Kapitel 80
Präsens
Panik steigt in mir hoch, bevor eine erneute Welle von Schmerz meinen Unterleib durchzuckt.
„Nein!", gebe ich atemlos von mir.
Ich rolle mich mit einem schmerzerfüllten Laut zur Seite, presse meine Beine zusammen.
„Nein, Nein, Nein!", schluchze ich.
Ein Brennen, wie ich es noch nie erlebt habe, schießt durch meinen Uterus, gleichzeitig muss ich husten, als ein Schwall von Ruß in meinen Mund und meine Nase dringt. Ich halte mir die Hand vor den Mund, während ich mit all meiner Kraft meine Beine zusammenpresse.
„Sch Finola, Sch mein Baby, wir schaffen das!", wimmere ich, während ich mir manisch über den Bauch streiche. „Sch... Sch...", gebe ich von mir, mein ganzer Körper zittert, als mich eine erneute Welle von Schmerz durchdringt.
Ich stöhne vor Schmerzen auf, als meine Beine auseinander fallen. Es war, als ob jemand manisch mit einem Messer durch meinen Uterus fuhr. Stück für Stück, immer tiefer. Ich schließe meine Augen und versuche durch eine kontrollierte Atmung den Schmerz zu lindern, doch eine erneute Welle von Schmerz überrollt mich.
„Sei stark Ella Prinzessin!" Plötzlich höre ich die sanfte Stimme meines Vaters in meinen Gedanken. Spüre seine Berührung auf meinem Kopf.
Ich fange an zu weinen, als die Hilflosigkeit sich wie eine dunkle Seuche in mir ausbreitet. Als die Erkenntnis, dass ich alleine war sich in mein Innerstes frisst. Dass ich vollkommen alleine war, gefangen in der Dunkelheit, zerfressen vom Schmerz. Der Schmerz ist inzwischen unerträglich, zieht sich von meinem Uterus in meinen gesamten Bauch, bis hin in meine Rückengegend.Und dann plötzlich, spüre ich sie. Die Nässe zwischen meinen Beinen.
„Nein!"Meine Stimme dringt von Schmerzen durchzogen in einem zitternden Ausruf aus meinem Mund
Es ist als ob etwas auf meine Lunge drückt, während ein heiser, qualvoller Schrei meinen Mund verlässt.
„NEIN!, NEIN!, NEIN!"
Ich habe das Gefühl, als ob ich nicht mehr atmen kann. Als ob ich die Qual noch schlimmer machen möchte, wandern meine Hände zitternd zwischen meine Beine. Ich brauche Gewissheit! Ich brauche verdammt noch mal Gewissheit! Ich schließe die Augen und versuche mich zu beruhigen, in dem ich leise vor mich hinzähle, aber als ich nun die Nässe auch noch an meinen Fingern spüre und ein metallischer Geruch mir in die Nase steigt fange ich an noch härter zu weinen.Ich schluchze auf, während ich mich auf dem Boden zusammenkauere. Meine Hand wandert zu meinem Bauch, als ich sanft über ihn streiche. Meine Fingerspitzen fahren in sanften Kreisen über meinen Bauchnabel.
„Schhh, mein kleiner Engel, Mummy ist bei dir. Schhh.", presse ich zwischen lauten Schluchzern hervor.
Ein heiserer Schrei dringt aus meinem Mund, der den Schmerz in meinem Inneren symbolisiert. Die Dunkelheit zerrt an mir, überrollt mich nun, wie eine dunkle Welle, durchflutet nun auch mein Herz und lässt mich mit ihr eins werden, bis ich verstumme. Bis ich nur noch die Stille um mich herum wahrnehme und den Schmerz, der sich durch meinen Körper frisst. Zusammengekauert liege ich nun auf dem Boden, meine Hand auf meinen Bauch gepresst, während ich darauf warte, dass ich sterbe. Dass all das ein Ende nimmt. Dass all dieser Schmerz ein Ende nimmt.
***
Ich renne, barfuß.
Der schwarze, sanfte Stoff meines Kleides schmiegt sich um meine Knöchel. Helles Kinderlachen dringt zu mir, als ich durch das Feld weißer Calla Lilien hervordringe.
„Mummy, fang mich doch!" Ihre glockenartige Stimme dringt zu mir, ihr braunes, lockiges Haar weht durch die sanfte Sommerbrise.
Ich lache und renne Stück für Stück weiter durch das Feld, meine Hand greift nach ihrer, umschlingt ihre kleinen Finger. Ein wolliges Gefühl dringt durch mein Herz. Erwärmt meinen Körper.
„Hab dich Darling!", lache ich.
Sie dreht sich um, ihr kleines Gesicht voller Tränen. Ihre Lippe zittert.
„Schatz, was ist los?", meine Stimme klingt nun besorgt, das Lachen fällt von meinem Gesicht.
„Mummy ich muss gehen." ,ihre Stimme zittert, während ihr weitere Tränen das Gesicht herunterlaufen.
Falten bilden sich auf meiner Stirn und ich schüttele meinen Kopf.
„Fiola Schatz du musst die Tage verwechselt haben. Du musst heute nirgendwo hin."
Sie löst langsam ihre Finger von meinen und macht einen Schritt zurück, als sie langsam nickt.
„Doch Mummy, ich muss gehen.", ihre Stimme klingt nun standhafter, als sie sich mit ihrer kleinen Hand die Tränen aus dem Gesicht streicht.
„Wohin?", frage ich voller Verwirrung.
„Weg.", antwortet sie, während sie einen Schritt zurück macht.
„Wohin musst du gehen, Fiola?"
Meine Verwirrung mischt sich nun mit Panik, als sie sich nun umdreht. „Darling du bist erst fünf Jahre du musst noch nirgendwo hin!"
Ich versuche hinter hier herzurennen, doch so schnell ich auch renne, ich scheine sie nie zu erreichen.
„Fiola!", schreie ich nun voller Panik.
Ein Schmerz breitet sich in meiner Brust aus, als ich immer weiter renne, während sie mir immer mehr aus den Händen entgleitet. Immer mehr aus meinem Leben entgleitet. Sie bleibt endlich am Ende der Wiese, vor einem riesigen Wald stehen und dreht sich um.Erleichterung durchflutet meinen Körper und ein kleines Lächeln huscht über mein Gesicht.
„Jag mir nie wieder so einen Schrecken ein, Schatz." Ich lache erleichtert auf, als ich ein paar Schritte über das Feld laufe.
„Mummy, ich liebe dich.", ihre helle Stimme dringt über das Feld.
„Ich dich auch, Darling.", gebe ich von mir, laufe einen weiteren Schritt über das Feld nach vorne, kann jetzt fast nach ihr greifen.
Meine Hand greift nach ihrem Arm, doch ich fasse daneben. Wo ihre Hand zuvor gewesen ist, befindet sich nun nichts mehr. Unsichtbare Luft.Ich hole erschrocken nach Luft, suche mit meinen Augen das Feld ab. Suche nach ihr.Das Letzte, was ich sehe sind ihre grünen, kindlichen Augen, die in meine schauen bevor sie verschwindet . Bevor sich ihr kleiner Körper ins nichts auflöst.
„Ich liebe dich auch, Darling." , die Worte kommen in einem Schluchzer aus meinem Mund, als ich in dem weißen Lilienfeld zusammenbreche.
Ein Geräusch, das sich anhört wie ein Schrei, zerrt an der Dunkelheit in mir. Versucht den Nebel um mich herum zu durchdringen.Mein Körper fühlt sich taub an. Fühlt sich so kalt an.
Fiola.
Alles was ich will ist schlafen, meine Augen zu schließen und nichts mehr zu fühlen.
„Ella?!"
Etwas regt sich für einen kurzen Moment in meinem Körper. Ich blinzele kurz, schließe aber wieder meine Augen.Die Kälte in meinem Körper, drückt mich nach unten, ummantelt mich, hüllt mich in ihren dunklen Mantel.
„Ellaaaaaa?!"
Ich schüttele meinen Kopf.Ich befinde mich in einem Traum. Mein Gehirn spielt mir einen Trick.
„Verdammt Ella!", die Stimme klingt immer verzweifelter, wird immer lauter. Sie ist so real, so beschwingt und nah, dass ich für einen kurzen Moment wirklich glaube, dass er hier ist. Dass er mich retten würde.
„FUCK!", ein donnerndes Fluchen dringt durch mich hindurch, durchbricht für einen kurzen Moment die Taubheit in mir, lässt mich für ein paar Sekunden aufschrecken.
Ein leiser, wimmernder Laut kommt plötzlich von meinen Lippen. Er ist kraftlos, so wie ich mich fühle.Ich zittere, als eine erneute Welle von Kälte über meinen Körper zusammenbricht. Meine Augen fallen wieder zu, und die Dunkelheit lullt mich in ihrem schwarzen Gewand ein.
„Oh mein Gott Ella, Babe!, höre ich plötzlich eine heiser, atemlose Stimme an meinem Ohr.
Ich wimmere leise vor mich hin, als ich etwas unter meinem Körper spüre. Mein Kopf wird an Etwas Warmes gepresst. Ein Schluchzen dringt aus meinem Mund, meine Unterlippe zittert, als der warme Geruch von Moschus und Kiefernnadeln mir in die Nase dringt.Mein Unterbewusstsein spielt verrückt! Er ist nicht real. Es ist wieder eine Illusion .Genauso wie der Traum von Fiola eine Illusion gewesen war.
Ich hatte sie verloren. Sie war nicht mehr bei mir. In mir. Genauso, wie er nicht mehr bei mir war.
„Ella...", seine schmerzerfüllte, sehnsüchtige Stimme dringt nun zu mir, durchstößt für einen kurzen Moment die Dunkelheit in meinem Herzen, lässt mich meine Augen öffnen.
Alles ist schwarz um mich herum, mein Körper fühlt sich an, als ob er schwebt. Ich zittere, versuche meinen Kopf zu heben, doch er fühlt sich unglaublich schwer an.Stattdessen fällt mein Kopf zurück, wird an eine Brust gedrückt, während Tränen nun stumm mein Gesicht herunterfließen.Zwischen tränenbenetzten Augen, erkenne ich in der Dunkelheit eine Silhouette.Plötzlich spüre ich, wie große Hände mein Gesicht umfassen, raue Daumen die Tränen auffangen.Es ist zu dunkel, um sein Gesicht zu sehen, aber ich brauchte kein Licht, keine Helligkeit um zu wissen, dass er es war.
Mein bester Freund.Finlay. Mein weißer Krieger.
Alleine seine Berührung durchbricht für einen kurzen Moment die Dunkelheit in mir. Schiebt die Schatten zur Seite.
„Ich bring ihn um, verdammt ich bring ihn um!", höre ich seine mit Wut geladene Stimme nun durch das Loch knurren, als er mich langsam auf dem Boden niederlässt. Meine Beine zittern, aber ich bleibe trotzdem standhaft auf dem Boden stehen.
Ich spüre, wie seine Hände erst durch mein Gesicht fahren und dann systematisch meinen Körper abtasten.
„Hat er dir was angetan, Ella? Hat er dir wehgetan?"
Ich schüttele meinen Kopf kurz, der Schmerz in mir zu groß um irgendwelche Worte zu fassen.
Plötzlich spüre ich, wie meine Beine unter mir nachgeben und ich fast zusammenbreche. Doch bevor ich den Boden berühre, bewahren zwei starke Arme mich davor.
„Ella...", seine erstickte Stimme bricht ab.
Ich presse mein Gesicht an seine Brust und meine Hände greifen nach seinem Shirt.Ich halte mich an ihm fest, wie eine Schiffsbrüchige an einer Boje. Meine Hände krallen sich in sein Shirt, während mir die Tränen stumm das Gesicht herunterfließen. Ich weine bitterlich. Es ist, als ob der Schmerz, den ich in den letzten Minuten gespürt hatte, komplett aus mir herausbricht, wie ein Damm der endlich durch den Druck der Wassermassen Entzwei reißt.
Und dann plötzlich, Stille. Es ist, als ob sich ein Schalter in mir urplötzlich umlegt. Mein Herz wird wie aus heiterem Himmel von einer eiskalten Kälte erfasst. Ich hebe meinen Kopf von seiner Brust, meine Beine gleiten seinen Körper herunter, das Ziehen zwischen meinen Beinen dringt dumpf zu mir.
„Ella..."
Ich spüre, wie Finlay einen Schritt in der Dunkelheit auf mich zu macht. Auf zittrigen Beinen mache ich einen Schritt zurück.
„Fuck, Ella... !", höre ich ihn fluchen.
Ein eiskalter Schauer läuft meinen Rücken herunter, gleichzeitig beiße ich mir auf die Unterlippe.
„Es geht mir gut, wirklich.", meine Stimme klingt dumpf, ohne jegliche Emotionen. Genauso wie sich mein Herz anfühlt.
„Du bist verdammt noch mal nicht okay!", ruft er verzweifelt.
In der Dunkelheit spüre ich, wie seine Hände nun mein Gesicht umfassen.
„Ella, sprich mit mir.", seine Stimme dringt voller Emotionen zu mir. „Ich weiß, dass die letzten fünf Jahre zwischen uns ziemlich abgefuckt gewesen sind, aber verdammt Ella, du weißt, dass du mir immer noch alles erzählen kannst. Du weißt, dass ich immer für dich da bin!"
Ich löse mich von ihm, mache einen Schritt zurück, sodass seine Hände von mir fallen, gleichzeitig höre ich eine Stimme von oben.
„Ellaaa...!"
Ich hebe meinen Kopf, eine eiskalte Hand drückt mein Herz nun fest zusammen, so dass ich fast keine Luft mehr bekomme. Meine Hand wandert panisch an meinen Hals, als ich meinen Kopf hebe und im schwach illuminierten Licht über mir die Silhouette meines Ehemannes erkenne.
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