Kleiner Idiot. Kleiner Idiot. Kleiner Idiot.

Immer und immer wieder wiederholten sich diese Wörter in meinem Kopf.

Kleiner Idiot.

Früher hatte er es anders gesagt.

"Mein kleiner Idiot.", grinste er mich an. Er durchwuschelte meine Haare und drückte mir einen Kuss auf die Stirn.

Eine Träne fand den Weg über meine Wange nach unten. Schnell wischte ich sie weg und sah auf den Tischplatte vor mir.

Mein Blick schweifte durch den Saal, in dem wir gerade von diesem Professor da unten zugequatscht wurden.

Dem Typen hörte ich nicht mehr zu. Meine Gedanken spielten einfach verrückt, zu verrückt.

Und wegen wem? Wegen Park Chanyeol, dreiundzwanzig Jahre, geboren i-

Oh Gott, Byun Baekhyun. Krieg' dich ein.

Du bist so lächerlich. Lauf aus dem Saal. Geh' auf irgendeine verdammte Brücke und spring runter.

Ich schlug mir gegen den Kopf und blinzelte.

[...]

Sauer auf mich selbst lag ich auf meinem Bett.

Ich hatte mich heute nicht getraut, Chanyeol darauf anzusprechen.

Ich schnappte mir ein Kissen und drehte mich auf die Seite.

Das war doch egoistisch. Er war glücklich. Also könnte ich mich einfach verpissen, warum also muss ich dann mit ihm darüber reden?

Ja natürlich, weil ich ein beschissenes Bauchgefühl hatte und ihn wieder sehen wollte.

Super, Baekhyun.

Ein Seufzer entfuhr mir.

"Warum?", krächzte ich mit trockener Kehle. "Warum?"

Ich griff nach meinem Laptop, der sich unter meinem Bett befand, und klappte ihn auf. Das blaue Symbol, welches für die Galerie stand, leuchtete mir entgegen.

Mit zitternden Fingern klickte ich auf den 2013-Ordner. Das letzte Jahr, in dem es nur uns beide gab.

Es waren wenige Bilder. Fünf, um genau zu sein.

Wir wollten das nicht. Wir wollten nicht so viele "Pärchenbilder". Unsere Liebe war nicht so.

Wir wollten die ganzen Momente in unseren Herzen behalten, dort einschließen und nicht mehr vergessen. Nur in unseren Herzen.

"Und der, der da, der gehört dir."

Chanyeol's Finger deutete auf einen hell leuchtenden Stern über ihnen. Sie saßen nachts auf dem Dach des Hochhauses, in dem sich Chanyeol's Wohnung befand, und betrachteten den nächtlichen Himmel. Baekhyun versteckte sein Gesicht in der Halsbeuge des Riesen.

"Ich will aber keinen alleine."

Der Jüngere lachte leise.

"Er gehört uns, okay? Und dieser Stern bleibt für immer. Genau wie mein Herz für immer bei dir bleibt und genau wie diese ganzen wundervollen Erinnerungen mit dir nie in Vergessenheit geraten werden."

Baekhyun hob seinen Kopf und sah Chanyeol an. Der hatte seinen Blick noch immer nach oben gerichtet. Das war so kitschig. Der kleinere Koreaner mit der Engelsstimme flüsterte leise den Namen seines Geliebten. Dieser guckte zu ihm nach unten und musste unwillkürlich lächeln. An Baekhyun's Wange rollte eine Träne, die im Mondschein kurz aufblitze, runter.

"Ich-...ich liebe dich.", sagte er leise mit brüchiger Stimme. "So sehr."

Chanyeol verstärkte seinen Griff um ihn und küsste ihn darauf sanft.

"Ich dich auch."

Dann sah er ihm tief in die Augen und fügte so leise, dass es kaum zu hören war, hinzu: "Ich verspreche dir, ich werde uns nie vergessen."

Und wo war sein Versprechen? Wo war sein verdammtes Versprechen? Wo war seine Liebe? Seine Nähe, sein Herz. Wo?

Mit voller Wucht schlug ich mit meiner Faust gegen die Wand.

Ich schluchzte auf.

Wieder schlug ich dagegen.

Eine Träne.

Immer und immer wieder wiederholte ich die Bewegung.

Blut.

"WO BIST DU?" schrie ich. "WO?!" wiederholte ich, während mein Hals anfing zu brennen."DU WOLLTEST UNS NIE VERGESSEN! NIE! WAS HEISST DANN BITTE FÜR DICH 'NIE'? ZWEI, DREI JAHRE?! FÜNF MINUTEN? EINEN SCHEISS!"

Ich hatte das Gefühl, in meinem Hals wäre Feuer ausgebrochen.

"Waren das alles Lügen?"

Es war nicht mehr als ein Hauchen, das letztendlich über meine Lippen kam.

Chanyeol wusste nicht, was für eine Hölle ich hier erlebte.