.
Doch als ich den Mann, der noch am Treppengeländer steht, erkenne, traue ich meinen Augen nicht. Er sieht so vertraut aus, fast wie ich. Und auch wenn ich ihn schon Jahre nicht mehr gesehen habe, bin ich mir so sicher, als wäre ich die ganze Zeit bei ihm gewesen.
"Dad?", bringe ich schließlich heraus, worauf die anderen drei eine Art Gasse machen. Sofort setze ich mich in Bewegung. Dabei kann ich aber nur kleine und langsame Schritte machen, weil ich nicht damit gerechnet hätte, ihn jemals wieder zu sehen. Live und in Farbe.
"Becca, mein Schatz", erwidert er und möchte mich umarmen, wobei er ganz vorsichtig vorgeht. Ich hingegen schmeiße mich förmlich in seine Arme. In London war Dad immer meine Bezugsperson und ihn heute hier in New York wieder anzutreffen, ist einfach unglaublich.
Ich habe so viele Fragen. Warum genau ist er jetzt hier? Warum ist er vorher nie auf die Idee gekommen, uns zu besuchen? Doch die einzige, die mir über die Lippen kommt, ist: "Wie?"
"Deine Mutter hat mir erzählt, dass du...", fängt mein Vater an, bricht dann aber ab und versucht, sich anders auszudrücken. "Na ja, dass die Lage nicht gerade leicht ist. Und da musste ich einfach kommen. Und ich weiß, wir hätten nie so lange voneinander getrennt sein dürfen, aber..."
"Ist schon in Ordnung, Dad. Hauptsache, du bist jetzt hier", sage ich und löse mich von ihm. Danach sage ich an alle anderen gerichtet: "Und auch vielen Dank an euch, dass ihr an meiner Seite seid und mich unterstützt. Wenn ihr mich entschuldigt; ich würde mich gerne noch etwas frisch machen."
Und so mache ich mich auf den Weg ins obere Bad. Ein Blick in den Spiegel verrät mir, dass meine Haare dringend eine Bürste sehen wollen. Sieht ja echt schrecklich aus! So kann ich doch nicht unter die Augen der anderen treten.
Gerade als ich die geeignete Schranktür öffne, klopft es an der Zimmertür und ich rufe: "Ja!" Darauf wird die Klinke nach unten gedrückt und Shawn erscheint im Raum. Sofort gehen meine Mundwinkel nach oben.
"Na, alles klar?", erkundigt sich der Sänger bei mir. Aus irgendeinem Grund muss ich nun lachen, weswegen er mich verwirrt anschaut.
"Ja, ich freu mich schon riesig auf die Knoten", erkläre ich, während ich mit der Bürste in meiner Hand auf meine Haare zeige.
Dann setze ich an meinem Ansatz an und fahre einmal nach unten. Jedoch sind es nicht die Knoten, die mich aufregen. Es sind die Büschel an Haaren in der Bürste, die mir die Sprache verschlagen. Zumindest fast. "Es ist wohl soweit."
Im nächsten Moment fasst Shawn mich an den Schultern und redet auf mich ein wie ein beruhigendes Mantra: "Scheint so. Ich weiß, dir sind deine Haare wichtig. Aber du musst dir keine Sorgen machen. Sobald die Medikamente abgesetzt werden können, werden sie wieder nachwachsen. Sowieso siehst du in meinen Augen immer gut aus."
"Das ist süß von dir", meine ich und breche den Vorgang ab. Wir sind unter Freunden, da muss ich nicht super hübsch aussehen. "Komm, lass uns wieder nach unten gehen."
Folglich gehen wir zu den anderen und verbringen den Tag zu siebt.
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Na, hättet ihr damit gerechnet, dass ihr Dad irgendwann noch auftaucht?🙊
Sooo, ehrlich gesagt hab ich gerade nichts mehr zu sagen😂
In 'ner halben Stunde, wie immer, geht es weiter❤️
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