Kapitel 83
Das kühle Metall des Revolvers presst sich an meine Schläfe, während Buzz mit seinen großen Händen meine Arme in einer unnatürlichen Position auf meinen Rücken verdreht.Ich bin vollkommen wehrlos, ihm ausgeliefert. Mein Körper vollkommen taub, kraftlos. Mein Inneres vollkommen ausgesaugt. Leer. Ich fühle mich so leer. Mein Herz schlägt dumpf in meiner Brust. Eins. Zwei. Drei.
Es war so weit...
Liebe würde mich endlich in den Tod reißen.
Meine Augen richten sich ein letztes Mal auf das markante Gesicht vor mir, sein schlanker, athletischer, hochgewachsener Körper erscheint mir wie in einem Traum, während ich all seine Eigenschaften in mich aufsauge.Statt die Anziehungskraft zwischen uns zu ignorieren, den Kontakt zu seinen braunen, tiefen Augen zu durchstoßen, gebe ich mich ihm nun für ein letztes Mal vollkommen hin, die letzte Stunde vollkommen vergessen. Und auf einmal sehe ich ihn vor mir, sehe ihn vor mir in all seinen Facetten. In all den Augenblicken, die wir zusammen verbracht hatten. Momente voller Freude, aber auch Momente voller Trauer.
Ich schließe meine Augen und schwelge für einen kurzen Moment in den Erinnerungen, schwelge in den letzten Erinnerungen, die mir auf dieser Erde bleiben würden. Sein Lachen dringt nun durch meinen Kopf, Schneeflocken tanzen plötzlich vor meinem inneren Augen, weiße, silbrige Kristalle, gefolgt von einem hohen Kinderlachen, das obwohl es nicht real war, so verdammt real in meinem Kopf widerhallt, dass sich eine tiefe Eiseskälte durch meinen Körper beißt. Ich presse meine Augen zusammen und lasse mich für einen Moment von der Kälte mitreißen, lasse sie meinen Körper ummanteln, bis ich das Gefühl habe, dass mein Körper in eine dichte Eisschicht gehüllt ist. Taub und regungslos.
Ich öffne meine Augen, dumpf dringt eine Stimme an mein Ohr, doch meine Augen sind auf seine gerichtet, die mich nicht loszulassen scheinen. Tiefe, dunkle Pupillen scheinen mich in sich aufzusaugen. Angst, zerrissen voller Schmerz, spricht aus seinen Augen, schwemmt wie eine Welle über mich, durchbricht für einen klitzekleinen Moment die Eiseskälte um mich und in mir. Sehnsucht brennt sich durch mich hindurch, mein Blick ein letztes Mal voller Emotionen auf ihn gerichtet.
Ich war bereit, ich war bereit zu gehen.
Ich würde ihn vor seinem Vater retten.
Plötzlich, reißt mich etwas mit einem Ruck zurück, der Schmerz nicht mal annähernd so schlimm, wie der Schmerz in meinem Inneren. Ich höre eine Stimme, die nun immer lauter an meinem Ohr wird.
„Sieht so aus, als ob die Kleine einen Narren an dir gefressen hat!"
Das kühle Metall der Pistole wandert nun meine Schläfe entlang bis zu meinem Hals. Ein eiskalter Schauer breitet sich auf meinem Rücken aus, die Nackenhaare stellen sich auf, als ich spüre, wie sich etwas Hartes in meinen Rücken bohrt.Gleich darauf wird mir schlecht.
„Konnte gar nicht schnell genug rennen, um zu dir zu kommen, Sohn.." Ein höhnisches Lachen dringt aus Buzz Macaulays Mund, gefolgt von einem nun wütenden Knurren, das aus Finlay's Mund kommt.
„Nenn mich niemals wieder deinen SOHN! Ich bin alles Andere, aber nicht dein verfickter Sohn!"Seine Stimme hallt von den Wänden ab, seine Haltung ruhig, doch als meine Hände kurz zu seinen geballten, nun zitternden Händen wandern, fällt mir auf, dass er alles andere als ruhig ist.
„Na, Na, Na, wir wollen doch nicht frech werden!", Buzz schnalzt mit seiner Zunge, bevor er in einer flinken Bewegung die Pistole wieder an meinen Kopf presst.
„LASS SIE LOS!"Plötzlich durchbricht eine weitere Stimme unsere Konversation. Sie ist die Stimme meines Ehemanns. Ich hatte ihn vollkommen ausgeblendet.
„Aiden..", beginne ich schwach, versuche ihm mit meinen Augen zu signalisieren, dass er sich nicht einmischen soll. Doch Aiden und ich hatten uns noch nie ohne Worte verstanden. Das war immer eine Schwachstelle unserer Beziehung gewesen.
Ich beobachte, wie Aiden einen weiteren Schritt nach vorne macht. Die Hand, die sich zuvor um meine Arme geschraubt hat, lässt mich plötzlich los, stattdessen wird mein Kopf erneut nach hinten gerissen, bevor sich ein langer, männlicher Arm nun um meinen Hals schlingt und mich würgt. Meine Beine fühlen sich plötzlich schwer an, die Kraftlosigkeit von vor ein paar Minuten schwappt wieder über mich, hält die Welle von Adrenalin nun unter Wasser.Ein halb erstickter Laut verlässt meine Lippen, meine Pupillen vergrößert vor Angst, die nun langsam die Taubheit in meinem Körper durchbricht.
„Ella !"Ein Schrei bricht aus Aiden's Mund und dann bricht die Hölle los. Alles passiert so schnell, dass meine Augen nicht mehr hinterherkommen. Von einer auf die andere Sekunde werde ich losgelassen, vor mir verschwommene Körper, die sich auf dem Boden wälzen und dann plötzlich keine Sekunde später, höre ich ein höhnisches Lachen.
Buzz richtet sich auf, steht nun über Aiden, der auf dem Boden liegt und sich schmerzend die Seite hält. Ich sehe wie ein Blutfleck durch sein T-Shirt dringt.
„Junge du musst noch viel dazu lernen.."Buzz schüttelt den Kopf, als er plötzlich seinen Fuß hebt und mit voller Wucht zutritt. Ein lauter, panischer Schrei dringt durch den Raum, den ich ein paar Sekunden später, als meinen identifiziere. Ein schmerzhaftes Stöhnen folgt, das aus Aidens Mund dringt.
„DU VERDAMMTER HURENSOHN!"
Finlay's lautes Knurren erklingt hinter mir, während Aiden sich voller Schmerz am Boden einrollt, so wie ich es vor nicht einmal einer Stunde getan hatte. Ich sehe mit weitaufgerissenen Augen dabei zu, wie sich sein Vater plötzlich ganz langsam umdreht, ein dunkler Schatten nun über seinem Gesicht.
„Wie hast du mich genannt?"Buzzs Stimme klingt nun ruhig, zu ruhig.
„Hurensohn! Das ist es nämlich was du bist, ein verdammter Hurensohn und ein armseliger Mörder!"Die Worte fegen hasserfüllt über meinen Rücken hinweg, treffen nun auf Buzz, dessen Gesichtsausdruck sich nun noch mehr verdunkelt. Sein Gesicht sieht nun so mörderisch aus, dass ich einen Schritt zur Seite stolpere um mich in Sicherheit vor ihm zu bringen.
Ein erstickter Laut dringt zu mir, mein erschrockener Blick wandert kurz zu Aiden, der nun versucht sich aufzurichten, doch er bleibt erfolglos. Buzz musste ihm die Rippen gebrochen haben. Bevor ich mir jedoch Sorgen um meinen Ehemann machen kann, zerreißt ein ganzer Schwall Wörter fast mein Herz.
„Pass auf du kleiner Bastard was du zu mir sagst! Du solltest dankbar dafür sein, dass ich dir das Leben geschenkt habe, denn wie das mit allen Dingen ist, sie verweilen manchmal viel kürzer als man angenommen hätte!"
Eiseskälte versenkt sich in mir, als ich nun beobachte, wie er seinen Arm hebt und den Revolver auf Finlay richtet.
„Nein!"Ein panischer Schrei kommt plötzlich über meine Lippen, im selben Moment beobachte ich entsetzt, wie Finlay in einer rasend schnellen Bewegung ebenfalls einen Revolver hervorzückt und ihn, wie einen Spiegel auf seinen Vater richtet.
Mein Atem kommt in unregelmäßigen Stößen aus meinem Mund, ich habe das Gefühl, dass ich hyperventiliere, während ich dabei zusehe, wie beide Männer ihre Waffe bei dem jeweils anderen auf den Kopf gerichtet haben. Finlay's komplette Ruhe macht mir Angst. Die Waffe befindet sich in der selben Hand, mit der er immer boxt, über seinen Augen hängt inzwischen ein Schatten. Ich schlucke, als mir urplötzlich wieder klar wird, dass er halb blind ist.
Er hatte gegen seinen Vater keine Chance! Er würde ihn ermorden!
Schwindel überfällt mich, ich taumele zurück, versuche meinen Atem zu beruhigen, während eine panische Stimme in meinem Kopf schreit. Laut, so verdammt laut.
Du darfst ihn nicht verlieren! Du darfst nicht... nein, nein! Mach etwas, mach etwas! Elllaaaaaaaaaa!
Ein hohes Lachen dringt durch den Schrei in meinem Kopf, gekoppelt von Buzz Worten, die nun so vor Spott triefen. „Glaubst du, dass du auch nur eine klitzekleine Chance gegen mich hast Sohn?! Dass du irgendetwas mit deiner armseligen Waffe gegen mich anrichten kannst? Du warst schon immer weich, Finlay. Du hast nicht den Mumm dazu Kleiner... Vergiss es !"Buzzs Mundwinkel ziehen sich bei jedem weiteren Wort ein Stückchen mehr nach oben, während schiere Panik in mir ausbricht.
„Du bist genauso schwach wie deine dumme Schlampe von Mutter!"Er spuckt die Worte in einer hasserfüllten Tirade aus, während er nun mit der Waffe vor seinem Körper herumfuchtelt.
„Ach ja?"Finlay's Frage dringt ruhig zu mir, bevor er die Waffe plötzlich senkt.
„NEI..." ein Schrei dringt aus meinem Mund, gefolgt von Buzzs höhnischem Lachen.
„Du warst schon immer dumm genauso wie deine Mu..."
Doch weiter kommt er nicht. Urplötzlich dringt ein ohrenbetäubender Knall durch den Keller, geballt mit einem lauten Heulen, das die Luft nun durchschneidet. Mein Mund klappt auf, als ich sehe, wie Buzz'Körper auf den Boden fällt, seine Hand nun die Schusswunde an seinem Bein umfasst, die Waffe ein paar Zentimeter neben ihm auf dem Boden.
„Du kleiner Bastard!", schreit Buzz, seine Augen vor Zorn weit aufgerissen. „Dir werde ich eine Lektion erteilen!"
Buzzs freie Hand greift zur Seite nach seiner Waffe, doch bevor er diese ergreifen kann, sehe ich mit an, wie Finlay plötzlich die Waffe auf seinen Vater richtet. Die ruhige Maske ist nun abgefallen, auf seinem Gesicht nichts als Wut und blanker Schmerz.In seinen Augen liegen nun Tränen, als er schluckt und dann seinen Mund öffnet.
„Du hast sie umgebracht! Du verficktes, kaltes, herzloses Arschloch hast sie einfach umgebracht!"Mit seiner freien Hand fährt er sich einmal durch sein Gesicht, versucht die Tränen zu trocknen, doch es fallen immer weitere herunter. „Du hast mich nicht nur jahrelang misshandelt, mich geschlagen, du hast mir meine Mutter genommen! Was für ein krankes Arschloch misshandelt nicht nur seinen Sohn, sondern tötet auch noch seine eigene Frau?!"Finlay's Stimme wird immer lauter, sein blanker Schmerz zerschneidet die Luft, als seine Worte nun abbrechen. „Du bist nicht mein Vater! Du bist ein Monster!"Er spuckt seinem Vater ins Gesicht, bevor er mit der anderen Hand die Waffe ebenfalls umfasst, sein Gesicht spiegelt nun wilde Entschlossenheit.
Eine schreckliche Erkenntnis trifft mich plötzlich wie ein Schlag, genauso wie seinen Vater, dessen Augen plötzlich rund werden.
„Das wirst du nicht tun, Sohn! Ich bin dein Vater, ich hab dir das Leben geschenkt!"Panik spiegelt sich nun in seiner Stimme wieder.
„Das Leben geschenkt?" , Finlay lacht kurz auf. „Alles was du mir geschenkt hast ist Schmerz und Dunkelheit. So viel Dunkelheit, dass ich 80 Prozent meines Lebens das Gefühl habe darin zu ertrinken! Du hast mir allen Sonnenschein bis jetzt genommen. Ich lass nicht zu, dass du mir diesen auch noch nimmst!"
Mein Herz bleibt für einen kurzen Moment stehen.
„Ich hasse dich! Hasse alles was du bist! Du bist nicht mein Vater und kein verfickter Teil von dir wird in mir weiterleben! Ich lasse nicht mehr zu, dass du mein Leben und das von anderen Menschen zerstörst!"
Und dann passiert das Unfassbare.Ein erneut, ohrenbetäubender Knall dringt durch den Keller, als ich dabei zusehe, wie Finlay auf seinen Vater schießt. Für einen kurzen Moment sehe ich den erschrockenen Ausdruck auf Buzz'Gesicht, bevor sämtliches Leben aus seinen Augen weicht und er nach hinten fällt.
Ein erschrockener Laut dringt von meinen Lippen, als ich auf Buzz' leblosen Körper starre, auf seiner Stirn eine millimetertiefe Wunde aus der das Blut trieft. Bei dem bloßen Anblick wird mir plötzlich schlecht. Schwindel erfasst meinen Körper und ehe ich mich versehen kann sacke ich in mich zusammen.
Bạn đang đọc truyện trên: Truyen247.Pro