What the...hell?
Billy hielt sich an die von ihr auferlegten Regeln. Zum Glück.
Es gab nichts, mit dem sie Billy wirklich hätte drohen können, außerdem war sie so vollkommen am Ende, als sie in ihrem übergroßen Schlafshirt unter die Decken krabbelte, dass sie Schwierigkeiten hatten überhaupt noch nach Billy zu rufen, bevor der Schlaf massiv an ihr zu ziehen begann.
Sich umschauend kam Billy herein geschlendert. Allem Anschein nach hatte er die Zeit ebenfalls genutzt und sich das Gesicht gewaschen... und die Haare und...
„Hast du etwa geduscht?!", fragte Jamie ungläubig, als sie ihn genauer betrachtete.
"Und deine Zahnbürste benutzt.", fügte er frech grinsend hinzu und ließ sich in den Drehstuhl vor Jamies Schreibtisch fallen. Ihr fiel die Kinnlade runter.
"Wie bitte?"
"Entspann dich, war ein Witz!"
Jamie murmelte etwas in Richtung 'Das will ich aber auch hoffen' und ließ sich dann ein wenig in die Kissen fallen. Billy machte das Schreibtischlicht an und das Oberlicht aus. Die Ruhe die sich über den Raum legte, welcher nun in gedämpften Licht lag, war von Spannung geladen.
"Also. Wo bleibt meine Gute-Nacht Geschichte?"
Sie gähnte herzhaft.
Als Billy nichts sagte, sah sie ihn wieder an. Er wirkte verstimmt.
"Was ist denn jetzt schon wieder?"
Er seufzte. "Du bist so ruhig und friedlich. Und so müde. Eigentlich will ich dir deine Stimmung jetzt nicht ruinieren."
Er... kaute er etwa nervös auf seiner Unterlippe?
"Bist du sicher, dass ihr nicht irgendwo im Haus noch Zigaretten versteckt habt?"
"Trink nen Schnaps", grummelte sie.
"Wenn Schnaps nur die Lösung wäre..."
Erneut das geseufze, während er mit zusammengezogener Stirn Löcher ins Nichts starrte. Jamie verdrehte die Augen.
"Billy?"
Überrascht sah er auf. "Ja?"
"Komm zum Punkt"
Sein Blick verschränkte sich mit ihrem, während er in ihren Augen nach etwas zu suchen schien. Einer Erkenntnis, einer Lösung oder vielleicht auch nur die Versicherung, dass sie nicht schreiend davon rennen würde. Es machte sie nervös. Sie schluckte schwer.
"Okay." , sagte er schließlich."Hier kommt's. Alles oder nichts."
Er räusperte sich und beugte sich erneut etwas vor, während Jamie ihre Decke ein wenig enger um sich wickelte.
"Zunächst einmal will ich das du weißt, dass ich dir das nur erzähle weil ich finde das du wissen solltest, nein-", er schüttelte den Kopf. "Weil du verdient hast zu wissen, dass ich nicht so furchtbar bin, wie es scheint."
Er runzelte die Stirn.
"Nein, dass ist auch falsch. Ich bin grausam. Das wäre vortäuschen falscher Tatsachen."
Ooookay, das Gespräch ging schon einmal merkwürdig los. Billy fuhr sich über seinen Bart und schaute sie von seinem Sitzplatz aus an.
"Ich bin ein Schwein Jamie.", sagte er trocken und hob einen Mundwinkel. "Hey - Ich würde gerne behaupten ich fühle mich deswegen schlecht oder würde mich ändern, doch seien wir mal ehrlich, das wäre gelogen. Beinahe hätte ich gesagt, wenigsten sage ich immer die Wahrheit, doch auch diese Worte wären nur eine weitere Lüge gewesen."
Jamies Herz raste. Mit so viel Offenheit am Abend hatte sie nicht mehr gerechnet. Neugierig hörte sie weiter zu. Es war als würde Billy krampfhaft nach Worten suchen und gleichzeitig sprudelte nur so alles aus ihm hervor.
"Was ich sagen will ist, dass-" er fuhr sich durch die Haare und legte den Kopf schief "Gott, ist das schwierig auszudrücken." Er sah an sich herab und legte sich dann beide Hände aufs Gesicht.
"Es wäre alles so viel einfacher, wenn mir egal wäre was du denkst.", stöhnte er in seine Hände. Zumindest meinte Jamie das gehört zu haben. Als hätte sie jemand an einem unsichtbaren Faden wieder hoch gezogen, setzte sie sich in ihrem Bett auf.
"Was?"
Er nahm die Hände vom Gesicht.
"Was?"
"Was hast du gerade gesagt?"
"Das ich Probleme habe mich auszudrücken?"
Offensichtlich. "Nein, danach!"
"Was?"
Sie wollte ihm an die Grugel gehen, so frustrierend war es. Vielleicht war es doch alles nur ein Spiel. "Wie-lange- kann-ich-Jamie-reizen-bis-sie-zur-tatsächliche-physischen-Gewalt-übergeht." Nun. Darauf sollte er ja eigentlich schon eine Antwort haben. Erneut drehte er sich auf ihrem Stuhl eine weitere Runde, den Kopf in den Nacken gelegt und ignorierte, wie Jamie ihn entgeistert vom anderen Ende des Zimmers aus ansah. Hatte er gerade gesagt, dass es ihm wichtig ist, was sie von ihm denkt? Nein. Stopp. Das war ihre Interpretation der Worte. Es ist ihm nicht egal was sie von ihm denkt war das, oder?
"Wenn ich nicht so unglaublich müde wäre und ich mehr tragen würde als meine Unterwäsche und ein zu großes Shirt, dann würde ich sowas von aus meinem Bett krabbeln und dich jetzt so lange an der Kehle schütteln, bis die restlichen Sätze aus dir heraus fallen, du kannst doch nicht einfach-"
Er beobachtete sie während sie sprach, wobei sein Mundwinkel bei ihren Worten zuckte. Dann leuchteten seine Augen auf. Unvermittelt sprang Billy auf. Jamie quietschte. Schneller als sie sehen konnte hatte er das Zimmer durchquert, stand über ihr Bett gebeugt und... griff nach einem Buch auf dem Regalbrett über ihr.
"Der seltsame Fall des Dr. Jackyll und Mr. Hyde!", rief er. Dann lachte er auf.
Was?
Er klopfte gegen den Buchrücken, grinste übers ganze Gesicht und setzte sich neben Jamie aufs Bett.
"Oh gut, dass du so eine kleine Sterberin bist."
Unerwartet und schnell drückte er ihr einen Kuss auf.
Wa- Huh?
"Ich könnte dich küssen!", rief er noch immer freudig aus, hatte das Buch bereits aufgeschlagen und war zwischen den Seiten vergraben, während Jamie noch damit beschäftigt war ihre Hand an ihre Lippen zu legen und sich von dem Schock und dem Kribbeln zu erholen.
"Normalerweise sagt man das erst und küsst dann die Person.", stieß sie hervor und sah Billy an. Dieser sah verwirrt hoch.
"Huh?"
"Nichts."
"Ich soll dich küssen?" Er lehnte sich vor.
"Nein!"
Er zuckte mit den Schultern und wühlte weiter in dem Buch, während Jamie ihn blinzelnd beobachtete und das Rasen ihres Herzens versuchte unter Kontrolle zu bringen. Billys Verhalten war so irrational und unvorhersehbar für sie, dass sie nicht wirklich sagen konnte, welche der vielen Handlungen und Emotionen die Billy um sie herum vollführte und heraufbeschwor dafür sorgten, dass sie bald einen Termin bei einem Kardiologen machen konnte. Als jemand, der immer vorher sagen konnte, was andere dank seiner Körperhaltung als nächstes tun würden, war sie mit Billy an ihre Grenzen gestoßen. Er war für sie ein Mysterium. Vielleicht war es das, was ihn für sie so unwiderstehlich machte?
Sie atmete etwas zittrig aus. Wieso war sie nur schon wieder zittrig? Es war ein verdammter, oberflächlicher, kurzer, Kuss gewesen. Ein Schmatzer. Seine Lippen, voll und weich und zugleich enthusiastisch und emotionsgeladen auf ihren. Wenn sie ihre Unterlippe mit den Zähnen entlang fuhr, konnte sie ihn noch schmecken-
Billy sah sie erwartungsvoll an. Hatte er mit ihr geredet?
"Huh?"
"-Wie in dem Buch."
Wie, wie in dem Buch? Gott, worum ging es da nochmal... um einen Zaubertrank? Einen Professor oder Experimente? Billy sah sie so erwartungsvoll an, so freudig und hoffnungsvoll, dass es ihr die Sprache verschlug. Sie hatte dafür Probleme einen Gedanken sinnvoll zu Ende zu führen, solange er die mit solchen einem Blick bedachte. Er schlug das Buch wieder zu und riss sie damit aus ihren Gedanken.
"Verdammt Jamie, verstehe!"
Sie sah fragend in sein Gesicht und riss die Augen darüber auf, wie nah er ihr war.
"Ich hatte gehofft irgend ein passendes Zitat zu finden und vielleicht alles besser erklären zu können, aber entgegen der allgemeinen Meinung und des Films, scheint das Buch ein ganz schöner Haufen Mist zu sein."
Sie öffnete den Mund und schloss ihn dann wieder. Nein, sie würde jetzt nicht anfangen mit Billy über Literatur und die Vorzüge eines Klassiker zu diskutieren. Auch unterdrückte sie einen bissigen Kommentar über ihre Überraschung, dass er überhaupt in der Lage war zu lesen. So wie Billy sich gerade in ihrer Gegenwart verhielt hatte sie ernsthaft Sorgen, ihn mit ihrer spitzzüngigen Art zu verletzen. Erneut hatte sich die tiefe Falte auf seiner Stirn gebildet.
"Du siehst aus, als würde das Denken dir Kopfschmerzen bereiten. Spuck's einfach aus. "
Zweifelnd sah er sie an, zuckte dann die Schultern und holte dann tief Luft. "Du kennst die Handlung des Buches, richtig? Wo... 2 Personen... aber dann doch nur eine... Mal so und dann doch wieder nicht..." er stöhnte auf und rieb sich den Kopf. "Als würde man versuchen auf einer fremden Sprache einen Traum zu erklären, während man einen Kater hatte."
Jamie wartete auf eine Pointe oder wenigstens eine Erklärung. Als keine kam ließ sie die angehaltene Luft auf ihren Lungen entweichen. Sie sah ihn an. Musterte ihn. Seine Gesichtszüge, seine Körperhaltung, die Art wie seine feuchten Haare sich langsam in Löckchen an seinem Kopf hochzogen, wo das Wasser langsam zu verdampfen schien. Wie er sie an ansah durch seine langen Wimpern, der Blick starr und ernsthaft. Er glaubte was er sagte.
Nur für den Moment würde sie es einfach hinnehmen und jegliches logisches Denken ignorieren. Sie konzentrierte sich aufs wesentliche und versuchte nicht zu lachen. Das konnte nicht sein ernst sein. Jamies Herz verkrampfte sich. Er spielte mit ihr... oder er war krank. War sie dann nicht verpflichtet ihm zu helfen?
"Du glaubst in dir Leben zwei Wesen.", stellte sie seine Aussage in anderen Worten fest. "Ich will dir ja nicht zu nahe treten Billy, aber wenn du meinst eine gespaltete Persönlichkeit zu haben, dann solltest du mit jemandem professionellen Reden. Nicht mit mir."
Er sah sie misstrauisch an. "Du glaubst mir?"
Nein. "Das spielt jetzt nicht zur Sache"
"Für mich schon."
Wieder einer dieser intensiven Blicke. Er musste damit aufhören. Sie gingen ihr unter die Haut und sie hatte mehr und mehr das Gefühl auf eine Falle zu tapsen.
"Kannst du meine Fragen beantworten oder willst du lieber gleich gehen.", antwortete sie schnippisch. Es war vielleicht ein wenig unangebracht, aber sie war bis aufs äußerste angespannt. Wieder schaute er sie einen Moment lang einschätzend an, dann nickte er.
"Ja du kannst meine Fragen beantworten oder ja du glaubst in dir Leben zwei Wesen?"
"Das mit den Fragen beantworten könnte schwierig werden." grummelte er "Das mit den zwei Wesen... Ich würde eher sagen zwei Seiten der selben Medaille."
Nun war es wieder an Jamie ihn fragend anzusehen.
"So wie guter Billy, böser Billy?"
Es sah beinahe so aus als würde er schmunzeln.
"Nicht direkt. Ich bin nicht unbedingt besonders Gut... oder Böse."
Sie dachte daran wie Billy sie noch am Nachmittag erst dazu eingeladen hatte, mit ihr seine Freundin zu betrügen und sich ihr dann aufgedrängt hatte. Sie schnaubte. Nun, ob er jetzt besonders böse war oder nicht, das stand noch zur Debatte. Aktuell wusste sie nicht, was sie von ihm halten sollte. Aber ihm schien es ähnlich zu gehen.
"Und mit wem habe ich gerade das Vergnügen?", fragte Jamie sarkastisch. Wenn sie seinen Worten Glaube zu schenken würde, dann hätte er die eine Seite unter Kontrolle während die andere - nun, die andere niemand war, dem sie gerne begegnete. "Dr. Jackyll oder Mr. Hyde?"
"Oh, Dr. Jackyll Jamie. Glaub mir, dass würdest du mitbekommen. Mr. Hyde schläft gerade."
"War vielleicht ne blöde Frage. Wer war wer?"
Jackyll gut, Hyde böse? Oder anders rum?
Billys Mundwinkel hob sich, doch das Grinsen erreichte seine Augen nicht undüberkam Jamie das panische Bedürfnis aufzuspringen und aus dem Zimmer zu rennen. Heißt das jetzt böser Billy? Himmel, wenn er fand, dass es keinen bösen Billy gab obwohl er regelmäßig Jungs ihrer Schule blutig geschlagen hatte, zu was wäre dann nur eine ernsthaft monströse, unregulierte Version seiner selbst fähig. Ideen über Ideen purzelten durch Jamies Kopf. In ihrer Panik versagte Jamies Gehirn ihr den Dienst und sie ihr gefror ein unnatürliches Grinsen auf den Lippen, während sie versuchte unauffällig aus ihrem Bett zu rutschen um den Raum zu verlassen.
Billy legte seine Hände an Jamies Schultern und Jamie sprang beinahe hoch, so sehr erschrak sie.
"Jamie verdammt nochmal, wie oft muss ich dir den noch sagen, dass ich dir nichts tun würde!", grummelte er.
"Solange bis ich dir vertraue Mr. 'In-mir-wohnt-ein-Monster-das-ich-nicht-kontrollieren-kann.", quietschte sie und schüttelte seine Hände ab. Ob seine Behauptung nun stimmte oder nicht, es war nie gut jemandem zu vertrauen, der von sich selbst behauptete nichts Gutes an sich zu haben.
Billy seufzte und warf einen Blick auf ihre Uhr während Jamie damit beschäftigt war, sich selbst zu verurteilen, dass sie sich so von seinen Worten hatte mitreißen lassen. Er wollte sie erschrecken, dass war alles. Oder verschrecken. Oder... sagte er die Wahrheit. Sie konnte es bei ihm wirklich nicht sagen.
"Es wird wirklich spät. Ich weiß nicht, wie lange ich noch Zeit habe.", murmelte er. "Also hier einmal schnell die Fakten, die ich dir sagen kann."
Er holte tief Luft, legte erneut und obwohl es ihr widerstrebte, seine Hände an ihre Schultern während sein Blick sich vielsagend und bedeutungsschwanger mit ihrem verschränkte.
"Ich bin der liebe Billy.", er runzelte bei der Wortwahl die Nase. Selbst dem "lieben" Billy schien es die Zunge zu verbrennen, sich als solchen zu bezeichnen. Er sah aus, als würde er sich lieber den Mund mit Seife auswaschen, als so etwas zu sagen. Als fuhr er schnell fort. "Der wache Billy. Manchmal bin ich weg, in meinen eigenen Gedanken vergraben. Der andere Billy scheint nicht zu Wissen, dass ich existiere. Zumindest nicht in diesem Ausmaß..."
Er glaubte wirklich was er sagte. Da war kein spielerisches Funkeln in seinen Augen, stattdessen nur eine brennende Intensität die sie aufforderte und anbettelte ihm zuzuhören. Sie wollte seine Hände abschütteln und ihn von sich scheuchen. Es wurde ihr zu viel. Er sollte jetzt gehen. "Billy, ich versteh nicht, wieso du denkst, dass es witzig wäre..."
"Jam, bitte. Hör nur zu.", flehte er. Seine Fassade schien zu bröckeln und Verzweiflung vermischte sich in seine Gesichtszüge. "Ich weiß nicht wieso, aber immer wenn Ich wach bin, zieht es mich zu dir. In deiner Nähe kann ich bleiben. Länger Ruhen. Ich sein."
Sie wollte das alles nicht länger hören. Je mehr er sprach, desto mehr wuchs eine Unruhe in ihr. Atmen fiel ihr zunehmend schwerer, Dunkelheit krabbelte in die Grenzen ihres Sehens. Sie hatte das Gefühl von ihm nach Strich und Faden verarscht zu werden. Sie war sich nicht einmal sicher, ob das seine Absicht war, doch das war es, was sie fühlte und das tat weh.
"Bitte Billy, hör auf!"
Ihre Stimme klang selbst in ihren Ohren gepresst.
Er sah gequält aus."Nein, Jamie bitte."
"Billy, geh jetzt."
Er schien Angst zu haben, doch er nickte "Ja, ich geh. Nur bitte. Trau nicht allem was ich sage, okay?"
Jamie entwand sich seinem Griff. Seine Berührungen brannten und kribbelten noch immer an ihrer Haut. Er hatte bereits zu viel Macht über sie. Wenn er sie berührte, konnte sich nicht klar denken. War abgelenkt und versucht seine Demütigungen in etwas positives zu wandeln. Das war nicht gesund. Auch jetzt saß sie ihm wieder machtlos gegenüber. Sie hatte ihn gebeten zu gehen, doch da saß er nun auf ihrer Bettkante (von der er gesagt hatte, er würde sie nicht berühren) und berührte sie (nicht besonders grob oder aufdringlich, aber doch stetig, dass es schwierig war Distanz zu waren). Er drang mit seiner Art mehr unter ihre Haut als sie es jemals hatte zulassen wollen. Selbst seine Worte begannen langsam zu ihr durchzusickern was sie an ihrer Verfassung zweifeln ließ. Sie begann nach wahren Punkten an seinen Zwangsvorstellungen zu suchen begann. So sehr sie ihm auch in die Augen sah, sie konnte keine Anzeichen dafür finden, dass er log.
"Trau mir nicht, wenn ich der andere bin", bat er sie mit Nachdruck.
In ihrer Frustration kamen die nächsten Worte etwas gedrückter und schneller hervor geschossen. "Sicher, der andere zwirbelt sich ja immer böse an seinem Bart und lässt den Himmel draußen dunkler werden", flüsterte sie fast hysterisch. "Gib mir was, dass ich gebrauchen kann!"
Billy nahm ihren Kopf zwischen seine Hände und sah sie erneut an, sah ihr in die Augen beugte sich vor und küsste sie. Und mit was für einem Kuss.
Obwohl Jamie hatte protestieren wollen, vergaß sie noch während ihres Anfalls, weshalb sie in erster Line von ihm zurück weichen wollte. Heiß schmiegten sich seine Lippen an ihre, erst im perfekten Einklang, dann in einem Kampf um Macht. Billy sog Jamies Unterlippe sanft zwischen seine. Seine Finger vergruben sich tiefer in ihrem Haar, zogen sie an ihn, streiften ihre Kopfhaut, die empfindsam kribbelte. Sein Bart kratzte ihre zarte Haut, was ihr noch mehr eine Gänsehaut heraufbeschwor, welche ihren Rücken hinauf über ihren Nacken bis in ihre Haarwurzeln kroch. Unter einem seufzendem Stöhnen öffnete sich ihr Mund und Billy die Gunst der Stunde nutzte und mit der Zunge in ihren Mund eindrang und die ihre umspielte.
Der Kuss dauerte nur ein paar Sekunden, doch als Billy sich zurück zog war Jamie schwindelig und Billy atmete schwer.
"Das..." Billy atmete keuchend aus und fuhr sich durch die feuchten Haare. "...kriegt der andere Billy nicht hin."
Vielleich war es unpassend, doch Jamie lachte laut und atemlos auf. Bestimmt brachte der Sauerstoffmangel sie dazu die nächsten Worte zu sagen "Also soll ich jetzt einfach jedes Mal mit dir rummachen, um heraus zu finden, wer der wahre gute Junge ist?"
In ihrem Bauch flatterten die Schmetterlinge bei der Vorstellung. Auch Billy sah nicht minder begeistert aus. Noch immer war sie nicht überzeugt, dass alles nicht ein großes, fieses Spiel von ihm war. Sie schüttelte den Kopf um den Nebel zu vertreiben."Nein Billy".
Frustriert ließ Billy sich nach hinten fallen und warf seinen Kopf in die Kissen neben sie. Er starrte die Decke an.
"Dann einfacher.", murmelte er schlussendlich. Er drehte seinen Kopf um Jamie im Blick zu haben und sie wünschte, sie hätte wie er zuvor ebenfalls die Decke angestarrt und wäre jetzt nicht in einem Blickkontakt über den kleinen Raum zwischen ihnen auf dem Bett gefangen.
"Glaub mir einfach, wenn ich sage, dass Dinge die ich sage oder tue nicht unbedingt meiner Meinung oder Wahrheit entsprechen. Sei auf der Hut wenn du mich triffst und vertraue mir nicht blind. Niemals..." Er runzelte die Stirn, rümpfte die Nase. "Aber nimm mir auch nichts übel und geh mir nicht aus dem Weg?", ruderte er wieder drei Schritte zurück, dass sie beinahe in der realen Welt mit ihrer Argumentation angekommen waren. Irrwitziger Weise fiel es Jamie dabei leichter, sein wahnsinniges Verhalten und seine Bitte etwas besser zu akzeptieren.
Außerdem hatte sie weniger dem Inhalt der Worte und mehr seinem Ausdruck zugehört. In seinem Versuch die richtigen Worte zu finden, so hatte Jamie bemerkt, klang er merkwürdig hochgestochen und wortgewand. Sie konnte sich nicht erinnern, dass er sich sonst so gewählt ausgedrückt hätte. Andererseits hatte sie sich auch noch nie überdurchschnittlich lange mit ihm unterhalten. Eigentlich hatte sie vor heute noch nie mehr als drei Sätze am Stück mit ihm gesprochen. Trotzdem lag er jetzt neben ihr und schien in den tiefen ihrer Seele nach Antworten zu suchen. Sie schluckte trocken. Er war intelligent. Das gefiel ihr.
"Du verlangst also von mir dass ich mich einfach hinlegen und alles schlucken soll, was von dir in meine Richtung kommt?"
Er versuchte eindeutig ein Grinsen zu unterdrücken, was ihm jedoch misslang als Jamie die Bedeutung ihrer Worte selbst erfasst hatte und rot anlief.
"Das hast du jetzt gesagt."
"Japp. Der geht auf mich."
Sie seufzte tief und schloss die Augen. Wieso nur, kam alles was sie sagte einfach immer falsch raus. Sie hatte eindeutig ein Talent dafür. Wie oft hatte sie in den letzten Stunden dank verdrehter Wortwahl die Fettnäpfchen gefunden? Sie dachte über die letzten Stunden nach und kam zu keinem Ergebnis. Sie würde alles nochmal durchdenken müssen. Aber nicht jetzt - dafür war sie zu müde. Sie rieb ihren Kopf, der noch immer mit leichten Kopfschmerzen dröhnte. Billy beobachtete sie.
Dabei ging von Billy eine Wärme aus, die sich angenehm um sie legte und sie schläfrig machte. Dort wo er lag, gab die Matratze unter ihm nach, sodass sie ein wenig in seine Richtung rutschte.
Ihr schwirrte noch immer der Kopf unter den ganzen neuen Informationen von denen sie im großen und ganzen gefühlt nichts für bare Münze nehmen konnte. Sie sollte ihn einfach komplett wieder aus ihrem Leben streichen. Am besten jetzt gleich...
"Ich muss dich noch rausschmeißen!", murmelte sie, gähnte erneut und versuchte träge eines ihrer Augen zu öffnen und zu Billy zu schielen. Er lag noch immer wach neben ihr und beobachtete sie mit einem unergründlichen Blick, der ihr eine Gänsehaut verursachte. Sie schüttelte sich leicht woraufhin er sich erhob , um den Überwurf am Ende des Bettes über sie beide zu legen.
"Ich geh in 5 Minuten und mache alle Türen zu, versprochen.", flüsterte er. „Jetzt schlaf"
Jamie versuchte das für und wider seiner Aussage zu erwägen, vergaß aber bereits währenddessen, worüber sie überhaupt nachdenken wollte, so erschöpft war sie. Und er war warm. Roch gut. Strahlte Ruhe aus und öffnete fragend seine Arme, dass sie sich an ihn kuscheln könne.
"Okay.", nuschelte sie "Ausnahmsweise und nur so lange du dich benimmst!", dann und kuschelte sich an ihn. Sein Duft hüllte sie ein und wirkte wie ein Schlafmittel auf Jamie, er roch nach seinem Aftershave und Zahnpasta...wonach er auch geschmeckt hatte. Er hatte sich doch mit ihrer Zahnbürste die Zähne geputzt! Sie schlug ihm mit ihrer Hand auf seine breite Brust, wobei der Schlag unter ihrer Müdigkeit an Kraft verlor. Stattdessen blieb ihre Hand ruhig auf seinem Herzen liegen, dass kräftig unter ihren Finger schlug.
Billys tiefe Stimme murmelte „Ich glaube das wird mein neues Lieblingswort.", dann war es still im Zimmer und Billys gleichmäßiger Atem lullte Jamie endgültig in einen Schlaf, wie sie ihn seit Tagen nicht mehr gehabt hatte und wo sich im die einzelnen Teile zu einem Ganzen zusammensetzten.
Mit einem Flair fürs (wie Jamie fand unnötige) dramatische hatte Billy ihr sagen wollen, dass er in ihrer Gegenwart nicht er selbst war. Das zwei von ihm IN IHM schlummerten. Wie bei Dr. Jackyll und Mr. Hyde. Damit würde sie fertig werden. Außerdem: war das nicht irgendwie bei jedem so?
Was sie wirklich beschäftige war mehr die Frage, welcher der beiden Männer die ihr den Kopf verdrehten denn nun wirklich der wahre Billy waren. Das schlimme war, es war ihr eigentlich egal. Sie konnte beiden etwas abgewinnen. Eine Sache wurde ihr klar, bevor ihr die letzten Gedanken des Abends entglitten und sie erneut wirr zu Träumen begann. Der Grund, warum sie Billy zuvor nicht vorzeitig rausgeworfen hatte war so einfach, wie auch erschreckend: Trotz all seinen Fehlern, seiner wirschen Art, seinen beleidigenden Sprüchen und frauenfeindlichen Ansichten fühlte sich bei ihm so wohl, als sei er auch ihr zu Hause.
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