- 8.5 - Viridis Lucidus
Das Handy in ihrer Hand tutete nicht lange, bis Shawn abhob. Sofort fragte er, wie es ihr ging. Dabei hörte sie eine leichte Panik aus seiner Stimme heraus.
Laya war gerade auf dem Weg zu Connys Elternhaus, wo sie sich vermutlich aufhielt seit den dramatischen erst kürzlich geschehenen Ereignissen. Sie wollte sich erkundigen, ob es ihren Freundinnen gut ging. Nach einigen fehlgeschlagenen Anrufen an Luna, sah sie sich gezwungen Shawn anzurufen. Sie machte sich sorgen, da sie am Vormittag noch mit Kreislaufproblemen geklagt hatte.
"Hat es dich auch erwischt?", fragte er, anscheinend unsicher, ob es Laya wirklich gut ging.
"Ja, aber es ist nichts weiter passiert. Timo war ja dabei."
"Gut."
Es war kurz still, bis Laya entschloss, ihn nach der Suche der Steine zu fragen, da sie ja an dem heutigen Tag fahren wollten.
"Wir werden heute nicht gehen", erklärte er. Es war ihm anzuhören, dass etwas nicht stimmte und Laya hatte eine leise Vermutung, dass es an Luna hing. Sie hoffte sehr, dass sie nicht recht behielt, aber Shawns Antwort machte einen anderen Eindruck. "Diese Fluktuation der Raum-Zeit Erschütterung hat die Mission etwas beeinträchtigt. Luna ist bisher noch nicht aufgewacht."
Laya schüttelte ungläubig den Kopf. Sie wollte sich das Schlimmste gar nicht ausdenken. "Denkst du... denkst du, sie wird bald aufwachen?"
"Sie muss aufwachen", erklärte er nur trocken darauf. "Aber ich freue mich, dass bei dir alles in Ordnung ist."
"Ich bin gleich auch bei Conny und schaue nach ihr. Ich hoffe, dass es da bessere Nachrichten gibt."
Shawn ließ nur ein zustimmendes Gemurmel verlauten.
"Sobald ich was von ihnen weiß, schreibe ich dir nochmal", danach legte Laya auf und bog in die Straße ein, in der die Miracles wohnten.
Das Natursteinhaus wirkte zwischen den anderen Häusern, die eher viktorianisch gestaltet waren, klein, gemütlich und fehl am Platz. Die Haustür lag im Schatten, da die Sonne von der anderen Seite auf das Haus schien.
Peter lugte durch den Türspalt. Er sah angespannt aus, seine Schultern waren hochgezogen und sein Gesicht war zu einem gestressten Blick verzogen. Als er Laya erblickte, sanken seine Schultern etwas ab.
"Sie ist wieder wach und sitzt mit ihrer Mutter auf der Couch. Du kannst gerne reinkommen, wenn du möchtest, Laya", wieder betonte er ihren Namen auffällig.
"Danke, Mr Miracle", er zog die Tür weiter auf und Laya drängelte sich vorbei ins Wohnzimmer. Dort saßen Conny und Quinn eingemummelt in Decken auf der Couch. Beide hielten dampfende, mit Blumen verzierte Tassen in den Händen. In Connys Tasse schienen auch Marshmallows zu schwimmen. Sie fischte gerade einen heraus, als sie Conny bemerkte. Sie begann zu lächeln und deutete ihr, sich zu ihnen auf das Sofa zu setzen.
Während Laya sich neben Conny setzte, räusperte sich Peter, um Layas Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Sie blickte zu ihm und bemerkte, dass er seinen Blick von ihrem Armband losriss.
"Möchtest du auch etwas trinken?", fragte er schließlich.
"Ja, gerne." Laya bedankte sich bei Peter und wandte sich ihrer Freundin zu. Dabei schob sie ihren Ärmel etwas über das Armband.
"Ich wollte nur nachsehen, ob es dir gut geht. Luna ist noch ausgeknockt.. und ich hatte Angst, dass es hier nicht besser aussieht, aber", sie deutete auf Connys heiße Schokolade, "du scheinst ja im Zuckerhimmel gelandet zu sein."
Conny schaute mit leuchtenden Augen auf ihren Marshmallow-Kakao, ein dickes Grinsen in ihrem Gesicht.
"Ja, oder? Seit wir wieder wach sind verwöhnt Dad uns mit Leckereien und Aufmerksamkeiten", liebevoll lächelnd sah Conny Richtung Küche, in der Peter Laya gerade einen Earl Grey zubereitete.
"Oh je, das hat jetzt auch Tote betroffen?", zwinkerte Quinn ihr zu.
Laya sah Quinn zunächst verwirrt an, bevor sie bemerkte, wo ihr Fehler lag. Sie schlug sich die Hände vor den Mund. Wie konnte sie nur vergessen, dass Peter nicht eingeweiht war.
"Es tut mir so leid, schwarzer Humor ist meine Art damit umzugehen.. Lunas Tod hat mich sehr mitgenommen", gab Laya bedeutungsvoll zurück.
"Ah, Laya, ich wollte dir noch was zeigen, was ich aus Minden Város mitgehen lassen habe", flüsterte Conny ihr leise zu. Sie befreite sich aus ihrer Decke, stellte ihre Tasse auf dem Couchtisch ab und verschwand nach oben.
"Wenn hier jetzt so eine Aufbruchsstimmung ist, gehe ich wohl mal auf Toilette", langsam erhob sie sich und ging Richtung Bad davon.
Währenddessen machte Laya es sich auf der Couch bequem und zog sich selbst eine der Decken über die Beine. Die Grüne mit den verschiedenfarbigen Streifen mochte sie am liebsten.
"Wo sind denn alle hin?", fragte Peter leicht besorgt, als er ihren Earl Grey vor ihr abstellte.
"Also Conny wollte was holen und Quinn ist aufs Klo gegangen", antwortete sie. Er nickte beruhigt, als sein Handy anfing zu klingeln.
"Entschuldige, da muss ich rangehen", kündigte er an und ging schnellen Schrittes durch den Durchgangsbogen in die Küche.
"Miracle... Ja, ich weiß", hörte sie Peter noch dumpf aus der Küche sprechen. "Da bin bin dran." Nach einer kurzen Stille fügte er dann noch hinzu: "Ich weiß, dass ich mich beeilen muss... Ich instruiere das Team nochmal."
Durch Connys Poltern auf der Treppe, konzentrierte sich Laya wieder auf ihre Freundin, die sich mit einer Pflanze in der Hand und einem Chamäleon auf der Schulter neben ihr auf die Couch plumpsen ließ.
"Bereite mehr Experimente vor, ich kümmere mich um Versuchs...", vernahmen sie beide aus der Küche und verklang im Flur des Hauses.
Conny beugte sich zu Laya herüber und flüsterte: "Solche Gespräche führt er, seit das gestern passiert ist. Ich bin nicht so lange weg gewesen, aber Mum ist erst mitten in der Nacht wieder zu sich gekommen. Dad ist die ganze Zeit nicht von unserer Seite gewichen. Er ist sogar erst ans Telefon gegangen, als er wusste, dass wir beide wohlauf sind." Sie schüttelte leicht ihren Kopf, so als könnte es Conny helfen, ihre Gedanken zu sortieren.
Verwundert musterte Laya die Pflanze auf Connys Schoß und zog eine Augenbraue nach oben. Viele lange Ranken wucherten aus dem kleinen Stumpf, der aus der Erde ragte. Am Ende der Ranken waren knospenartige Auswüchse, die sich kräuselten. Die Blüte sah aus, als würde sie dutzenden Tropfen bestehen, die sich wie Tränen am Stängel herunterhangelten. Der Farbverlauf der Blütenblätter waren durchgehend weiß-gelb-grün.
"Die Pflanze hat Fred aus Minden Varos gerettet. Sie wächst wohl angeblich nur dort. Sie heißt Viridis Lucidus. Er wusste leider nicht mehr genau, was sie kann, aber", jetzt sah Conny Laya bedeutungsvoll an, "Fred meinte, dass alle drei Monate zum dritten Tag des abnehmenden Mondes die Knospen aufblühen und eine Flüssigkeit heraus tropft. Vielleicht ist das ja nützlich für... naja, unsere Aufgabe."
Laya betrachtete die Pflanze nun eindringlicher. Sie sah nicht wirklich vielversprechend aus. Den Blick von der Pflanze losreißend, begann sie zu sprechen: "Hattest du während des Blackouts etwas gesehen? So etwa wie Visionen oder Träume?"
"Nicht wirklich, nein. Also es hat sich eher angefühlt wie schlafen, nur dass ich mich nicht erinnern kann, eingeschlafen zu sein. Und vorher hatte ich Kopfschmerzen, dachte aber, dass es an meiner Periode liegt."
Conny blickte von der Pflanze auf und Laya direkt in die Augen: "Anscheinend hast du was gesehen. Was war es?"
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