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Jungkook
Neugierige Blicke und viel Getuschel ließen den schwarzhaarigen Jungen für einen Moment zweifeln. Hatte er sich wirklich richtig entschieden?
Konnte er sein Ziel wirklich an dieser Schule erreichen? Er wollte erneut leben, doch die Komplilationen, die damit in Verbundenheit standen, waren ihm zu dem Zeitpunkt seiner Entscheidung, gedanklich abhanden gekommen. Nervös ließ er seinen Blick durch seine neue Klasse schweifen und wurde für einen kurzen Moment sentimental.
Wie lange war es her, seitdem er zuletzt an einer Schule gewesen war?
Eine lange Zeit war seitdem vergangen, eine Zeit, die den Jungen erschaudern ließ. "Bitte setz dich doch auf den freien Platz am Fenster."
Unschlüssig folgte der junge Koreaner der Handgeste seiner neuen Lehrerin mit seinem Blick und erblickte in der vorletzten Reihe den genannten freien Platz. Still machte er sich auf den Weg durch die Klasse, geradewegs auf seinen neuen Platz zu.
Die Mädchen drehten sich zu ihm um, doch stöhrte ihn das nicht. Es schmeichelte ihm. Doch spürte er einen anderen, intensiveren Blick auf sich ruhen und hob seinen Blick. Er hatte den Blick seiner neuen Klassenkamaradin mehr als nur deutlich auf sich spüren können und blickte ihr für einen kurzen Moment in die Augen. Sie hatte helles Haar und weiche Gesichtszüge. Ihr Blick war intensiv, doch unschuldig zugleich. Er sah in ihren Augen, dass sie ein gutes Herz hatte.
Ein leichtes Lächeln umspielte seine Lippen, als er sich auf dem Platz vor ihr nieder ließ und das Bedürfnis verspürte, mit ihr zu sprechen. Sie hatte etwas an sich, wodurch er unbedingt mit ihr sprechen wollte- was es genau war, wusste er nicht.
Doch war ihm klar, dass dies eine unangenehme Unruhe bedeuten würde- sowohl für ihn, als auch für sie. So entschied er sich vorerst sein Schweigen beizubehalten.
(...)
Erschöpft lehnte Jungkook sich auf seinem knarrenden Stuhl zurück. Der Input der vergangenen Stunden hatte seinen Kopf vollkommen überlastet. Der Privatunterricht im Krankenhaus war definitv weniger aufwendig gewesen- und denoch erfolgreich. Den Schulstress hatte er nicht vermisst und mittlerweile verstand er auch nicht mehr, wieso die Lehrer soviel Stress auf ihre Schüler ausübten. Ohne ging es schließlich auch, er selbst war immerhin der lebende Beweis dafür. Plötzlich spürte Jungkook eine leichte Vibration in seiner Hosentasche und blickte auf sein Handy. Seine Eomma hatte ihm eine besorgte Nachricht geschrieben und er war ziemlich überrascht, dass es die erste am heutigen Tag war. Eigentlich hatte er um diese Uhrzeit bereits mit fünf Nachrichten gerechnet.
Eomma:
,,Jungkook-ah, geht es dir gut? Fühlst du dich schlecht? Möchtest du es dir nicht doch lieber noch einmal überlegen?"
Schnell tippte er eine passende Antwort in sein Handy und verstaute dieses gleich daraufhin in seiner Tasche. Es tat ihm jedes Mal aufs Neue Leid, dass er seiner Eomma so viele Sorgen bereitete, doch ab einem bestimmten Zeitpunkt hatte er eingesehen, dass er für sich leben musste. Auch wenn seine Eomma mit der Angst zu kämpfen hatte, dass er jeden Moment zusammenbrechen konnte oder weitaus schlimmeres passieren konnte.
"Jungkook-ah?" Der junge Koreaner hob überrascht seinen Blick und sah in das leicht errötete Gesicht seiner Klassenkameradin. Choa hieß sie, dass hatte er sich gemerkt. Sie war die Klassensprecherin seiner neuen Klasse. "Möchtest du vielleicht nach der Schule etwas mit der Klasse und mir unternehmen? Jeden Mittwoch gehen einige von uns in ein Cafe, welches nicht weit von unserer Schule entfernt ist. Es würde dir bestimmt helfen, uns besser kennenzulernen", erklärte ihm das verlegene Mädchen, während sie vor Nervosität begonnen hatte, unauffällig mit ihren Fingern zu spielen.
"N-", er hielt inne. Er kam mit seiner Planung vollkommen durcheinander, jetzt wo der erste Schultag für ihn nicht der übliche Montag, sondern der Mittwoch geworden war. Er wollte mit ihnen gehen, doch konnte er heute nicht. Er musste heute zur Untersuchung und diese durfte er beim besten Willen nicht ausfallen lassen. Es war die einzige Bedingung und diese war unüberwindbar.
Es tat ihm leid, dass er Choa belügen musste, da sie so nett schien und es sie sicherlich eine Menge Überwindung gekostet hatte, mit ihm zu sprechen. Doch wollte er nicht, dass sie oder sonst jemand die Wahrheit über ihn erfuhr.
"Mianhaeyo. Ich muss heute passen. Ich muss mich erst einmal durch den Schulstoff graben, weil es sich vollkommen von dem unterscheidet, was ich bisher gelernt habe."
"Wenn du möchtest, können wir dir helfen. Wir wissen immerhin am besten, wie man sich durch den grauenhaften Schulstoff schlägt", antwortete sie lächelnd, was die Sache für Jungkook noch schwieriger machte. Er wusste, wie enttäuscht sie sein würde, wenn er seine nächsten Worte aussprechen würde. Kurz hielt er inne und wandte seinen Blick ab, um mit dem schuldbewusstem Gefühl in seiner Brust zurechtzukommen.
"Mianhaeyo, aber ich würde das gerne erst einmal alleine machen", antwortete er ihr schweren Herzens und sah reumütig dabei zu, wie sie enttäuscht ihren Blick senkte.
"Verstehe... Sag Bescheid, wenn du bei etwas Hilfe brauchst", dankbar lächelte Jungkook seine Klassensprecherin an, deren Blick sich plötzlich erneut veränderte und sie vor Scham errötete, sich gleich daraufhin von dem verwunderten Jungen verabschiedete und die Klasse verließ.
(...)
Unschlüssig blickte der Schwarzhaarige zwischen dem Spalt der Treppen hinauf, war sich nicht sicher, ob er wirklich schon am ersten Tag seinen Körper testen sollte. Konnte er diese Art von Belastung aushalten? Tief atmete er drei Mal ein und aus, entschied sich dann für den Aufstieg hinauf zum Dach. Drei Stockwerke würden vor ihm liegen. Drei Stockwerke mit viel zu vielen Treppen, die es zu erklimmen galt. Die ersten Treppen schienen kein Problem zu sein, doch überschätzte er sich, als er im nächsten Moment energisch die letzten 5 Treppen zum 1. Stockwerk hoch lief. Er bereute diese Leichtsinnigkeit, als er den stark schmerzenden Herzschlag wahrnahm, der ihn für einen Moment die Luft raubte. Weit rissen sich seine Augen auf, als er schnappartig und schwer atmete und seine flache Hand gegen seine Brust drückte. Doch so schnell wie dieser kurze Anfall gekommen war, verebbte er im nächsten Moment wieder.
"Ist alles in Ordnung?", erschrocken zuckte Jungkook zusammen, als er die besorgten Blicke seiner Mitschüler sah und vollkommen vergessen hatte, wo er sich befand. Im Krankenhaus waren diese Art von Anfälle normal gewesen, doch hier entsprachen sie alles andere als der durchschnittlichen Normalität.
"Nae. Ich hatte nur vollkommen vergessen, wie viele Treppen so eine Schule hat. Da kann man sich den Sportunterricht schon beinahe sparen", antwortete er möglichst locker und versuchte seine Schwäche mit einem Witz zu verbergen. Anscheinend wirkte es, da seine Mitschüler ihm lachend zustimmten und ihren eigenen Tätigkeiten erneut nach gingen. Die Mädchen nahmen wieder ihre Gespräche auf, während die Jungen die Mädchen unauffällig beäugten. Langsam und mit Bedacht machte Jungkook sich wieder auf den Weg, sein Ziel zu verfolgen. Mit jeder Treppe fiel es ihm schwieriger normal zu atmen, außerdem spürte er, wie sein unregelmäßig schlagendes Herz gegen den Stoff seinen Oberteiles pulsierte. Kurz bevor er an der Tür zum Dach angekommen war, war er gezwungen noch einmal inne zu halten und seinen Herzschlag wieder zu normalisieren, anderenfalls würde er vor Luftnot zusammenbrechen und dann würde er sich nicht länger gegen den Willen seiner Eomma wehren könne- er müsste zurück ins Krankenhaus.
Grelles Licht schien dem erschöpften Jungen entgegen, als er die Tür zum Dach nach wenigen Augenblicken öffnete. Er war gezwungen für einen Moment seine Augen zu schließen, doch erblickte er im nächsten Moment eine wunderschöne Aussicht über die Dächer von Daegus Häusern. Doch war dies nicht das einzige, was er erblickte. In Mitten des großen Schuldaches, auf welchem sich sogar einige Zäune befanden, saß ein Mädchen. Erschrocken zuckte sie zusammen, als das laute Geräusch der zugefallenen Tür ertönte und auch Jungkook für einen Moment zusammen gezuckt war. Ihr Blick war bleich geworden, als sie sich ruckartig umgedreht hatte und Jungkook erschrocken ansah, dieser gleich von Schuldgefühlen geplagt wurde.
"Mianhaeyo, ich wollte dich nicht erschrecken", sprach er voller Reumütigkeit und blieb unbeholfen am selben Ort und der selben Stelle stehen. Würde es ihr etwas ausmachen, wenn er hier oben bleiben würde?
"A-aniyo. Kein Problem", antwortete Hyemi ihm verlegen und wandte ihren Blick wieder von ihm ab, um hinauf in den Himmel zu sehen. Hyemi...sie hatte einen wirklich schönen Name. "Du kannst dich ruhig zu mir setzten, wenn du möchtest", ertönte die ruhige und sanfte Stimme der Koreanerin. Mit einem etwas mulmigem Gefühl in seiner Magenregion, machte er sich auf den Weg zu ihr und ließ sich neben ihr nieder. Stille lag zwischen ihnen, doch empfand es keiner von ihnen als unangenehm. Es hatte etwas entspannendes, den Ausblick zu genießen und dem pfeifenden Wind zu lauschen, der auf dem Dach viel stärker wehte, als am Boden.
"Irgentetwas seltsames liegt in der Luft", sprach Hyemi plötzlich und unterbrach die Stille, als sie besorgt den Himmel musterte, der von einzelnen Schafswolken bedeckt war.
"Ein Gewitter zieht auf."
Ungewollt riss Jungkook seine Augen ein wenig auf, als das gleichaltrige Mädchen ihren Kopf zu ihm drehte und diesen verträumt auf ihren angewinkelten Knien legte. Schweigend sahen sie sich für eine ungewöhnlich lange Zeit in die Augen- keiner von ihnen wollte den Blick abwenden. Für einen kurzen Augenblick zog sich Jungkooks Herz zusammen- doch empfand er für diesen kurzen Augenblick keinerlei Schmerz. Hyemi strahlte eine solche Ruhe auf ihn aus, dass diese wie Wellen der Heilung auf den gebranntmarkten Jungen überschwangen.
Das war das Gefühl was er spüren wollte.
Das war es, wofür er zu Leben gekämpft hatte.
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