Ziam
„Zayn?" Der Dunkelhaarige liegt mit geschlossenen Augen auf dem Sofa und atmet leise.
„Lass mich."
„Können wir reden?"
„Nein."
„Bitte?"
„Sei nicht so höflich, ich habe nein gesagt."
„Ich wurde dazu erzogen."
„Wurdest du auch dazu erzogen anderen das Herz zu brechen?" Liam entgleisen alle Gesichtszüge. Diese Frage sticht ihm mitten ins Herz. Und Zayn weiß es.
„Zayn, hör auf damit." Liam spürt, wie ihm die Tränen in die Augen steigen und die Hitze seinen Hals hochkriecht.
„Ich mache doch gar nichts."
„Du verletzt mich, und das mit Absicht! Was ist falsch mit dir? Ich wollte das klären."
„Was klären? Mein gebrochenes Herz? Deine verdammten Finger, die es kaputt gemacht haben? Was soll da zu klären sein, Liam? Es ist alles gesagt."
„Nein ist es nicht! Du musst dem nur eine Chance geben!"
„Will ich aber nicht."
„Das sehe ich! Aber du kannst nicht immer mit spitzen Worten um dich werfen, darauf warten, dass die Angesprochenen davon geschnitten werden und zurückzucken und dann wegrennen!"
„Ich renne nicht weg."
„Stimmt, du rennst, drehst dich um, wirfst eine Bombe aus dreckigen Wörtern und verschwindest in der Staubwolke, einen Trümmerhaufen hinterlassend. Das ist, was du machst." Zayn zuckt mit den Schultern, die Augen immer noch geschlossen.
„Und wenn schon. Wenn ich weg bin, ist da niemand der mich vermisst."
„Weil alle an deiner Bombe gestorben sind!"
„Du lebst noch."
„Offensichtlich. Das war auch nicht wortwörtlich- ughh! Mein Gott, du machst mich irre! Kannst du einmal ernst bleiben?"
„Ich bin todernst."
„Dein Gesicht vielleicht, aber mit deinen Worten verarschst du mich von vorne bis Hinten!" Zayn setzt sich in einer flüssigen Bewegung auf und schaut Liam direkt in die tränennassen Augen.
„Dann lass dich nicht verarschen."
„Ich will dich aber nicht verlieren!"
„Und das tust du, wenn du dich nicht verarschen lässt?"
„Möglicherweise."
„Falsch. Ich bin schon lange weg. Du hast mich nicht verloren, du hast mich mit Füßen zur Tür rausgetreten."
„Was redest du da?"
„Oh Liam, das war doch nicht wortwörtlich gemeint", sagt er und schaut den Engländer gespielt bedauernd an.
„Weißt du was, ich erkenne dich nicht wieder! Wo ist der richtige Zayn? Der, der liebenswert war, intelligent und lustig? Der, in dem ich meine Zukunft gesehen habe?" Plötzlich brechen bei Zayn alle Fassaden. Ihm schießen Tränen in die Augen, doch er hält sie nicht auf, als sie über seine eingefallenen Wangen laufen.
„Direkt vor dir, sieh mich einfach wieder an! Du blickst an mir vorbei, Liam, und scheiße das ist noch viel schlimmer als eine dreckige Bombe oder schneidende Worte! Sollen sie mich verletzen so viel sie wollen, ist mir egal! Ich will doch einfach nur, dass du mich wieder siehst! Du weißt gar nicht, wie du dich verändert hast!" Sprachlos blickt der Braunhaarige Zayn an und einen Moment lang sieht er wieder den Jungen vor sich, der leise und versteckt weinte, sich weigerte auf die Bühne zu gehen, und letztendlich doch gezwungen wurde. Das Elend und die Angst in seinen Augen ist Dasselbe.
„Ich- ich wusste nicht, dass du so denkst."
„Natürlich nicht. Woher auch? Hat dich in den letzten Jahren irgendwas auch nur einen feuchten Dreck geschert, was ich gemacht habe? Wir kennen beide die Antwort, Liam."
„Was zur Hölle ist mit dir passiert? Du willst, dass ich dich sehe, schaust selber aber noch schlechter hin!"
„Das hättest du wohl gerne, huh! Immer sind alle anderen schuld! Akzeptiere es, Liam, auch du machst Fehler!"
„Ja, ich mache Fehler, aber ich mache mir wenigstens Gedanken, wie ich die Betroffenen dazu bringen könnte, mir zu verzeihen! Ich lasse sie nicht einfach hängen!"
„Das tue ich nicht!! Das tue ich nicht!!! Liam, du bist so ein verdammter Bastard- weißt du eigentlich, was deine unüberlegten Worte anrichten?! Ja, ich gebe es zu, ich bin verletzt, ich bin vielleicht schwach in diesem Moment, aber das ist immer noch besser, als so zu sein wie du!"
„Ach ja?? Weißt du, Zayn, ich habe eine Zeit lang echt gedacht, du wärst die Liebe meines Lebens, von der immer alle reden! Ich habe dich mehr geliebt als mich selbst, aber vielleicht war genau das das Problem! Vielleicht warst du das Problem!!"
Beiden Männern laufen unaufhaltsam Tränen über die Wangen, doch das bekommen sie nur am Rande mit. Es tut weh. Scheiße, ja, es tut weh, mehr als das. Es fühlt sich an, als würden sie von innen heraus verbrannt werden.
„Natürlich", sagt Zayn mit erstickter Stimme. „Natürlich bin ich das Problem. Das war doch schon immer so. Seit wir uns kennen. Aber, Liam, der du immer alles richtig machst, wer hat dir gesagt, dass es nötig ist, mich mehr zu lieben, als dich selbst? Wer hat gesagt, dass ich so viel Aufmerksamkeit brauche, um am Ende doch wieder an allem schuld zu sein? Ich erkenne dich einfach nicht wieder. Am Anfang dachte ich, dass das nur eine Phase wäre, dass du Angst hättest, irgendwas falsch zu machen, weil du vor mir als Versager dastehen könntest, das dachte ich. Aber es wurde immer schlimmer. Ich halte das nicht mehr aus, Liam."
„Okay, du willst es scheinbar nicht anders verstehen. Ich habe Angst davor! Und nein, das ist kein einfacher Tick, das ist eine Krankheit! Ich bin krank, Zayn! Aber du, ja du hast immer in deinem Selbstmitleid gebadet, hast nur gesehen, wie alle auf dir herumgehackt haben, hast immer nur dich als das Opfer wahrgenommen. Du achtest nicht mal mehr darauf, was ich dir sage! Erinnerst du dich noch an den Tag, es war ein Samstag, als ich dich zum ersten Mal fragte, ob du mich zum Arzt begleiten würdest? Ich wollte es dir sagen, ich hatte nach zwei Jahren endlich genug Mut, dir zu beichten, dass ich krank bin. Und was hast du gemacht? ‚Lass mich, Liam, mit deiner Grippe kannst du auch alleine zum Arzt gehen.' Ich hatte keine Grippe. Ich hatte in meinem Leben nie die Grippe. Und das solltest du wissen. Ich habe es dir oft genug erzählt. Aber du hast mich nicht mal angesehen, also hast du nicht die Tränen gesehen. Du hast sie sowieso nie gesehen. Nicht, als ich vom Einkaufen zurückkam, nicht, als ich von dem Besuch bei meiner Mutter zurückkam, nicht, als ich kurz bei Louis war. Du hast mich nicht mal angesehen. Und das war noch nicht mal das Schlimmste. Ich hatte Angst, ich lag abends in unserem Bett und hab geweint, du bist reingekommen und hast gesagt ‚Och Liam, ich dachte wir hätten das mit den Alpträumen geklärt. Du bist doch kein kleiner Junge mehr.' Aber weißt du was, Zayn? Nicht nur Kinder haben Angst, nicht nur Kinder haben Alpträume. Ich bin krank, aber ich wäre auch ohne Krankheit so gewesen. Und es tut verdammte Scheiße am allermeisten weh, dass du meine Tränen nicht siehst und wenn du es aus Versehen doch tust, dann rügst du mich auch noch dafür. Und das war der Moment, an dem es einfach nicht mehr ging. Der Moment, in dem mein Herz ein für alle Mal gebrochen ist. Und es ist deine Schuld. Scheiße, Zayn, es tut so weh, das zu sagen, aber du hast mich gebrochen."
„Liam, ich-" Zayn schluckt und guckt Liam an, Tränen in den Augen. „Ich... ich habe auch Angst. Sehr große sogar. Ich weiß, das ist keine Entschuldigung, aber ich will es dir erklären. Ich wollte niemals mit dir zum Arzt gehen, weil ich wusste, das dir etwas fehlt. Und ich hatte viel zu große Angst, es zu erfahren, ich hatte einfach so große Angst davor, dass es etwas ganz Schlimmes ist, dass es nicht heilbar ist, dass ich dich verlieren würde. Ich wusste ja nicht, was ich anrichten würde. Und natürlich wusste ich, dass du nicht bei Louis, deiner Mum oder im Supermarkt warst, aber ich wollte nicht nachfragen, was der Arzt gesagt hat, ich wollte nicht wissen, wie viel Zeit mir noch mit dir bleibt.
Deine Tränen. Liam, glaub mir, ich habe sie gesehen. Jedes verdammte Mal. Und du kannst mir glauben, wenn ich dir sage, dass dich weinen zu sehen das Schlimmste und Herzzerreißendste ist, was mir je untergekommen ist. Und ich hatte Angst davor, dass es schlimmer wird. Dass du mehr weinst, schlimmer weinst, wenn ich mich zu dir setzte und wir miteinander reden. Jetzt weiß ich, dass ich einfach nicht so feige hätte sein dürfen, dass ich uns hätte retten können, doch jetzt ist es sowieso alles zu spät. Aber bitte glaub mir Liam, es tut mir unfassbar leid. Alles. Das Brechen. Das Wegschauen. Das Nicht-mit-dir-reden. Das Feige sein. Ich fühle mich wie ein Mensch, der die Welt hat untergehen lassen, weil er selbst zu große Angst davor hat, zu versagen. Und genaugenommen bin ich genau das. Ich hatte Angst davor, Schwäche zu zeigen. Ich wollte immer stark für dich sein. Und ich habe unsere Welt untergehen lassen. Unsere Leben. Unser gemeinsames Leben. Und dafür gehe ich höchstwahrscheinlich in die Hölle, aber bitte versprich mir, dass du irgendwen findest, der genügend Liebe und Pflaster hat, um dich zu reparieren. Und am besten auch noch jemanden, der einen starken linken Haken hat. Der mich so richtig schön für meine Fehler zusammenschlagen kann, denn das ist einfach, was ich verdiene."
Liam schüttelt den Kopf, wobei seine Tränen durch die Gegen fliegen, beißt sich auf die Lippe und verknotet seine zitternden Hände.
,,Ich will nicht, dass dir jemand weh tut, Zayn. Weil ich dich irgendwo in mir drin irgendwie doch noch liebe. Obwohl du ein Arschloch bist."
,,Ich weiß", nickt Zayn, macht sich nicht die Mühe, die nasse Spur, die seine Tränen hinterlassen, wegzuwischen. ,,Ich weiß, ich bin ein Arschloch und ich habe es auch reichlich verdient, eins aufs Maul zu bekommen-"
,,Wenn jemand deine wunderschöne Nase bricht oder deine hübschen Wangen mit Blut beschmiert, dann bin ich nicht mehr lange der Teddybär, den alle kennen", schnaubt Liam und zieht die Nase hoch. Zayn lacht erleichtert auf, hievt sich irgendwie auf die Beine und stakst auf Liam zu. Einige Zentimeter vor ihm hält er inne, wischt sich die angetrockneten, salzigen Tränen aus dem roten Gesicht und schnieft leise.
,,Ich weiß, ich hab es nicht verdient, das sagen zu dürfen, aber ich liebe dich. Und so unverschämt es auch ist, das zu fragen- gibst du mir noch eine Chance?" Liam klimpert mit den Augen, um erneut aufkommende Tränen zu unterdrücken und greift zaghaft nach Zayns zitternder Hand. Beide Männer schauen auf ihre vereinten Hände.
,,Ich hab doch keine Wahl...", Liam schnieft. „Ich glaube, ich liebe dich. Du Idiot."
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