Kapitel 64
Die Tränen liefen immer noch mein Gesicht herunter, als ich auf die leere Leiter starrte, die vom Dach nach unten führte. Mein Herz hatte sich zusammengezogen, ich spürte wie sich ein schweres Gewicht auf meine Kehle legte, so als ob sie jemand zusammen drückte. Ich hatte noch nie in meinem Leben so einen Schmerz gespürt. Es war als ob man mir mein Herz herausgerissen hatte. Der Wind, der zuvor noch eisig gewesen war, schien mir nichts mehr auszumachen. Er wehte durch mein Gesicht, zog in jede Ritze meiner Kleidung, doch alles was ich wahrnahm war der Schmerz in meiner Brust, der sich anfühlte, als ob sich ein Loch in meiner Brust befand.
Meine Augen waren von Tränen verschleiert, meine Unterlippe zitterte, als ich meinen Kopf auf meinen Knien abstütze. Ein lauter Schluchzer drang aus meiner Kehle, hallte durch die dunkle eiskalte Nacht.
LASS MICH EINFACH IN RUHE!
Die Worte hallten in meinem Kopf wieder als ein erneuter Schluchzer aus meinem Mund drang. Ich saß einfach da und weinte. Weinte, weil es weh tat. So verdammt weh.
Ich wusste nicht wie lange ich dort saß, in der tiefsten Dunkelheit der Nacht, aber als ich mich erhob, war der Mond schon verblasst. Er leuchtete nicht mehr so hell am Himmel wie zuvor. Für einen kurzen Moment fühlte ich mich wie der Mond. So als ob ich nur noch halb da wäre. Verblasst.
Meine Augen fühlten sich vom ganzen Weinen schwer an, als ich vorsichtig das Dach herunterstieg. Das Haus lag dunkel vor mir, als ich durch das Fenster hindurchkletterte und es hinter mir schloss. Wie immer fiel mein Blick auf seine Tür, die nun offen stand. Ich schluckte, ein Stich durchfuhr mein Herz, als ich mich auf wackeligen Beinen auf die Couch niederließ. Ich rollte mich zusammen, winkelte meine Beine an und hoffte, dass die Dunkelheit mich in diesem Moment verschlingen würde, denn es tat weh. Es tat mit jedem verdammten Atemzug weh.
Mein Blick fiel auf den Wecker neben mir. Es war vier Uhr am Morgen. Zuhause musste es zehn Uhr abends sein. Zuhause. Es war das erste Mal, dass ich über Toronto wieder als mein Zuhause nachgedacht hatte. Tränen drangen in meine Augen, meine Unterlippe zitterte, als ich eine Hand auf meinen Bauch presste.Mit meiner freien Hand holte ich mein Handy hervor und wählte die Nummer von dem Menschen, dessen Stimme ich jetzt am Meisten brauchte.
Es klingelte ein paar Mal in der Leitung.
„Daddy?", meine Stimme klang dünn, als er endlich abhob.
„Ella Prinzessin?", seine warme, weiche Stimme drang direkt bis in mein Herz und plötzlich konnte ich nicht mehr an mich halten. Ich brach unkontrolliert in Tränen aus.
„Ella Baby, was ist passiert?", seine Stimme klang nun besorgt.
„Ist alles okay mit dir?"
Meine Unterlippe zitterte nun, als ich stumm mit meinem Kopf schüttelte. Meinen Vater schien das wahnsinnig zu machen, denn plötzlich hörte ich im Hintergrund des Telefons, das Klirren von einem Schlüsselbund.
„Okay, ich nehme den nächsten Flug."
Die entschlossenen Worte meines Dads holten mich aus meiner Starre.
„Nein!" rief ich schluchzend aus.
„Ella ich merke doch, dass es dir nicht gut geht. Glaub ja nicht, dass dadurch, dass du ausgezogen bist, sich irgendetwas zwischen uns ändert! Du und dein Bruder seit immer noch neben deiner Mutter mein Ein und Alles und wenn du glaubst, dass ich euch..."
„Da... Dad, du brauchst nicht zu kommen. Ich .. ich kann nur nicht schlafen und wollte deshalb deine Stimme hören", unterbrach ich ihn, inzwischen hatte er sich ziemlich in Rage geredet.
Ich hörte, wie mein Dad am anderen Ende der Leitung verstummte. Es dauerte eine bestimmte Weile, bis er sich beruhigt hatte.
„Okay", gab er schließlich von sich, seine Stimme klang wieder weicher. Und dann begann er zu singen. So wie er es meine ganze Kindheit getan hatte, wenn ich nicht einschlafen konnte.
Es war einer der seltenen Momente, in denen er einen Country Song freiwillig sang.
Seine tiefe Stimme erfüllte meine Ohren, ein Lächeln drang widerwillig über meine Lippen, denn es erinnerte mich an meine Kindheit. An all die Nächte, in denen ich nicht einschlafen konnte, mein Dad sich über mein Bett gebeugt hatte, oder sich neben mich gelegt hatte, seine große Hand meine kleine umschlossen. Es erinnerte mich an meinen High School Abschlussball, vor dem mein Vater mich zur Seite nahm. Drew war mit meiner Mutter in der Küche verschwunden gewesen, während mein Vater mich in seinen Armen hielt, mich in meinem hellblauen, schulterfreien Kleid durch das Haus wirbelte und nach dem er mir,
„Du siehst aus wie deine Mom"
,ins Ohr geflüstert hatte, anfing den Song zu singen. Den Song, den er mir jetzt auch leise ins Ohr sang.
„You're beautiful baby, from the outside in
Chase your dreams but always know..."
So leer sich mein Herz den ganzen Abend angefühlt hatte, bei der Stimme meines Dads füllte sich mein Herz für einen klitzekleinen Moment wieder mit Liebe. Für einen Moment fühlte ich mich nicht mehr so schlimm von Schmerz durchzogen.
„Go on, take on this old world but to me
You know you'll always be my little girl".
Die warme, weiche Stimme meines Dads umhüllte mich, wie in einen warmen, festen Kokon. Plötzlich fühlte ich die Schwere in meinen Knochen, Müdigkeit, überkam mich auf einmal wie ein Schlag. Meine Augen fielen zu und in weniger als ein paar Sekunden war ich weggetreten. Im Unterbewusstsein hörte ich noch leise die Stimme meines Dads,
„Ich hab dich lieb, Ella Prinzessin",
bevor ich komplett eingeschlafen war.
Als ich am nächsten Morgen aufwachte, fiel mein Blick auf den Wecker. Es war acht Uhr morgens. Ich hatte kaum geschlafen. Ich konnte nicht schlafen. Mein Herz war schwer wie Blei, ich versuchte mir die Bettdecke über den Kopf zu ziehen, als plötzlich mein Handy vibrierte.
Ich starrte auf den Display. Es war eine Nachricht von Cailin und Logan.
„Frohe Weihnachten, Ella."
Erschrocken riss ich die Augen auf.
Es war Weihnachten!
Meine Gedanken hatten sich so sehr um Macaulay gedreht, dass ich beinahe Weihnachten verschlafen hatte!
Obwohl mir nicht danach zumute war, warf ich in einem Schwung meine Bettdecke von meinem Körper und stand auf. Der Weihnachtsbaum, den ich gestern nach oben getragen hatte, lag immer noch an der Stelle an dem ich ihn abgelegt hatte. Entschlossen lief ich zu ihm hin und begann damit ihn aufzurichten und ihn nach und nach mit meiner gekauften Weihnachtsdeko zu schmücken. Es war beruhigend und lenkte mich von den Gedanken über Macaulay ab.
Meine Augen waren geschwollen vom ganzen Weinen und ab und zu schweiften meine Gedanken immer noch zu Macaulay ab. Doch ich riss mich zusammen nicht so viel über ihn nachzudenken. Heute war Weihnachten, ein Tag an dem man nicht traurig sein sollte. An dem man fröhlich sein sollte.
Als ich nach ein paar Stunden fertig war, tat ich das was ich auch zuhause an Weihnachten tun würde. Ich fing an zu backen.
Ich stellte mein Handy auf die lauteste Stufe, spielte meine Weihnachtsplaylist ab und fing an Butter, Zucker und Mehl in eine Schüssel zu geben. Ich war mir noch nicht im Klaren was ich Backen würde, doch als ich immer mehr Zutaten zusammenmischte, bemerkte ich, dass es die Zutaten für Shortbread waren.Ich hatte mein Herz nicht nur an einen Schotten verloren, sondern auch an das Land. Die Zutaten wusste ich von einem Rezept auf Pinterest und so sehr ich es auch versuchte zu verdrängen meine Hände fingen wie von selbst die kleinen Teile an zu formen.
Eine Stunde später, befand ich mich gerade dabei die einzelnen Stücke mit Schokolade zu bepinseln, als ich das leise Klicken der Haustür vernahm. Ich erstarrte. Mein Herz rutschte in meine Hose. Ich schloss für einen kurzen Moment meine Augen, versuchte die Welle von Schmerz zu unterdrücken, doch sie rieselte wie ein Hagelsturm auf mich ein. Ich hörte seine Schritte die leise durch den Flur gingen. Mein Blick war auf die Shortbreads gerichtet, die ich nun fast schon mechanisch mit Schokolade bepinselte. Ich musste meinen Kopf nicht heben, um zu wissen, dass er im Türrahmen stand. Ich spürte seine Anwesenheit an meinem ganzen Körper. Ich tat so, als ob ich ihn nicht bemerken würde, zu sehr tat es weh meinen Kopf zu heben und ihn anzuschauen. Ihm in seine dunklen Augen zu schauen.
„Es tut mir leid, Taylor", seine Stimme war nur ein Flüstern.
Für einen kurzen Moment war ich mir nicht einmal sicher, ob ich mir sie nur eingebildet hatte. Ich schloss meine Augen und biss mir auf die Lippen.
„Ella?"
Mein Herz zog sich bei seiner Stimme zusammen. Ich öffnete meine Augen und hob gegen meinen Willen meinen Kopf. Mein Blick traf auf seine Augen. Sein Gesicht war nun vollkommen nackt. Ich sah jede einzelne Emotion auf seinem Gesicht. Er schien mich mit seinem Blick anzubetteln. Schien mich anzuflehen, dass ich verstand, warum er mich zurückgestoßen hatte. Tränen stiegen erneut in meine Augen. Rasch wand ich meinen Kopf ab, doch es war schon zu spät. Macaulay hatte es gemerkt.
„Verdammt, Ella!", seine Stimme kam erstickt über seine Lippen.
„Ich hasse es dich weinen zu sehen."
Und dann ganz plötzlich, ich wusste nicht wie mir geschah, lag ich in seinen Armen. Sein Kinn kam auf meinem Kopf auf. Tränen flossen nun stumm mein Gesicht herunter, durchweichten sein weißes Shirt. Macaulay hielt mich einfach nur in seinen Armen. Fest. So als ob er mich niemals gehen lassen wollte. Ich wusste nicht, wie lange wir dort standen, doch plötzlich hörte ich seine Stimme an meinem Kopf.
„Ich hab ein Geschenk für dich."
Erstaunt hob ich meinen Kopf, meine Augen waren noch mit Tränen durchzogen. Sein Blick hielt meinem stand, als er plötzlich unter sein Shirt etwas hervorzog. Er nahm es nun in seine rechte Hand und streckte sie aus.Mein Atem stockte, als ich die Kette meines Dads in seiner Hand erblickte.
Mein Adler.
Er hatte sie aufbewahrt.
Das kühle, vertraute Metall umschloss meinen Hals, als er die Kette um meinen Hals legte und plötzlich fühlte ich mich, als ob ein Stück meines Dads wieder bei mir war. Als ob er über mich wachte.
„Danke", murmelte ich, wollte mich gerade wieder zu meinen Shortbreads umdrehen, als er erneut unter sein Shirt griff.
Ich öffnete meinen Mund, als er eine längere Kette hervorholte. An ihr baumelte eine Militärmarke. Auf ihr standen in kursiver Schrift die Worte:
„The pain you feel today, is the strength you'll have tomorrow."
Ich zog die Luft ein, als Macaulay plötzlich die Marke nahm und sie mir um den Hals legte.
„Macaulay das kann ich nicht..."
„Doch kannst du Taylor" , unterbrach er mich, seine Augen schauten nun tief in meine.
„Ich will, dass du sie hast."
Seine Hand blieb für einen kurzen Moment an meinem Hals liegen, auf seinem Gesicht spiegelte sich nun eine Welle voller Emotionen wieder.
Ich verlor mich in seinen Augen als ich spürte, wie seine Hand plötzlich zu meinem Nacken wanderte. Eine Stimme in meinem Kopf schrie, dass ich mich losreißen musste. Dass ich es nicht zulassen durfte, denn mein Herz würde es nicht aushalten. Doch mein Herz, mein verdammtes Herz, hatte andere Ansichten. Ihm war es egal, dass es vielleicht nie wieder richtig funktionieren würde. Ihm war es vollkommen egal, denn genau in diesem Moment, in diesem Moment in dem Macaulay seine Lippen auf meine drückte, fühlte es sich frei, schwerelos und so voller Liebe, wie es sich noch nie zuvor gefühlt hatte und wie es sich wahrscheinlich nie wieder fühlen würde.
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Hey :)
Ich hoffe euch geht es allen noch gut !:D
Ich weiß, für manche ist es sicherlich eine schwere Zeit, weil man seine Freunde nicht sehen kann und man nicht raus kann und man vielleicht wahnsinnig zuhause wird ...
Falls ihr euch down fühlt, sucht euch irgendwas, was ihr liebt! Spielt euren Lieblingssong, tanzt durch die Wohnung, geht spazieren und hört ein Hörbuch, Podcast, lest irgendwas, macht Sport oder backt was Schönes oder schreibt oder lest, guckt irgendwelche Serien:)
Falls ihr nach Serien sucht, hier einige meiner Lieblinge:
1. One Tree Hill
2. Outlander
3. Game of Thrones
4. Prison Break
5. Once upon a time
6. Vikings
7. Teen Wolf
8. The Royals
9. Arrow
10. O.C California
11. Full House
12. The Vampire Diaries
13. Heart of Dixie
14. Gossip Girl
15. Doctors Diary
16. Jane the Virgin
Spontan fällt mir irgendwie nicht mehr ein. Aber ich hoffe ich konnte euch helfen :)
Fühlt euch gedrückt !<3
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