*Kapitel 1: So What*
„Jimin, aufstehen." weckt mich eine fremde Stimme, weshalb ich verwirrt meine Augen öffne.
Yoongi.
„Was machst du hier?" frage ich und schließe meine Augen.
„Es ist gerade eben ein Mord passiert und wir müssen dahin." erklärt er genervt.
Da ich immer mit einem Hoodie schlafe, will ich müde meine Kapuze in mein Gesicht ziehen, jedoch bemerke ich schnell, dass ich keine habe.
„Yah! Geh aus meinem Zimmer!" schreie ich schnell, setze mich auf und versuche meinen Körper mit meinen Armen zu verdecken. Derweil spüre ich, wie meine Wangen immer wärmer werden.
Gestern bin ich ja ohne Oberteil eingeschlafen. Nicht mal richtig hingelegt oder zugedeckt habe ich mich.
„Dein Fehlschlag hat dich gestern doch auch so gesehen." antwortet er und grinst mich leicht an.
Mit fragendem, geschockten Blick sehe ich ihn an.
„Jeon erzählt viel, wenn man mit ihm eine Tasse Kaffee trinkt." sagt er nur und geht aus meinem Zimmer.
„Ich hasse ihn." murmel ich vor mich hin und ziehe mich im schnellsten Tempo um.
Danach gehe ich ins Badezimmer, putze meine Zähne und kämme meine schwarzen Haare. Zum Schluss betrete ich unsere kleine Küche, die sich ein Raum mit dem Esszimmer teilt und mache mir einen Kaffee.
„Du hast ja mal deine Haare gekämmt." bemerkt Jungkook und grinst mich an.
„Halt die Klappe."
„Gewöhn dich nicht daran, er hat vielleicht 2 mal im Monat gekämmte Haare." sagt Jungkook zu Yoongi, weshalb er einen angepissten Blick von mir kassieren muss.
„Vielleicht warst du auch einfach zu nett für das Mädel gestern." überlegt Kook angestrengt.
„Hör damit auf, Kookie."
„Dann hör du auf, mich so zu nennen."
Er hasst diesen Spitznamen.
„Okay, Kookie."
„Ich hasse dich. Kannst du nicht mit Yoongi tauschen, er redet nie so viel wie du und ist sogar nett, wenn er etwas sagt." fragt Kook und trinkt seine Tasse leer.
„Das heißt Detective Min." antwortet er und steht auf. „Gehen wir jetzt?"
„Wann dürfen wir dich Yoongi nennen?" fragt Jungkook und sein Gesicht erblickt sich zwischen den vorderen Autositzen.
„Gar nicht." antwortet dieser und stoppt kurz darauf.
„Dann soll Jimin doch bleiben." murmelt der Jüngste und steigt aus dem Auto.
„Die Leiche wurde vor einer Stunde entdeckt, es ist Sandra Mallore, amerikanische Tierärztin, die hier für fünf Jahre arbeiten wollte. Ihre Mitbewohnerin hat sie entdeckt. Gestorben vor ungefähr 3 Stunden, durch 2 Stiche. Ein Stich ging in den Oberschenkel und ein weiterer in die Milz. Sie ist letztendlich verblutet. Natürlich fehlt auch das rechte Auge." erklärt uns ein Officer beim Eintritt in die kleine Wohnung.
„One-Eye wollte das Opfer also verbluten lassen, aber nicht zur Show stellen. So wie sie dort auf dem Boden liegt, ist sie nur vom Stuhl gefallen." nuschelt Jungkook und geht eine Runde um das Opfer. „Das passt nicht ins Schema. Jeder seiner Opfer wurde zur Show dargestellt, aber dieses nicht. Sie wurde einfach am Stuhl gefesselt und durch den Stich in den Oberschenkel hatte sie große Schmerzen und konnte auch nicht abhauen. One-Eye wollte also wahrscheinlich Informationen und sie bekam die Wunde ins Bein, als sie nicht sagen wollte. Entweder hat er die Infos oder sie wusste nichts. Aber zur Folter stach er in ihre Milz, damit sie langsam verblutet und sie merkt, dass sie langsam, aber sicher, stirbt."
„Was hat eine Tierärztin mit der Innenministerin und den anderen Opfern zu tun?" frage ich verwirrt und massiere meine Schläfen.
„Vielleicht haben sie alle in der Vergangenheit Scheiße gebaut." sagt Yoongi und guckt sich das Opfer näher an.
„Macht irgendwie Sinn. Womöglich hat das Gericht die Leute freigesprochen, wenn sie überhaupt angeklagt worden sind und One-Eye hat sein eigenes Gericht. Und sie alle sind schuldig." spekuliere ich und sehe Yoongi an, der zustimmend nickt.
„Aber woher weiß er, was sie gemacht haben? Nichts stand in den Zeitungen."
„Vielleicht haben sie alle was zusammen gemacht und One-Eye war als Mitglied oder als Opfer tätig und will sich rächen oder er kriegt die Informationen aus erster Hand. Vielleicht ist er bei Anhörungen immer dabei als Reporter, arbeitet als Putzkraft im Gericht oder hat die Leute verhaftet." erkläre ich, doch diesmal schüttelt Detective Min den Kopf.
„Ich habe einen Freund beim Gericht in Daegu und dadurch weiß ich, dass man eine private Verhandlung haben kann und somit alle Paparazzi aus dem Saal müssen und nur Familienmitglieder drin bleiben dürfen. Als stellvertretende Innenministerin wäre es dämlich, einer öffentliche Verhandlung zuzustimmen." antwortet er daraufhin.
„Es ist generell dämlich, die Innenministerin zu töten." keife ich zurück.
„Ich sage ja nur, wie es ist. Es könnte höchstens irgendein Anwalt sein, aber das ist sehr unwahrscheinlich."
„Ich möchte ja nicht euer geflirte stören, aber wenn man genau hinsieht, sieht man, dass One-Eye sie des Öfteren ins Gesicht geschlagen hat. Sie hat eine angebrochene Nase und langsam wird ein blaues Auge sichtbar." quatscht uns Jungkook dazwischen und zeigt auf die gefärbten Stellen im Gesicht. „Macht er die Augen eigentlich mit einem Eislöffel raus? Ich mein, das Auge ist ungefähr so groß wie eine Eiskugel und das würde theoretisch funktionieren, oder etwa nicht?"
Ungläubig schaue ich ihn an. Wie kommt er auf solche Ideen?
„So ungefähr." antwortet eine Frau der Gerichtsmedizin. „Mit einem Eisportionierer, aber mit einer spitzen Seite, um die Nerven vom Augapfel zu trennen. Das sieht man an den leichten Einkerbungen. Der Sammler wird aber immer besser darin. Das erste Opfer hatte beinahe keine Wölbung mehr, aber jetzt sieht das professionell aus."
„Ich liebe den Job." grinst Jungkook, worauf ich nur den Kopf schüttel.
„Wie kam der Täter hier rein?" frage ich und sehe mich um.
„Durch die Tür. Sie wurde gekonnt eingetreten."
„Wir müssen zum Revier. Hoseok hat gestern den Bericht von Dr. Kim abgeholt. Er soll ja nicht umsonst in die Höhle des Löwens gegangen sein." sage ich schließlich und begebe mich zum Auto.
Dr. Kim von der Gerichtsmedizin ist ein sturer kleiner alter Mann. Beschwert sich über alles und jeden. Er mag niemanden und niemand mag ihn.
„Warum steht eigentlich nichts im Internet über dich?" fragt Jungkook plötzlich, während wir zu unserem Arbeitsplatz fahren.
„Weil ich keine Aufmerksamkeit haben möchte. Das behindert nur meine Arbeit." antwortet Yoongi.
„Aber was ist mit dem Erfolg?"
„Haben wir unserem Kaffejungen gegeben. Dafür habe ich nur Lob vom Captain bekommen. Und das ist schließlich das Wichtigste."
Der Blonde parkt sein Auto in der Tiefgarage und gemeinsam fahren wir mit dem Aufzug in unsere Etage.
„Ich gehe nie wieder zu Dr. Sturkopf." begrüßt uns Hoseok und drückt mir den Autopsiebericht in die Hand. „Der war noch schlechter gelaunt als sonst."
„Vielleicht bist du einfach zu gut gelaunt gewesen." antworte ich und setze mich an meinen Schreibtisch.
Die Akte lege ich vor mich und fange an zu lesen.
Als sich Yoongi allerdings mit seinem Stuhl neben mich setzt und ebenfalls in die Akte guckt, beschleunigt sich plötzlich mein Herzschlag und so besteht nur noch meine Aufgabe, meinen Herzrhythmus wieder in Ordnung zu bringen.
Ich bewunder ihn, wenn unser Captain schon sagt, dass er gut ist, dann muss er fantastische Arbeit leisten. Deshalb ist es mir eine Ehre, wenn er neben mir sitzt. Das ist es. Deswegen schlägt mein Herz so schnell, aus reiner Bewunderung.
„Sie war schwanger." murmelt Yoongi plötzlich und lässt sich nach hinten in die Lehne fallen.
„Kook, gestorben ist sie zwischen 1 und 2 Uhr. Sie war, wie gesagt, schwanger und hat Schürfwunden am Rücken, die wahrscheinlich von der Wand stammen. Ansonsten halt die Fesselspuren an den Handgelenken und am Hals. Die Füße wurden mit Sechskant-Schrauben an der Wand befestigt. Die DNA des Zigarettenstummels ist nicht in der Datenbank bekannt. Wir stehen also wieder am Anfang." zähle ich für meinen besten Freund auf.
Seufzend knallt er seinen Kopf auf die Schreibtischplatte, sodass Jin erschrocken zusammenzuckt.
„Also um es zusammenzufassen: Joo Won wurde in ihrer Mittagspause entführt. Für One-Eye also keine Meisterleistung, da sie eine strikte Routine hat. Er hält sie ungefähr acht Stunden am Leben, nur um sie dann zu töten und ihr Auge zu entfernen. Dann schnappt er sich die Leiche und geht auf's Dach der Fabrik. Erst bindet er ein Seil um ihren Hals und Arme und befestigt diese am Dach, danach geht er zwei Etagen tiefer und bohrt die Füße fest. Anschließend geht er wieder aufs Dach, um die Arme richtig auszurichten. Es sieht dann aus, als würde sie sich selbst umbringen, Arme gestreckt und einen 80 Grad Winkel zur Wand. Er braucht Ausdauer und Kraft dafür. Aber wieso macht er sich solch eine Mühe, sie so lange am Leben zu lassen und sie dann auch noch so zu zeigen? Und wie konnte ihn niemand in der Nacht sehen und woher hat er den Schlüssel zum Gebäude?"
Nicht schlecht, Herr Min.
„Laut One-Eye haben doch alle Opfer etwas Schuldiges gemacht oder nicht? Was ist, wenn Lee jemanden umgebracht hat oder jemand hat wegen ihr Selbstmord begangen? So möchte er es ausdrücken, dass sie die Strafe bekommt. Du bekommst das zurück, was du angestellt hast. Karma halt." mischt sich plötzlich Jin ein.
„Woher weißt du das?" frage ich verwirrt.
„Als bester Freund von Jungkook müsstest du eigentlich wissen, dass er sehr gesprächig wird, wenn man mit ihm Kaffee trinkt." antwortet er nur grinsend.
„Aber die Gerichte hätten sie niemals freigesprochen." antwortet Jungkook auf Jins Theorie.
„Wenn sie gesagt hat, dass es Selbstverteidigung oder ein Unfall war? Wenn sich jemand umbringt, kann ein Gericht dich nicht schuldig sprechen, weil du ihn nicht getötet hast. So denken zumindest viele Richter. Aber wenn demnächst ein Richter stirbt, hatte ich recht." damit dreht sich Jin zu seinem Computer um und tippt wieder auf seiner Tastatur herum.
„Da hätte sie es aber auch verdient." nuschelt Kookie leise.
„Jungkook!"
„Aber es ist doch so. One-Eye macht nur die Drecksarbeit. Er säubert das, was die Richter verkacken."
„Aber morden ist keine Lösung. Außerdem klaut man dann kein Auge, das ist doch einfach nur krank."
„Wieso sammelt er die Augen überhaupt?"
„Vielleicht will er damit zeigen, dass die Leute keine weiße Weste haben. Das Auge sieht alles, reißt man das eine Auge aus, sieht man nur noch die Hälfte. Die verbotenen Sachen 'übersehen' sie. Oder er sieht die Augen als Erkenntnis. Sieht er die Augen im Schrank, weiß er, dass er alles richtig gemacht hat. Das Auge steht auch als Wahrheit und Allwissenheit. Die Wahrheit über das Verbrechen und das er weiß, was sie gemacht haben. Es kann alles heißen." antwortet Yoongi gelangweilt. „Das sind Fragen, die wir uns nicht stellen müssen. Darum kümmern sich die Kriminalpsychologen."
„Also zurück zum Mord."
„Wie soll man den Fall klären? Es ist unmöglich." jammert Jungkook, während er die Wohnungstür verzweifelt aufschließt.
„Uns wurde nicht umsonst den Fall zugeteilt. Der Captain weiß, dass wir die besten sind, also müssen wir ihn lösen." antworte ich und hänge meine Jacke an der Garderobe auf.
Danach ziehe ich meine Uniform aus, während ich in mein Zimmer gehe, um gemütlichere Sachen anzuziehen.
Mit Jogginghose gehe ich in die Küche, nehme mein Handy und bestelle zwei Pizzen.
„Yoongi ist echt ein guter Cop." sage ich zu Jungkook mit vollem Mund.
Dieser beißt von seinem Pizzastück ab und fängt leicht an zu grinsen. „Wird er dein neuer Mentor?"
„Ach Quatsch. Ich brauche keinen, schon gar nicht ihn. Er geht nicht mal in der Woche was trinken." antworte ich.
„So einen würde ich auch nicht als Mentor wollen."
„Außerdem ist er zu jung."
„Aber er hat Erfahrung."
Ich sehe ihn fragend an.
„Ich würde dir ja sagen, wen er alles verhaftet hat, aber ich weiß es selbst nicht. Auf jeden Fall waren es dicke Fische."
„Hör auf mit deinen scheiß Teich-Vergleichen." stöhne ich genervt.
„Aber die sind so gut!" lacht er und klaut mir ein Stück meiner Pizza.
„Das war meins!" beschwere ich mich und versuche mein Essen wiederzubekommen.
Jungkook fängt nur an zu lachen, weshalb ich mich auf ihn werfe und das Stück wiederbekomme.
Natürlich lässt es sich das Monster vor mir nicht gefallen und somit drückt er mich mit aller Gewalt nach hinten und setzt sich auf mein Bauch. Mit triumphierendem Blick schnappt sich Jungkook wieder das Pizzastück und beißt zufrieden davon ab.
„Das ist Doppelfolter. Du bist fett und isst dann noch meine Pizza." schmolle ich und versuche ihn von mir zu schieben.
„Boah, die schmeckt echt lecker!"
„Geeeeh!"
„Jimin, du müsstest wissen, dass ich stärker bin als du. Ich gehe von dir runter, wann ich will."
„Aber du bist so fett, ich bin gleich ein Pfannkuchen."
„Dann kann ich dich essen!" grinst Jungkook zufrieden.
Nachdem er meine Pizza aufgegessen und mich imaginäre Tränen fließen lassen hat, geht er endlich von mir runter, sodass ich mich aufsetzen kann.
„Warum kenne ich dich überhaupt?"
„Ich bin der Engel auf deiner Schulter." antwortet Kookie und räumt die Pappkartons weg.
„Wohl eher der Teufel."
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