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Hyemi
T
röstend lächelte ich die schwarzhaarige Frau an und reichte ihr ein Taschentuch. Ihre Augenränder waren rot angelaufen und geschwollen. Ihre Augen an sich waren so dunkel, wie die ihres Sohnes und wirkten vertrauter auf mich, als ich es für möglich gehalten hatte. Leicht hoben sich ihre Mundwinkel, ehe ihre zerbrechliche und zugleich sanfte Stimme erklang.
"Ich danke dir Hyemi-ah."
Schweigend nickte ich und stellte die Blumenvase mit den schönen weißen Blumen auf den kalten Boden. Das Bild, welches die ältere Dame im Apsan Park geschossen hatte, zierte die Vase.
"Er freut sich sicherlich, dass du jeden Tag nach ihm siehst und die Blumen für ihn wechselst, wenn ich nicht eher hier bin", sprach Jungkooks Mutter sanft und schaute mir erneut verloren in die Augen. Es musste die Hölle für eine Mutter sein, wenn ihr Kind so leiden musste, wie Jungkook es getan hatte.
"Oh, ist es bereits so spät? Ich hatte garnicht auf die Uhr geschaut."
Langsam erhob sich Jungkooks Mutter und verbeugte sich vor mir, was ich ebenso tat. Ich reichte ihr ihren Mantel, denn war sie eine wirklich augelöste Frau, die oft Dinge vergaß oder sich selbst verletzte. Doch konnte man es ihr unter diesen Umständen nicht verübeln. Die Liebe einer Mutter für ihr Kind ging nunmal oft weit über ihr eigenes Leben hinaus.
"Ich danke dir Hyemi-ah. Bis Morgen."
"Nae, bis Morgen."
Eine Weile sah ich die Tür an, die Jungkooks Mutter so eben verlassen hatte und dachte daran, wie sehr ihr Anblick in meinem Herzen schmerzte. Doch weckte das Piepen meine Aufmerksamkeit, als es still im Raum geworden war. Ich schloss meine Augen und lauschte dem Geräusch von Jungkooks Herzschlägen, ein Geräusch, welches beinahe erloschen wäre.
Tränen füllten meine Augen, als ich an den Tag zurück dachte, an dem er im Flur plötzlich zusammengebrochen war. Seine Ärztin hatte mir gesagt, dass sein Herzinfarkt durch Kammerflimmern ausgelöst wurde und dieses....wurde durch mich ausgelöst. Ich hatte zuerst nicht verstanden, wie es möglich war, dass seine Herzwerte gebessert waren, er dennoch einen Herzinfarkt bekommen hatte. Seine Ärztin hatte es mir so erklärt, dass Kammerflimmern etwas unvorhersehbares war, dass gerade bei herzkranken Patienten schnell und plötzlich eintreten konnte.
Jungkooks Emotionen waren so stark gewesen, dass es dadurch verursacht wurde. Seine Ärztin hatte es zwar nicht genau gesagt, doch wusste ich, dass ich der Grund für die plötzliche Konfrontation mit zu starken Emotionen war. Ich war Schuld, dass er hier auf der Intensivstation lag und nicht zu Hause bei seiner Mutter war. Und ich war schuld daran, dass seine Mutter jeden Tag weinte.
Schuldbewusst sah ich Jungkook an, der momentan an so vielen Maschinen hing, dass er beinahe nicht mehr menschlich wirkte. Er wirkte eher wie ein Maschine.
Nach seinem Herzinfarkt und dem wieder eintreten seines Herzschlages, hatte seine Ärztin ihn unter strenger Beobachtung ins künstliche Koma versetzt, da sie glaubte, dass sein Herz nicht vollfunktionsfähig war. Eine Woche lang lag er im künstlichen Koma und sollte eigentlich im Laufe des heutigen Tages wieder aufwachen...Doch hatte er sich noch immer nicht geregt.
Sanft umschloss ich seine warme Hand und legte mein Kopf auf diese. Seine Wärme war angenehm und beruhigte mein Gemüt, da die Amgst in mir noch immer groß war. Ich hatte Angst ihn anzufassen und die Kälte zu spüren, die von seinem Körper ausging, als er für wenige Minuten nicht mehr auf dieser Erde geweilt hatte.
"Mianhaeyo Jungkook-ah... Das ist alles meine Schuld", hauchte ich und wischte die Träne von seiner Hand fort, die sich aus meinem Auge geschlichen hatte. Ich war Schuld daran , dass er hier war, dass es ihm so ging.
(...)
Mit einem Mal zuckte mein Körper zusammen, als mich das laute Klingeln meines Handys aus meinem tiefen Schlaf riss. Meine Augenlider waren schwer, sodass ich meine Augen kaum aufbekam, doch lag dies hauptsächlich an den vielen vergossenen Tränen.
"Yeoboseyo?", murmelte ich in den Hörer hinein und fuhr mit meinem Finger verträumt, in kreisenden Bewegungen über Jungkooks warmen Handrücken.
"Hyemi-ah, wann bist du bei mir? Ich habe für uns gekocht", sprach Taehyung in den Hörer rein, während im Hintergrund etwas laut raschelte. Plötzlich war das rascheln verstummt und nur ein lautes Scheppern war im Hintergrund zu hören. Hatte er etwa wieder...?
"Hyemi-ah, könntest du vielleicht was mitbringen?" Laut lachte ich in den Hörer rein und bejahte seine quengelige Frage, da ich mir schon sehr gut vorstellen konnte, was passiert war. Taehyung war einfach nicht Multitasking fähig.
"Ich bin in einer halben Stunde da", informierte ich ihn noch schnell, nachdem ich auf die Uhr gesehen hatte und deren Zeiger bereits 19.56 Uhr anzeigten. Ich hatte schon wieder vier Stunden an Jungkooks Seite geschlafen. Es entwickelte sich solangsam wirklich zu einer Angewohnheit.
"In Ordnung. Bis gleich"
Nachdem ich aufgelegt hatte, rappelte ich mich schwerfällig auf. Jungkook schlief noch immer tief und fest, was mich solangsam beunruhigte. Noch immer war er nicht erwacht, obwohl er doch heute wach werden sollte. Wie lange würde es noch dauern?
"Mianhaeyo Jungkook-ah, ich muss wieder zu Taehyung. Morgen nach der Schule, bin ich wieder bei dir", sprach ich und küsste seine Wange sanft, ehe ich mich auf den Weg hinaus aus der Klinik machte.
Das Wetter schien bis vorhin noch gut zu sein, doch schüttete es momentan aus allen Eimern. Ich war jedoch eine der wenigen Personen, die damit kein Problem hatte. Der Regen hatte eine Wirkung auf mich, die manchmal beinahe spirituell wirkten. Dennoch war ich froh, als ich endlich im trockenen war. Schnell besorgte ich noch das Abendessen für Taehyung und mich, ehe ich mich endgültig auf den Weg zu seiner Wohnung machte.
Mühsam kramte ich den Schlüssel aus meiner Jackentasche, als ich seine Wohnung erreichg hatte und schloss die Tür auf. Sofort stieg mir der Geruch von verbranntem Essen in die Nase. Ich zögerte einen Moment, da ich mich erst einmal auf das Scenario vorbereiten musste, es konnte mich nämlich nur das Chaos erwarten. Und so war es auch.
Der ganze Topf mit Japchae war umgekippt und lag teils auf dem Boden der Küche und teils noch auf der scheinbar heißen Herdplatte. Das erklärte auch den verbrannten Geruch.
"Hyemi-ah!"
Kopfschüttelnd sah ich Taehyung an, dessen Kleidung vollkommen versifft vom Essen war. Er erinnerte mich wirklich an einen dreijährigen, der noch mit seinem Essen spielte.
Ohne ein Wort zu sagen, schob ich ihn in Richtung Badezimmer und kramte ein Handtuch aus dem Badezimmerschrank, welches ich ihm sofort zuwarf.
"Geh duschen. Ich räume solange auf."
"Aber-"
"Kim Taehyung, ich räume auf." Mein Ton war sowohl warnend, als auch tadelnd, weshalb Taehyung bloß seufzte und nickte. Er wusste, dass er gegen diesen Tonfall nicht ankam. Außerdem war ich im putzen schneller ohne ihn, als mit ihm.
(...)
"Guten Appetit!"
Erleichtert schaufelte sich Taehyung das Fastfood in den Mund, was ich nur grinsend beobachten konnte. Er musste wirklich großen Hunger gehabt haben.
"Warst du wieder bei Jungkook?", fragte Taehyung zwischen zwei Happen und sah mir neugierig in meine Augen.
"Nae. Er sollte eigentlich heute aufwachen..." Verstehend sah Taehyung mich an, ehe sich ein sanftes Lächeln um seine Lippen legte.
"Verstehe... Mach dir nicht so große Gedanken um ihn. Er kann ein ziemlicher Dickkopf sein, wenn er etwas unbedingt möchte", sprach Taehyung beruhigend und grinste vor sich hin.
"Irgendwie erinnert mich das an dich."
"Wieso?", fragte ich ungläubig, da ich eigentlich öfter nach gab, als mich wirklich durchzusetzten.
"Du wolltest nicht mit deinen Eltern fort und wie wir beide sehen, bist du noch immer hier. Deine Überredungskünste sind wirklich unglaublich Hyemi-ah."
Grinsend sah ich in Taehyungs anerkennendes Gesicht und musste an die Diskusion denken, die ich mit meinem Vater geführt hatte, um hier bleiben zu können. Ich war nach dieser zwar total fertig gewesen, doch waren meine Argumente so gut gewesen, dass ich hier bleiben durfte.
Doch hatte ich es vorallem meiner Mutter zu verdanken, dass ich hier bleiben durfte. Irgendwie hatte sie von Jungkook erfahren und eines mit dem anderen verknüpft. Durch ihr gutes Wort, welches sie bei meinem Vater eingelegt hatte, hatte er sich am Ende doch dazu breit schlagen lassen, mir eine kleinere Wohnung hier in Daegu zu kaufen. Weit von der Wohnung von Taehyungs Eltern war sie nicht entfernt und vorallem war sie wirklich süß. Ich hatte alles was ich brauchte und da die Wohnubg kleiner war, war es für mich nun nicht mehr so schlimm, allein zu sein.
"Hast du denn schon mit meinen Eltern heute gesprochen?", fragte ich Taehyung, welcher nickte.
"Nae. Ich muss die Bedingungen deiner Mutter immerhin erfüllen", lachte er und musste wohl daran denken, dass er wirklich wie ein Babysitter für mich war. Wobei er in seiner Aufgabe kläglich versagte, wenn man an das Chaos hier dachte. Im Endeffekt war ich nämlich diejenige, die auf ihn aufpasste.
"Das Geld fürs Essen bekommst du Morgen zurück." Auffällig verdrehte ich meine Augen und räumte Taehyungs und meinen leeren Teller in die Spüle. Natürlich würde ich das Geld zurück bekommen. In dieser Beziehung war Taehyung nämlich wirklich wie ein Vater.
"Ich nehme dann auch an, dass du mich Morgen wieder abholst?" Ein spöttisches Lächeln entkam Taehyung.
"Wer wäre ich, wenn ich es nicht machen würde."
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