Kapitel 6
Ich sende Stoßgebete an Gott, als ich das Klassenzimmer für meine letzte Unterrichtsstunde des heutigen Tages betrete. Die Stunden bis jetzt haben mir jeden der wenigen restlichen drei Nerven geraubt, die ich bis jetzt noch hatte. Es waren äußerst wenig. Und jetzt noch Englisch mit der Abschlussklasse. Meine Schüler sind schon an ihren Plätzen und sehen mich freudig an, während ich zu meinem Pult laufe. „Herr Tomlinson-Styles, sie sind wieder da.", höre ich jemanden sagen, weshalb ich nicke und leicht lächle. Scheiße schmerzt das Styles. All die Jahre hat mein Herz einen Freudensprung Sprung gemacht, wenn ich es hörte, jetzt ist dem Herzklopfen ein unangenehmes Ziehen beigefügt. „Ich hoffe ihr habt euch gefreut, dass ich euch keine EVA Aufgaben gegeben habe" Ich hatte offensichtlicher Weise keine Zeit dazu mir auch nur Gedanken darum zu machen, was sie hätten Analysieren könnten. Ich stelle meinen Rucksack ab und lehne mich ans Pult, ehe ich meinen Blick durch die Klasse schweifen lasse.
„Da ich annehme, dass niemand von euch seine oder ihre Nase in ein Englisches Buch gesteckt hat, werde ich garnicht erst danach fragen. Somit erspare ich mir und euch die unangenehme Stille. Letzte Woche haben wir gemeinsam über die Bedeutung von Shakespeare im modernen Zeitalter gesprochen, hat jemand von euch noch Fragen oder Anmerkungen?" Die Klasse bleibt stumm und schüttelt vereinzelt den Kopf, weshalb ich meinen Ordner aus meinem Rucksack nehme und Arbeitsblätter heraushole. „Wir schreiben dieses Jahr keine Klausuren mehr, aber da ihr nach den Ferien mit dem Vor-Abi anfangt, habe ich euch eine Probeklausur mitgebracht, die ihr heute beobachten könnt. Ihr könnt euch auf dem Schulgelände frei bewegen, ich erwarte euch fünf Minuten vor Ende der Stunde wieder hier, ist das okay für euch alle?" Wie ich es erwartet hatte, sind alle begeistert von der Idee, da es sich in wir sitzen die ganze Zeit am Handy übersetzen lässt. Den Stapel mit den Blättern lege ich auf mein Pult und nicke allen zu. „Bei Fragen könnt ihr zu mir kommen, besprochen wird das alles in unserer Stunde am Freitag. Zwischenzeitlich bin ich aber wie immer in unserer WhatsApp Gruppe zu erreichen."
Kurz darauf bin ich mit einer kleinen Gruppe um zwei Tische herumsitzenden Schülern alleine im Klassenraum und lasse mich auf meinen Stuhl fallen. Die Englischklausur der achten, die ich noch korrigieren muss, nehme ich heraus und mache mich auf meine Verzweiflung bereit, als ich eine Schülerin vor meinem Tisch stehen sehe. „Was gibt es?", frage ich, woraufhin sie mir das Blatt hinhält und auf eine der Fragen zeigt. Schnell lese ich sie mir durch und bemerke, dass es die Aufgabe ist, bei der meine Schüler letztes Jahr die größten Probleme hatten. „Also ich verstehe nicht ganz, wie wir das mit einer Dystopie vergleichen sollen." – „Wir haben letztes Jahr eine Dystopie gelesen und da herausgestellt, was und warum kritisiert wird und jetzt soll dasselbe hier gemacht werden, um das Schlussendlich zu vergleichen." Verstehend nickt sie, nimmt das Blatt und geht zurück zu ihrem Sitzplatz. Um nicht ins Nachdenken zu kommen, stürze ich mich in die Korrektur der Klausuren. Wie immer gibt es welche bei denen ich mich frage, ob die Schüler das absichtlich machen, um mich zu ärgern, aber ich weiß, dass dem nicht so ist. Es gibt auch einige fabelhafte Klausuren, aber die bleiben natürlich nicht so sehr im Kopf wie die, die mir Sorgen bereiten. So vertieft wie ich bin bekomme ich nicht mit, dass der Raum sich immer weiter füllt, bis die Tür zufällt und auch die letzten Schüler den Raum betreten.
Schnell räume ich meine Unterlagen weg, sehe auf und lehne mich in meinem Stuhl zurück. „Hattet ihr Probleme bei der Klausur?" Keine Reaktion. Ich nicke und grinse leicht. „Dann reicht die Ergebnisse bitte bei mir ein, wenn ihr den Raum verlasst." Neunzig Prozent der Anwesenden sehen mich mit großen Augen an, weshalb ich lache und den Kopf schüttle. „Nur ein Spaß, ihr könnt auch so gehen" Ein paar der Schüler stöhnt genervt, aber alle verabschieden sich freundlich von mir, bis ich alleine im Klassenraum bin.
Nachdem ich alles zusammengepackt habe, mache ich mich auf den Weg ins Lehrerzimmer, wo ich freudig von Zayn, Liams Freund, begrüßt werde. „Hey Lou, wie geht es dir?" – „Liam hat's dir erzählt?", frage ich, obwohl ich mir die Frage hätte sparen können. Natürlich hat Liam es ihm erzählt, die beiden sind schließlich zusammen und teilen so ziemlich ein Gehirn. „Muss, oder?" Zayn nickt und zieht mich in eine kurze Umarmung, ehe er mir eine Packung Oreo Kekse hin hält und den Kopf leicht schief legt. Dankbar nehme ich die Kekse entgegen und stecke sie in meinen Rucksack, ehe ich die Kaffeetasse von meinem Tisch nehme und diese in den Geschirrspüler räume. Zayn tut es mir gleich und schultert seine Tasche, als wir wieder an unserem Tisch ankommen. „Fährst du nach Hause?" – „Ich weiß es noch nicht", antworte ich wahrheitsgemäß und sehe Zayn an, welcher seine Zigarette anzündet und verstehend nickt. Ich weiß, dass sowohl Liam und auch Zayn mich in jeder Entscheidung, die ich treffe, unterstützen würden, aber ich möchte unbedingt die richtige treffen. Zayn wird es nicht aktiv beeinflussen wollen, dazu ist er zu ehrlich. „Was würdest du tun?" Zayn zieht länger an seiner Zigarette, als er es normal tut, weil er offensichtlicher Weise seine Antwort herauszögern möchte. „Ich würde mit ihm reden. nicht unbedingt, um ihm direkt zu verzeihen, aber um ihn wenigstens anzuhören. Ob du ihm je verzeihst, ist deine Entscheidung, die dir niemand abnehmen kann, aber ich würde ihn zumindest anhören." Seufzend schüttle ich den Kopf und sehe Zayn fragend an.
„Ich weiß nicht, wie du dich fühlst Louis, nicht im Geringsten und wenn ich ehrlich bin, hoffe ich, dass sich diese Tatsache niemals ändert. Aber wie ich bereits sagte, würde ich mir zumindest anhören, was er zu sagen hat...", er macht eine kleine Pause und pustet den Rauch aus seiner Lunge, ehe er kokett grinst, „ihm eine reinhauen kannst du danach immer noch."
Ich weiß schon, warum Zayn und ich befreundet sind. Weil wir denselben Humor teilen und weil ich ihn und Liam verkuppelt habe. „Tschuldige, aber ich muss jetzt, bin mit Lima verabredet", murmelt Zayn, klopft mir grinsend auf die Schulter und verabschiedet sich mit einem nicken von mir. „Viel Spaß", rufe ich ihm hinterher, ehe ich mich auf den Weg zu meinem Wagen mache. Warum zur Hölle auch, hat unsere Schule keinen Lehrerparkplatz? An meinem Auto angekommen bin ich mir immer noch nicht sicher, wo ich jetzt hinfahren werde. Zayn's Worte hängen mir schwer im Gedächtnis und bringen die Entscheidung zu meiner Mom zu fahren zum Bröckeln. Harry will mit mir reden, das macht er mir mit allen seinen Nachrichten, die ich ignoriere, ziemlich deutlich. Nervös sitze ich hinterm Steuer und fahre mir durch die bis jetzt ordentlich gemachte Haare.
Alles was ich möchte, ist zu meinem Mann nach Hause kommen, mich in seine Arme kuscheln und mit ihm über Gott und die Welt reden, aber dieses kleine Detail letzte Woche macht es mir unmöglich.
Ich entscheide mich einfach von meinen Gefühlen leiten zu lassen, als ich aus der Parklücke fahre und den Weg ins unbekannte einschlage. Zehn Kreuzungen weiter weiß ich, dass ich nach Hause fahre. Vor Nervosität sind meine Hände so fest ums Lenkrad geklammert, dass die Knöchel weiß heraustreten, aber als ich sie testweise davon löse, zittern sie unkontrolliert. Genervt von mir selber fahre ich mit meinen Händen über mein Gesicht, schüttle meinen Kopf und lehne mich gegen die Kopfstütze. Es kann nicht sein, dass ich nervös bin, nach Hause zu kommen. Gott, das kann doch alles nicht wahr sein. Das ist alles ein riesen Haufen Bullshit, ich kann es kaum fassen. In der Hoffnung alleine zu sein, nehme ich sowohl meinen Rucksack als auch die Reisetasche und steige aus. Meine Knie sind so weich, dass sie mir fast wegknicken, sobald ich nicht mehr sitze. Ich krame meine Schlüssel hervor und schiebe den passenden ins Schloss, wo ich nach einmal im Schloss umdrehen sicher weiß, dass Harry da ist. Verdammt. Ich habe nicht im Geringsten die Kraft ihm jetzt schon gegenüberzutreten, geschweige denn ihm eine zu klatschen, um die Wut in mir loszuwerden. Wenn ich ehrlich zu mir selber bin, könnte ich Harry wahrscheinlich niemals schlagen. Ich halte mein Atem an, als ich die Tür öffne und das Haus betrete. Sofort schlägt mir der altbekannte Geruch von zuhause entgegen und mein Herz zieht sich zusammen, als ich meine Schuhe neben Harrys stelle und meine Tasche daneben fallen lasse. „Ni? Bist du das?", schallt Harrys Stimme durch den Flur, weshalb ich zum Wohnzimmer sehe, woher die Worte stammen.
Ich sage nichts, sondern fahre durch meine Haare und bleibe auf der Stelle stehen. Harry erscheint im Türrahmen und bleibt abrupt stehen, als er mich erblickt, aber auch ich mustere ihn aufmerksam. Seine Haare liegen ihm flach in die Stirn, er trägt mein Doncaster Rovers Sweatshirt und graue Jogginghosen, die in seine Socken gestopft sind. Seine Augen sind mit tiefen Schatten verziert und auch wenn er weit von mir weg steht, erkenne ich, dass seine Haare seit einigen Tagen nicht mehr gewaschen wurden. Er sieht scheiße aus und ist dennoch der schönste Mensch, auf den ich je meine Augen gerichtet habe.
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hi, Freunde der Sonne
ich freue mich sehr endlich wieder zu updaten, denn wenn ich ehrlich bin habe ich es in den letzten Tagen einfach vergessen.
Was sagt ihr zu Zayns Auftreten und wie findet ihr, dass Lou nach Hause gefahren ist? Harry wird hoffentlich eine gute Erklärung parat haben, nicht?
love, j x
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