Time to Wonder
A/N: Ihr Lieben. Wie ihr wisst, ist die Geschichte aktuell in Überarbeitung. Außerdem arbeite ich an einer Version, die etwas aus dem "Stranger Things" Universum heraus gehoben werden soll. Ähnlicher Plot (zumindest am Anfang) aber anderes Ende. Dieses Kapitel habe ich in 2 Ausführungen. Einmal in der Original Geschichte und einmal als überarbeitete Version.
Gerne möchte ich euch die Chance geben, beide Versionen zu lesen. Vielleicht kann mir ja der eine oder andere auch helfen und sagen, welche Version euch besser gefällt? In jedem Fall werde ich im Text eine Stelle mit Sternchen (*) markieren. Der darauffolgende Text ist die Originalversion. Am Ende das Kapitels erstelle ich noch einen Sternenbanner machen und euch die Alternativversion hochladen. Viel Spaß damit!
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Selten war sie so im Zwiespalt gewesen. Sie wollte es - dass er sie berührte, dass er sie küsste. Doch sie wusste, dass es sämtlicher Logik widersprach, dass sie noch immer so fühlte... Das sie sich mit ihrem Körper geradezu danach sehnte, dass er einfach die Klappe hielt, sie über den Couchtisch legte und über sie mit der Leidenschaft herfiel, die sie in seinem Blick lesen konnte.
Huch!
Die grobe, plastische Intensität ihrer Fantasie erschreckte sie genug, dass sie sich gerader hinsetzte und die auf seiner Brust platzierten Hände nun für ihren eigentlichen Sinn nutzte, um sich abzustützen, wieder auf die Beine zu kommen und ihren Platz aus sicherer Entfernung vom Fußboden aus erneut einzunehmen. Mit dem Abstand, wurde es besser und sie schüttelte unmerklich den Kopf über ihren kleinen Anflug von Wildheit.
„Okay... gut.", murmelte sie und hoffte, dass man ihr ihre Gedanken von eben nicht vom Gesicht ablesen konnte.
Auch Billy schien etwas neben sich zu stehen und erräusperte sich, ehe er ganz automatisiert seine Zigarettenschachtel hervor holte und sich im Sessel neu justierte.
"Verdammt, die sind alle!"
Jamie schnaubte. "Du rauchst ja auch wie ein Schlot."
Er grummelte, "Eigentlich nicht..." und klopfte weiter an seiner Kleidung rum. Er schien auf einen geheimem Vorrat an Zigaretten in den unzähligen Taschen seiner Jacke, Hose oder seines Hemdes zu hoffen.
„So eng wie deine Kleidung sitzt, kann ich dir auch so sagen, dass da keine Zigaretten-Geheimvorräte mehr sind...", murmelte sie und wurde rot, als Billy sie mit einem merkwürdigen Ausdruck ansah.
Während Billy den Satz so in der Luft hängen gelassen hatte, erinnerte sich Jamie an das Gespräch von zuvor, wie verschiedene Menschen mit Stress umzugehen wusste. Sie mit trinken wie es schien (eine doofe, doofe Eigenschaft!), er mit Rauchen, manche mit Sex...
Gefährliches Gebiet zum Nachdenken. Insbesondere, nachdem Jamie bewusst wurde, dass Billy wohl, wenn er rauchen als Mittel gegen Stress und Nervosität nutzte, in ihrer in ihrer Gegenwart wohl nervös war (-falls er wirklich mehr rauchte als normal.)
Süß!
Gott, jetzt fand sie es schon niedlich das er rauchte. Sie befand sich in einer gefährlich schnell abwärtssausenden Spirale. Außerdem war es jetzt schon eine ganze Weile ruhig, es war an der Zeit, dass sie etwas sagte.
„Also bist du jetzt gerade nervös.", schlussfolgerte sie um die Stille zu durchbrechen, bevor er etwas wie Ach haben wir einen Blick riskiert oder so sagen konnte.
„Verdammt, lass das McNeill!", schnauzte er. „Ich mag das nicht, wenn du das machst."
„Was denn?"
„Meine...", Billy schaute von seiner Suche nach Tabak auf, nachdem er geradezu erleichtert den halben restlichen Stängel, welchen sie zuvor ausgedrückt in die mittlerweile mit Asche übersäte Chipsschale gefunden hatte, wieder zwischen die Lippen steckte. "Gedanken lesen und mir das Offensichtliche aufzeigen, McNeill." Er ließ die Flamme des Feuerzeugs zwischen seinen Händen und der Zigarette aufleuchten.
"Warum?", bohrte Jamie weiter. Sie war überrascht, dass er ihr ziemlich schnell und direkt antwortete. Ohne abzulenken. Ohne Pause. Ohne Hohn und Spott
"Weil du es irrsinniger Weise schaffst, mich verdammt nochmal nervös zu machen. Und mir dann Dinge rausrutschen die ich nicht hatte sagen wollen", blaffte er.
Wieder dieses dämliche Herzflattern. Hatte sie vielleicht doch einfach nur einen Herzfehler? Es wäre beinahe wünschenswert, doch Jamie befürchtete, dass es mehr mit dem Gefühl der Verbundenheit zu ihm zu tun hatte, dass sie in diesem Moment durchflutete, als mit einer medizinischen Tatsache. Sie war nicht krank. Nur auf dem besten Weg dahin, sich in jemanden zu verlieben, der ihr mit Sicherheit das Herz brechen würde. Mit jeder verstreichenden Minute wusste sie weniger, wie sie es noch aufhalten könnte.
"Warum?", bohrte Jamie weiter. Sie war überrascht, dass er ihr ziemlich schnell und direkt antwortete. Ohne abzulenken. Ohne Pause.
"Weil meine nächsten Worte klingen werden, als sei ich verrückt."
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"Erzähls mir trotzdem.", bat sie und legte ihre Hand vertraut auf sein nervös auf und ab wippendes Bein. Unter ihrer Berührung hielt er inne, sah sie an, nahm einen tiefen Zug an der Zigarette und begann mit angehaltener Luft zu erzählen.
"Hawkins ist nicht wie andere Städte."
Er sah sie fest an, dass sie das Gefühl hatte unter seinem Blick zu schrumpfen. Er schien auf irgend ein Zeichen des Verständnisses ihrerseits zu warten, also nickte sie, hatte aber eigentlich keine Ahnung was er meinte. Er ahmte sie nach und sprach weiter, während er den Rauch durch seine Nase hinausströmen ließ.
"Es fiel mir zum ersten Mal letztes Jahr auf. Max, ihre Freunde, die Anzahl der verschwindenden Personen in solch einer Kleinstadt...", er ließ den Satz in der Luft hängen als wüsste sie offensichtlich wovon er sprach und nahm einen weiteren tiefen Lungenzug seiner Zigarette ehe er leise fluchte, als er merkte, dass er damit seinen letzten Vorrat aufgebraucht hatte.
"Von allen Mädchen ausgerechnet eine Nicht-Raucherin....", murmelte er und zeigte seufzend auf sie.
"Jeder hat wohl so seine Fehler." murmelte sie und schaffte es damit sein ernstes Gesicht ein wenig aufzuhellen und ihn zum Weitersprechen zu bewegen.
"Ich hab mir gedacht, es wäre vielleicht ein typischer Kleinstadt-Serienmörder...", er zuckte mit den Achseln, als hätte er gesagt das Wetter im Sommer sei in der Regel gut und fuhr dann fort als wäre seine Argumentation sinnvoll und verständlich. "Bis sich vor ein paar Tagen mein Auto überschlug."
Jamie riss die Augen auf.
„Was?"
Ohne es zu bemerkten war sie wieder näher an ihn gerückt und drückte sich bei den Worten von ihrer Sitzposition vom Boden hoch um Billy genauer betrachten zu können. Er hatte seine Ellenbogen auf seinen Knien abgestützt und saß nach vorne gebeugt breitbeinig an der Kante des Sessels. Seine Körperhaltung war entspannt, sein Kopf hing beinahe erschöpft dazwischen und er fuhr sich mit beiden Händen in die Haare strich sie nach hinten. Wieder tauchte die verkrustete Schramme an seiner Stirn auf und auf einmal ergab so einiges mehr einen Sinn.
Jamie krabbelte auf den Knien stehend weiter nach vorne zwischen seine Beine. Sein Kopf schoss nach oben. Ihre Hände ausgestreckt vergrub sie die Finger ihrer linken Hand ebenfalls in dem vollen Pony ihres Gegenübers und strich sie nach hinten, um ihn genauer betrachten zu können. Es war, als sähe sie ihn zum ersten Mal wirklich, ungeblendet und nicht abgelenkt von seiner Art, seiner Masche, seinen Sprüchen - seiner Maske. Er hatte sich eine üble Wunde zugezogen, doch noch während sie diese betrachtete wanderten ihre Augen weiter über sein Gesicht, seinen Hals, seine Arme. Er hatte mehr als nur eine Schramme im Gesicht. Zerkratzte Haut, schwarze Venen und unzählige Narben und blaue Flecken zeichneten seine Haut. Sie waren blass, doch es war Jamie unverständlich, wie sie die zuvor nicht hatte sehen können. Billys Gesicht war fahl, seine Hautfarbe unter der gebräunten Haut ungesund und kränklich.
„Oh."
Jamies Finger flatterten von Verletzung zu Verletzung, trauten sich nicht, sie zu berühren aus Angst ihm weh zu tun, während eine Welle von Emotionen über sie herein brach. Es waren nicht nur frische Narben die seinen Körper gezeichnet hatten. Viele waren verheilt, viele waren vergangen und zeigten nur noch silbern leuchtend die Schmerzen, die sie ihm einst gebracht haben mussten. In ihrem Hals bildete sich ein Kloß, ihr Herz flatterte schneller und schneller als ihre Blick auf dem seinen landete. Was war nur mit ihm passiert?
Während sie ihre Inspektion vorgenommen hatte, war Billy ruhig gewesen. Er hatte geschwiegen und ihr den Moment gegeben, ihre Gedanken zu sortieren. Ein Blick in sein Gesicht verriet, wie viel Überwindung es ihn gekostet haben musste. Sein Kiefer war so dermaßen angespannt, dass seine Züge noch kantiger Aussahen. Sein Blick loderte, seine Pupillen waren geweitet. Er sah aus als würde er nicht lieber tun als aufzuspringen und zu fliehen. Sie wollte ihm irgendwie etwas von seinem Schmerz nehmen, wusste jedoch nicht wie.
Sie musste besonders vorsichtig sein, mit dem, was sie als nächste sagte, das wusste sie.
Zu doof nur, dass ihr jegliche Worte im Halse stecken zu bleiben schien. Außerdem zitterten ihre Hände. Sie schützte ihre linke Hand auf seinem Bein, kniete sie doch zwischen ihm und war mit ihm auf Augenhöhe. Als sein rechter Arm sie in ihrem Rücken sie streifte und das Kribbeln der Berührung ihr bis in Kopf ausstrahlte, weckte dies eine weitere Erinnerung, wie sie das erste Mal dem Gefühl ausgesetzt gewesen war.
„Oh. OH!"
Neue Energie durchflutete sie und sie stand auf und begann im Raum auf und ab zu gehen.
„Vor ein paar Tagen!", rief sie und schleuderte die Arme in die Luft. „Als du blutend vor meiner Haustür standest und dich an nichts erinnern konntest!", schlussfolgerte sie und sah ihn, suchte in einem Gesicht Bestätigung. Er nickte.
"Autounfall", hauchte sie und musterte ihn dann wieder. Ihr war gar nicht bewusst, wie sehr sie auf ein paar Antworten gepocht hatte, bis sie jetzt welche bekam und eine schwere Last ihr langsam von den Schultern genommen zu werden schien. Sie strahlte ihn an.
Wahrscheinlich nicht unbedingt die Reaktion, die jemand von sich geben sollte, wenn man gerade erfuhr, dass der Gegenüber in einem schlimmen Autounfall gewesen zu sein schien. Andererseits... wie schlimm konnte er schon gewesen sein, wenn er ihr nun hier gegenüber saß und in aller Seelenruhe davon erzählen konnte. Richtig?
Sie räusperte sich und versuchte ihren Gesichtsmuskeln zu befehlen, einen angemesseneren Ausdruck anzunehmen. Sowas wie höfliche Besorgnis oder so vielleicht. Es schien eine Grimasse zu werden, denn Billy Mundwinkel hob sie leicht.
"Ja, Autounfall. Kein Grund vor Freude im Dreieck zu springen. Ich bin noch hier."
Er dachte, sie würde sich freuen, dass er sich verletzt hatte. Wie wenig musste er von sich denken, wenn er direkt davon ausging, dass andere sich über sein Leid erfreuen würden?! Wobei... tat sie nicht gerade genau das? Sie horchte in sich hinein. Sie konnte es nicht zu 100 Prozent ausschließen. Was Billy anging so hatte sie (Wunder über Wunder), gemischte Gefühle.
Während sie so grübelte kamen ihr wider die dunklen Venen vor Augen und sie sah alarmiert auf.
"Du warst beim Arzt, richtig?"
Oh Gott, nicht, dass er in seinem verwirrten Zustand nicht beim Arzt gewesen war! Was, wenn es sich bei den schwarzen Venen um eine Vorstufe von irgend einer Art von Blutvergiftung handelte? Hatte sie ihn richtig versorgt? Sie hatte ja nicht einmal alle Wunden gesehen sie-
Er begann zu lachen. Laut und herzhaft und erschreckend zu lachen und riss Jamie damit aus ihren kreisenden Schuldgefühlen und Sorgen. Es sah aus, als würde er sich gar nicht wieder ein bekommen. Sie dachte sie hätte die Monopolstellung auf hysterische Anfälle diesen Abend. Billys Reaktion ließ anderes Vermuten.
"Arzt.", stieß er schließlich atemlos hervor und stützte sich mit seinen Händen auf seinen Knien auf und hievte sich aus dem Sessel, in dem er bis hier hin ruhig gesessen hatte. "Es ist fast schon niedlich, wie wenig du verstehst."
Okay, au?
Ruhig durchquerte Billy den Raum und legte seine Hände auf Jamies Schultern um sie am weiter auf und ab tigern zu hindern. Sie blieb stehen und sah fragend zu ihm auf.
"Nein Jamie, ich war nicht beim Arzt.", brachte er schließlich hervor und sah aus, als hätte er Schwierigkeiten die Worte zu sprechen ohne nicht wieder anzufangen zu lachen. "Ich war ein wenig zu sehr damit beschäftigt in die Tiefen eines Lagerhauses gezerrt zu werden und mir zu wünschen ich sei Tod."
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Alterntive-Version:
"Erzähle sie mir trotzdem.", bat sie und legte ihre Hand auf sein nervös auf und ab wippendes Bein. Unter ihrer Berührung hielt er inne, sah sie an, nahm einen tiefen Zug an der Zigarette „Hexe von Dowlings...", murmelte er. „Passt, sowie du mir ein Geständnis nach dem nächsten aus der Nase ziehst!"
Sie legte den Kopf schief. „Und das ist schlimm?"
„Das ist gefährlich", murmelte er kryptisch und mied ihren Blick.
„Für dich oder für mich?"
Er stieß die Luft aus. Billy schloss die Augen. Als er sie wieder öffnete glühten sie mit einer überraschenden Intensität.
„Für uns Beide!" Mit der Antwort hatte sie nicht gerechnet. Und er anscheinend auch nicht. „Huh, das hat geklappt?"
„Was?"
„Das. Ich konnte das sagen, ohne dass..." er ließ den Satz in der Luft hängen, doch sein Blick schien so viel mehr sagen zu wollen. Er öffnete den Mund, atmete jedoch nur schwer aus. Unter einer Reihe von gemurmelten Flüchen ließ er den Kopf nach vorne fallen und sah auf den Boden. „oder auch nicht..."
„Du machst keinen Sinn Billy."
Er drehte den Kopf über den Nacken, wobei er sich anspannte - je mehr Zeit verging, desto wütender wirkte er, machte ihr beinahe Angst. Er nahm einen weiteren tiefen Lungenzug seiner Zigarette, ehe er seufzend bemerkte, dass er damit seinen letzten Vorrat aufgebraucht hatte. „Nun, du auch nicht B. Von allen Mädchen ausgerechnet eine Nicht-Raucherin", grummelte er und zeigte auf sie. „Und jetzt ist mein Vorrat alle und ich kann dich nicht für mal um mehr anhauen."
„So sexy du mit deiner Zigarette auch aussiehst, besonders gut schmecken tut es nicht..." murmelte sie und schaffte es damit sein ernstes Gesicht ein wenig aufzuhellen und ihn zum Weitersprechen zu bewegen.
„Es zwingt dich keiner über mich herzufallen und mich zu schmecken Jamie!", stichelte er und sie hörte das Lachen in seiner Stimme.
„Hmpf."
„Wobei du meine Einverständniserklärung hättest, falls du dich das fragst.", er rutschte näher an sie. Sein Blick hielt sie gebannt. „Fragst du?"
„Halt die Klappe Billy."
Ein tiefes Glucksen entkam ihm, seine Stimmung schien wieder die alte zu sein. „Ach McNeill..."Er hatte seine Ellenbogen auf seinen Knien abgestützt und saß nach vorne gebeugt, breitbeinig an der Kante des Sessels. „Wieso haben wir nicht früher schon was zusammen gemacht. Du bist lustig."
„Und du Größtenwahnsinnig!"
Er grinste. „Siehst du. Zwar falsch, aber lustig!" Mit schief gelegtem Kopf sah er sie von Kopf bis Fuß an. „Und jetzt bist du dran: Wer bist du Jamie?"
„Wie bitte?!"
Er stupste sie mit der Außenseite seines Beines an. „Deine Pläne für die nähere Zukunft sind also Reisen?" Ohne es bemerkt zu haben, war sie wohl wieder näher an ihn gerückt. Er lächelte sie an.
„Von deinen Themenwechsel bekommt man ein Schleudertrauma."
Er zuckte nur die Schultern.
Sie seufzte. „Ja, ich habe vor zu Reisen. Was eigentlich ziemlich ironisch ist."
Stirnrunzeln. „Wieso?"
„Weil ich mein ganzes Leben schon von Ort zu Ort geschleift wurde.", gab sie zu „Meine Mutter und ich sind oft umgezogen. Immer auf der Suche nach einem neuen Job, einer neuen Stadt..." Billy schien ernsthaft zuzuhören und über ihre Worte nachzudenken, also erzählte sie zögernd weiter. „Eigentlich war ich immer auf der Suche nach einem Ort, den ich Zuhause nennen kann, eine Familie, die..."
Billy beobachtete sie. Sie schluckte. Das wurde jetzt zu persönlich. Sie machte eine wegwischende Handbewegung „Auf jeden Fall ist es lustig, dass ausgerechnet jetzt, wo ich an einem Ort angekommen zu sein schein, mein erster Instinkt die Flucht ist. Aber irgendwie..."
„...willst du hier weg."
Ja. Sie hatte das Gefühl nicht in Worte fassen können, doch das war es, was seit ein paar Tagen Zunehmens an ihr nagte. Sie wollte aus der Kleinstadt raus, zurück in das Großstadtleben. Sie fühlte sich einfach zu einengt, zu beobachtet.
Einen Moment sah er sie nur an, beinahe als sähe er ihr auf die Grundfesten ihrer Seele.
Dann, komplett unerwartet und mit Inbrunst sagte er: „Dann tu es."
Sie blinzelte irritiert. „Was?"
„Verwirkliche deinen Traum. Noch heute.", eine Unruhe erfasste ihn.
„Ich kann doch nicht einfach..."
„Klar kannst du."
„Aber meine Ma...",
„Schreib ihr einen Zettel. Sie wird's verstehen."
Jamie lachte auf. „Sie würde einen Suchtrupp nach mir schicken und mir dann Hausarrest verpassen, bis ich ins Altersheim gehen kann. Billy. Das ist verrückt! Das sind Träume. Hirngespinste. Nur Ideen. Ich habe nicht das Geld, kein Auto, keinen Plan wie..."
„Dann war das alles nur Gerede?", fragte er mit einer unerwarteten Schärfe.
Langsam wurde sie wütend. „Natürlich nicht, ich versteh nur nicht was..."
Billy schnaubte und fuhr sich mit beiden Händen in die Haare, strich sie nach hinten. Wieder tauchte die Schramme an seiner Stirn auf. „Jamie du...", fast verzweifelt suchte er nach Worten, doch Jamie war abgelenkt von seiner Verletzung.
Sie sah gereizt aus, die Ränder unsauber verheilt. „Ach du scheiße, warst du damit nicht mehr beim Arzt?"
Jamie krabbelte auf den Knien stehend weiter nach vorne zwischen seine Beine. Sein Kopf schoss bei der unerwarteten Nähe von ihr hoch, überrumpelt. Ihre Hände ausgestreckt vergrub sie die Finger ihrer linken Hand ebenfalls in dem vollen Pony ihres Gegenübers und strich ihn nach hinten, hielt sich an seinem Gesicht, seinen Haaren fest, um ihn genauer betrachten zu können.
„Lass den Quatsch Jamie, das ist bei weitem nicht meine erste Schramme, mit der ich zu tun habe!", wollte er sich entziehen, doch ihr Griff in seinen Haaren wurde fest.
„Aber die Erste, die ich verarztet habe. Und jetzt halt still und lass mich das angucken!", lachte sie über sein zappeln. „Bitte?"
Er versteifte sich und ein merkwürdiger Ausdruck kämpfte sich unter seiner grummeligen Maske an die Oberfläche, als er einlenkte und stillhielt. Das sah aus, als könnte es wehtun.
„Nicht bewegen!", forderte sie und machte sich schnell auf den Weg ins Badezimmer, wo sie mit der Erste-Hilfe Tasche zurückkam.
„Jamie...", fing er wieder an, doch sie warf ihm einen einzigen Blick zu und sein Protest verstummte. Vorsichtig kniete sie sich wieder zwischen seine Beine und begann mit einem in Alkohol getränktem Wattebausch die Stelle erneut zu reinigen. Billy holte scharf Luft und hielt sich an Jamies Seite fest. Beruhigend strich sie mit ihrer freien Hand über seine Wange. „Tut mir leid, tut mir leid!", sie nahm den Wattebausch weg und pustete die feuchte Haut trocken. Dann nahm sie zwei schmale Pflasterstreifen, legte sie quer über die Wunde, um sie weiter zu verschließen und am möglichen Aufplatzen zu hindern, ehe ein großes Pflaster die ganze Wunde am Ende verdeckte.
„So!", sie gab ihm einen aufmunternden Kuss auf die Stirn neben der Verletzung, „Alles wieder Heile!"
Billy unter ihr hatte sich komplett versteift und erst da fiel ihr auf, was sie da gerade getan hatte. Ihre Wangen wurden rot. „Tut mir leid, ich wollte dich nicht wie ein Kind behandeln." Sie wollte sich seinem Griff entwinden und abwenden, doch er hielt sie fest, einen sonderbaren Ausdruck in den Augen.
„Ich... Danke!" Er räusperte sich, seine Stimme belegt. „Danke."
„Keine Ursache.", Jamie musste schlucken. Sie wusste nicht genau, was sie getan hatte, dass die Atmosphäre sich so verändert hatte, doch das war sie. Feurig blickte Billy sie an und sie konnte seinen heißen Atem an ihren Lippen spüren. Ihr Herz hämmerte ihr Laut in den Ohren und als sie schon dabei war sich ihm entgegen zu lehnen, ließ er unerwartet sie los.
„Alles wieder gut Jamie. Du kannst deine Sachen wieder einpacken."
Jamie blinzelte. Einmal, zweimal. Als sie sich wieder im Griff hatte stolperte sie geradezu, als sie versuchte wieder auf ihre Beine zu kommen. Dann schmiss sie das Desinfektionsmittel zurück und stolperte über ihre Packung Antibiotheka.
Seine Wunde hatte übel ausgesehen. Gereizt. Hatte sie ihn richtig versorgt? Sie hatte ja nicht einmal alle Wunden gesehen sie- „Warst du damit beim Arzt?"
Er begann zu lachen. Laut und herzhaft und erschreckend kalt zu lachen und riss Jamie damit aus ihren kreisenden Schuldgefühlen und Sorgen. Es sah aus, als würde er sich gar nicht wieder einbekommen. Sie dachte sie hätte die Monopolstellung auf hysterische Anfälle diesen Abend. Billys Reaktion ließ anderes vermuten.
"Arzt.", stieß er schließlich atemlos hervor und stützte sich mit seinen Händen auf seinen Knien auf und hievte sich aus dem Sessel, in dem er bis hier hin ruhig gesessen hatte. "Es ist fast schon niedlich, wie wenig du verstehst."
Okay, au?
Ruhig stand Billy auf, durchquerte den Raum und legte seine Hände auf Jamies Schultern fast herablassend. Sie sah fragend zu ihm auf.
"Nein Jamie, ich war nicht beim Arzt.", brachte er schließlich hervor und sah aus, als hätte er Schwierigkeiten die Worte zu sprechen, ohne nicht wieder anzufangen zu lachen.
„Aber ich vegetiere auch nicht an einer Blutvergiftung vor mir hin, falls du dir deswegen Sorgen machst. Oder an irgendeiner anderen Krankheit.", er hob wissend eine Augenbraue, als könnte er in ihrem Kopf genau die Punkt ablesen, die sie sich zurechtgelegt hatte. „Ich weiß, dass du vor deinem Besuch bei mir beim Arzt warst-", sagte er.
„Woher..."
Er machte eine wegwischende Handbewegung. „Dir geht's gut, glaub mir."
„Als ob meine Sorgen so abwegig wären...", murmelte sie.
Er schnaubte. „Man, mach dich mal locker McNeill."
„Ich bin locker!"
„Du hast so tief einen Stock im Arsch, dass ich mit dir Puppentheater spielen könnte."
Sie schnappte empört nach Luft. „Billy...", knurrte sie zwischen besagten zusammengekniffenen Zähnen warnend. Er hob die Hände und hob einen Mundwinkel, als sie ihm in die Brust pikste. „Lass das!"
Schnell schnappte er ihre Hand an seiner Brust und hielt sie fest. „Und wenn ich nicht will? Und wenn es mir gefällt, wie sich deine Wangen rot färben und du auf mich losgehst?"
Ihr Gesicht bekam noch mehr Farbe und sie blähte die Wangen „Ist das der Grund, wieso du die ganze Zeit fast nichts anderes tust, als schmutzige Witze zu reißen? Alles Doppeldeutig zu formulieren?"
„Vielleicht hast du auch einfach nur eine schmutzige Fantasie?"
Sein Grinsen wurde breiter als sich ihre Wangen noch mehr verfärbten. Unerwartet sanft strich er mit seiner freien Hand über ihr brennendes Gesicht und aus seinem Grinsen wurde ein schiefes Lächeln. „Hmmm." Dann fanden seine Augen zu ihren und sein Ausdruck wurde wieder ernst. „Lauf mit mir davon McNeill.", flüsterte Billy unerwartet. Ihr Bullshit-Lügen-Radar musste in seiner Umgebung einen wirklichen Schaden erlitten haben, denn Jamie hätte schwören können, dass er es zu hundert Prozent ernst meinte.
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