Besuch
NICO
„Sie ist perfekt!"
Freudestrahlend nippte Nicos Mutter an ihrem Tee. Henry Ellesedil schmunzelte und sagte: „Sie ist genauso dickköpfig wie eine gewisse andere Omega hier im Raum. Odela erinnert mich sehr an dich, Katharina, als wir beide zusammengekommen sind. Du warst auch ein kleiner Sturkopf und hast dich ewig gegen meine Avancen gewehrt." Katharina lächelte und strich mit den Fingerspitzen über die Kinnlinie ihres Gefährten.
„Na, wie gut dass du nie aufgegeben hast!"
Der königliche Alpha lachte leise und zog seine Frau in die Arme. „Niemals!" bestätigte er und küsste sie zärtlich auf den Mund. Nico hob eine Augenbraue und fragte: „Braucht ihr zwei eine Minute? Soll ich rausgehen...?"
Ein leises, tiefes Lachen ließ die königliche Familie den Kopf drehen und zu Lex hinüberschauen. „Was," fragten alle drei gleichzeitig, das brachte den Beta noch mehr zum lachen. Dann hob er abwehrend die Hände und sagte: „Ich hab nichts gesagt!"
Nico verdrehte die Augen und grinste, als es auf einmal an der Tür klingelte.
„JAAAACE?!" brüllte der junge Alpha und Katharina maulte:
„Nico! Dein Bruder ist kein Türöffner!"
Der Angesprochene sah grinsend zu Lex und sagte: „Aber er kann es so gut!"
Sein Freund kicherte immer noch, während er lostrabte, um zu öffnen.
Tadelnd mit dem Kopf schüttelnd musterte Katharina ihren ältesten Sohn. „Also wirklich, Nico! Dein Bruder wird ein Krieger werden... Du solltest ihn mit etwas anspruchsvolleren Aufgaben belegen als mit dem Öffnen einer Tür!"
Henry grinste breit und meinte: „Ach, Liebling... So sehr ich Jace auch liebe. Seien wir doch mal ehrlich, der Kleine braucht eine gehörige Dosis an Bescheidenheit. Er ist ein bisschen arrogant geraten! Nico macht das schon ganz richtig so..."
Viele Stimmen die aus dem Flur zu ihnen drangen, enthoben Nico einer Antwort und unterbrachen den aufkeimenden Streit zwischen den Eheleuten Ellesedil. Lex steckte den Kopf in die Küche und sagte: „Jooo... wir haben Besuch! Viel Besuch!"
Fröhlich klatschte Katharina in die Hände und rief: „Oh! Sie sind schon hier, wie wundervoll!"
Nico sah zu seinem Vater und hob fragend die Augenbrauen. Der ließ seine Gefährtin los, die sofort im Stechschritt in den Flur stürmte und dabei den Beta über den Haufen rannte.
„Herzlich willkommen hier in der Eifel!! Mein Name ist Katharina Ellesedil und... oh, ihr habt eure Welpen mitgebracht!!! Göttin, was seid ihr denn für niedliche kleine Wonneproppen?" Zum Schluss quietschte die königliche Omega vor Freude. Ein Bellen und Kläffen war zu hören, dann preschte ein schwarzer Welpe mit aufgeplustertem Fell in die Küche und prallte gegen Nicos Bein.
Verwundert beugte sich der junge Mann runter, schob die Hand unter den Winzling und hob ihn hoch. „Emma?" fragte er verwirrt und die Kleine leckte begeistert seine Nase ab. Kurz danach ließ ein erbarmungswürdiges Winseln neben seinem linken Schuh Nico den Blick senken. Aus riesigen Kulleraugen blickte ihn ein schneeweißer Welpe an und kratze mit den winzigen Pfötchen an seiner Hose. Der Alpha drückte seinem Vater kurzerhand die kleine Emma in die Arme, dann bückte er sich nach dem zweiten fiependen Fellknäul. „Elias..." zustimmend bellte der Winzling, wedelte eifrig mit der Rute und kaute dann auf dem kraulenden Finger des jungen Alphas herum. „Au... na, da hat ja wer Zähnchen bekommen," murmelte er versonnen und ein leises amüsiertes Prusten vom Flur brachte die beiden Männer dazu, sich umzudrehen. Eine weißhaarige Schönheit stand in der Tür und strahlte Nico voller Freude an. Der lachte, trat zu ihr und schloss sie in die Arme. „Alia! Wie schön dich zu sehen! Geht es dir gut? Und deinen Gefährten?"
„Danke der Nachfrage.. uns gehts großartig!" Grayson Blackford trat hinter seiner Omega in die Küche und umarmte Nico kurz, dann sah er zu Henry und hob den Kopf, zeigte die Kehle als Zeichen der Unterwerfung.
Der königliche Alpha stand auf und winkte freundlich ab. „Nicht doch! Meine Gefährtin und ich sind nicht offiziell unterwegs, Alpha Blackford. Da sind Gesten der Unterwerfung nicht erforderlich!" Gray lächelte und nickte, dann wurde aus dem Lächeln eine Grimasse, als klein Emma erst heftig knurrend an dem Hemdkragen Henrys zerrte und dann jaulend auf Tauchstation über die muskulöse Brust des älteren Mannes in Richtung Hosenbund ging.
„Emma!" knurrte der älteste des Blackford Triumvirats warnend und eine glockenhelle Stimme aus dem Flur rief: „Ja? Gray, was ist?" und nur Sekunden später schlüpfte eine zierliche rothaarige Frau in den Raum. Unter den einen Arm ein Stofftier geklemmt, in dem anderen ein gigantisches Kissen, dass den großen Babybauch nur unzureichend verdeckte. Lia kicherte und sagte zu ihrem Gefährten: „Ooookay... ich geb's zu.. ihr hattet recht. Es IST verwirrend!" Henry langte derweil hinter dem vorwitzigen Welpen her, erwischte die Kleine kurz bevor diese seinen Gürtel durchkauen konnte und zog den sich heftig sträubenden Frechdachs wieder ans Tageslicht. Verwirrt sah sich klein Emma mit völlig zerzaustem Fell um und meckerte schließlich den obersten Alpha laut an.
„Es tut mir leid!" flüsterte Alia und nahm das aufgepuschelte kläffende Fellbündelchen aus Henrys Armen. Der lachte nur und sagte: „Ich bitte dich, Luna. Welpen haben doch Narrenfreiheit bei uns. Und deine beiden sind wirklich zuckersüß!"
Alia errötete ob des Lobes und stipte ihrer Tochter auf die kleine Nase. „Genug jetzt! Hier... geh deinen Papa nerven... LUCAN!!!" Der gerufene kam augenblicklich angestürmt und schnappte sich nach einem fröhlichen ‚Hallo' seine Tochter. Während der jüngste Blackford-Drilling die Küche wieder verließ und dabei liebevoll mit dem immer noch maulenden Welpen schimpfte, streckte die erwachsene Emma verlangend ihre Hand - Kissen und Stofftier hatte sie inzwischen fallen gelassen - nach Elias aus und überschüttete den Kleinen mit Küsschen, nachdem Nico ihn in ihre Arme gelegt hatte.
„Okay... nicht dass ich mit nicht freue, euch zu sehen.. aaaaber... was macht ihr alle hier?" fragend sah der junge Mann zu Grayson und dann zu seinem Vater. Henry, der sich wieder hergerichtet und das Hemd zurück in die Hose gestopft hatte, sah auf und sagte: „Wir haben sie eingeladen... alle Alphas und ihre Lunas der drei verbündeten Rudel. Da die Gerichtsverfahren um Adam und Henning in Bälde anstehen, dachten deine Mutter und ich, dass es ganz sinnig sei, die beteiligten schon vorab einmal kennenzulernen... ganz unbefangen, auf neutralem Boden so zusagen..."
Nachdenklich nickte sein Sohn und antwortete: „Gute Idee... lasst uns doch dann einmal ins Wohnzimmer gehen, dort ist mehr Platz und ich gebe ein paar meiner Rudelmitglieder Bescheid, damit wir alle sich später was zwischen die Kiefer bekommen."
Konstantin Blackford kam ihnen auf halber Strecke entgegen und klatschte sich kurz mit Nico ab, neigte den Kopf vor Henry und sagte: „Die Betas haben vorgeschlagen, gemeinsam jagen zu gehen. Dann haben wir alle etwas Ruhe um miteinander zu sprechen und die Jungs...." „ ... UND MÄDELS!" brüllte Sam von vor der Haustür „ ... und Mädels können sich etwas auspowern!" Nico nickte und rief: „Gute Idee! Mila steht auf Wildschwein! Behaltet das in Hinterkopf und jagt nicht nur Rehe!!!" Ein vielstimmiges Heulen war die Antwort, welches jedoch abrupt verstummte. Stirnrunzelnd drehten sich sämtliche Alphas und Gefährtinnen zur Tür.
Da die beiden Flügel der großen Doppeltür sperrangelweit offen standen konnten sie durch den geräumigen Flur direkt nach draußen sehen... die acht Betas in ihrer Wolfsform standen halb geduckt völlig regungslos wie Statuen da, das Fell gesträubt, die Fänge gebleckt und starrten zum Wald hin.
Ein eisiger Stromstoß zuckte durch Nicos Körper, dann brüllte sein Wolf und der Alpha rannte los ... Sein Vater folgte ihm auf dem Fuß.
„ODELA!!!" schrie Nico und erreichte zeitgleich mit den Betas und den alarmierten Mitgliedern seiner Alphagarde die beiden blutüberströmten Gestalten.
Jace und Odela stützten sich gegenseitig und beide bluteten unterschiedlich stark. Jace hatte es in der Brust erwischt, Dela am Hals. Als Nico sie erreichte, entglitt Jace' Arm ihr und der angehende Gamma wurde von seinem Vater aufgefangen.
„Es ..tut mir ...leid. Ich hab versucht ... ihn zu tragen... ich... er... wird er wieder gesund... bitte... Nico... er hat mir das Leben gerettet... er muss wieder gesund werden!!!!" Odela versuchte wieder nach Jace zu greifen, ihre himmelblauen Augen weit aufgerissen und glasig durch den Blutverlust. Nico legte beide Hände an ihre Wangen und zwang die junge Frau so, ihn anzusehen.
„Mein süßes... beruhig dich! Jace ist ein Alpha. Wenn er nicht eine Silberkugel ins Gehirn bekommen hat, wird er wieder. Hörst du mich, Liebling?" Odelas Blick wanderte ziellos umher, ihr Atem war keuchend und schließlich begannen sowohl Nico wie auch Henry zu schnurren um die völlig aufgebrachte und desillusionierte Omega wieder zu erden. Selbst Jace der entkräftet von seinem Vater gestützt wurde, stimmte etwas gebrochen in den beruhigenden Laut ein und keuchte: „Hey, kleine Blondie... Mir gehts gut! Unkraut wird man doch nicht so schnell los... außerdem hab ich noch ein paar Killer-Blondinen Witze auf Lager, ich kann nicht abtreten, bevor du die alle gehört hast!!" Nico hatte Odela derweil auf die Arme geschaufelt und so waren sie, umgeben von dem Kreis riesiger Wölfe seiner Alphagarde wieder am Haus angekommen. Ohne ein weiteres Wort pflanzte Henry seinen jüngsten auf die eine Liege des Krankenzimmers und riss mit einem Ruck sein T-Shirt auf. Jace' Selbstheilung hatte die Kugel bereits an die Oberfläche befördert, sodass der oberste Alpha das Metallstück einfach rausziehen konnte. Erleichtert seufzte der angehende Gamma und eine schwarzhaarige junge Frau trat zu ihm hin. „Lass mich mal sehen.." Unwirsch wollte Jace sie wegschieben, als sie ihm resolut auf die Finger schlug. „Ruhe jetzt, setz dich wieder auf deine vier Buchstaben und halt gefälligst still!" schimpfte sie. „Lass mich raten... du bist Sarah?! Ganz die Mutter!" maulte der junge Mann genervt, während sein Vater nur mit dem Kopf schütteln konnte. „Junge... tu mal, was man dir sagt. Und nachdem, was ich über Sarah gehört habe, solltest du dich echt nicht mit ihr anlegen!" Ein leises kurzes Auflachen an der Tür veranlasste die junge Frau den Kopf zudrehen und ihren Gefährten, der gerade Anstalten machte einzutreten liebevoll anzusehen. „Wolfsjunge? Komm bloß nicht auch noch rein. Hier wird's echt zu voll! Sieh lieber zu, ob ihr nicht den Schützen erwischt!" Ace Cunningham wurde schlagartig ernst und nickte mit zusammengebissenen Zähnen. „Wir machen uns auf die Suche... wenn du was brauchst, brüll einfach!"
„Spinner," murmelte Sarah mit einem zärtlichen Lächeln und widmete sich wieder ihrem Patienten.
Adeline hatte sich indes vor Odela aufgebaut und nach einigen erfolglosen Versuchen Nico zu überreden, die Omega auf die zweite Liege im Krankenzimmer zu setzen behandelte sie die junge Frau also nun in seinen Armen im Wohnzimmer. Emma watschelte aufgebracht, getrieben von Schwangerschaftshormonen und voller Sorge in Kreisen um die Couch herum, gefolgt von Jackson Boldren, ihrem Gefährten und Alpha des Rheinlandes. Da Emma hochtragend war und sich schon eine angeschossene Omega im Raum befand, war das Seelentier des Mannes in höchster Alarmbereitschaft und scannte die Umgebung für potenzielle Gefahren gegenüber seiner Gefährtin. Behutsam reinigte Adeline die Wunde und untersuchte sie dann gründlich.
Dann seufzte die Kräuterheilerin erleichtert und richtete sich auf.
„Wir haben Glück im Unglück... Hätte Odela nicht vor kurzen das Heilmittel für Omegas bekommen, wäre sie jetzt tot. Aber sie hatte noch genug davon im Kreislauf um das Schlimmste zu verhindern. Die Wunde schließt sich schon." Mit ruhiger Hand verband Adelheid Delas Hals und strich der völlig wirr dreinschauenden Frau eine blonde Locke aus dem Gesicht. „Das wird wieder... du brauchst jetzt was zu trinken um den Blutverlust auszugleichen und dann ein paar Stunden Schlaf."
Panisch ergriff Odela die Hand der Heilerin und fragte: „Und Jace? Braucht er was von dem Heilmittel? Er muss wieder gesund werden!!!" Sieben Alphas begannen beruhigend zu schnurren und Delas Angstattacke legte sich langsam wieder. Kurz darauf kam Jace ins Wohnzimmer und ließ sich auf einem Sessel gegenüber nieder plumpsen. „Siehst du, mein Sturköpfchen... ihm gehts gut. Eine Mütze Schlaf und morgen nervt Jace dann wieder mit seinen grottenschlechten Witzen!" flüsterte Nico leise in Delas Ohr, während er mit seiner Nase an ihrem Hals entlang strich.
Der Besagte linste seinen großen Bruder aus einem Auge an und maulte: „Ey... die sind gut! Du hast nur keinen Sinn für Humor!" Katharina verdrehte die Augen und stopfte ein Kissen in seinen Rücken. „Darüber könnt ihr morgen streiten! Jetzt zu etwas Wichtigem!!! Hast du den Schützen gesehen?"
Jace' Blick verdunkelte sich und tiefes Mitleid lag darin, als er Odela ansah.
Langsam nickte er und presste schließlich hervor:
„Ja.... Es war ... Delas Mutter..."
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro