36. Lilo
Louis' POV
"Tomlinson, in mein Büro."
Bei dem Geschrei zucke ich erschrocken zusammen und ziehe automatisch den Kopf ein. Was habe ich denn jetzt schon wieder falsch gemacht? Dauernd hat mein Boss Mr. Payne etwas an meiner Arbeit auszusetzen. Mal sind die Akten angeblich falsch abgeheftet, dann die Ablage nicht richtig einsortiert. Es gibt unzählige Dinge, die ich scheinbar nicht richtig machen kann. Mein Chef liebt es, mich zu schikanieren. Ich eile in sein Büro und ernte einen wütenden Blick.
"Warum hat das so lange gedauert? Tür zu und setzen Sie sich."
Zitternd mache ich die Tür hinter mir zu und nehme auf dem Stuhl vor seinem Schreibtisch Platz. "W-Was kann ich...ich für Sie tun, Mr. Payne?", stottere ich.
"Sie werden morgen mit mir auf Geschäftsreise gehen. Packen Sie Kleidung für eine Woche ein und seien Sie pünktlich um 8 Uhr morgens am Flughafen."
Was? Nein, das kann er doch nicht ernst meinen. Ich kann nicht mit diesem Ekelpaket auf Geschäftsreise gehen. "Warum ich?", wage ich zu fragen.
"Weil ich das so möchte. Haben Sie irgendwelche Einwände dagegen?" Er wirft mir einen strengen Blick zu und ich schüttle einfach nur den Kopf.
"Ich werde pünktlich sein. Ist noch etwas?"
"Nein, machen Sie Feierabend für heute. Wir sehen uns morgen früh."
Ich verabschiede mich von meinem Chef und verlasse das Büro, nachdem ich meine Sachen zusammengepackt habe. Auf dem Weg nach Hause kreisen meine Gedanken um die Geschäftsreise, die ich morgen antreten soll. Nervös streiche ich mir durch die Haare und seufze leise. Wie soll ich denn eine Woche alleine mit dem Kotzbrocken überstehen? Im Büro habe ich wenigstens meine Kollegen, die mich aufbauen, wenn er mich mal wieder fertig macht, aber ab morgen bin ich ihm alleine ausgeliefert. Das macht mir entsetzliche Angst. Wahrscheinlich demütigt er mich dann auch noch vor seinen Geschäftspartnern und redet allen ein, dass ich unfähig bin. Insgeheim spiele ich mit dem Gedanken, mich krank zu melden, aber dann kann ich mir die Kündigung holen. Einen Befehl von Mr. Payne missachtet man nicht. Als Chef ist der Kerl eine absolute Fehlbesetzung.
Ich brauche dringend den Rat meiner besten Freunde. Schnell tippe ich eine Nachricht in unserem Chat und habe Minuten später die Bestätigung, dass sie vorbeikommen werden. Eine halbe Stunde später sind Harry, Niall und Zayn auch schon da. Sie haben Pizza mitgebracht und wir sitzen gemütlich auf dem Sofa, um sie uns schmecken zu lassen.
"Also, was ist los?", nuschelt Niall zwischen zwei Bissen.
"Ich muss morgen mit meinem Boss für eine Woche auf Geschäftsreise gehen", lasse ich die Bombe platzen.
Schweigend starren die drei Jungs mich fassungslos an. "Das ist nicht dein Ernst", flüstert Harry.
"Seh ich aus, als würde ich Scherze machen?"
Die Jungs wissen von meinem Problem mit Mr. Payne. Ich kann mir noch soviel Mühe geben, es reicht am Ende doch nicht. Ich bin in seinen Augen einfach unfähig. Wir sitzen lange zusammen und diskutieren über alles, aber wir kommen auf keinen grünen Zweig. Es ist schon fast Mitternacht, als ich meinen Koffer packe und nach einer kurzen Dusche ins Bett gehe.
Liams POV
Ungeduldig warte ich am Schalter auf meinen Mitarbeiter. Dass ich eine halbe Stunde zu früh dran bin, übersehe ich geflissentlich. Dieser Kerl macht mich verrückt. Schon seit er das erste Mal in mein Büro gestolpert kam, bin ich hin und weg von Louis. Um mein Verlangen zu unterdrücken, behandle ich ihn ziemlich mies und es würde mich nicht wundern, wenn er mir eines Tages die Kündigung auf den Tisch klatscht. Fünf Minuten später entdecke ich seine schlanke Gestalt, er kommt zügig auf mich zu. Wie immer sind seine Haare etwas zerzaust, er trägt eine schwarze Stoffhose, ein hellblaues Hemd und eine schwarze Jacke. Sofort nimmt mein Herz eine schnellere Frequenz auf und überschlägt sich schier vor Freude.
"Guten Morgen, Mr. Payne", sagt er mit seiner sanften Stimme.
"Guten Morgen, Mr. Tomlinson. Schön, dass Sie überpünktlich sind. Der Jet steht für uns bereit, wir können gleich einsteigen."
In den blauen Augen spiegelt sich Überraschung. Er dachte wohl, wir würden in einer normalen Passagiermaschine fliegen. Da ich nicht gerne fliege und mich meist unwohl fühle, habe ich mir irgendwann den Privatjet gegönnt. Die Firma läuft gut und wirft genug ab, da ist diese kleine Annehmlichkeit locker drin. Ich bedeute ihm, mir zu folgen und gehe auf das Gate zu. Nach dem Sicherheitscheck nimmt ihm der Steward sein Gepäck ab und bringt es in das Flugzeug.
"Möchten Sie noch was kaufen, bevor es losgeht?", erkundige ich mich.
"Nein danke, ich habe alles was ich brauche", sagt er leise.
Er erinnert mich an ein Mäuschen, das sich am liebsten verkriechen würde. Dabei ist er alles andere als das. Louis sieht unglaublich gut aus, ist intelligent und leistet super Arbeit. Wir werden an Bord begleitet und ich lasse mich in einen der bequemen Sessel fallen. Die Blicke von Louis schweifen durch den Flieger, dann sucht er sich den Sitz aus, der am weitesten von mir entfernt ist. Ich weiß, wie unsicher er sich in meiner Nähe fühlt und es tut mir leid, dass ich ihn dauernd so mies behandle. Nachdem wir die Reisehöhe erreicht haben, bringt uns Peter Getränke und Sandwiches.
"Danke, aber ich möchte nichts", lehnt er höflich ab.
Ich drehe mich zu ihm um und unsere Blicke treffen sich. "Nehmen Sie wenigstens ein Getränk, Louis." Da ich ihn noch nie mit dem Vornamen angesprochen habe, ernte ich erneut einen verwunderten Blick.
"Na gut, ich hätte gerne eine Cola." Peter schenkt ihm ein Glas ein und stellt es vor ihm auf dem Tisch ab. "Vielen Dank", sagt er und lächelt scheu.
Ich habe noch nie ein so wunderschönes Lächeln gesehen und kann mich kaum von dem Anblick losreissen. Louis fasziniert mich, aber ich sollte dem Verlangen nicht nachgeben. Einmal habe ich den Fehler gemacht, mich auf einen Mitarbeiter einzulassen und es hat ein böses Ende genommen. Seitdem hatte ich keine Beziehung mehr, lediglich ein paar Abenteuer in verschiedenen Clubs. Trotzdem führt Louis mich in Versuchung und ich hoffe sehr, dass ich stark genug bin, ihm zu widerstehen.
Drei Stunden später kommen wir im Hotel an und erleben eine böse Überraschung. "Es tut mir leid, Mr. Payne. Wir haben nur noch ein Doppelzimmer zur Verfügung."
"Ich habe bereits vor Wochen zwei Einzelzimmer gebucht", knurre ich wütend.
"Da muss wohl bei der Buchung ein Fehler passiert sein. Ich kann Ihnen anbieten, den Preis zu senken. Das Hotel ist komplett ausgebucht, deshalb kann ich Ihnen leider nicht zwei Einzelzimmer geben."
Mir wird eiskalt, bei dem Gedanken, mir mit Louis ein Bett teilen zu müssen. Ich drehe mich zu ihm und sehe, dass er kreidebleich geworden ist.
Louis' POV
Wieviel kann auf dieser Reise eigentlich noch schief gehen? Jetzt soll ich mir auch noch eine Woche lang mit dem Mistkerl ein Zimmer und noch schlimmer ein Bett teilen. Ein besorgter Blick von Payne trifft mich und ich versuche, mich zusammenzureißen und ihn anzulächeln. Doch ich scheitere kläglich. Am liebsten würde ich mich heulend in eine Ecke setzen.
"Es ist doch sicher kein Problem, dass wir uns ein Zimmer teilen, nicht wahr?", fragt Mr. Payne.
Ich räuspere mich und schüttle den Kopf. "Nein, kein Problem."
An seiner Seite folge ich dem Pagen zum Aufzug und in unser Zimmer. Es ist sehr stilvoll eingerichtet und ich denke, ich kann es hier eine Woche aushalten. Doch dann fällt mein Blick auf das Bett, das in der Mitte des Raumes steht. Es ist kein klassisches Doppelbett, das wir vielleicht hätten auseinander schieben können. Nein, es ist ein Kingsize Bett mit einer großen Matratze und wir werden wohl oder übel beide darin schlafen. Neben mir schnappt mein Boss hektisch nach Luft. Jetzt ist es an ihm, geschockt auszusehen.
"Ich werde auf dem Sofa schlafen."
Der kleine Zweisitzer in der Ecke ist bestimmt nicht bequem genug, um darauf zu schlafen, aber wenn einer dort schläft, dann wohl eher ich. "Nein Mr. Payne, ich schlafe auf dem Sofa." Überrascht schaut er mich an. "Sie sind wegen Geschäften hier und sollten ausgeruht sein. Ich bin zum arbeiten hier und werde wahrscheinlich mit keinem Ihrer Kunden Kontakt haben."
"Falsch Louis, Sie werden heute Abend das neueste Projekt meinen Kunden vorstellen."
"Was?" Ich glaube, ich habe mich verhört. Das kann der Kerl doch nicht ernst meinen.
"Habe ich mich unklar ausgedrückt?" Der Blick, den er mir zuwirft, ist abschätzend.
"N-Nein Mr. Payne, a-aber ich kann doch nicht..." Ich hatte noch nie mit seinen Kunden Kontakt und jetzt soll ich ein Projekt vorstellen, von dem ich noch nie gehört habe. "Ich kenne das Projekt doch überhaupt nicht."
Er zieht eine Mappe aus der Aktentasche und gibt sie mir. "Sie haben bis um 18 Uhr Zeit sich einzuarbeiten."
Geschockt blättere ich das Dokument durch, das bestimmt mehr als hundert Seiten umfasst. Das schaffe ich doch niemals bis heute Abend. Er hat mich nur mitgenommen, um mich vor seinen Geschäftspartnern bloßzustellen. Wortlos nehme ich meine Jacke, Geldbörse und Handy und verlasse das Zimmer, ehe er mich aufhalten kann. Er hat nicht gesagt, dass ich hier arbeiten muss. Auf der Straße schaue ich links und rechts, orientiere mich kurz und steuere dann ein kleines Café in der Nähe an. Dort suche ich mir einen Tisch in der Ecke, bestelle Tee und vertiefe mich in das Dokument. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass ich mir das alles merken kann, aber ich werde mein Bestes geben. Eigentlich sollte ich sofort abreisen, aber ich brauche diesen Job und kann es mir nicht leisten, ihn zu verlieren.
Liams POV
Ich schaue Louis nach, der aus dem Raum stürzt. Erneut habe ich den Boss raushängen lassen und ich würde mich wundern, wenn er zurückkommt. Jeder andere würde spätestens jetzt alles hinschmeißen. Nachdem ich meinen Koffer ausgepackt habe, gehe ich hinunter, um mir an der Bar einen Drink zu gönnen. Aufmerksam schaue ich mich um, ob ich Louis irgendwo entdecke, aber er scheint verschwunden zu sein. Den Nachmittag verbringe ich damit, ein Nickerchen zu machen und stelle fest, das Tomlinson um 17 Uhr noch nicht wieder da ist. Gerade als ich ihn anrufen will, geht die Tür auf und er kommt herein.
Er schaut mich nicht an, wirft die Mappe auf den Tisch und kramt ein paar Sachen aus seinem Koffer. Danach verschwindet er im Bad, ich höre die Dusche rauschen und muss die Bilder unterdrücken, die mir in den Kopf schießen. Eine Viertel Stunde später kommt er heraus und mir stockt der Atem. Erneut trägt er eine schwarze Hose, dazu ein weißes Hemd, eine blaue Krawatte und dazu ein graues Sakko. Seine wuscheligen Haare locken meine Finger, ich möchte zu gerne fühlen, ob sie so weich sind, wie sie aussehen. Louis würdigt mich weiterhin keines Blickes und spricht auch kein Wort mit mir.
Auch ich mache mich fertig und wir verlassen kurz vor 18 Uhr das Zimmer, um zum Essen zu gehen. Drei meiner Freunde und Geschäftspartner sitzen bereits an dem reservierten Tisch. Freundlich begrüßt Louis sie und setzt sich hin. Ich nehme neben ihm Platz und suche seinen Blick. Die blauen Augen werfen mir einen wütenden Blick zu und ich zucke zusammen. So habe ich ihn noch nie erlebt.
"Meine Herren, mein Mitarbeiter Mr. Tomlinson wird Ihnen das neueste Projekt vorstellen, an dem wir zur Zeit arbeiten. Sind Sie bereit, Louis?"
"Selbstverständlich, Mr. Payne."
Souverän hält er seinen Vortrag, nicht einen einzigen Fehler kann ich feststellen. Die drei anderen hängen an seinen Lippen und hören ihm aufmerksam zu. Als er fertig ist erntet er bewundernden Beifall und wird bezaubernd rot. Wir essen zusammen und er bringt sich eifrig in das Gespräch ein, das sich entspinnt. Besonders mit Matt versteht sich Louis sehr gut und als der ihn nach dem Essen auf einen Drink einlädt, sagt er freudig zu. Fassungslos schaue ich ihnen nach.
"Louis ist ein Diamant. Du solltest aufpassen, dass Matt ihn dir nicht abwirbt."
"Das kann er vergessen, Louis gehört mir."
Dave und Ben werfen mir belustigte Blicke zu. "Dann solltest du aber freundlicher zu ihm sein. Jedesmal wenn du ihn ansprichst, bist du herablassend und abwertend. Er wird das nicht mehr lang mitmachen. Liam, du weißt genau, wie Matt ist. Der schafft es mit Leichtigkeit, jeden Mann um den Finger zu wickeln."
Verdammt, die beiden haben Recht. Jedesmal wenn wir zusammen unterwegs waren, hat er einen Mann abgeschleppt. Ich will nicht, dass Louis sich da einreiht. "Ich kann mich nicht auf Louis einlassen. Ihr wisst doch genau, was mit Mike gewesen ist", äußere ich meine Bedenken.
"Louis ist nicht Mike, Liam. Er ist ein ruhiger, sanfter Mann und mich wundert, dass er dir die Kündigung noch nicht auf den Tisch geknallt hat, so wie du ihn behandelst."
Ich verabschiede mich bald von ihnen, um nach oben zu gehen. Bis Louis aufs Zimmer kommt, will ich meine Gedanken sortieren.
Louis' POV
Matt ist ein toller Gesprächspartner und wir unterhalten uns sehr lange an der Bar. Er interessiert sich für mich und auch die Arbeit, die ich mache. Es ist schon fast Mitternacht, als ich die Tür zu meinem Zimmer öffne. Da ich davon ausgehe, dass Mr. Payne bereits schläft, erschrecke ich mich fast zu Tode, als er mich am Arm packt. Ehe ich mich versehe, hat er mich gegen die Wand gedrückt, seine braunen Augen funkeln mich wild an, dann liegen seine Lippen auf meinen. Voller Verlangen küsst er mich und im ersten Moment bin ich so überrumpelt, dass ich mich nicht wehre. Dann fange ich mich aber und drücke meine Hände gegen seine Brust. Doch er lässt nicht von mir ab. Irgendwie muss ich mich wehren, deshalb gehe ich zum Schein auf den Kuss ein und beiße ihn in die Unterlippe.
Mit einem schmerzhaften Zischen zieht er sich zurück und streicht mit dem Finger über seine Lippe. Um noch eins draufzusetzen, hole ich aus und verpasse ihm eine saftige Ohrfeige. Danach packe ich eilig meine Sachen und gehe an ihm vorbei zur Tür.
"Tomlinson, was haben Sie vor?"
"Ich mache das, was ich schon längst hätte tun sollen. Ich kündige, du Arschloch", sage ich gefährlich leise.
Ohne mich nochmal nach ihm umzudrehen, verlasse ich das Zimmer und anschließend das Hotel. Ich habe Glück und bekomme in einem anderen Hotel ein Zimmer für die Nacht. Am nächsten Morgen fahre ich zum Flughafen und bin ein paar Stunden später wieder Zuhause. Dort verkrieche ich mich einen ganzen Tag im Bett, bis ich bereit bin, mit meinen Freunden über alles zu reden. Einerseits habe ich den Kuss genossen, weil ich schon seit geraumer Zeit in ihn verliebt bin. Andererseits war es ganz schön dreist von ihm, mich so zu überfallen. Was hat ihn dazu gebracht, sich aufzuführen, wie ein Wilder?
Am Abend sitze ich mit meinen drei Freunden zusammen, ich habe ihnen alles erzählt und wir diskutieren darüber, warum Liam das getan haben könnte. Es klingelt an der Tür und wir werfen uns überraschte Blicke zu. Das Essen wurde bereits vor einer Weile geliefert und ich erwarte sonst niemanden. Ich öffne und will die Tür sofort wieder zumachen, aber der Mann davor stellt den Fuß dazwischen. Da ich nicht mehr für ihn arbeite, besteht auch kein Grund, höflich zu sein.
"Was willst du hier?", will ich wütend wissen.
Zerknirscht schaut er mich an. "Louis, können wir bitte miteinander reden? Ich glaube, es gibt so einiges, was ich dir erklären sollte."
Auch er wechselt zum vertraulichen Du und schenkt mir ein sanftes Lächeln. "Ich habe Besuch", sage ich knapp. "Warum bist du überhaupt schon zurück? Deine Reise sollte doch eine Woche dauern."
"Das würde ich dir gerne in Ruhe erzählen. Bitte Louis, hör mir kurz zu."
Natürlich haben meine neugierigen Freunde alles gehört und gleich darauf sind sie verschwunden und ich habe keinen Grund mehr, Liam wegzuschicken. So ein Mist. Wieso fallen die Jungs mir so in den Rücken?
"Na gut, du hast fünf Minuten", sage ich und lasse ihn widerwillig herein.
Liams POV
Meine Freunde haben mir am nächsten Morgen die Hölle heiß gemacht, als ich ihnen erzählt habe, was ich angestellt habe. Jetzt stehe ich vor Louis und bin so unsicher, wie noch nie in meinem Leben. Er bedeutet mir sehr viel und ich darf nicht noch einen Fehler machen. Denn ich fürchte, dann verliere ich ihn ganz. Ich atme tief durch, dann bin ich bereit, ihm mein Herz zu Füßen zu legen.
"Ich habe Fehler gemacht, Louis. Vom ersten Tag an habe ich so ziemlich alles falsch gemacht, was man falsch machen kann. Ich war der schlechteste Chef aller Zeiten und das tut mir unendlich leid. Als du in mein Büro gestolpert kamst, unsicher, ein wenig schüchtern und so wahnsinnig gut aussehend, da hast du mir den Atem geraubt. Ich war sofort in dich verliebt, aber ich habe mir verboten, diese Gefühle zuzulassen. Vor zwei Jahren habe ich mich schon mal in einen meiner Mitarbeiter verliebt, das hat kein gutes Ende genommen. Mike hat mich von hinten bis vorne verarscht und versucht, mich auszunehmen." Ich stocke, dieser Schmerz sitzt noch immer tief in mir. Aber es ist absolut falsch Louis dafür zu bestrafen.
Noch immer stehen wir im Flur, aber jetzt deutet Louis auf eine Tür zur rechten. "Möchtest du dich setzen?"
"Gerne, danke Louis."
Im Wohnzimmer sitzen wir nebeneinander auf dem Sofa. Er schenkt mir ein Glas Wasser ein und ich trinke dankbar einen Schluck. Ich fange den Blick auf, den Louis mir zuwirft. Voller Mitgefühl und auch ein wenig geschockt. Naja, ich habe ihm gerade zwischen Tür und Angel gestanden, dass ich in ihn verliebt bin.
"Liam, ich hatte ja keine Ahnung, was dir passiert ist. Trotzdem rechtfertigt das nicht, wie du mich behandelt hast. Weißt du, wie sehr du mich verletzt hast?"
Vorsichtig nehme ich seine Hand und streiche ihm mit dem Daumen über den Handrücken. Das er sie mir nicht entzieht, macht mir Hoffnung. "Ich weiß, dass ich dir sehr weh getan habe. Du leistest tolle Arbeit, aber ich habe sie nie gewürdigt. Der Überfall gestern Abend war falsch, aber ich war eifersüchtig auf Matt. Er hatte in dem Moment das, was ich so verzweifelt will, nämlich dich. Ich habe versucht, mich von dir fernzuhalten, aber ich schaffe es nicht. Louis, du faszinierst mich und ich bin wirklich in dich verliebt. Denkst du, du kannst mir irgendwann verzeihen?"
Er schaut auf unsere Hände, ein kleines Lächeln stiehlt sich auf seine Lippen. "Ich sollte dich zum Teufel jagen, Payne. Da gibt es nur ein Problem." Er nagt an seiner Unterlippe und schaut mich dann an.
"Welches?"
"Ich bin auch in dich verliebt."
Diese Worte wärmen mein Herz und bringen mich zum Lächeln. "Du hast dich in mich verliebt, obwohl ich so ein Kotzbrocken war und dich bei jeder Gelegenheit schikaniert habe?"
"Gefühle kann man nun mal nicht steuern. Du kannst dich ja auch nicht von mir fernhalten."
"Da hast du Recht. Wirst du ins Büro zurückkommen? Bitte Louis, ich werde in Zukunft deine Arbeit auf die Art würdigen, wie du es verdient hast. Du bist gut in deinem Job, wirf das nicht weg."
Louis' POV
Ich bewundere Liam dafür, dass er zu mir gekommen ist und sich entschuldigt hat. Damit beweist er echte Größe. Er hat noch immer meine Hand in seiner und die sanfte Berührung jagt mir einen Schauer über den Rücken. Soll ich es wirklich riskieren, meine Arbeit zu behalten? Was, wenn er sich wieder aufführt, wie ein Arsch? Nun, dann habe ich noch immer die Option, erneut zu kündigen.
"Ich würde meinen Job gerne behalten", sage ich und Liam nickt zufrieden.
"Louis...darf ich...", stottert er unsicher.
Ich rutsche näher zu ihm, lege die Hand in seinen Nacken und ziehe ihn an mich. Kurz vor seinen Lippen verharre ich, das Kribbeln in meinem Bauch verstärkt sich. Langsam überbrückt er den Abstand zwischen uns und dann spüre ich seine Lippen auf meinen. Dieser Kuss ist sanft, zärtlich, liebevoll. Er drückt die Gefühle aus, die wir beide füreinander empfinden. Ich beende den Kuss und schaue in Liams Augen. Obwohl ich ihm gesagt habe, dass ich auch in ihn verliebt bin, kann ich Unsicherheit darin erkennen. Dieser Mike muss ihm sehr weh getan haben.
Zärtlich streiche ich ihm über die Wange. "Wir lassen es ganz langsam angehen. Es gibt keinen Grund, etwas zu überstürzen."
"Danke Louis."
Wir verbringen den ganzen Abend miteinander, ich erfahre einiges über Liam und erzähle ihm was aus meinem Leben. Bis jetzt waren wir Chef und Mitarbeiter, jetzt sind wir ein Paar und lernen uns auf einer anderen Ebene kennen. Am nächsten Morgen finde ich mich pünktlich im Büro ein und ernte überraschte Blicke von den Kollegen.
"Guten Morgen Louis, was machst du denn hier? Ich dachte, du bist mit Payne auf Geschäftsreise?"
"Guten Morgen Mary, war ich auch, aber wir sind schon zurück. Ist Mr. Payne noch nicht da?"
Sie antwortet mir nicht, stattdessen sieht sie über meine Schulter und ihre Augen werden groß. Ich drehe mich um und stehe Liam gegenüber. Er hat einen Strauß Sonnenblumen in der Hand und sofort fange ich an zu strahlen. Er hat sich gemerkt, was meine Lieblingsblumen sind.
"Guten Morgen", sagt er leise und streckt mir die Blumen hin.
Ich nehme sie an mich und schaue ihn unsicher an. Wie soll ich mich jetzt ihm gegenüber verhalten? Darüber haben wir gestern Abend nicht gesprochen. Liam beantwortet meine stumme Frage, indem er mich umarmt und mir einen Kuss auf die Wange gibt.
"Schön, dass du da bist."
"Ich habe es dir versprochen. Danke für die Blumen, sie sind wunderschön."
"Habe ich gerne gemacht. Gehen wir zusammen Mittagessen?"
"Ich würde gerne mit dir Essen gehen."
"Gut, dann bis später."
Nach einem weiteren sanften Kuss verschwindet er im Büro. Mit einem Lächeln schaue ich ihm nach, bis Mary mich anstupst. "Warum bringt Payne dir Blumen, küsst dich und spricht dich mit dem Vornamen an?"
Ich grinse in mich hinein. Vielleicht sollte ich Mary mit Niall bekannt machen, der ist genauso neugierig wie sie. "Er macht das, weil wir zusammen sind, Mary."
Ihr Mund klappt auf, aber sie sagt kein Wort. Zum ersten Mal seit wir miteinander arbeiten, erlebe ich Mary sprachlos. Doch dann umarmt sie mich stürmisch und quietscht vor Freude.
"Ich freue mich für euch, Lou. Mr. Payne war einsam, seit das mit diesem Mistkerl passiert ist. Du tust ihm gut, auch wenn er dich nicht immer fair behandelt hat. Tu ihm bitte nicht weh, er ist im Grunde seines Herzens ein guter Mann."
Mary hat Recht, Liam ist ein guter Kerl. Er wurde verletzt und hat deswegen um sich geschlagen. Das hätte wohl jeder andere auch gemacht. Ich kann es verstehen, weil ich auch schon ein paar Enttäuschungen hinter mir habe.
Liams POV
Fünf Monate später kann ich mir ein Leben ohne Louis an meiner Seite überhaupt nicht mehr vorstellen. Er macht mich komplett, ergänzt mich und bringt mich zum Lachen. Lange war ich nach der Enttäuschung mit Mike der Meinung, dass ich nie wieder einem Mann vertrauen würde. Jetzt bin ich froh, dass ich über meinen Schatten gesprungen bin und ihm eine Chance gegeben habe. Im Büro läuft es besser als je zuvor. Wir sind inzwischen ein eingespieltes Team und ich kann mich stets auf Louis verlassen.
Es klopft und ehe ich reagieren kann, schlüpft mein Freund ins Zimmer. Er legt einen Stapel Akten auf den Tisch und kommt zu mir herum, um sich auf meinen Schoß zu setzen. Liebevoll umarme ich ihn und lächle ihn an. Louis streicht mir durch die Haare und neigt sich zu mir.
"Bekomme ich einen Kuss?", wispert er.
Als Antwort darauf küsse ich ihn zärtlich. Er seufzt leise, nachdem wir uns voneinander gelöst haben.
"Am liebsten würde ich hier sitzen bleiben, aber die Arbeit macht sich leider nicht von allein."
"Stets pflichtbewusst, Mr. Tomlinson", neckt er mich.
"Meistens, ich lasse mich gerne von dir ablenken, aber dann dauert das alles etwas länger."
"Mach dich lieber wieder an die Arbeit, ich habe später eine Überraschung für dich."
Die blauen Augen blitzen vor Freude und noch bevor ich mir erneut einen Kuss von ihm klauen kann, ist er aus der Tür.
Fünf Minuten bevor wir Feierabend machen, gehe ich zu Louis ins Büro, umarme ihn von hinten und küsse ihn in den Nacken. Er legt den Kopf zur Seite, bietet mir mehr Platz für meine Liebkosung.
"Bist du fertig?"
"Mhm, hab grad die letzte Akte abgeheftet."
"Sehr gut, lass uns gehen."
"Verrätst du mir wohin wir gehen?"
"Dann wäre es ja keine Überraschung mehr, Babe."
Wir verlassen das Gebäude und ich chauffiere uns aus der Stadt hinaus. Mit Hilfe seiner und meiner Freunde habe ich einen romantischen Abend geplant und hoffe, ich kann Lou damit eine Freude machen. Vor einem Waldstück halte ich an und er schaut sich verwundert um.
"Willst du mich aussetzen?"
Ich lache leise. "Nein, denn dann würde mir definitiv was fehlen. Komm, wir müssen ein Stückchen gehen."
Gemächlich schlendern wir Hand in Hand den Waldweg entlang. Immer wieder wirft Louis mir fragenden Blicke zu, aber ich weigere mich, ihm alles zu verraten. Eine halbe Stunde später biege ich in den kleinen, kaum sichtbaren Pfad ein und etwa 200 Meter weiter öffnet sich eine Lichtung, auf der eine rustikale Holzhütte steht. Rund um das Häuschen brennen Fackeln, obwohl es noch gar nicht dunkel ist.
"Wow, ist das schön", flüstert Lou.
Ich führe ihn nach drinnen und er kommt aus dem Staunen nicht mehr heraus. Alles ist mit Kerzen und Blumen dekoriert, es duftet verführerisch nach Essen. Die Jungs sind wahrscheinlich erst vor ein paar Minuten in die andere Richtung verschwunden.
"Setz dich, das Essen ist schon fertig."
Ich trage die Teller aus der Küche und sehe, das ihm Tränen über die Wangen laufen. Schnell stelle ich das Essen ab und nehme ihn in den Arm.
"Lou, was ist denn los? Warum weinst du?"
Mit nassen Augen schaut er mich an und schenkt mir ein kleines Lächeln. "Du vertraust mir", sagt er leise.
Jetzt fange auch ich an zu lächeln. Er hat Recht, bis heute war ich eher zurückhaltend, habe immer Zweifel an seiner Liebe gehabt. Dabei hat er mir jeden einzelnen Tag gezeigt, wie sehr er mich liebt und das er ganz anders ist als Mike. Wir sind zu einem Traumpaar geworden, dass alle bewundern. Ich muss grinsen, als ich an unsere neugierige Mary denke. Louis hat sie doch tatsächlich mit Niall verkuppelt und die beiden schweben wie wir auf Wolke 7.
"Ja, ich vertraue dir. Weil du mir jeden Tag aufs Neue zeigst, wieviel ich dir bedeute, weil du mich liebst, wie ich bin, mit allen Fehlern und Macken. Du bist einzigartig, Babe. Ich liebe dich von ganzem Herzen."
"Unter der rauen Schale steckt halt doch ein guter Kerl. Auch wenn ich dich anfangs gerne zum Mond geschossen hätte, weil du wirklich ein Kotzbrocken zu mir warst. Ich liebe dich auch, Babe."
Glücklich umarme ich ihn und werde ihn nie wieder loslassen, weil er perfekt zu mir passt. Louis hat mir gezeigt, wie es ist, wenn man aufrichtig geliebt wird und das möchte ich nie mehr missen. Der Abend in der Hütte wird das schönste Date seit langem, dem noch viele andere folgen werden.
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